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Sonntag, 23. Oktober 2011

Bürgerschaftliches Engagement ist politisch

Die Stadt Gütersloh wollte ihre Anlaufstelle für Ehrenamtliche erhalten. Daraus wird nichts: Das Ehrenamtsbüro (eine halbe Stelle angesiedelt bei der Stadt Gütersloh) wird zum Jahresende aufgelöst.

Der Drops ist gelutscht: Kein Ehrenamtsbüro mehr. Dank der politischen 5!
Dieses traurige Ergebnis setzte die Plattform (CDU, Grüne, UWG) mit den Stimmen der FDP und BfGT mehrheitlich durch. Man hätte sich lediglich auf eine Sockelfinanzierung von 20 Tausend Euro pro Jahr einigen können, den Rest (rd. 40 TEuro) sollten Dritte finazieren. Das ist nicht gelungen. Jetzt ist die Stelle unter dem Dach der Stadt verloren - und damit eine erfolgreiche und wirkungsvolle Kooridnationsstelle für bürgerschaftliches Engagment.

Eine fatale Entscheidung!   

Warum?
Einerseits wird seitens der Gewählten Volksvertreter immer wieder eingefordert, der Bürger solle sich real beteiligen. Diese stereotype Forderung wird immer dann laut, wenn die Besucherränge im Ratssaal nicht voll sind. Ungeachtet der Tatsache, dass die "sichtbaren" Bürger nicht "alleine" sind, sondern sich heutzutage in kürzester Zeit im Netz vertausendfachen können. 

Definiert man nun Beteiligung (Partizipation) lediglich als Teilhabe an Wahlen oder am politischen System, etwa durch Übernahme eines Amtes oder Beitritt in einer Partei, so ist dies längst zu kurz gegriffen. Partizipation heute ist mehr: es ist auch bürgerschaftliches Engagement. Es ist nämlich durchaus politisch zu verstehen, wenn man sich an der Tafel engagiert oder in einer Brennpunktschule Lesepate ist oder aber sich um die Altenbetreuung kümmert. Politik ist heute vielmehr die gemeinsame Gestaltung von Leben und Lebensräumen - insbesondere in den Kommunen. 

Es ist unbestritten, dass bürgerschaftliches Engagement "soziales Kapital" (Putnam) einer Stadt darstellt. Dieses Engagment füllt soziale Lücken, die ansonsten durch staatliches Eingreifen geschlossen werden müssten - was eine Vervielfältigung von Ressourcen und Personalbindung bedeutet. Und heute kommunal kaum mehr zu finanzieren ist. Man könnte hier auch von einer Hebelwirkung des Engagements sprechen.

Es geht der Stadt Gütersloh gerade deshalb einigermaßen gut, weil das bürgerschaftliche Engagement in der Stadt sehr vielfältig und tief verankert ist. Stellen wir uns einfach mal vor, dieser Bürgereinsatz fände nicht statt, wie würden dann unsere Schulen aussehen, unsere Altenheime funktionieren....?

Bürgerschaftliches Engagement ist dringend notwendig, um damit einerseits den städtischen Haushalt zu entlasten und andererseits, die zusätzlichen Aufgaben unkonventionell zu erfüllen, die Land, Bund und Europa den Kommunen immer stetiger aufbürden, ohne diese finanziell abzusichern. Gütersloh war hier vorbildlich, weil Engagement durch die Koordinationsstelle institutionalisiert und damit wertgeschätzt wurde.

Fatal ist der Wegfall dieser Koordinationsstelle auch deshalb, weil damit das wunderbare Projekt "Gütersloh engagiert" in seinem Bestehen gefährdet ist. Damit hatten viele Jugendliche die Möglichkeit, sich durch soziales Engagement in der realen Welt umzuschauen: durch Hilfe für andere, durch raus aus der Schule, rein in die Welt - ein Lerneffekt, der durch Schule allein nicht gelingt. Die Jugendlichen konnten lernen, dass Engagement was bringt, weil das Erfahren von Erfolg und Sinnhaftigkeit so greifbar war. Solche Erfahrungen rücken die nächste Generation näher an das heran, was wir ihnen ja eigentlich vorleben sollten: Engagement.

Das alles fällt nun flach. Wer soll das kompensieren, finanziell und personell? Auf diese Frage wird die politische Fünferclique CDU, Grüne, UWG sowie BfGT und FDP eine Antwort formulieren müssen, wenn deutlich wird, wie teuer die potenzierten Folgekosten sein werden, wenn Engagement wegbricht.