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Samstag, 29. November 2014

Breitband - Kämmerin will nicht

Der Haushalt ist in der Stadt Gütersloh eingebracht. Und siehe da: das Thema Breitbandversorgung findet seinen ersten sprachlichen Einzug auch in dieses Gedankenwerk. Bisher war es ja eher unentdeckt - "Kabel" waren von wenig Interesse - leider.



Im letzten Ausschuss für Wirtschaft und Immobilienwesen wurde der Masterplan Breitbandausbau für den Kreis vorgestellt und unser Antrag von "Demokratie wagen" zur Breitbandversorgung diskutiert, wie verbloggt. Mit wenig Engagement ging man daran - denn Gütersloh wurde seitens der Macher des Masterplans leider signalsiert, man könne sich hier recht entspannt zurücklehnen, die Versorgung sei sehr gut. Einige Tage später kam ja auch die "beruhigende" Botschaft: die Telekom macht´s. Das dürfte manche Volksvertreter beruhigen, muss man sich dann doch nicht mit diesem sperrigen Thema befassen. Die Ironie wird sein, dass das Thema um so heftiger zurückkehrt.


Die Kämmerin will nicht

Dass aber auch der Nerv der Kämmerin berührt ist und damit doch wohl auch die Frage der Finanzierung auf dem Tisch liegt, war bisher neu:

Die Kämmerin wird in der führenden heimischen Lokalzeitung zitiert mit der Aussage in der Art: Wer immer noch auf den städtischen Haushalt draufsattle, komme irgendwann nicht mehr um Steuererhöhungen herum. Sie kritisierte, dass ohne lange zu überlegen, die kommunale Verantwortung beschworen werde. "Plötzlich sind wir für die flächendeckende Breitbandversorgung verantwortlich. Auch sollen wir Kaufhausstandorte aufkaufen, damit die Innenstadt ein attraktiver Einzelhandelsstandort bleibt." Solchen Wünschen müsse eine klare Absage erteilt werden.

Zumindest was die Versorgung mit Breitband angeht, so ist das ganz deutlich eine kommunale Aufgabe. Spricht die Kämmerin vorab davon, dass die Gewerbesteuern in Gütersloh um sieben Millionen Euro höher ausfallen und man auch im kommenden Jahr mit höheren Gewerbesteuern rechne, so wird diese sprudelnde Quelle in den nächsten Jahren bedeutend mehr vom Zugang zum schnellen Internet abhängen. Gütersloh wird abgehängt sein, wenn sie das schnelle Netz und einen flächendeckenden Zugang nicht zu ihrer eigenen Sache machen will. Es reicht nicht, sich in der Angelegenheit in die Hände großer Marktführer zu begeben, die bekanntlich ihre technischen Ladenhüter noch schnell an dem Mann bringen, bevor sie bald selbst weg sind vom Fenster. 


Breitband wirkt sich aus

Wenn auch die Argumentation einer "simplen" Initiative kein Gehör geschenkt wird, so sprechen doch die Berechnungen zahlreicher namhafter Studien dafür, wie sehr die Breitbandversorgung sich künftig auf unsere volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen auswirken wird. Und nicht nur das. Auch die Arbeitsplätze werden sich verändern: wer als Arbeitnehmer künftig kein gutes Netz hat, kann und wird nicht (!) in Gütersloh wohnen und arbeiten. Die gesellschaftliche Teilhabe an sich ist zudem angesprochen - und der Wettbewerb um Zuzug von Familien und kluge Köpfe. Selbst die Vermietung von Wohnungn wird nicht von "Balkon" und "Stadttheaterblick" abhängen, sondern vom Netz.

Selbst der Bundesminister für besondere Angelegenheiten, Peter Altmaier, spricht davon, dass die Breitbandversorgung so bedeutend ist wie seinerzeit die Versorgung mit Wasser und Straßen. Der Mann sollte glaubwürdig sein, er hat´s verstanden.

Auch wird Fakt sein: Die wirtschaftlichen Folgen von Breitband in Bezug auf Externalitäten d. h. positive Effekte bei Beschäftigung und volkswirtschaftlicher Produktion infolge von
verbesserter Produktivität, Innovation und Zerlegung von Wertschöpfungsketten
werden überall in Deutschland erheblich sein. Etwa nur nicht hier? 



Argumente bitte

Es ist kein Argument zu sagen, man müsse weiter brav sparen und die Ausgabenseite im Blick behalten. Da müssen schon Argumente auf den Tisch, warum sich die Stadt da raushalten will. Und das bitte öffentlich. Wir möchten das gerne nachlesen, in Zeiten, wenn andere vom Netz mit Glasfaser und in kommunaler Hand profitieren.  

Und eins noch: Die ersten Daten zum Haushalt sind online auf der Homepage der Stadt zu finden. Gut für den, der schnelles Netz hat, dann kann man die auch schnell lesen. Leider nicht im RIS, Ratsinformationssystem. Waren im letzten Jahr die Reden der Kämmerin und der Bürgermeisterin aber noch ebenfalls online, fehlen sie dieses Jahr. 








Dienstag, 18. November 2014

Mittelalter: IT-Ausstattung in Schulen

In dieser Woche wurde eine Forsa-Studie im Auftrag des VBE (Verband Bildung und Erziehung) veröffentlicht. Kernaussage: Die IT-Ausstattung in Schulen ist mittelalterlich. Das ist in Gütersloh wohl nicht anders. 


