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Samstag, 27. April 2013

Mitmach-Staat - in Gütersloh noch in weiter Ferne


Unsere Stellungnahme zum Ende des Bürgerhaushaltes ist online und heute in vielen Lokalmedien erschienen. Hier der Wortlaut der Internetaktivisten, der sich auch auf der Seite der ehemaligen Bürgerinitiative "Demokratie wagen" findet. (Diese homepage wird übrigens in Kürze aktualisiert - und geht weiter.)


Mitmach-Staat – in Gütersloh noch in weiter Ferne
 
Wir haben den Bürgerhaushalt Gütersloh seit Beginn begleitet. Dass er nun beendet wird, macht uns traurig. Damit ist wieder ein Stück Beteiligungskultur zu Grabe getragen. Das Ende aber war politisch gewollt.


Zur Kommunalwahl 2009 sprachen sich alle Ratsparteien für einen Bürgerhaushalt aus. Diesen hatte die Bürgerinitiative „Demokratie wagen!“ gefordert, nachdem Rödl&Partner in Folge der Finanzkrise 2008 der Stadt den Rotstift geführt hatte. Über ihre Finanzen aber wollten viele Bürger lieber selbst entscheiden anstatt einem externen Berater zu vertrauen. So hatte die kommunale Politik kein Argument gegen Bürgerbeteiligung.


                                              Abgewrackt                            Foto  ak 2012


Die erste Runde Bürgerhaushalt ging mit gutem Ergebnis ins Ziel. Die Beteiligung war höher als erwartet, die Vorschlagsliste brauchbar und lang. Die politischen Vertreter im Rat waren offensichtlich erstaunt über die positive Resonanz. Und bekamen schon während des Verfahrens kalte Füße. Sie nutzten die Diskussion über die Berufsfeuerwehr, um den Bürgerhaushalt in Misskredit zu bringen. Eine solche breite und offene Diskussion über ein Stadt-Thema wollte man in einer zweiten Runde nicht nochmal führen. So wurde der Zugang zum Bürgerhaushalt deutlich erschwert, der Nutzer musste sich unter Nennung persönlicher Daten anmelden, das schreckte ab. Außerdem fand das Verfahren nun zweistufig statt: Die Vorschläge wurden gefiltert, bevor sie in die Abstimmung gingen. Die dritte Runde verlangte die Vorschläge sogar vor Einbringung des Haushalts. Vielen waren da schon die Lust vergangen vor lauter Intransparenz: Beteiligung war spürbar nicht mehr gewollt.

Die Erfahrungen zeigen, dass sich die Bürger zwar nicht massenhaft beteiligten – die Gründe dafür wurden aber nie abgefragt. Stattdessen werden sie einseitig den Bürgern angelastet, zur Selbstkritik sind Politik und Verwaltung nicht bereit. Und es fehlte die Zeit, den Umgang mit diesem Instrument der Beteiligung einzuüben. Es reichte der Politik jetzt, auf fehlende Quoten zu verweisen, um über das Aus zu entscheiden. Eine Beurteilung der Bürger, wie Politik mit dem Bürgerhaushalt umgegangen ist, gibt es bis heute nicht.
 

Und dabei haben die Bürgervorschläge schon Akzente gesetzt, die nach wie vor Wirkung zeigen. Da ist etwa die Parkraumbewirtschaftung oder die online-Anmeldung für Kindergartenplätze. Zudem hatten die Bürger insgesamt mehr Vorschläge eingereicht als die Politik selbst – das hatte auch die Kämmerin im Finanzausschuss bestätigt.
Am Ende steht fest: der politische Wille fehlt, sich mit den Bürgern auszutauschen. Nach der Onlinephase verschwanden die Vorschläge hinter den Türen der Ausschüsse. Keine Partei hatte den direkten Austausch gesucht. Es fehlt immer noch der abschließende politische Rechenschaftsbericht zum Bürgerhaushalt 2013. Über die Steuervorschläge wurde nicht einmal diskutiert!
 

Demokratie ist ein mühsames Geschäft - aber die Säule einer Gesellschaft. Man darf jetzt gespannt sein, wie sich die politische Kultur der Beteiligung in Gütersloh weiter entwickelt. Es scheint Mode zu sein, Beteiligung einmal durchzuführen - „Haben wir gemacht!“ - als gegenseitiges Schulterklopfen der Politik. Um dann behaupten zu können „bringt nichts“. Das ist mit dem Bürgerhaushalt so, das war mit dem Bildungsgipfel so und auch mit dem Bürgerbegehren gegen das Theater – das wird gerade auch mit der Konversion so gemacht. Nach dem Bürgerworkshop zum Flughafen folgt nun ein Lenkungskreis. Bürger sind ausgeschlossen.
 

Anke Knopp, Jürgen Droop, Detlef Fiedrich, Thomas Bäumer

1 Kommentar:

  1. Konzerne entdecken Kommunen als Sparschweine

    Natürlich ist alles rechtens und auch völlig legal. Auf ganz eigenartige Weise mutieren viele Kommunen zu Sparschweinen großer Konzerne, dies, obwohl die betreffenden Betriebsstätten in den betroffenen Kommunen oftmals exorbitante Gewinne einfahren. Hat sich ein Konzern an anderer Stelle verhoben, dann holt es sich die gezahlte Gewerbesteuer auch von solchen Standorten wieder, die bislang für sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen sorgten. Dieser Umstand allein ist aber nicht der Bringer, nein es kommt noch viel besser und natürlich ebenso sauber und gesetzlich.

    http://www.neopresse.com/politik/dach/konzerne-entdecken-kommunen-als-sparschweine/

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