Am 27. Januar wird weltweit der Opfer des Holocaust gedacht. Auch in Gütersloh. Die Gruppe Jugendlicher "ich bin-mensch" erinnert: Gegen das Vergessen und für Toleranz.
Die Gruppe junger Menschen aus der Stadt- und Schullandschaft in Gütersloh hat sich zusammengefunden und erinnert eindrucksvoll mit ihrer Aktion "verschleppt, vergast, vergessen" an die Opfer in ihrer Stadt.
Die wohl bekannteste Kastanie in der Innenstadt - direkt auf dem Berliner Platz, doch von vielen "Hertie-Vorplatz" genannt und damit doppelt sinnig - ist Ort des Geschehens. In ihren wintergrauen Ästen hängt ein Koffer, ein Teddy, ein Kleid, ein Gehrock. 44 Altagsgegenstände insgesamt, ein jeder Sinnbild eines Alltags von 44 Menschen, die einmal in dieser Stadt gelebt haben,
dann dem braunen Nazi-Terror zum Opfer fielen. Völlig irrsinnig. Wie überall in
Deutschland. Aber eben auch hier - und nicht weit weg.
Mich berüht das sehr, bin ich doch in der gleichen Straße geboren, in der Viele von den 44 auch einmal gelebt haben. Die Namen der Verschleppten und ermordeten Gütersloher hat die Gruppe der Jugendlichen aufgelistet, jeder einzelne Name steht für ein Schicksal.
All zu schnell ist das Vergessen. Und allzu aktuell ist es nach wie vor: Erinnert sei an die NSU-Terrorzelle, die zehn Jahre lang Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland gemordet hat, mit professionellem Wegschauen der Behörden und der Gesellschaft sowie einer katastrophalen Aufarbeitung. Erinnert sei auch an die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, im Sommer 2012 erhoben, die belegt, dass rechtsextreme Einstellungen in Deutschland auf hohem Niveau bleiben:
"Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland verharren auf einem hohen Niveau. Während die Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur abnimmt, ist Chauvinismus bundesweit bei knapp 20 % der Bevölkerung anzutreffen. Die Ausländerfeindlichkeit ist mit 25,1 % bezogen auf ganz Deutschland die am weitesten verbreitete rechtsextreme Einstellungsdimension. Der Antisemitismus ist bei rund jedem elften Deutschen manifest und findet sich zum ersten Mal bei Ostdeutschen häufiger als bei Westdeutschen. Schien die Verharmlosung des Nationalsozialismus bisher vor allem ein Problem in Westdeutschland, ist sie nun ebenfalls im Osten deutlicher ausgeprägt."
Aller Grund, aktiv zu bleiben und für Toleranz und gegen das Vergessen einzustehen.
Unterstützt wird die Aktion "ichbin-mensch" vom Anne-Frank-Zentrum in Berlin, von der Stadt Gütersloh, von der Anne-Frank-Gesamtschule, der Janusz-Korczak-Gesamtschule, der Freiwilligen Feuerwehr Gütersloh.
Dass der Mahnbaum eine Kastanie ist, ist nicht zufällig gewählt:
Der Baum erinnert daran, dass Anne Frank in ihrem Versteck vor den Nazitruppen in Amsterdam auch auf eine Kastanie geblickt hat. Sie wird auf einem der Plakate der Schüler zitiert: "Solange es das nocht dibt, diesen wolkenlosen blauen Himmel, darf ich nicht traurig sein."
Trauer aber ist für uns heute richtig. Heute haben Menschen aus Gütersloh dafür ein Zeichen gesetzt: das Erinnern, die Namen der Ermordeten, die Kastanie, die Blume, die Beflaggung mit Trauerflor. Ein gutes Zeichen.
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