Bei der Vorstellung der Ergebnisse ist dies hier sicherlich die zentrale Aussage:

„Die IT-Ausstattung der Schulen ist mittelalterlich“, kritisierte Udo Beckmann. „Wer digitales Lernen in den Schulen ernsthaft installieren will, muss eine zeitgemäße Ausstattung aller Schulen, von der Grundschule bis zu den berufsbildenden Schulen, sichern. Und das ist allein in Verantwortung der Dienstherren und Schulträger zu realisieren.“ 

Das sehe ich genau so. Es gibt viele gute Kollegen, die das Thema längst in der Schule etablieren könnten - nur ohne Ausstattung geht es nicht. Und wir sprechen hier nicht von ein paar PCs, die in der Nische im Büro verstauben. Es geht um Klassensätze an Tablets. Die Grafik zeigt: Tablet-Computer sind in den Schulen Fehlanzeige. 


Forsa
Foto: Forsa






Ein Ergebnis stimmt versöhnlich: 72 Prozent der Befragten gab an, dass die Schule über einen schnellen Zugang zum Internet verfügt. Was aber, wenn der nicht genutzt wird, weil die Bits und Byptes ins "Nichts" fließen?

Wenn jetzt die alljährlichen Haushaltsberatungen anstehen, auch der Fachbereich Bildung seinen Haushalt aufstellt, könnte man darüber nachdenken, eine einmalige Aufstockung der Mittel für die Schulen festzulegen. Und zwar zweckgebunden mit dem Ziel der Verbesserung der IT-Ausstattung in den Schulen.

Einen zweiten Antrag wäre auch dies wert: Wie sieht das eigentlich in Gütersloh aus? Kommunizieren die Verantwortlichen in Schulen und Schulverwaltung eigentlich über geschützte dienstliche E-Mails? Nur 57 Prozent der Befragten sagten hier ja in der Forsa-Umfrage. Gerade hier geht es um wirklich sensible Daten. Meine Erfahrung ist die, dass sich hier bisher keiner darum gekümmert hat. Also: Nachhaken!

Hier scheiden sich die Geister

In der Thematik der Nutzung von digitalen Endgeräten scheiden sich derzeit noch die Geister. Es gibt Befürworter, es gibt Gegner. Eines ist aber klar: bei jeder Bewerbung werden heute die Jugendlichen auf ihre Fähigkeiten am Rechner getestet! Neue Berufe enstehen, die überhaupt erst durch die Digitalisierung erzeugt wurden. Die Betriebe werden Zug um Zug "smart", d.h. sie nutzen intelligente Technik. Die Unternehmen suchen Beschäftigte mit diesen Kompetenzen. Von digitaler Teilhabe will ich hier zudem mal schweigen.

Besonders skuril wird es übrigens hier: sowohl Schüler als auch Lehrer generieren ihr Wissen und Können in der Nutzung von Smartphones, Tablets und Rechnern privat. Neun von zehn befragten Lehrer geben das zumindest so an. Und bei den Schülern kenne ich das aus eigener Erfahrung: Das, was mein Sohn am Rechner alles kann hat er nicht in der Schule gelernt. 

Also: Zwei Anträge in der Politik ergäbe diese Forsa-Umfrage auf jeden Fall. Die Erkenntnisse sind da. Das wäre mal ein Anfang. 









Dienstag, 11. November 2014

Wie geht´s weiter? Offene Kommune NRW auch 2015

Das Barcamp "Offene Kommunen NRW" @oknrw etabliert sich zu einem festen Termin im netzpolitischen Kalender - zumindestens der Aktiven in NRW. Auf dass es mehr werden - jetzt gehen die Impulse verstärkt in die Fläche, ist das Ziel nach dem 4. Treffen am 8. November in Wuppertal.



Die Abschlussrunde zum Barcamp "Offene Kommunen NRW" war sich einig: es wird auch ein 5. Treffen, geben. Dieter Hofmann moderiert die Schluss-Statements:


                             

Ziele für 2015

Welche Ziele stehen bis zum nächsten Jahr auf der Agenda? Die Antworten waren vielfältig: 
  • nicht nur die Fehler auflisten, sondern auch die guten Beispiele in den Vordergrund stellen, die belegen, wie es praktisch geht. "Einfach machen!" brachte es Elmar Burke (@elmarburke) auf den Punkt.
Weitere Forderungen ( in der Auflistung ohne inhaltl. Wertung): 
  • flächendeckend alle Daten zu kommunalen Finanzen auf den Tisch, 
  • Einrichtung von Zukunftswerkstätten, besonders zu "Energie", 
  • Vernetzung und Nutzung von Schwarmintelligenz, 
  • mehr Kooperationen statt Konfrontation,
  • Ansprechpartner adressieren, weniger Technik - mehr Verständlichkeit und daher bürgernahe Sprache, 
  • künftig doppelt so viel Stadtvertreter beim nächsten Barcamp.
Mein Punkt war - wie zur Zeit immer: 
  • Einrichtung von kommunalen Zukunftsausschüssen. Die Kommunen können Ausschüsse einrichten, wenn sie das für sinnvoll erachten. Ein Zukunftsausschuss wäre so ein freiwilliger Ausschuss. Aber hier wäre das Konzept der "Kooperation mit der Zivilgesellschaft" zentraler Punkt: die Ratsleute öffnen den Ausschuss für den verstetigten aber auch fließenden Dialog mit verschiedenen Experten und Bürgergruppen, die gemeinsam unterschiedliche Themen vorantreiben, die die Zukunft einer Kommune berühren, sonst aber wenig Platz in den Regelausschüssen bekommen wie etwa: Digitalisierung, Open Data, Open Government, Breitbandversorgung, Kooperation, Energiewende.

