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Sonntag, 9. Februar 2014

Rettung eines Bildungsgangs II. Teil

So einfach geht eine Rettung also doch nicht: Der Ausbildungsgang zum Informationstechnischen Assistenten (iTA) am Carl-Miele-Berufskolleg ist offensichtlich gefährdet. Gestern fanden die Anmeldungen zwar statt -  das AnmeldeVERHALTEN der Bildungsganginteressierten schien jedoch deutlich kanalisiert zu werden. Das erklärte Ziel der Schulleitung ist demnach geblieben: der Bildungsgang findet künftig nicht mehr statt.

 
                                    Reden und Handeln               Fotos ak 2013




Das Anmeldeverfahren


Gestern informierte der Konrektor über den Bildungsgang iTA, unüblich sagen Schulkenner. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Beratungstenor war dem Vernehmen nach, dass man auf die dreijährige Ausbildung an der Schule mindestens noch zwei bis drei Jahre eine Lehre draufsetzen müsse, um am Ende in Lohn und Brot zu kommen. Abschreckender geht es nicht. 



Das Ziel ist also wahrscheinlich: wenige Anmeldungen, die ein Zustandekommen des Bildungsgangs unmöglich machen. Die Realtität der bisherigen Absolventen ist aber eine andere, denn die Absolventen gehen bis auf wenige Ausnahmen anschließend ins Fachhochschulstudium und sind im Beruf erfolgreich. Die Vermittlungsquote in die Arbeitswelt ist sehr hoch.

Neben der mündlichen Beratung war eine online-Anmeldung zum iTA nicht möglich.


Welche Reaktion gab es zudem hinter den Kulissen?


Die Landesregierung NRW, Ministerium für Schule und Weiterbildung, Referat 612, schreibt: Das Anliegen der Schulgemeinde auf Fortsetzung des Bildungsganges iTA sei an die zuständige Bezirksregierung in Detmold weitergeleitet worden.
 

Die Bezirksregierung Detmold, Dezernat 45, Schulfachliche Aufsicht über die öffentlichen und privaten Berufskollegs des Bezirks schreibt: "Zusammen mit dem Schulträger Kreis Gütersloh und dem Schulleiter des CMB sind wir bestrebt, ein möglichst großes Bildungsangebot in der Region zu realisieren. Dabei stellen uns stark schwankende Schülerzahlen in der dualen und vollzeitschulischen Ausbildung jedes Jahr vor neue Herausforderungen, die nur in einem abgestimmten Prozess bewältigt werden können." Mab bot ein gemeinsames Gespräch an, zum Wohl aller Schülerinnen und Schüler.

In den Niederschriften des KreisInformationssystem Gütersloh über die letzten Kreisschulausschusssitzungen zeigt sich, dass die Abschaffung des iTA-Bereichs in keiner Sitzung thematisiert wurde. Weder von Seiten der Schulverwaltung noch vom Schulleiter. Lediglich in der 21.Sitzung 
berichtete der Schulleiter CMB zum Tagesordnungpunkt "Schülerzahlenentwicklung an den kreiseigenen Berufskollegs - mündlicher Bericht" am 30.9.2013, dass sich die Schülerzahlen am CMB kaum verändert hätten. Er weist in seinem kurzen Redebeitrag daraufhin: Die Fachoberschule Elektrotechnik und die höhere Berufsfachschule Technik hätten nicht eingerichtet werden können. Grund dafür sei der akute Fachlehrermangel. (...) Er hoffe, dass die Angebote im Vollzeitbereich künftig aufrecht erhalten werden können. Von der Schließung des Bildungsganges iTA ist keine Rede. 

Auch in den folgenden Schulausschüssen am 21.11.13 und am 20.1.2014 findet sich kein Hinweis oder Vermerk, dass der Bildungsgang etwa nicht zustande käme. 

Der Bildungsgang zum dreijährigen iTA wird aber immer noch in der Broschüre des Kreises Gütersloh aufgeführt, diese Broschüre wurde gerade im November 2013 herausgegeben.



Was schreibt der Bildungsbericht des Kreises?

Die Lektüre des 2. Bildungsberichtes des Kreises ist zudem sehr aufschlussreich. Hier findet sich im Kapitel zu den Berufskollegs der Hinweis, dass der größte Schülerrückgang der Kollegs des Kreises in der Stadt Gütersloh zu verzeichnen ist, namentlich auch im Carl-Miele-Berufskolleg. Im Zeitraum zwischen 2008/09 bis 2012/13 wurden hier - 235 SuS weniger unterrichtet. 

