Glosse
Politische Nachtfalter
In so einer Bürgerinitiative fließt viel Blut, Herzblut, Vollblut - mit hohem Pulsschlag und Fieberkurven. Die Menschen, die sich hier einfinden, sind bewegt, sie sind neugierig, engagiert - oder einfach nur da, wo sie sein wollen: am Ort des Geschehens.
Politische Nachtflüge fürs Volk |
Nun sitzt nicht nur der "Bürger" hier. Gerne schauen auch Menschen aus den Parteien herein. Die Gewählten, die Repräsentanten. Gestalten der Nachtsitzungen, auf dem Segelflug durch die Mauern der Stadt, sie suchen Impulse, politische Nahrung. Davon ernähren sie sich, es gilt, das Pulsieren des Volkes ins Parlament zu tragen. Manchmal aber geben sie sich nicht gleich zu erkennen, die Ehrwürdigen der Räte. Sie hocken sich an den Tisch, die Argusaugen in die Runde spähend, aufsaugend die Namen und Figuren der Vielen. Sie stellen sich vor, vergessen aber gerne das eigene Mandat zu erwähnen. Sie mischen sich unters Volk, machen sich gemein und sind anfangs ganz still, hören zu und nehmen teil. Währenddessen wird unter den Arglosen debattiert, argumentiert, ausgetauscht, die Richtung identifiziert, die Maßnahmen besprochen, das Ziel bestimmt.
Ganz allmählich wachen die herzblutsuchenden Mauersegler auf, erkennen die Beute, die Idee, den Gedanken der Veränderung, das politische Potenzial, welches sie zu gerne für sich allein verfrühstücken möchten. Zu vorgerückter Stunde schärfen sich die Krallen an den Fingern, sie machen sich bereit zum Entern: "Sagt uns, was euch bewegt!" verheißen sie. "Wir werden uns der Sache annehmen. Wir werden es richten." Wir machen daraus eine schöne Anfrage, einen Antrag. Wir! Und schon prangt ein Briefkopf drauf oder eine Webseite schmückt sich mit dem entrissenen Kleinod der Veränderungswilligen.
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