Ziele 2014 und 2015 verknüpfen

Die Ziele für 2015 fallen auf den ersten Blick "magerer" aus als noch die Ziele, die für 2014 formuliert wurden. Allerdings sind sich die Teilnehmer sehr bewusst, dass eben diese Ziele auch schon 2013 weit gefasst waren - und Zeit zur Umsetzung brauchen. Daher hier nochmal die Liste der Vorschläge 2014, die immer noch Gültigkeit haben. 

Wie könnte das Motto für das nächste Treffen heißen, fragte schließlich Organisator Dieter Hofmann - und antwortete sich selbst: "Offene Daten - geht doch!" Ein Fokus auf die Praxis - guter Ansatz, denn nichts zieht so, wie gute Beispiele. 


Übrigens

Schön wäre die Rückkehr 2015 in den Veranstaltungsort VHS Wuppertal-Elberfeld: Tolles Haus, tolles Konzept, sich neuen Formaten zu öffnen! Und das als kommunale Einrichtung. Wie passend für "open".






Energiewende - durch offene Daten


Am 08. November 2014 fand zum vierten Mal die Tagung Offene Kommunen.NRW in Wuppertal statt. Im Zentrum stehen dabei traditionell Theorie und Praxis von Open Government und Open Data in Kommunen. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt auf dem Thema „Energie“.





Mehr Energie 


Energie wurde dabei doppelt betont: Für Open Government gilt, diese in den Kommunen mit mehr Energie voranzutreiben - ein Mehr an Transparenz, Beteiligung, Engagement und Kooperation erfordern von Politik, Verwaltung und Bürgern auch mehr Anstrengungen.

Andererseits stand der "Werkzeugkasten" des Open Government mit der Werkbank "Energie" im Fokus. Wie kann man die Energiewende auf kommunaler Ebene mit Hilfe von mehr Transparenz, Beteiligung, Engagement und Kooperation vorantreiben? 


Werkzeugkasten Open Government für Energiewende

"Obwohl die Energiewende so eine zentrale gesellschaftlich Aufgabe ist, die erklärtermaßen nur gelingen kann, wenn möglichst viel aktiv mitmachen und die für Kommunen völlig neue Entwicklungschancen bietet, gab es in Deutschland bisher kaum Open Government-Aktivitäten in dieser Richtung. In Berlin veranstaltete die Open Knowledge Foundation im vergangenen Jahr den Energyhack – Apps für die Energie der Zukunft mit einem vorgelagerten Expertenworkshop.Die Bundesregierung spricht sich in ihrem Open Data-Aktionsplan dafür aus, wertvolle Daten zu Energiewende und Klimawandel gemeinsam mit Nutzern zu identifizieren und prioritär zu veröffentlichen." - so findet es sich auf der Homepage von Offene Kommunen NRW.  

Das Thema wurde in unterschiedlichen Sessions beleuchtet. Mein Thema ist das nicht, der Ansatz aber, die Werkzeugkiste des Open Government darauf anzuwenden, ist spannend, denn so entstehen konkrete Praxisbeispiele, die den Mehrwert von OpenData belegen (können).

Hier dazu Organisator von "Offene Kommunen NRW" Dieter Hofmann im Kurzinterview:




Offene Daten: Mehrwert für Gesellschaft


Am 08. November 2014 fand zum vierten Mal das Barcamp Offene Kommunen.NRW in Wuppertal statt. Im Zentrum standen traditionell Theorie und Praxis von Open Government und Open Data in Kommunen - diesmal jedoch mit dem Schwerpunktthema „Energie“, im Sinne von "Energieeffizienz" - aber natürlich auch in diesem Sinn:

Open Government muss als Thema in den Kommunen mit mehr Energie vorangetrieben werden. Mehr Transparenz, Beteiligung, Engagement und Kooperation erfordern von Politik, Verwaltung und Bürgern bewusste Anstrengungen. "Häufig sind aber die Bürger nur Zaungäste bei den Open Government-Projekten. Bei Offene Kommunen.NRW stehen sie im Mittelpunkt", so die Einladung der Macher an die Community - und an alle Interessierten.


Im Rahmen des Barcamps habe ich Matthias Bock, Referent für Haushalt, Finanzen und Kommunalfinanzen Piratenfraktion im Landtag NRW befragt, welche Bedeutung "Offene Daten" haben:








Open Data als Baustein für Innovation

Ein mittlerweile fester Bestandteil im netzpolitischen Kalender ist das Barcamp "Offene Kommunen NRW" in Wuppertal. Am 8. November fand es zum vierten Mal statt - eine Aktivität, die erfreulicherweise mal nicht in der Netzblase Berlin stattfindet, sondern das Land NRW und die kommunalen Akteure in NRW direkt anspricht und vernetzt. Im Zentrum stehen Theorie und Praxis von Open Government und Open Data in Kommunen, diesmal ging es um den Schwerpunkt „Energie“. Energie als Rohstoff, aber auch in diesem Sinne:

Ein "Mehr an" verlangt ein "mehr von"...


