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Samstag, 12. April 2014

Mottowoche - von den Guten und Bösen

Glosse

Die Motto-Woche ist gelaufen, die Abiturienten liegen im Bett und entspannen von einer Woche Dauerverabschiedung der letzten Schultage.

Gleiche Prozedur wie jedes Jahr. 

Aber: ausgerechnet der diesjährige Mottotag "Märchen" brachte Neues, nämlich, dass in Gütersloh Gymnasium nicht gleich Gymnasium ist und Abiturienten nicht gleich Abiturienten. Es gibt Gute und Böse.

Der Rektor eines hiesigen Gymnsiums mit der Hausnummer "Soli Deo Gloria" beklagte öffentlich Vandalismus an seiner Schule und rief die blaue Ordnungsmacht zu Hilfe - Abiturienten einer Gesamtschule (!) hätten sich auf seinem Schulgelände ungebührlich verhalten und seien nur durch die Hilfe der Polizei entfernbar gewesen. Schmierereien am Gebäude hätten schon im letzten Jahr zu hohen Reinigungskosten geführt. Unterschwellig handelt es sich also sogar um eine Wiederholungstat.

                                          Märchenwelt - Mottotage                                Foto ak2013
So, so. Da deklamiert der erste Pädagoge einer 1851 ins Leben gerufenen und als "Frucht der Missionierungsbewegung protestantischer Christen Mitte des 19. Jahrhunderts" entstandenen Schule Abiturienten einer Gesamtschule öffentlich als Störenfriede und Schmierfinken. In Zeiten des Bildungswettbewerbs liegt die Empörung aber auch allzu nahe, wenn der vermeintlich niedere Mob neuerer linksliberaler Schulreformen es wirklich gewagt haben sollte, die unsichtbaren Mauern der Spaltung zwischen "Wir" und "Die" zu überschreiten. Welch eine Brüskierung der Herrscher des wahren Abiturs durch diese neuen Früchtchen der Lotterpädagogik.

Es ist aber auch ein hartes Geschäft, diesen heimlichen Ruf als "Elitegymnasium" mit allen Mitteln aufrecht zu erhalten zu müssen. Und das mit dieser Rohmasse an jungen Menschen, die sich noch vor Schulbeginn mit allen anderen Abiturienten zum "Vorglühen" in einer Bahnhofs-Kneipe getroffen und freundschaftlich vermengt (!!) hatten. 

Offenbar haben nicht alle Teile der Schulgemeinde der ursprünglich als "Höhere Privat-Lehr-Anstalt" gedachte "Deo"-Schule diesen Übergang zu einer heute "moderne öffentliche Schule" verinnerlicht. 
 
Wenn nun schon das verflixte Zentralabitur auch anderen Gymnasien vergleichbar gute Schüler beschert, muss eben der Griff in die Mottenkiste her, um die hohe Nase oben zu behalten. Da bieten sich diese dahergelaufenen Gesamtschüler doch geradezu an, als Schmuddelkinder der Stadt verschrien zu werden. 

Das Märchen mit der Abgrenzung nach unten aber hat Grenzen: Denn gleich sind die Abschlusskandidaten beim Pusten ins Röhrchen, vor dem Betäubungsmittelgesetz, beim fehlerfreien Kritzeln auf Wände, vor dem Zentralabitur - und vor dem lieben Gott sowieso. Soli Deo Gloria.