Am 9. November fand zum dritten Mal die Veranstaltung “Offene Kommunen.NRW – Schritte in die Praxis”
in Wuppertal statt. Im Zentrum der Tagung stand die Umsetzung von Open
Government in Kommunen.
Konkrete
Erfahrungen, Strategien, Konzepte und Verbesserungsmöglichkeiten
in verschiedensten kommunalen Handlungsfeldern wurden in 17 Sessions auf dem Barcamp diskutiert und analysiert.
Zum Opening ein passender Kommentar:
Veranstalter waren die Menschen von Bürgerhaushalt Wuppertal vor allem Dieter Hofmann @homobil sowie @oknrw, sie hatten in der Gesamtschule in Barmen einen guten Ort gefunden. Unterstützt wurde das Barcamp u.a. von der Stadt Wuppertal, der Sparkasse Wuppertal und Mehr Demokratie NRW e.V.. Darf man gerne mal schreiben, wenn sich traditionelle Institutionen wie die beiden Erstgenannten einem solchen Format öffnen.
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Sessionvorschläge #oknrw #oknrw13 |
Dieter Hofmann eröffnete u.a. mit den Worten, man möge gerade bei dem Thema Open Government nicht in den Kategorien des "geht nicht" denken, sondern, wenn man was erreichen wolle, müsse man auch mal Grenzen überschreiten und "nach vorne" denken und am besten in "Möglichkeiten".
"Wir wollen die Macht zur Mitgestaltung, das als Grundsätzliches zu Open Government." Zentral sei dabei, dass IT und Technik zwar toll seien, aber eben noch keine bessere Demokratie nach sich zögen. "Daran müssen wir arbeiten."
Die Community in Wuppertal ist noch klein, Ziel ist dabei, ein niedrigschwelliges Angebot auch für Bürger anzubieten, nicht nur als Profis für Profis aufzutreten. Rund 60 Interessierte waren gekommen, viele von ihnen aber deutlich "Professionals", die sich in der Materie Open Government bewegen wie der Fisch im Wasser.
Einige Beispiele habe ich mitgebracht aus den Sessions, die ich besucht habe.
Hier Einblicke:
Session "Ein Jahr "Anliegen.bonn.de"
Die Session wurde von Sven Hense @egovBonn und Holger Kreis @markaspot angeboten.
Im Zentrum stand die Internetplattform "Anliegen.Bonn.de" - Informieren Sie uns über Ihr Anliegen, wir kümmern uns darum. Kurz gesagt, hier können die Bürger der Stadt Infrastrukturprobleme seit 2012 bequem per e-Mail an die Stadt senden: wie etwa eine defekte Straßenbeleuchtung oder Hundekotbeutel sind leer oder auch Grünpate werden. Ein Foto des Missstandes kann man gleich mitsenden.
Die Stadt mit ihren Fachbereichen hat sich zu einem "Leistungsversprechen" verpflichtet und behebt die "Schäden" in festgelegten Fristen - so weit das möglich ist. Beteiligen kann sich jeder Bürger, die Anliegen müssen sich auf die Stadt Bonn beschränken, Straßenlöcher allerdings sind noch ausgeklammert, ansonsten stehen acht Kategorien zur Verfügung. Beim Versenden muss der Nutzer lediglich seine e-Mailanschrift eingeben, Namen sind optional also keine Pflicht. Insgesamt sind bereits rund 1.500 Beiträge eingegangen, von A wie Ampel defekt bis W wie wilde Müllkippe entdeckt.
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Sven Hense und Holger Kreis stellen "Anliegen Bonn" vor |
Bis zum Jahresende soll dazu sogar eine eigene App online gehen, so dass man sein Anliegen jederzeit mobil absenden kann, übrigens auch an dieser Stelle mit Fotos. Der Vorteil liegt auf der Hand: die jeweiligen Ansprechpartner der Fachbereiche können gleich konkret "sehen", um was es geht. So sparen sie etwa Zeit und müssen nicht zu einem Erstkontakt vor Ort sein, um dann etwa das passende Werkzeug dabei zu haben und ggf. mehrfach fahren zu müssen.
Die Rubrik "Sonstiges" fehlt in Bonn. Ein Grund: die Stadt kann mögliche unkonkrete Anliegen nicht leisten. Aber was schwerer wiegt: wenn "Wünsche" eingehen, betrifft das oft auch Entscheidungen, die die Verwaltung nicht alleine treffen kann - die Politik hat das zuerst zu entscheiden. Aus dem Grund kann die Verwaltung nicht vorgreifen.