Das Thema Open Government gilt es, in den Kommunen mit mehr "Energie" voranzutreiben. Mehr Transparenz, Beteiligung, Engagement und Kooperation erfordern von Politik, Verwaltung und Bürgern eben auch mehr Anstrengungen. "Häufig sind die Bürger nur die Zaungäste bei den Open Government-Projekten. Bei Offene Kommunen.NRW stehen sie im Mittelpunkt." - so die Einladung.

Nach der Session von Dieter Hofmann zu "Open Government in Kommunen vorantreiben" habe ich Matthi Bolte als MdL NRW für die Bündnis 90/Die Grünen um ein Kurzstatement zum Thema Open Data gebeten:


Open Data ist Innovation

Matthi Bolte ist Sprecher der Grünen Landtagsfraktion für Netzpolitik und Datenschutz. Als Bielefelder und damit Abgeordneter der Nachbarstadt von Gütersloh ist er einer der Wenigen in OWL (Ostwestfalen-Lippe), die sich mit Netzpolitik und den angegliederten Themen befassen. Auf seiner Homepage finden sich zahlreiche Positionen dazu, u.a. eine kurze Einschätzung der OpenNRW-Strategie.

Bolte spricht Open Data als einen Baustein in der Innovationsstrategie des Landes an, mit dem mehr Transparenz und auch mehr Innovation ermöglicht werden können. Im Zentrum steht dabei die gerade im Mai 2014 von der rot-grünen Landesregierung NRW verabschiedete Strategie "OpenNRW". Diese wurde im Barcamp ebenfalls in einer eigenen Session vorgestellt und kritisch diskutiert, siehe meinen Blogpost dazu. 


Wie kommt das Thema Open Data in die Fläche?

Die Frage eint sowohl die Landespolitik als auch die Akteure vor Ort: Wie kann die Idee und das Tun zu Open Data und Open Government in die Breite getragen werden? (Die Ziele dabei sind sicher nicht gleich.)

Kontrovers diskutiert wurde, nicht immer nach dem Land NRW als Ermöglicher zu rufen, sondern selbst aktiv zu werden. Trotzdem blieb die Frage im Raum: Wie sähe eine strukturelle Unterstützung durch das Land aus?

Es reicht in den Bemühungen eben NICHT, dass die potenziellen Umsetzer allesamt den Telefonhörer in die Hand nehmen und bei den erfolgreichen Wegbereitern und Experimentierern von Open Data und Open Government Claus Arndt (@derarndt), Sven Hense (@eGovBonn) und Sabine Möwes (@moewi) anrufen.

Muss man in Zukunft nicht stärker an Strukturen und an Vernetzungsmöglichkeiten arbeiten? Dies in Kommunen und Land gleichermaßen?
Dazu gibt es noch eine Menge offener Fragen: etwa die nach der "Vertrauenswürdigkeit" derer, die Daten überhaupt abrufen. Wem darf oder kann man "Daten" überlassen? Und: wer entscheidet eigentlich über die Freigabe von Daten in den Kommunen? Ist es hilfreich, dazu einen Ratsbeschluss in den Kommunen zu erwirken, der solche Anfragen überhaupt an eine Stelle in der Verwaltung verweist, die "zuständig" ist? Interessant ist hier ein Blick auf den WikiEintrag von "Potenzial DataSources" als eine Anregung für Anfrager nach offenen Daten.

Siehe auch alle weiteren Blogposts zum Barcamp "Offene Kommunen NRW".































Offene Kommunen.NRW - OpenNRW als Landesstrategie

Am 08. November 2014 fand bereits zum vierten Mal die Tagung Offene Kommunen.NRW in Wuppertal statt. Wie immer ging es um Theorie und Praxis von Open Government und Open Data in Kommunen. Glücklicherweise hat NRW damit auch ein Format gefunden, das diese Themen aus der Berliner Blase heraus auch ins platte Land trägt, die lokalen Akteure in den Kommunen vernetzt und inspiriert.





#OpenNRW 

Ich habe die Session "Vorstellung Open.NRW" besucht, von #Dinnus @openNRW. Ein Twitteraccount sagt ja manchmal mehr als der reale Name. 


Aber: bei der Recherche im Netz surft man vergeblich, um konkrete "handelnde" Personen zu finden, die die Geschäftsstelle OpenbNRW betreiben. Auch auf dem Twitter-Account @OpenNRW herrscht weitestgehend Anonymität, hier steht lediglich, hier twittern "Kollegen und Kolleginnen" von der Geschäftsstelle.
Klar aber ist: Chef und "Chief Information Officer" ist Hartmut Beuß, IT-Beauftragter der Landesregierung NRW. Er ist mit der Umsetzung der Open.NRW-Strategie beauftragt.