Spannend dabei: Diese Rückgänge seien auch Ergebnis einer Schulentwicklungsplanung in den Berufskollegs. "Dabei wurden Bildungsgänge seit 2008 im Rahmen von Profilierungen verschoben." Die Veränderung der Anzahl der SuS sei damit teilweise intendiert. "Für weitere Analysen wird im Folgenden daher eine Betrachtung der einzelnen Bildungsgänge vorgenommen." Ist die aktuelle Schließungspolitik der iTA-Laufbahn etwa Opfer eines Trends hin zu "höheren Abschlüssen"? Opfer der Profilierung der Schule, die vorsieht, das Technische Gymnasium weiter auszubauen? Wenn dem so ist, wäre das zumindest eine offene Diskussion wert, mit Einbezug der Eltern, der SuS.


Schade auch, dass dieses technische Gymnasium eine Qualifikation von den SuS verlangt. Viele der technisch affinen Schüler allerdings haben diesen Q-Vermerk nicht - die Gründe sind vielfältig, teilweise etwa zu suchen in Fächern, die "uninteressant" sind und die damit den Schnitt fürs Gymnasium vermasseln. Für eher technikaffine Schüler, die eher für ihre Sache brennen als etwa Sprachen zu lernen, ist das ein Nachteil. Warum also diesen Schülern den Zugang zu höherer Bildung verbauen? Man könnte hier glatt die Argumente der Gesamtschulbefürworter anbringen.


Was sagt eigentlich die Kreispolitik zu dem Vorgehen?

Bisher nichts, das man nachlesen könnte. Ggf. sind die Ausschussmitglieder nicht einmal informiert.

Nun stehen die Kommunalwahlen im Mai 2014 vor der Tür. Bildung ist eines der Schlüsselthemen aller Politiker. Gerade die Kombination von schulischen Angeboten, die passgenau ausbilden und einem vohersehbaren Fachkräftemangel entgegenwirken, dürften für die heimische Politik von hohem Interesse sein. Parteiübergreifend. Denn gerade die Klein- und Mittelständischen Unternehmen im Kreis GT profitieren von diesen gut ausgebildeten jungen Menschen. Sie bilden den grundlegenden Standortfaktor für den Kreis, der sich als Motor für wirtschaftliche Dynamik und Standortsicherung sieht. "Neben diesen, auf allen Kontinenten bekannten Unternehmen (Miele, Claas, Bertelsmann; A.d.V.), ist es der erfolgreiche, innovationsstarke Mittelstand, der den Kreis Gütersloh zum Kraftpaket in Nordrhein-Westfalen macht." Die großen Betriebe können sich ihre eigene Ausbildung zuversorgen, die klein- und mittelständischen Betriebe sind auf eine gute Schulbildung im Kreis angewiesen.

Die zuständigen Mitglieder im Kreisschulausschuss finden sich übrigens im Netz. Hier die an erster Stelle genannten: Vorsitzende ist Renate Bölling (SPD); für die Fraktionen: Ursula Doppmeier (CDU und MdLNRW), Detlef Gohr (Grüne); Hartwig Fischer (FDP) und Ralf Langenscheid (FWG/UWG). Ein CDU-Ratsmitglied aus der Stadt Gütersloh ist übrigens auch dabei, Monika Paskarbies (CDU).

gern im Wahlkampf verwendet   


Am Ende.... 

In den kommenden Tagen wird man die Anmeldezahlen genau im Blick behalten müssen. Die Anmeldung geht noch bis Ende Februar 2014. Spätestens nach Anmeldeschluss wird man sehen, wohin die Reise gegangen ist. Wenn es dann für den Bildungsgang iTA nicht schon zu spät ist. Und für die Interessierten, das Kollegium, für die Betriebe... 

Ein Ausbremsen wäre ein Armutszeugnis von Schnellschüssen im Alleingang. An einer öffentlichen Schule.



 






















2 Kommentare:

  1. Ich wage mal zu behaupten, dass ich ein gutes Beispiel für die angesprochene Gruppe der "technikaffinen Schüler" war.
    Auch ich damals ohne Q-Vermerkt weder für das Abitur noch im nachhinein für ein Studium qualifiziert und hätte eine Ausbildung anfangen müssen.
    Allein durch den iTA, welchen ich von 2006 bis 2009 besuchte, hatte ich die Vorbildung und die Qualifikation um letztes Jahr meinen Bachelor-Grad in Informatik zu erlangen und nun weiter auf Master zu studieren.

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  2. Vielen Dank, Sören. Ich freue mich sehr, das zu lesen. Bin sicher, es gibt zahlreiche Beispiele für Menschen, die es geschafft haben, ohne die Zugangskriterien. Schade nur, dass Manche in der Bildung immer noch das Elitensystem etablieren wollen, das lediglich Gleichheit produziert.

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