Das Prinzip "Anliegen" ist im besten Fall ein transparentes Prinzip - und das ist neu: die Bürger können sehen, was andere Bürger schon gepostet haben, sie sehen, dass die Verwaltung anwortet und wie - und die Ergebnisse sind für alle gleichermaßen messbar, sichtbar.
Wichtig ist, so Hense: "Die Bürger fühlen sich ernstgenommen, wir zeigen, dass wir ihre Anliegen bearbeiten - öffentlich."
Kommentar aus der Runde: Ganz im Gegensatz zu früher, wo es oft hieß, ja, wir kümmern uns - und dann geschah erstmal: nichts.
Nach "Eingang" der Anliegen werden sogenannte "Systemmails" in Gang gesetzt, also standardisierte Anworten, denen der Nutzer aber entnehmen kann, ja, mein Anliegen ist angekommen. Diese Systemmails wiederum setzen den Verwaltungsapparat in Gang, die Weiterleitung in die zuständigen Fachbereiche, das Abarbeiten.
Eine Großzahl an mails kommt übrigens erst um oder nach 16 Uhr in der Mailingbox an, also zu einer Zeit, in der die Verwaltung sonst "geschlossen" war. Mit der App wird das noch komfortabler für die Bürger, die dann in "Echtzeit" senden können. Dem kann die Verwaltung entsprechen.
Gleichzeitig gibt es offene Schnittstellen zu anderen städtischen Gesellschaften, an die die Anliegen teilweise weitergegeben werden, auch die können dann auf Fotos etc. zugreifen.
Die Frage nach der Entwicklung der Software für solche Seiten: dies kann eine Verwaltung mit der eingen IT-Abteilung selbst erledigen - oder auch outsourcen. Hat übrigens die Anwesenden von IT-Regio erfreut. Es gibt zudem neben dem Netzwerk Open Ruhr "den Erprobungsraum Rheinland" Das Netzwerk Open Ruhr ist eine zivilgesellschaftliche Initiative
während "Erpropungsraum Rheinland" eine Kooperation von Kommunen und
Kreisen ist.
Die Kooperationsvereinbarung zum Erprobungsraum Rheinland findet sich hier.
Darin heißt es u.a. "Auf der Grundlage schon vorhandener positiver
Erfahrungen mit Beteiligungsformen wie dem Bürgerhaushalt unterstützen
die Städte und Kreise im Erprobungsraum Rheinland Initiativen und
Projekte, die den Zugang und den Zugriff auf Informationen der
Verwaltung und eine stärkere Beteiligung in politischen Entscheidungs-
und Verwaltungsprozessen ermöglichen." (danke an @homobil für Differenzierung).
In diesen Quellen kann man sich ggf. auch das Knowhow holen (open source), wie andere Kommunen so etwas machen. Dafür sind Netzwerke da, das ist ein weiterer Vorteil auch von Open Government.
Hense betont, dass diese Art des offenen Regierungshandelns einen Paradigmenwechsel in der Arbeit von Verwaltungen darstellt. "Um so was einzuführen, braucht man 30 % Technik und 70% Organisation" - was Können, Wollen und Personen einschließt, so mein Empfinden. Ängste seien da, ob man sowas als Verwaltung schaffen könne, aber real gemeldet werde eben nur das, was auch real an Anliegen da sei.
Er weist auch auf "Untiefen" hin, die es natürlich gäbe, etwa, wenn Haftung oder Verantwortung hinter dem Handeln stehe, wie etwa bei Straßenschildern, deren Funktion teilweise verkehrs- und lebensnotwendig sei und rechtliche Konsequenzen habe.
Das Tool "Anliegen.Bonn.de" finde ich ausgesprochen innovativ - es ist ein mutiges und innovatives Projekt der Bonner Verwaltung. Mit sicher großem Potenzial zum weiteren Ausbau. Die Verwaltung habe den Startschuss für dieses Herangehen selbst gelegt. Bei Gelingen, kann das ein "positiver Trojaner" für weitere Projekte sein, auf dem langen Weg hin zu Open Government als Verbesserung für Bürger und einer transparenteren Kommunalpolitik, finde ich.
Leitlinien für eine Gesamtstrategie Open Government stehen in Bonn noch auf dem Plan. Was in Bonn funktioniert, könnten sich die Gütersloher auch einmal anschauen. Klasse Bonn!
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Fotos ak 2013 |
Offene Kommunen. NRW - in Bonn also schon einen Schritt weiter.