Fotos: ak 2014
#Die Strategie 

Die Strategie "OpenNRW" wurde im Mai 2014 im Land NRW auf die Schiene gesetzt: 

"Nordrhein-Westfalen wird mehr Transparenz durch die Bereitstellung von Daten (Open Data), mehr Bürgerbeteiligung durch elektronische Partizipationsverfahren und eine bessere Zusammenarbeit durch die Nutzung Sozialer Medien ermöglichen." So steht es auf der Seite des Innenministeriums NRW


Die Open-Strategie verfolgt drei Kernziele, die ich hier gerne formuliere, weil sie grundlegend sind für ein weiteres Verständnis der Arbeit um den sperrigen Begriff "OpenData" auch vor Ort. Ich bin mir nicht sicher, ob selbst die Ratsleute wissen, das es eine Open-Strategie gibt  - und was drin steht. Eine solche Strategie könnte (!) grundsätzlich eine Haltungsänderung ermöglichen. (Wenn´s denn gut läuft): 

Die drei Open-Punkte sind:

  • Dialog auf "Augenhöhe" zwischen Staat und Gesellschaft verbessern und so Glaubwürdigkeit und Vertrauen zwischen den Dialogpartnern stärken. 
  • Sie will die Regierungs- und Verwaltungsarbeit – Verfahren und Abläufe – für eine rechtzeitige und intensivere Information und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, Wirtschaft und Wissenschaft öffnen und dem gemeinwohlorietierten und demokratischen Miteinander neue Impulse geben. Die Grundlagen Ergebnisse und Wirksamkeit der Regierungs- und Verwaltungsarbeit sollen dadurch verständlicher werden. 
  • Sie will die wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Innovationspotenziale des Open Government für den Standort Nordrhein-Westfalen besser nutzbar machen.

Das setzt voraus, so die Strategie: Wille zu mehr Transparenz die Einstellung und Verfahrensweise, möglichst alle für ein erfolgreiches Open.NRW-Angebot relevanten Ver-
waltungsdaten grundsätzlich als offene und kostenfreie Verwaltungsdaten abieten zu wollen - in dem Zusammenhang ist auch von Verfahrensehrlichkeit, Partizipation und Teilhabe die Rede. 

Die Open-Strategie findet sich hier, in Langfassung Teil 1 und Teil 2 sowie Kurzfassung.

#Organisation und Aufgaben 

#Dinnus stellt schließlich die Organisation von OpenNRW vor. Zwei Rollen spricht er an. Zum einen die der Geschäftstelle mit einem Geschäftsführer (ihm selbst) und Kollegen. Zum anderen die der "Ansprechpartner" für die 12 Ministerien sowie die Staatskanzlei NRW, die die Strategie nun verbindlich mit Leben füllen sollen.

In der Umsetzung sei der Wille zur stärkeren Öffnung von Regierung und Verwaltung maßgebend. Die Umsetzung liegt allerdings in den jeweiligen Ressorts, die natürlich die Ressorhoheit darüber haben, in welchem Umfang und in welcher Tiefe sie Daten herausgeben. Ein Ziel sei es auch in den Ressorts zu überlegen: wie finde ich Daten, wie nehme ich Ängste vor Preisgabe von Daten in den eigenen Reihen, welche Detailfragen muss ich dazu in den Ressorts klären. Ein Leitfaden und Best Practices sind in Arbeit. Hier unterstützt die Geschäftstelle OpenNRW, die auch erklären müsse, was diese neue Offenheit eigentlich ist. Ein Missionstatement gebe es. Download? 


                                         Themenfacetten der Open-Strategie                Foto: Rainer Striewski 2014

Die Runde diskutiert die verschiedenen Facetten der OpenNRW-Strategie, die #Dinnus am Flipchart zusammenträgt. (Offliner sollen gleichermaßen angesprochen werden wie Onliner.)

#Social Media Nutzung und ihre Tücken 

Unter dem Stichwort "Innovation" werden die Begriffe "Social Media Nutzung", Verantwortung und Nutzen formuliert. Da ging es schon ans Eingemachte, denn in erster Linie gehe es hier nicht um Verantwortung, sondern ums ""Wer darf was?". Hier sitzen Beamte am "Rohr", heißt es - und oft geht es um "sensible" Fragen, auch darum, dass man sich "politisch" eben nicht äußern dürfe. Social Media also wirft ganz deutliche die Fragen der Hierarchie auf - wie in jedem anderen Unternehmen übrigens auch: nicht jeder darf und nicht alles wird gesagt oder beantwortet. Eine Antwort auf eine Frage in den Social Media könne in den Ministerien schon mal dauern, bis von "oben" das ok komme. Das allein hebelt die Sinnhaftigkeit von SOM aus, die "Haltung" erwartet und Zügigkeit. Wenn von oben kein grünes Licht kommt, wird das nix mit Antwort.

Bisher gibt es keine Guidelines für die Mitarbeiter - diese werden gerade entwickelt, heißt es. 

#Dialog auf Augenhöhe

Aufgegriffen wurde auch, dass aus einem "echten Dialog" mit den Bürgern noch lange keine Änderung oder gar ein Gesetz werde. Ein Dialog könne nur am Anfang eines solchen Prozesses stehen, danach greifen immer auch die Verfahren, in die dann gesellschaftliche Meinungsbildung mit einfließen würden.

Die Frage, ob das Maerker-Modell auch etwas für NRW sei wurde beantwortet, man sei zur Zeit noch in der Strategiefindungsphase. Auf jeden Fall wolle man in Zukunft verstärkt die Schwarmintelligenz abrufen. 
Die Diskussion wurde kurzfristig hitzig als die These aufkam, jetzt, wo der Staat klamm sei, rufe man nach dem Bürger. Das sei nicht das Thema heute, hieß es. Aber wohl sei es eine Frage von OpenData zu hinterfragen "Wie klamm ist die Kommune" oder auch das Land denn wirklich. "Und wer hat´s gemacht?" kam die Frage aus der Piratenecke NRW: die vielen Bürgerhaushalte haben das aufgegriffen und auch die Piratenfraktion hatte den Haushalt bereits 2013 visualisiert. 

