Bild

Bild

Donnerstag, 8. August 2013

Nicht alle dürfen: #btw13

Wenn die Gütersloher am 22.09. zur Bundestagswahl schreiten, können nicht alle "Gütersloher" wählen. Wählen kann nur, wer am Stichtag einen deutschen Pass hat:
 

Wahlberechtigt bei Bundestags- und Europawahlen sind alle Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG, die am Wahltag   
• das 18. Lebensjahr vollendet haben,
• seit mindestens drei Monaten in der Bundesrepublik Deutschland (bei Europawahlen auch in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union) eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten,
• nicht nach § 13 BWG (bei Bundestagswahlen) oder § 6a EuWG (bei Europawahlen) vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.


Politisch umstritten 
Dass dieses Gesetz so lautet, ist umstritten: Es gibt unterschiedliche politische Forderungen, dass alle Diejenigen uneingeschränkt wählen dürfen, die etwa auch ohne deutschen Pass hier leben und in Deutschland Steuern zahlen oder länger als zehn Jahre hier leben. Diese Forderungen machen die Änderung des Staatsbürgerschaftsrechtes notwendig. Das ist eine politische Frage - bisher konservativ gelöst. Der Pass entscheidet immer noch. Die Beibehaltung des Doppelpasses etwa, ist von der schwarz-gelben Regierungsmehrheit nicht gewollt.

            Wer darf wählen?        Foto ak 2013
Kann es sich ein Land im demografischen Wandel leisten, dass Menschen hier leben, arbeiten und Steuern zahlen, an der Gemeinschaft teilhaben - aber ohne Pass leider nicht wählen dürfen? 

Wen vertritt ein MdB
 
Wie sähe das übrigens konkret aus? Wären die heimischen Bundestagsabgeordneten keine Ansprechpartner für diese Menschen ohne deutschen Pass, wenn es etwa um ihre Belange ginge? Dürften sie einen Abgeordneten des Dt. Bundestages nicht ansprechen? Wer aber wäre sonst der Ansprechpartner? Weitergedacht hieße das, die Abgeordneten im Deutschen Bundestag vertreten also nur die "Bürger" - und nicht die "Einwohner" in Deutschland?

Ich werde die heimischen Bundestagsabgeordneten einmal danach befragen. Auf Abgeordnetenwatch.de. Ergebnis dann hier.


Ausländeranteil in GT


In Gütersloh lag der Ausländeranteil am 31.12.2012 bei 10,47 %. In ganzen Zahlen bedeutet das: 10.173 Personen mit ausländischem Pass. Die zahlenmäßig stärkste Bevölkerungsgruppen sind die Menschen aus der Türkei (1.656), Griechenland (1.357) und Polen (1.344). Seit dem 31.05.2013 liegen zudem die aktuellen Zahlen des Zensus 2011 vor. Demnach haben 33,3 % der Menschen in der Stadt Gütersloh einen Migrationshintergrund.
Nicht alle haben einen deutschen Pass. Die Gruppe der Wahlberechtigten und der Nicht-Wahlberechtigten stände sich demnach deutlich gegenüber. In einigen Ortsteilen könnte es so aussehen, dass Bewohner ganzer Straßenzüge nicht wählen dürfen.




Einbürgerung?

Ein erprobtes Argument hierauf ist stets: dann sollen sich die Menschen doch einbürgern lassen. Das ist eine von vielen Lösungen. Ist rechtlich aber nicht immer ganz so einfach, wie es sich anhört: Eine Einbürgerung ist oft mit dem Verlust des Rechtsstatus im Herkunfstland verbunden - von der Frage nach der Identität eines Menschen ganz zu schweigen. Man kann heute auch durchaus zweiheimisch sein. Zudem entlassen manche Staaten ihre Einwohner überhaupt gar nicht in eine andere Staatsbürgerschaft.

Wenn Einbürgerung allerdings die Antwort sein soll, um Menschen die volle Teilhabe zu  ermöglichen: Was tut Gütersloh eigentlich, um die Quote der Einbürgerungen zu erhöhen? Gibt es ein Konzept dazu? Wie hoch ist die aktuelle Einbürgerungsquote überhaupt? Bundesweit liegt sie im Durchschnitt bei gerade einmal 1,37 % in NRW liegt sie bei 1,5 %. Die Einbürgerungsquote für Gütersloh lässt sich online nicht finden. 

Wer Teilhabe durch Einbürgerung favorisiert, sollte Einbürgerung auch umsetzen. Ansonsten gilt es auch hier zu diskutieren, ob ein deutscher Pass überhaupt noch als Eintrittskarte für politische Teilhabe sinnvoll ist. Oder ob es nicht längst an der Zeit für die Doppelstaatlichkeit ist.


Kurioser Exkurs

Zudem hält das deutsche Wahlrecht noch einige Kuriositäten parat - etwa diese hier:
Wahlberechtigt sind aber auch "Auslandsdeutsche".  Hier wird unterschieden zwischen Deutschen mit und ohne Wohnsitz in Deutschland. Unter der Rubrik "Deutsche ohne Wohnsitz in Deutschland" findet sich u.a. Folgendes bei Menschen, die eigentlich keine Bindung mehr haben: Sie dürfen auch dann wählen, wenn sie aus anderen Gründen persönlich und unmittelbar Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland erworben haben und von ihnen betroffen sind.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen