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Mittwoch, 2. März 2011

Wir gehen oder bleiben, ich bin hier: Manifest der Vielen

Manifest der Vielen  - heute mal etwas aus dem Arbeitsleben:

Ich halte ja nichts von Ohrwürmern: Also Musik, die man irgendwann so nebenbei aufschnappt, meistens aus dem Radio - und die einem dann nicht mehr aus dem Kopf geht. Unterschwellig ertappt man sich ständig dabei besagte Melodie vor sich hinzusummen. Meistens steckt dahinter eine eher simple Melodie, gestützt durch vielleicht zwei, drei Akkorde. Kinderlieder, Hymnen oder Schlager funktionieren ja so.

Aber dieser Ohrwurm, den ich gerade im Kopf habe, ist nicht nur etwas für das Unterbewusstsein - sondern eindeutig etwas für Kopf und Herz gleichzeitig: Das Manifest der Vielen! Schon gehört? Nein?

Der Song enthält neben einem treffenden Refrain "Wir leben heute schon in der Welt von morgen" außerordentlich politische Statements: "Wir gehen oder bleiben, ich bin hier" oder auch "Tanz den Sarrazin/den Mubarak..., mach Dir keine Sorgen" oder auch "Viele sind aus dem Takt". Schön auch die Anspielung auf die Vielen in der Sprache: Aussiedler, Einsiedler, Imigrant, Migrant, Menschen mit Vibrationshintergrund. Großartig. Finde ich. Und höre zu. Und denke nach.

Den Video-Clip dazu findet man hier:

http://www.youtube.com/watch?v=jQcKwA1fnzY

Und dann ist da noch das Buch erschienen - gleicher Titel: Manifest der Vielen.
Eine Antwort auf die Thesen von Herrn Sarrazin. Autorinnen und Autoren aus Kultur, Gesellschaft und Medien schreiben über ihr Leben in Deutschland, über Heimat und Fremde, über ihr Muslim-Sein oder ihr Nicht-Muslim-Sein anlässlich der Debatte um Sarrazin, so steht es im Buchdeckel. Herausgegeben ist es von Hilal Sezgin.

Es sind persönliche Geschichten, die die Autoren in und mit Deutschland erlebt haben, zusammengetragen auf 219 Seiten. Im Kern steht die Frage nach der Identität: Um sich nicht abzuschaffen, muss sich Deutschland neu erfinden, heißt es weiter.

Spannende Frage: Wenn sich Deutschland neu erfinden muss, was ist dann am Ende "die" Identität? Kann das überhaupt ein Fixum sein oder ist Identität nicht eher ein Prozess? Jeden Tag weiß ich mehr über das Leben, jeden Tag mache ich neue Erfahrungen mit der Vielfalt, die mich umgibt und mein "Sein" prägt. Schwanken wir nicht alle im Umfeld des "Andersseins"?

"Identitäten sind hochkomplexe, spannungsgeladene, widersprüchliche symbolische Gebilde - und nur der, der behauptet, er habe eine einfache, eindeutige, klare Identität - der hat ein Identitätsproblem" (Sami Ma´ari, arabischer Soziologe, zitiert nach Heiner Keupp: Auf dem Weg zur Patchwork-Identität?)

Ja, da schließt sich der Kreis zum Song "Manifest der Vielen": Irgendwann intergriere ich mich mit dir!