Ein Lernfaktor sei aber schon jetzt: Wo keinerlei Gestaltungsspielraum für Beteiligung sei, solle auch keine Beteiligung für Bürger angeboten werden. Wem sagt man das - ich denke an die vielen Alibi-Veranstaltungen auch in Gütersloh. Diesen faden Beigeschmack kennen alle im Raum. 

#Im Ministerium muss man wollen

Wenn Ressorthoheit der Ministerien herrscht, muss ein Minister nicht zwangsläufig daran interessiert sein, Daten zu veröffentlichen. "Wenn einer nicht will, passiert da auch nichts." Gibt es aber einen Kriterienkatalog, nach dem Daten veröffentlicht werden, offen kommuniziert wird? Gibt es ein Ranking der häufigsten Umsetzer innerhalb der Ministerien? Gibt es eine Evaluation dazu? Heftige Diskussion. Die Antwort war, die Strategie sei zwar verbindlich für alle geregelt  - werde auch evaluiert. Aber bisher nicht öffentlich.

"Geben Sie uns Zeit, das zu organisieren - wir sind gerade erst gestartet." Hierzu gehört wohl auch die Idee, ein Portal und einen Blog einzurichten. 

Ein guter Start sei schon mal: das Unterfangen sei befreit von der Haushaltssperre. Bis 2018 könne man arbeiten, das sei gesichert. 

Meine Frage war die nach der Berichtspflicht und die Frage, ob das Konstrukt auch "politisch Wahlfestigkeit" beinhalte - also, ob eine möglich andere Regierung diesen Anspruch der Offenheit auch wieder ändern könne. "Sehr wohl kann das jede neue Regierung ändern." Gewählt wird in NRW nach Plan 2017.

#Öffentlichkeit erreichen

Es enstpannt sich noch die Diskussion um die Frage, wie diese Strategie "beworben" werden solle. Die Antwort war, dass nicht nur die "bürgerlichen und partizipativen" Eliten angesprochen werden sollen, sondern die breite Masse. "Leute kann man am besten motivieren, wenn es auch etwas zu gestalten gibt", lautete die Ansage. 

Das kennen alle Aktiven vor Ort. Daran arbeiten wir wohl alle. Motivation ist dabei auf jeden Fall das Bereitstellen von Offenen Daten. Da sind einige schon weiter als das Gros. Deshalb sind wir hier. 


















Mittwoch, 5. November 2014

Telekom als Erster am Fressnapf der Gewinne - Breitbandausbau in Gütersloh

Es fällt plötzlich wie vom Himmel: Der Breitbandausbau. Nachdem das Thema bisher keines war, will es plötzlich, über Nacht quasi die Telekom richten, das ist die aktuelle Meldung des Tages. Ein Jubel geht durch die Reihen der Verwaltung und der Politik. Es scheint aber doch ein Aufatmen zu sein, dass man sich mit dieser sperrigen Thematik nicht tiefer befassen muss. 

Zu schnell gefreut, kann man nur sagen. 


Fotos ak 2013


Ausschuss für Wirtschaftsförderung 

Gerade am letzten Donnerstag wurde das Thema Breitband im Ausschuss für Wirtschaftsförderung in Gütersloh thematisiert, dies auch, weil unser Antrag von "Demokratie wagen" zum Breitbandausbau endlich auf der Tagesordnung stand. Der lag bereits seit August 2014 vor, so lange war er in der Schublade der Verwaltung gelagert. 

Hier wurde u.a. auch der "Masterplan Breitbandausbau" durch den Dienstleister MICUS aus Düsseldorf vorgestellt. Hier hatte man noch davon gesprochen, dass Gütersloh ausreichend durch UnityMedia "versorgt" sei, ein Ausbau sei demnach nur in den Gewerbegebieten notwendig. Nicht mal eine Woche später kommt nun die Telekom und erklärt, sie macht es.


  • Wusste der Dienstleister (MICUS) nichts von diesem Angebot? Warum dann ein solches Gutachten?
  • Hat sich die Telekom ganz spontan entschieden, weil ihr ein riesen Geschäft durch die Lappen gehen würde, wenn sich ggf. örtliche und regionale kleinere Anbieter an diese Zukunftsaufgabe machen würde?
  • Oder gab es Hinweise, die aber im nicht-öffentlichen Teil diskutiert wurden? Mit der Maßgabe, dass eine Diskussion darüber, ob diese Netze in öffentliche Hand gehören oder in privatwirtschaftliche gar nicht erst hochkochen sollte?


Fakt ist: Kommt die Telekom zum Zug, bedeutet das, die Entwicklung in Gütersloh wird zukünftig ganz schnell auf der Strecke bleiben. Das Überbauen der alten Kupferkabel ist nur eine Notlösung für kurze Zeit. Danach wird es vielleicht für die Stadt sogar teurer.

Kritik von "Demokratie wagen!"

"Demokratie wagen!" hat zur Entscheidung im Wirtschaftsförderungsausschuss bereits eine Einschätzung gegeben: Fazit: Gütersloh verliert den Anschluss.

