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Sonntag, 21. September 2014

Wegducken vor Bildungsfragen und Sozialpolitik

Nein, Steuerung und Weitsichtigkeit ist ihre Sache nicht: Sowohl ein Bildungsbericht als auch die Fortschreibung eines Familienberichtes sind offensichtlich von der Mehrheit der Ratspolitik in Gütersloh nicht gewollt. Argumente dagegen: "Warten wir mal ab, zu teuer, brauchen wir nicht." Fakt: Abgelehnt, runtergeredet, weg vom Tisch.


                                                                  Fotos ak 2013


Dieser Tage hat die SPD-Fraktion zwei gute Anträge gestellt. a) ein erneuter Antrag zur Erstellung eines Bildungsberichtes, der die bestehenden Bildungsdaten in Korrelation setzt zu den Sozialdaten und sonstigen Parametern wie der demografischen Entwicklung; b) die Fortschreibung des Familienberichtes aus dem Jahr 2008. Beide Anträge finden keine Mehrheit. 

Nein, keine Angst, ich bin dieser Partei nicht beigetreten. Sie ist mit diesen Anträgen auch nicht sonderlich innovativ - um uns herum im Land sind andere Kommunen schon deutlich reflektierter, was die Steuerung und die Datenlage angeht. Was die SPD aber auszeichnet: sie macht was! Und das ist in der Philosophie des Wegduckens vor einer komplexen Aufgabe wie die Gestaltung (!) von Bildungspolitik und einer Sozialpolitik, die die Spaltung der Gesellschaft im Blick haben sollte, schon ein großer Schritt. Das Beharrungsvermögen der Ausschüsse auf dem Status Quo macht mich immer wieder sprachlos, wie gerade diese beiden wichtigsten Themen politisch so verwaisen können.


Ungelöste Probleme

Dabei steht die Stadt vor ungelösten Problemen, um nur zwei zu nennen:

- Die Armut gerade bei Kindern steigt - auch in Gütersloh. Jedes dritte Kind in Gütersloh gilt als arm. Zwar ist dies nicht flächendeckend in allen Stadtteilen gleich, aber schon merklich vor allem in den Stadtteilen mit sozial schwächergestellten Einwohnern. Diese Stadtteile sind in Gütersloh zumindest bekannt. In Blankenhagen leben 35 % der Kinder in Armut und weitere 14 % in armutsnahen Verhältnissen. Die Problematik ballt sich also. Ein Familienbericht mit einer validen Datenlage würde dazu beitragen, konkreter handeln zu können und ins Auge zu nehmen, was noch kommen wird.




- Die Bildungslandschaft in Gütersloh ist alles andere als gut aufgestellt. Die Problematik der Schulen im Norden der Stadt ist nicht gelöst. Im Gegenteil, das Modell der Kooperation zwischen der Grundschule, der Realschule sowie der Hauptschule ist gegen die Wand gefahren, die Trümmer keinesfalls beseitigt. Von einem neuen Anlauf ist nichts zu sehen.



Was jetzt geschehen wird

- Politik wird sich ad hoc von Thema zu Thema hangeln, eine gemeinsame Idee, wohin es gehen könnte, wird nicht erarbeitet. Die Entscheidungen stehen für sich allein, ein Zusammenhang wird fehlen, der Blick aufs Ganze durchs KleinKlein vernebelt. Wie wollen wir künftig in Gütersloh zusammenleben, wenn immer erkennbarer wird, dass nicht alle gute Ausgangschancen haben - ein Familienbericht hätte diese Diskussion beleben können. 

- Bereits die GPA hatte der Stadt diktiert, künftig Schulen zu schließen. Es wird dazu kommen. Allein die Anzahl der Grundschulen wird nicht aufrechterhalten werden können. Der Ausschuss wird sich auf Blindfahrt auch hier durchhangeln und sich überrascht zeigen, wenn dann plötzlich "das Signal" aus Detmold kommt, wir müssen wieder eine Schule schließen. Dann schauen alle Verantwortlichen betreten auf die Tischplatte, heben ihre Finger trotzdem zum Todesstoß und bekunden, wie bedauerlich, aber doch unabwendbar dies sei. Daran, dass man solche Prozesse auch offen und weitsichtig planen kann - und eine Schließung kommunizieren muss, daran denkt kaum jemand. Dieser Trend ist nun schon seit Jahren zu beobachten. Nur die Glaubwürdigkeit dieser politischen Erklärungen wird dadurch nicht besser.

Was wir brauchen wäre: 

Eine öffentliche Debatte darüber, wie Gütersloh künftig aufgestellt sein will, wenn sich etwa die Bildung radikal ändern wird. Wir stehen hier vor einem Umbruch, der in seinen Ausmaßen nicht hoch genug eingeschätzt werden kann: Digitalisierung, Inklusion, Demographie. Wie ist die Stadt darauf vorbereitet? Wie will sie künftig reagieren? Ein zweiter (echter) Bildungsgipfel sollte diese Fragen thematisieren. Wenn nicht die Politik diese Frage stellt, werden es sehr bald die Eltern tun, die mit dieser Strategie des Wegduckens nicht mitgehen werden. Es braucht den Diskurs der Vielen, das Einmischen.


Schade, dass Politik hier so tut als sei sie nicht zuständig. Sich das Heft aus der Hand nehmen lässt. Und das sogar mit einer möglichen neuen Mehrheit im Rat. 

Schade auch, dass die Bürgermeisterin hier nicht noch die letzten Monate ihrer Amtszeit nutzt, um Spuren zu hinterlassen, die einer ganzen Generation zugute kommen können. Das war ihr doch auch mal wichtig. Ist ihre Vergangenheit als Sozialdemokratin dahin?















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