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Mittwoch, 20. Juli 2011

Kompromiss ist schäbig, jetzt ist die Basis gefragt: Bildung


Kompromiss... eine Opfergabe
Bildung ist ein Dauerthema. Als Mutter kämpfe ich mich durch den Schulalltag. Als Engagierte interessieren mich die Chancen der Anderen. Daher schaue ich schon genau hin, was in meiner Stadt passiert. Sehr aktuell:
Die Kommunen sollen es richten, was Bildungspolitik angeht. Das zeigt einmal mehr der in NRW vollzogene „Schulfriede“. Ich finde den Kompromiss schäbig und an der Realität vorbei entschieden. Chancengerechtigkeit stelle ich mir anders vor. Es ist schade, dass die Ziele auf dem Altar des politischen Kompromisses geopfert werden. Und dabei hatten Grüne doch genau den Punkt im Wahlprogramm stehen, zwar nicht mit dem Namen, den diese Schulform dann hätte tragen sollen, aber sie sprechen von einer "Schule der Zukunft". Jetzt haben wir fünf Schulformen welche ist für die Zukunft? Gleiches gilt für die SPD: "Im Wahlprogramm heißt es: Nach der Grundschule sollen Kinder in den Klassen 5 und 6 in einer Gemeinschaftsschule gemeinsam lernen." Gemeinschaftsschule steht da. Was jetzt entschieden wurde, trägt allerhöchstens zur Verwirrung bei. Was ist denn nun eine Sekundarschule, was ist noch im Unterschied eine Gesamtschule, was war noch mal eine Verbundschule, eine Oberschule, was eine Gemeinschaftsschule, was Realschule, bleiben die Hauptschulen? Man surft nach einem Glossar der Erklärungen. Gut, dass mein Kind schon aus dieser Altersklasse der Entscheidung rausgewachsen ist. Pech für die vielen Eltern, die sich durch diesen Nebel tasten müssen. Gruselig für die vielen Kinder, die es betreffen wird.
Kopflos? Klarsicht?

Kommunen sollen es richten 
Was auf Landesebene politische Ruhe bringen soll, trägt nun aber die Notwendigkeit zum Handeln in die Städte und Gemeinden. Obwohl - der Druck war ja schon längst da. Nur das Tempo, dieses heiße Eisen vor Ort auch anzufassen, ist unterschiedlich. Aber es bewegt sich was. Gütersloh ist eine Stadt von vielen, die sich zaghaft auf den Weg macht: der erste Bildungsgipfel liegt ja nun gerade hinter uns. (Siehe meine Einträge vom 9. und 10. Juli 2011)

Für einen Samstag so kurz vor den Sommerferien war die Teilnehmerzahl beachtlich: 130 Interessierte. Es waren vornehmlich Vertreter aus dem Bildungsbereich der Stadt präsent. Insgeheim hätte ich mir mehr „echte Betroffene“ gewünscht. Aber dazu wäre eine noch breitere Einladungswelle notwendig gewesen. Vielleicht beim nächsten Mal an alle Eltern adressiert, auch die, deren Kinder demnächst eingeschult werden?
 
Fragen und Empfehlungen
Dortmund. Ich will nicht wiederholen, was ich schon geschrieben habe, aber vor dem aktuellen Entscheidungsstand auf Landesebene bleiben die bohrenden Fragen und einige Empfehlungen, die er der Stadt ins Stammbuch geschrieben hat, bestehen:

1. In der aktuellen Entwicklung seien die Gymnasien die Gewinner und die Hauptschulen die Verlierer. Was heißt das für Gütersloh?
2. Was ist die Realschule, wenn es die Hauptschule nicht mehr gibt? - das sollte jeder für sich beantworten - die Politik aber auf jeden Fall.
3. „Es ist immer nur der zweitbeste Weg, wenn die Kinder am Ende die Anpassung an die Oberstufe schaffen müssen“, meinte er. Man sah es förmlich in den Gesichtern des Publikums: Jetzt mussten viele überlegen, was er damit meinte.
4. „Wenn Sie in ihrem Ort danach fragen, wann Kinder „sortiert“ werden sollen, bekommen Sie ein eindeutiges Votum“, vermutete er, „die Befragten werden antworten: nicht zu früh.“ 
5. Längeres gemeinsames Lernen, auch für Kinder mit Behinderung sei ein Ziel, 
6. Neue Schulen sollten in den vorhandenen Gebäuden als Ganztag ausgebaut werden, neue Schulen bräuchten keine eigene Oberstufe: aber zwingend eine Oberstufe als Partnerschule. Anders wäre Schule mit allen Chancen nicht glaubhaft zu vermitteln. Vor dem Hintergrund des gestrigen Schulfrieden auf Landesebene eine bleibende Herausforderung.

Was also tun?
Was also kann ein Schulträger leisten?“ war am Ende die Gretchenfrage, denn es ging in Gütersloh ja um die Fortschreibung des Schulentwicklungsplans. Rösners Antwort: bedarfsgerechte Angebote schaffen! Und dazu auch die Elternwünsche in Erfahrung bringen. Hinter diesen so formulierten Zielen müsse die Kommunalpolitik zurückstehen. Schulen sollten zudem standardspezifisch unterstützt werden, nicht alle Schulen gleich behandeln. „Man sieht sich dabei den Standort und das Umfeld an“, so Rösner. Es gelte auch, die Schulstatistik zu analysieren. „Wie viele Schüler fliegen denn bei Ihnen auf dem Weg zwischen 5 und 12 oder 13 wieder raus?“, fragte er. An dieser Stelle gelte es, Ursachenforschung zu betreiben, das sei eine original kommunale Aufgabe. (Das sehe ich genau so. Und freue mich immer, wenn das im Bildungsausschuss der Stadt mal thematisiert wird/würde.)

Gemeinschaftsschule weg, dafür jetzt fünf Schulen (oder mehr?)
Am Ende zeigte sich Rösner auch als Ökonom: Investitionen in Bildung biete die höchste und beste ökonomische Rendite. Leider zahle sich diese erst in rund 15 Jahren aus, also erst in drei bis vier Wahlperioden. Was Politik im Bildungsbereich so schwierig mache. Keine schnellen Erfolge in Sicht. Deutschland rangiert hier im Vergleich auf den unteren Plätzen. „Das wird sich rächen, unsere Kinder werden dafür den Preis zahlen“, so sein Kommentar. Die Investition in eine Gemeinschaftsschule ist seit heute erstmal vom Tisch, hier hätten sich Chancen abzeichnen können. Jetzt jedoch kümmert sich die Kommune demnächst um fünf oder mehr Formen... und der Inhalt?