Hier unsere Mitteilung von "Demokratie wagen" dazu:

Zukunftsfähig wird Gütersloh so nicht, die digitale Agenda fasst in Gütersloh keinen Fuß.
Am Donnerstag, 30.10.14 tagte der Ausschuss für Wirtschaftsförderung und Immobilien (AWI). Auf der Tagesordnung stand die zukünftige Versorgung mit schnellem Internet - die Breitbandversorgung. Vorgestellt wurde der „Masterplan“, eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Infrastruktur zum Breitbandausbau mit Glasfaserkabeln für ein schnelles Internet und daraus abgeleitete mögliche Handlungskonzepte. Erarbeitet hat dies im Auftrag des Kreises Gütersloh und seiner angehörenden Städte und Gemeinden die Firma MICUS Management Consulting GmbH. Geschäftsführer Dr. Martin Fornefeld stellte die ortsgenauen Ergebnisse für die Stadt Gütersloh vor. Koordiniert wird das durch die Infokom, ein Zweckverband, dem auch Gütersloh angehört. ..... Weiter geht es hier.


Die Stadt Gütersloh gab dazu heute eine Pressemitteilung heraus, in der MICUS als Gutachter des Masterplans erst gar nicht mehr genannt wird und auch unser Ausgangsantrag komplett fehlt. Auch die politische Frage, ob das Netz in kommunaler Hand bleiben soll, fällt unter den Tisch.

Spiel und Zocken um Millionen 

Interessant ist ein Blick auf die Seite der Telekom, wenn man den Suchbegriff der "Vectoring-Liste" eingibt. Diese "Liste" und die Hoheiten dahinter ist ein Geschenk der Bundespolitik an den Ex-Monopolisten, die bestehende Infrastruktur mit Kupfer weiter auszureizen -  auf Kosten des modernen Ausbaus mit Glasfaser, den mittlerweile andere Anbieter aktiv betreiben (kommunale Anbieter etwa) und damit der Telekom stark Konkurrenz machen, aber eben auch deren altes Modell in Frage stellen. Bei der Überprüfung auf der Seite der Telekom, ob die eigene Kommune mit schnellem Internet dabei ist, findet sich Gütersloh bisher nicht.

Die Telekom hat sich also in Gütersloh beeilt, um möglichst selbst schnell am Fressnapf der fetten schnellen Gewinne zu sitzen - bevor andere auf den Gedanken kommen, hier Fuß zu fassen oder die Politik die Idee wertschätzt, dass Netze kommunal sein müssen.

Schade für Gütersloh. Schade für diese Intransparenz, das macht keinen guten Eindruck für den weiteren Prozess. Die öffentliche Diskussion fehlt - in Kürze wird das zu einem Bumerang werden. Auch die Wirtschaft dürfte in den Startlöchern stehen, hier Einblick zu bekommen. Sie hat verstanden, dass Internet eine Ressource darstellt. 








Montag, 3. November 2014

Wie wird sich Arbeit verändern? Industrie 4.0 im Philo-Cafe - der VHS!


Industrie 4.0 beschäftigte das PhilosophieCafe der Volkshochschule Gütersloh. Wie aktuell! Das lockte mich hinterm Schreibtisch hervor - welche Fragestellung würde hier aufgegriffen? Als Referent war geladen: Dr. Ulf Ortmann, Soziologe an der Uni Bielefeld Lehrbeauftragter an der Universität Paderborn. Moderatorin war Almut von Wedelstaedt. Ortmann ist kritisch, er stellt den Technikansatz in Relation zum Nutzer - und landete dabei unweigerlich auch bei der Gemeinwohlperspektive. Eine Frage der Gesamtgesellschaft - und künftig auch die der Definition und Gestaltung von Arbeit - das wird sich auch im kommunalen Raum niederschlagen.




                                          Dr. Ulf Ortmann im Gespräch                Fotos ak 2014 
Die 4. Revolution? 

Ortmann formuliert gleich zu Beginn: handelt es sich bei Industrie4.0 wirklich um eine Revolution? "Hinter diese Aussage gehört auf jeden Fall erstmal ein Fragezeichen", so beginnt er. Das es zudem die 4. industrielle Revolution sei, sei die Zählart der Ingenieure, nicht die der Geisteswissenschaftler. Zudem sei der Begriff gerade erst "erfunden" worden, sein Ursprung geht auf die Hannovermesse 2011 zurück: Hier trat zum ersten Mal die Initiative "Industrie 4.0" an die Öffentlichkeit. Henning Kagermann, Wolf-Dieter Lukas, Wolfgang Wahlster als Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft skizzierten einen möglichen Paradigmenwechsel in der Industrie der nächsten Dekade, der auf Basis Cyber-Physischer Systeme neue Geschäftsmodelle möglich mache. Kagermann als ehemaliger SAPler gilt seither als erste Quelle. Mittlerweile hat die Plattform "Industrie4.0" ihre Arbeit dazu aufgenommen. "Die Plattform Industrie 4.0 ist ein Gemeinschaftsprojekt der deutschen Wirtschaftsverbände BITKOM, VDMAund ZVEI zur Weiterentwicklung und Umsetzung des Zukunftsprojekts Industrie 4.0 der Hightech-Strategie der Bundesregierung." So findet es sich auf Wikipedia.

