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Donnerstag, 23. Februar 2012

Keine Wahl - und wenn dann bitte nicht frei!

Was ist eigentlich die Wahl zum Bundespräsidenten aus der Sicht der Bürgerbeteiligung?

Statisten
Erstens ist die nicht vorgesehen: das Volk wählt den Bundespräsidenten nicht direkt. Zweitens bei bisher nur einem aufgestellten Kandidaten kann man fast nicht mehr von Demokratie unter dem Aspekt "die Wahl haben" sprechen. Beate Klasfeld hat sich bis jetzt noch nicht wirklich entschieden. Drittens ist der eine (!) Kandidat auf Bundesebene mit  mao-ähnlicher Einheit von höchstens einer Handvoll Politikern auserkoren worden. Der Rest Deutschland geht durch als Statisten - das Volk und auch die Parteien.

Den Letzten mit dem Schuh aus dem Amt getrieben - den Neuen kaum gewählt....


Wer darf...
Am 18. März wird in der 15. Bundesversammlung gewählt. Die Bundesversammlung setzt sich zusammen aus den Mitgliedern des Deutschen Bundestages und der gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder (Landtage, Berliner Abgeordnetenhaus, Hamburgische und Bremische Bürgerschaft) gewählt werden. Darunter sind auch Vertreter aus der Zivilgesellschaft. Es müssen damit 1.240 Vertreter sein. Sie sitzen dort stellvertretend für 74.460.930 Menschen der "deutschen Bevölkerung". Man verzichtete mit diesem etwas komplizierten Verfahren auf die unmittelbare Volkswahl und wollte damit eigentlich gewährleisten, dass sich aus der Wahl kein überparteilicher Führungsauftrag ableiten lässt.

Landeslisten NRW
Während der Kandidat also schon feststeht - und damit der 18. März eher eine Krönungsmesse zu sein scheint, wird zur Zeit wohl heftig an den Landeslisten gestrickt, die in den Landtagen festgelegt wird, wer der Bundesversammlung angehören darf. Am 28.Februar ist das in Nordrhein-Westfalen der Fall. In einer Sondersitzung wählt der Landtag NRW die 133 nordrhein-westfälischen Delegierten für die Bundesversammlung. 

Bei der 13. Wahl 2009, in der Horst Köhler zur Wiederwahl stand, waren übrigens auch zahlreiche Gütersloher Mitglieder der Bundesversammlung: Maria Unger stand auf Platz 870 unter dem Ticket der SPD. Prominent vor ihr war Hartmut Ostrowski (Vorstand Bertelsmann) auf Platz 414 unter dem Ticket der CDU platziert, wie auch Elmar Brok (MdEU) auf Platz 381 und Ursula Doppmeier (MdL NRW) auf Platz 386.  

Wenn schon wählen, dann bitte nicht frei!
Obwohl die Mitglieder der Bundesversammlung qua Verfassung an keinerlei Weisung gebunden sind, gab die CDU-Gütersloh der SPD-Bürgermeisterin Unger mit auf den Weg, sie solle Horst Köhler wählen: In einem Schreiben des Vorsitzenden Raphael Tigges heißt es: (...)
"Gleichwohl möchten wir Sie auffordern, als Mitglied der Bundesversammlung und gleichzeitig Bürgermeisterin der Stadt Gütersloh die Interessen der Bürgerinnen und Bürger Ihrer Stadt bei Ihrer Wahlentscheidung zu berücksichtigen. (...)  In vielen Gesprächen mit Gütersloher Bürgern konnten wir erfahren, dass Bundespräsident Horst Köhler ein hohes Ansehen in der Bevölkerung genießt und aufgrund seiner beruflichen Erfahrung und Fachkompetenz, sowie seines ausgleichenden Wesens, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, die richtige Wahl als Staatsoberhaupt darstellt.

Wir erwarten daher von einer von den Bürgern der Stadt Gütersloh gewählten Bürgermeisterin, dass sie auch bei der Wahl des Bundespräsidenten Ihre Stadt vertritt und keine parteipolitische Entscheidung im Sinne der SPD trifft.

Uns würde Ihre Meinung zu den Kandidaten sehr interessieren. Bitte teilen Sie doch uns und den Gütersloher Bürgerinnen und Bürgern mit, aus welchen Gründen Sie ggfs. mit der SPD Horst Köhlers Wiederwahl verhindern wollen. 

Treffen Sie eine gute Entscheidung für Gütersloh und Deutschland – seien Sie
nicht Parteisoldatin der SPD , sondern geben Horst Köhler die Möglichkeit seine sehr gute Arbeit fortzusetzen. Das wäre fair und ein Zeichen von Charakterstärke und politischer Unabhängigkeit. 



Wie Frau Unger gewählt hat, weiß ich nicht. Hoffentlich hat sie sich ihre Wahl nicht nehmen lassen. Zumindest damals gab es wenigstens noch eine Wahl, denn es traten neben Köhler auch Gesine Schwan (Favoritin der SPD), Peter Sodann (Favorit der Linken) und Frank Rennicke (Kandidat der NPD) an.

Demokratie kostet
Die Mitglieder der Bundesversammlung bekommen übrigens eine Aufwandsentschädigung von 60 Euro pro Nase, eine Hotelübernachtung bis zu 170 Euro und einen Reisekostenzuschuss.

Bei einer Krönungsmesse von nur einem Kandidaten hätte man sich dieses Tafelsilber fast sparen können und ihn per Akklamation ausrufen sollen - wie eigentlich medial schon passiert. Wozu also noch der Staatsakt, darf man sich fragen.

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