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Donnerstag, 31. Januar 2013

Provinzposse: Klarnamen beschlagnahmt

Die Diskussion um Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Internetdialoge bietet immer mal wieder Stilblüten der besonderen Art. Auch in Deutschland. Auch in kleinen Städten. 
In dieser Woche beschlagnahmt der Staat in Augsburg den Klarnamen eines Forenteilnehmers - weil ein Politiker das so will.

Die Süddeutsche Zeitung schreibt: "Ist es nun eine Provinzposse oder tatsächlich ein Schlag gegen die  Pressefreiheit , wie es seit Montagabend überall im Netz zu lesen ist? Das Zitat, das die Aufregung ausgelöst hat, klingt im Vergleich zu manch anderer Beschimpfung im Internet jedenfalls harmlos. Ein Nutzer Namens "Berndi" hatte in einem Foren-Beitrag in der Augsburger Allgemeinen folgendes gepostet: "Dieser Ullrich verbietet sogar erwachsenen Männern ihr Feierabendbier ab 20.00 Uhr, indem er geltendes Recht beugt und Betreiber massiv bedroht!"

Klarnamen des Users von Staat beschlagnahmt!



Der benannte Augsburger Ordnungsreferenten Dr. Volker Ullrich hatte zuvor den Tankstellen in der Stadt verboten, nach acht Uhr abends Alkohol an Fußgänger zu verkaufen. Daraufhin gab es den Kommentar im Netz. Die SZ weiter: "Der CSU-Politiker erstattete Strafanzeige wegen Beleidigung - und lenkte damit zusätzliche Aufmerksamkeit auf die Kritik an seiner Person. Grund für die Aufregung: Um den Urheber der vermeintlichen Verunglimpfung zu ermitteln, beantragte die Staatsanwaltschaft Augsburg beim Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss - und bekam diesen bewilligt. Mit dem Beschluss sprachen die Ermittler bei der Redaktion der Augsburger Allgemeinen vor, und diese händigte am Montag den Klarnamen des Users "Berndi" aus. Nicht freiwillig: Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte die Daten. Zu einer Durchsuchung oder gar einer Razzia kam es aber nicht." (...)

"Eine Durchsuchung betrifft die Redaktion in jedem Fall, egal, wonach die Staatsanwaltschaft in den Räumen sucht. Und genau das ist auch der Grund, warum die Kommentatoren bundesweit empört sind: Die Durchsuchungsanordnung sei völlig unverhältnismäßig gewesen. Auf der einen Seite die vom Grundgesetz geschützte Pressefreiheit und das Recht auf Unverletzlichkeit der Redaktionsräume, auf der anderen Seite eine allenfalls leichte Beleidigung."

Pikant dabei: Der Politiker Dr. Ullrich  tritt bei der kommenden Bundestagswahl im Wahlkreis Augsburg erstmals als CSU-Direktkandidat an. Ein Ticket für ein Bundestagsmandat gilt als ziemlich sicher.

Auf der Business-Internetplattform Xing gibt der "berufsmäßige Stadtrat" und Leiter des Ordnungsreferates der Stadt Augsburg übrigens folgende Selbstauskünfte an:  Dr. jur, Ass. jur, Dipl.-Jur, Dipl.-Kfm.

Ich biete: Recht, Sicherheit und Ordnung, Brand- und Katastrophenschutz, Gesundheit, Personenstandswesen, Marktwesen und Verbraucherschutz
Ich suche:  neue Herausforderungen, zündende Ideen, begeisternde Menschen
Interessen Kunst, Kultur, Philosophie, Literatur, Party, Fußball
 
.... Wer Böses dabei denkt....

Die Augsburger Allgemeine hat angekündigt, rechtliche Schritte wegen des Durchsuchungsbeschlusses zu prüfen. 

Ist solch eine Posse nur weit weg - oder durchaus überall möglich? 




1 Kommentar:

  1. Eine weiterer netter Versuch der Diskriminierung:

    Wenn der Wut-Pensionär zur Landplage wird

    Früher gingen junge Rebellen auf die Straße, die vielleicht nicht viel Ahnung hatten, dafür aber starke Meinungen. Heute sind die "Wutbürger" ältere Techniker und Experten. Ein Grund zur Sorge.

    http://www.welt.de/debatte/kommentare/article113281079/Wenn-der-Wut-Pensionaer-zur-Landplage-wird.html

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