Ortmann erklärt, es handele sich bei Industurie4.0 zur Zeit nicht um flächendeckende Verfahren, sondern zunächst um Musterbeispiele, die keinen Standard inne haben. Eine erste Art von "Smartfactory" befinde sich etwa in Kaiserslautern - eine Fabrik, die Seife mit unterschiedlichen Farben befüllen könne. Jedes Werkstück sage dabei der Maschine, wie es berabeitet werden will. Smart heißt hier die Kommunikation zwischen Maschinen.


und dann fand der Vortrag aber doch ohne Beamer stattt.....

Und wo bleibt der Mensch?

Die visionäre Frage lautet daher: Und der Mensch, welche Rolle wird er im Arbeitsleben noch spielen? Eine Einschätzung erfolge bisher immer noch aus der Sicht der Ingenieure. Ortmann erklärt, Innovation müsse nicht nur von der technischen Seite gesehen werden, die Perspektive des Anwenders und die Gemeinwohlperspektive kommen zu kurz. Fragen der Sicherheit, der Beherrschbarkeit, der Akzeptanz und des individuellen Nutzens der Technologie bleiben außen vor. Hier ist er als Soziologe auch in ITs OWL dem TechnologieCluster der Region verbunden. Die Uni Bielefeld ist mit in die Forschung eingebunden, betrachtet den Aspekt der Technikfolgeabschätzung. Auf der Seite von ITs OWL finden sich u.a. diese Forschungsansätze unter der Rubrik "Technologieakzeptanz" 

Technik funktioniere nun mal oft nicht, sagt Ortmann. Dann sei der Mensch gefragt: zur Wartung, Reparatur, Kontrolle. Es sei immer noch Massenproduktion, die flexibel sei. 

Ein wichtiger Punkt seiner Arbeit ist auch: das Identifizieren und Beschreiben der jeweiligen Interessen aller Beteiligten. Ingenieure hätten hier andere Ziele als etwa die Belegschaft oder auch die Geschäftsleitung, die Entwickler, die Anbieter... Eine Unternehmung könne man aus vielen Perspektiven beschreiben. Ortmann und Kollegen gehen daher in die an ITs OWL beteiligten Betriebe und identifizieren eben diese Interessenlagen. Um zu verstehen.

Als Ergebnis sollen Leitfragebögen entstehen, dann schließlich "Leitbilder". Ein Ziel kann sein: die Handlungsspielräume der Beschäftigten zu verbessern, die Humanisierung des Arbeitslebens zu erhalten/verbessern. Spannend ist das schon jetzt, hier die unterschiedlichen Herangehensweisen der Beteiligten zu verfolgen, die interdisziplinär am Cluster ITsOWL arbeiten. 

  Zukunftsdiskussion im Ambiente der Jahrhundertwende 

Und wo ist der Einfluss staatlichen Handelns?

Interessant ist auch die Frage, ob sich Technikfolgeabschätzung durch den Untersuchungsgegenstand "Industrie4.0" verändert - wo etwa ist das Packende staatlichen Handelns dabei? Das Packende zeigt sich deutlich etwa in der Finanzierung: das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) investiert kräftig in die zahlreichen Projektstränge allein von ITs OWL, die ein Spitzencluster in Deutschland sind. Hier eine Übersicht in der Publikation Industrie 4.0 vom BMBF allein mit den Projektskizzen von ITs OWL. Und wer bezahlt, lässt sich Einfluss nicht nehmen. 

Die sich daraus ableitende Frage ist auch die: wie wird sich Arbeit überhaupt verändern? Eine Frage, die ungefähr seit dem Mauerfall nicht mehr gestellt wurde - durch die Digitalisierung aber wieder mit fester Faust an die Werktür klopft. Wie werden künftig Menschen mit Niedrigqualifikation eingesetzt? Diese Aufgabe werde von vielen Unternehmern als eine gesamtgesellschaftliche dargestellt, erklärt Ortmann. In der Diskussion fällt jetzt das Stichwort des bedingungslosen Grundeinkommens. Es ist an der Zeit, dies aufzugreifen und zu diskutieren - und zwar als Chance und nicht als eine ideologiebefrachtete politische Position nur der Linken (die übrigens zahlreich als Hörer erschienen war).

Ortmann rekurriert kurz auf das Automatisierungsparadox: die Fehlerquellen nähmen zu, je automatisierter, desto häufiger die menschlichen Eingriffe. Er bemühte das Beispiel der Autoreparatur: einen VW-Käfer konnte früher jeder selbst reparieren - heute machte man den Kühlerdeckel auf - und stände vor dem Nichts, weil das Selbstmachen durch die Komplexität unmöglich sei. 

Und was heißt das für Kommunen?

Wer diese bahnbrechenden Entwicklungen der Industrie 4.0 nicht im Blick hat, wird sich künftig überholt oder hilflos fühlen, denn die heimische Wirtschaft wird dadurch ihre Bedürfnislage was kommunale Entscheidungen angeht, völlig verändern. Um das zu verstehen, ist es wichtig, hier am Ball zu bleiben. Insbesondere, wenn man über Bildung, Ausbildung, Weiterbildung, Gewerbeflächen und auch Wertschöpfung nachdenkt. Und entscheidet. Reicht künftig eine kleine Werkhalle mit einem 3-D-Drucker für beliebig viele Firmen? Reicht eine Schulbildung ohne digitale Kenntnisse? 

Als Leseempfehlung möchte ich hier noch kurz auf den Blogpost von Uwe Hauck "Die wirklichen Themen der Trendforschung drehen sich ums Wollen" verweisen, er betreibt seinen Blog "Living the Future"