Drei Kubikmeter Raum
Der
Vorhang der Kabine ist einen Spalt breit offen geblieben. Deutlich kann ich
einen Frauenkörper erkennen. Mal zeigt sich ein Arm, mal die Hälfte
eines ziemlich prallen Hinterns in und um einen in bleu gehaltenen
Slip. Die Dame beugt sich nach vorne, der Rest des Körpers
verschwindet in einer Kippbewegung aus dem Sichtfeld. Was dem
Betrachter bleibt, ist ein welker Vollmond in blau. Taktvoll schaue
ich zur Seite, um direkt am breiten Grinsen einer anderen Wartenden
hängen zu bleiben. Sie hatte dem Schauspiel vor uns auch zugeschaut,
war aber nicht so rücksichtsvoll wie ich. Laut und provokant
kommentiert sie das Gesehene, „die hätte sich lieber hinter einer
Holztür verstecken sollen“. Die Lacher der übrigen meist mit
Kleiderstapeln vollbeladenen Mädchen sind ihr sicher. Die Situation
ist eindeutig und lässt keinen Raum für wohlwollende
Interpretationen: Die Zielscheibe des Spotts hinter dem Vorhang ist
eindeutig zu fett. Ob der verunglimpfte Popo das auch gehört hatte,
konnte ich nicht beurteilen, jedenfalls blieb die Gardine im Zustand
wie gesehen und bewegte sich nicht. Ich stehe ganz ungewohnt für
mich in einer langen Schlange der Wartenden vor einer Reihe von
Umkleidekabinen und beobachte eher nebenbei das Phänomen „Frauen“
und deren Verhalten in eben diesen Kabinetten des Grauens.
Ein Ort der Überraschungen |