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Samstag, 10. August 2013

Demenzkranke und Wahlen

Wahlversprechen umgeben uns zur Zeit viele. Die Bundestagswahl 2013 steht bevor. Nach der Wahl werden viele der Versprechen von den Versprechern wieder vergessen. Eine Gruppe von Menschen wird diese Wahlversprechen aber sehr warhscheinlich schon vor der Wahl gleich wieder vergessen: Demenzkranke.

Demenzkranke und Wahlen 
Ich habe mich gefragt, wie Demenzerkrankte eigentlich wählen - und ob sie das überhaupt können. Welche rechtliche Regelung gibt es eigentlich für die anstehende Bundestagswahl?

                           Demenz - die Stimme bleibt      Foto ak 2012

Die wahlrechtlichen Vorschriften sehen keine Regelung speziell zum Wahlrecht Demenzkranker und dessen Ausübung vor. Demenzkranke sind grundsätzlich nach § 12 Abs. 1 Bundeswahlgesetz (BWG) wahlberechtigt, sofern sie Deutsche und über 18 Jahre alt sind. 


Wenn der Demenzkranke sich jedoch nicht mehr allein um seine Angelegenheiten kümmern kann und einer Betreuung unterstellt ist, kann dies auch Auswirkungen auf sein Wahlrecht haben. Gemäß § 13 Nr. 2 BWG ist vom Wahlrecht ausgeschlossen, für wen zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist.  Dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichnete Angelegenheiten nicht erfasst.

Die Rechtgrundlage findet sich hier: Bundestagswahl: § 13 BWG und auch hier: Europawahl: § 6a EuWG

Demenz - auch in GT Thema  

Rund 1,4 Millionen Menschen in Deutschland sind an Demenz erkrankt. Nach Schätzungen werden es 2040 rund 2 bis 3 Millionen Betroffene sein. Für den Kreis Gütersloh zeigt die Pflegeprognose 2030, dass der Anteil der über 80-Jährigen 2030 bei 7,6 Prozent liegen wird, derzeit sind es 4,6 Prozent - in Relation zur Alterserwartung steigt auch die Demenzrate. Demenz ist damit ein gesamtgesellschaftliches Thema, auch in Gütersloh.
 
Bezüglich der Wahlausübung zur Bundestagswahl habe ich in der Betreuungsstelle der Stadtverwaltung nachgefragt: so werden die Menschen mit Demenzerkrankungen in der Regel von ihren Angehörigen oder ihren Betreuern begleitet. Wenn sie dieses als Wunsch vor den ehrenamtlichen Wahlhelfern formulieren, dürfen sie von diesen Begleitpersonen auch bis direkt an den Wahlzettel begleitet werden, dürfen sogar beim Kreuzchenmachen unterstützt werden. Ob und an welcher Stelle dieses dann gesetzt wird, wissen für einen ganz kurzen Augenblick nur die beiden, die den Stift führen. 

Praxis im Wahllokal 

In meinem Fall war ich lange Jahre parteipolitisch fest gebunden. Wenn ich nun meine Angehörige an die Wahlurne begleite, könnte man mir vorwerfen, ich führte in diesem Sinne den Stift. Um dieses grundsätzliche Misstrauen gar nicht erst aufkommen zu lassen, habe ich mich erkundigt, ob nicht auch jemand aus den Reihen der ehrenamtlichen Wahlhelfer in die Wahlkabine mitgehen könnte. Das ist nicht ganz einfach zu beantworten, hieß es hier. Die Wahlhelfer müssten sich dann beraten und den jeweiligen Wahlleiter des Wahllokals in die Beratung mit einbeziehen. Erfolge dann das Einverständnis, könnte man diesem Anliegen entsprechen. 

Dennoch bleibt ein kleiner Faktor an Unsicherheit bestehen. Das Gesetz sieht sehr genaue
Regeln vor, doch die Theorie mündet immer wieder in der Praxis. Dazwischen klafft eine Lücke, die nicht immer zu schließen ist. Die Begleitung von Demenzerkrankten führt die Beteiligten immer wieder vor kuriose Begebenheiten, in denen der gesunde Menschenverstand gefragt ist - und weniger das Gesetzbuch. Das Misstrauen, welches bleibt, kann man nur durch Öffnen des Themas in der Gesellschaft überwinden. Demenz ist bereits ein großes theoretisches Thema, die praktischen Erfahrungen werden aber erst jetzt so nach und nach gemacht. Ein Thema übrigens, welches sich versteckt unter dem Begriff "Demografischer Wandel" auch in den Wahlprogrammen der Parteien findet, konkret jedoch kaum. Wer betroffen ist, dürfte sich hierfür ganz besonders interessieren. 

"Schräg" wird vor diesem Hintergrund auch das Angebot so mancher Partei an ältere Menschen: "Wir holen Sie auch von zuhause ab, damit Sie wählen gehen." 


 





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