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Donnerstag, 23. Juni 2011

Anonymität ist Freiheit

Immer wieder stellt sich die Frage nach der Anonymität im Netz. Lokal, regional, global.

Lokal wird das Thema zur Zeit für den Bürgerhaushalt hinter verschlossenen Türen diskutiert. Keiner der Gewählten hat den Mut, diesen Punkt in der Öffentlichkeit auszudiskutieren. Sobald es um den eigenen Machterhalt geht, ist Anonymität tabu in den Reihen der Politik: Der Bürger aber soll klar erkennbar werden, nackig sein als Person. Er soll einzuordnen sein in die Schubladen des öffentlichen Lebens: Linker, Konservativer, Rebell, Top oder Flopp. Nicht seine Idee, sondern seine vermeintliche Kasten-Zugehörigkeit zählt. Sein Status ist Angriffsziel, nicht die Sache, die er vertritt. Und die politische Klasse darf werten und diffamieren.

Niemals sollst du mich befragen.
Dazu flatterte dieser Tage eine interessante Meldung von abgeordnetenwatch.de in den Rechner. Das Onlineportal meldete am 16. Juni, es sei mittlerweile auch ein Pilotprojekt auf Stadtebene gestartet. Zitat: "Routine könnte man meinen. Doch ganz so einfach war es dann doch nicht. Zwar gibt es viel Zustimmung für abgeordnetenwatch.de in den Kommunen, (...). Doch andere "betroffene" Stadträte wehren sich mit Kräften gegen Transparenz durch Bürgerfragen. (...) Andere Kommunalpolitiker verbaten sich, dass Bürger ihnen öffentlich Fragen stellen. Sie hätten dazu nicht ihr Einverständnis gegeben. Wieder andere redten sich mit Datenschutz heraus: Wenn ihr Name ohne Zustimmung im Internet veröffentlicht würde, seien sie in ihren Rechten verletzt. Auf Gemeindeebene scheint einiges im Argen zu liegen. Offensichtlich haben sich manche Kommunalpolitiker im Stadtrat bereits bequem eingerichtet. Söhne erben das Mandat ihres Vaters, und der örtliche Bauunternehmer entscheidet als Ratsmitglied ganz selbstverständlich darüber mit, wer den Bauauftrag für die neue Turnhalle oder den Rathausneubau erhält. (...)" Den ganzen Artikel gibt es im Netz, Link siehe oben.

Zum gleichen Thema "Anonymität und Politik" aber mit getoppter Brisanz schreibt Christian Sickendieck "GuttenPlag Wiki gewinnt Grimme Preis" in seinem Blogbeitrag:
(...)
Immer wieder wird auch in Deutschland darüber diskutiert, ob in einem «freien» Land, wie dem unserem Anonymität überhaupt wichtig sei und man nicht vielmehr dazu verpflichtet ist, mit «offenem Visier» zu kämpfen — gerade im Internet. Das GuttenPlag Wiki und das VroniPlag Wiki sind die wahrscheinlich besten Argumente pro Anonymität, die man jemals im Internet finden konnte. Freiheit bedeutet Mut. Anonymität bedeutet Freiheit. Die Freiheit, dass Argumente zählen und nicht über den jeweiligen Überbringer diskutiert wird. Das GuttenPlag Wiki und das VroniPlag Wiki sind anonyme Informanten unseres digitalen Zeitalters, die unsere Politik durchaus ins Wanken bringen. Wäre zu Guttenberg gestürzt, wenn die Mitglieder bekannt gewesen wären? Nein, das ist auszuschließen. Die Bild und andere selbsternannte bürgerliche Medien hätten sich auf die Informanten gestürzt, deren Leben bis ins kleinste Detail auseinandergenommen, nicht aber die Sache verfolgt. Ohne die Anonymität der beiden Wikis wäre zu Guttenberg heute noch Verteidigungsminister und Silvana Koch-Mehrin in Amt und Würden. Ich bin in diesem Punkt völlig anderer Meinung, wie der ansonsten so geschätzte Michael Spreng. Im Fall der beiden Wikis ist die Anonymität existentiell, für die sachliche Arbeit, für unsere Demokratie. (...) Mehr gibt es unter seinem Link, siehe oben.