Der Haushalt 2011 für Gütersloh steht auf der politischen Agenda. Bis März soll er beschlossen werden. Nun gibt es unerwartet einen Geldsegen aus Düsseldorf, der immerhin eine Gesamtverbesserung von 7,3 Millionen Euro ergibt, also fast doppelt soviel als das, was die Stadt bislang erwarten konnte. Das Haushaltsdefizit von 12,9 Millionen Euro verringere sich dadurch auf derzeit 5,6 Millionen Euro. Möglich wurde das durch die
Änderungen im Gemeindefinanzierungsgesetz NRW.
Nicht nur mehr Geld ist vorhanden (seltsam ist das schon), sondern nun liegen zudem die Vorschläge der Bürgerschaft aus dem Bürgerhaushalt auf dem Tisch der Politik. Der Rat der Stadt umfasst 58 Sitze, die in sieben Fraktionen das politische Spektrum der Stadt repräsentieren: CDU 23 Sitze, SPD 16, Grüne 6, BfGT 5, FPD 4, UWG 2, Linke 2. Und die Bürgermeisterin. - Dieses Kaleidoskop allein ist schon ein Kraftakt für sich, wenn eine derartige Komplexität der Willensbildung in einen Rahmen zu fassen ist. Gespannt sein darf man obendrauf dann auf den politischen Meinungsbildungsprozess in der Verknüpfung der eigenen Positionen mit der Bewertungen der Bürgervorschläge. Einfach geht anders. Gut zu wissen ist dann auch noch, dass bisher die Plattform + bestehend aus CDU, Grünen und UWG, den politischen Kurs der Politik festgesetzt haben: Übrigens auch diejenigen, die die externe Konsolidierungs-Beratung durch Rödel und Partner initiierten. Das ist der Maßnahmenkatatlog, der zu einer ersten Welle des Bürgerprotestes insbesondere gegen die Streichung der Zuschüsse für die Schulbibliotheken geführt hatte....
Einige der im Rat vertretenen Fraktionen haben sich bereits sehr unterschiedlich zu den Haushaltsfragen und zum Bürgerhaushalt positioniert:
Die FDP-Fraktion nimmt den Bürgerhaushalt ganz direkt aufs Korn: Auf der Homepage heißt es. "Die Gütersloher FDP hat den Eindruck, dass die Befragung mehr ein Meckerkasten war denn eine fundierte Handlungsrichtschnur für die demokratisch legitimierten politischen Gremien." Ein deutlicher Hinweis erfolgt bereits hier, dass nämlich die Politik entscheide und nicht die Bürger, weil eben die Politik gewählt ist und der Bürger nicht. Eine sehr eindeutige Aussage, die bereits jetzt deutlich macht: Uns schert es nicht, was der Bürgerhaushalt der Politik ins Stammbuch geschrieben hat.
Wörtlich heißt es bei der FDP: "Dass Bürgerinnen und Bürger mitreden können, ist eine tolle Sache. Doch letztendlich entscheidet die Politik und nicht der Bürger, wofür das Geld ausgegeben wird und wo gespart wird oder nicht. Dazu ist viel Hintergrundwissen nötig." = Wie gut, dass es dazu das Informationsfreiheitsgesetz NRW gibt, welches mittlerweile den Zugang zu Informationen verbrieft. (Leider gibt es dazu keine Satzung in der Stadt Gütersloh, wie vorgeschlagen, denn hier wäre formuliert, was genau der Weg zu Informationen beinhaltet- und wie teuer die dann auch sind; eine Gebührenordnung ist allerdings in Arbeit.) Es bleibt nur noch zu hinterfragen, welches Bild von Bürgern die FDP da mit sich herumträgt.
Die CDU-Fraktion hält an ihrem Konsolidierungkurs fest:
Homepage der CDU bereits im November 2010: CDU-Fraktionsvorsitzende Heiner Kollmeyer. „Natürlich sind wir erleichtert, dass der Stadt in diesem Jahr keine Haushaltssicherung droht. Von dem Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes sind wir aber weit entfernt – ganz zu schweigen von der Reduzierung unserer Schulden. Die Aufgabe des Konsolidierungsprozesses in dieser Situation wäre fahrlässig.“ Es findet sich zusätzlich eine Stellungnahme zum Haushalt 2011 als pdf der Plattform +: Die zeigt sich wenig aussagefähig und bleibt die Beantwortung von politischen Positionen schuldig.
Die Grünen bekennen bereits in ihrer Haushaltsrede 2009 durch ihren Fraktionschef MantovanellI: "Ich bin mir sicher, die Mehrheit der Bürgerschaft honoriert es, wenn wir uns insgesamt ehrlich der Finanzsituation stellen und Schnitte vornehmen - vom Sekt zum Selters." Zumindest ist damit das Gemeinsame in den Fokus gerückt und man darf gespannt sein, wie die Partei der bewegten Bürger und dem Manifest auf Beteiligung sich im Abstimmungsverhalten und in der Bewertungskultur verhalten wird. In einer Pressemitteilung hatten sie sich für eine Verlängerung der Frist für den Bürgerhaushalt ausgesprochen und sich positioniert, der Bürgerhaushalt solle fester Bestandteil der Haushaltsberatungen werden und dazu beitragen, mehr Bürger in die Entscheidungsfindung der Kommunalpolitik einzubeziehen
Die BfGT informiert dieser Tage bereits über die Zusammenfassung der Bürgervorschläge, die es im Ratsinformationssystem der Stadt nachzulesen gibt. Zudem ist nicht zu übersehen, dass die SPD und die BfGT bereits im Mai 2010 einen gemeinsamen Antrag zur Durchführung eines Bürgerhaushaltes eingebracht haben, in dem die vorherigen Vorstellungen von Mitbestimmung weit überholt wurden. Ein Rückschritt hinter diese Aufwertung der Bürgerbeteiligung sollte damit ausgeschlossen sein, zu erwarten sind sicher kritische Anmerkungen, die den Prozess für einen Bürgerhaushalt II noch verbessern können.
Die UWG positioniert sich für den Bürgerhaushalt, zumindest hatte sie bereits im Oktober 2010 die Bürgerschaft zur aktiven Teilnahme aufgerufen. Die Linke im Rat verweist mit einem eigenen Link auf die Seite von "Demokratie wagen", die den Bürgerhaushalt maßgeblich vorangetrieben hat.
Nach der Lektüre auf den verschiedenen Seiten gehe ich nun nochmal gespannter zur Sitzung des Hauptaus-schusses und verfolge nun ganz genau, welchen Raum die Beteiligung der Bürger nun in der Realität zugestanden bekommt. Wichtig zu wissen ist dabei, dass es eben nicht vorrangiges Ziel war, nur Sparvorschläge zu generieren, die möglichst die Schuldenlast der Stadt aufheben möge, sondern, der Bürgerhaushalt war klar auch als Sprachrohr und als Einbindungsplattform für den Bürger in den politischen Prozess gedacht. Kämmerin Christine Lang hat dies auch so zur Erinnerung in die erste Vorlage seitens der Verwaltung aufgenommen: "Vielmehr sollen Einblicke in die Erwartungshaltung und Meinungsbilder der Bürgerschaft gewonnen werden. Das Verständnis der Bürgerschaft für die Lage der öffentlichen Haushalte und die Entscheidungszwänge von Politik und Verwaltung soll verbessert werden."
Nun denn. "Verbessern" heißt übrigens, dass etwas vorher "nicht gut" war....