In Zeiten von Tablets und PCs sollte das eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Auch in der Politik kommt das zunehmend an. Jetzt hat dies auch der Kreistag in seiner Sitzung am 4. März 2013 unter Tagesordnungspunkt 7 beschlossen: Ab Sommer 2014 werden die Sitzungsunterlagen für Kreistag und Ausschüsse grundsätzlich unter Verzicht auf die bisherige Zuleitung in Papierform ausschließlich in elektronischer Form auf Basis des vorhandenen Kreistagsinformationssystems zur Verfügung gestellt.
Gut so!
Jedoch:
Gleichzeitig hat der Kreisausschuss bereits am 30.1.2013 folgende Emfpehlung an den Kreistag gegeben:
"Für den Online-Abruf und die Offline-Verfügbarkeit dieser Sitzungsunterlagen wird den Kreistagsmitgliedern auf Wunsch die Software SD.N ET (i)RICH-Client und leihweise ein UMTS-fähiger Tablet-PC zur Verfügung gestellt. Den Ausschussmitgliedern, die nicht dem Kreistag angehören, wird die vorgenannte Software ebenfalls zur Nutzung auf eigenen mobilen Geräten zur Verfügung gestellt."
Tablets für alle Foto ak 2013 |
Kosten:
"Hinsichtlich der Beschaffung der hierfür erforderlichen Hard- und Software wird im Finanzplan des Kreishaushaltes 2013 ein Ansatz von 41.000 € bereitgestellt." (In der Vorlage war noch von ca. 33 TEuro die Rede.)
Die GRÜNE-Fraktion erklärte, dass sie von ihrem Antrag, im Rahmen der Einführung des papierlosen Sitzungsdienstes keine Hard- und Software zu kaufen, abrücke.
CDU 6, SPD 3, Grüne 2, FDP 1, UWG 2 Mandatsträger.
Damit ist der Kreistag Gütersloh der dritte im Bunde der politischen Gremien, in dem sich die Kommunalpolitik ein Laptop gönnt - Herzebrock-Clarholz und Schlossholte-Stukenbrock haben sich auch schon versorgt.
Zwei Gesichtspunkte dazu:
1. Es ist lobenswert, wenn sich auch die ältere Generation mit neuen Medien vertraut macht. Der Altersdurchschnitt der Kreistagsmitglieder liegt bei rund 57 Jahren. Das wird sich wahrscheinlich auch im kommenden Kreistag (2014 wird gewählt) nicht ändern. Alt und männlich sind die Sozialkriterien für ehrenamtliches Engagement auf dieser Ebene.
Nun steht im Fokus dieser Anschaffung die Papierlosigkeit. Die Nutzung neuer Medien ist aber nicht nur das. Die neuen Medien ermöglichen weitaus mehr: erhöhte Kommunikation, schneller, direkter, authenitischer. Wenn das mit der Nutzung der Tablets auf Gemeinwohlkosten verbunden ist und die Bürgerschaft mehr und direkter von ihren Abgeordneten hört - nur zu, dann könnte man diesen Kauf für deutlich sinnvoll halten. Eine Haltungsänderung der Mandatsträger gegenüber dem Volk hin zu mehr Transparenz und Dialog - ein guter Schritt.
Diese Veränderung könnte man sogar in der Wirkung dokumentieren.
2. Wenn Politik ein Ehrenamt ist, dann bleibt die Frage, warum viele andere Ehrenämter nicht auch besser ausgerüstet werden. Frauenehrenamt etwa ist deutlich weniger sexy, mir ist keine Grüne Dame bekannt, die ein Tablet bekommen würde, mir ist keine Ehrenamtliche im Altersheim bekannt, die eine solche Technik gestellt bekommt. Ich kenne keine Lesepatin in Kindergarten oder Schule, die dies gestellt bekäme. Und: Wenn sich Politik für Papierlosigkeit und die Möglichkeiten der neuen Technik begeistern kann und sich als erste damit eindeckt - darf sie gerne auch an die bessere Ausstattung von Schulen denken. Hier teilen sich oft 30 Schüler einen PC.
Eine technische Shoppingtour auf Gemeinwohl darf gerne deutlicher und zielorientierter kommuniziert werden. Dann kommt solche eine Ausgabe aus dem Kreishaushalt in Höhe von 41 Tausend Euro auch aus der Schmuddelecke der schlechten Gedanken heraus.
Ich habe - damals als neu gewählter Bürgermeister - in der Tiroler Stadt Wörgl bereits 1998 das papierlose Sitzungsmanagement eingeführt.
AntwortenLöschenDie Widerstände waren zwar heftig, aber sehr kurz. Nach einem halben Jahr war alles bereits lieb gewonnene Praxis. Versüßt hat den 21 Gemeinderäten der Umstieg die Bereitstellung eines Laptops und eines Internetzugangs, der damals noch alles andere als selbstverständlich war.
Die Investition habt sich durch verwaltungsinterne Einsparungen übrigens bereits nach zwei Jahren amortisiert (Porto, vor allem aber Zeitersparnis im Stadtamt)
Es verwundert, dass das heutzutage - 13 Jahre später - immer noch nicht selbstverständliche kommunale Praxis ist.
Arno Abler
CommunalConsult Network
Vielen Dank für den Einblick in gutes Gelingen von moderner Ratsarbeit. Grundsätzlich finde ich die Entwicklung sehr gut. Problematisch wird es immer dann, wenn ein Gremium sich diese Neuerungen selbst genehmigt, bei allen übrigen Ausgaben aber den Rotstift ansetzt und nicht so fortschrittlich argumentiert. Da braucht es einfach mehr Kommunikation. Sonst sind wir schnell beim Stichwort "Selbstbedienung". Und es wäre schade, wenn Social Media und Tablets daran gemessen würden.
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