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Freitag, 9. Dezember 2011

Jammern bringt Veränderung

Deutschland jammert, Gütersloh jammert. Auf hohem Niveau, heißt es aus gewählten Kreisen.

Dabei ziehen diejenigen, die das formulieren oftmals die Mundwinkel nach unten. Und signalisieren gerne, dass sie selbst ja nicht zu dieser elenden Spezies gehören.
Mal zuhören
  
Aber was ist eigentlich so schrecklich am Jammern? 
"Zunächst mal ist es für die meisten Menschen ein Reizwort. Dabei hat Jammern tatsächlich viele positive Seiten. Es befreit innerlich, es motiviert, Dinge zu ändern. Wenn man jammert, lohnt es sich immer zu fragen: Was stimmt nicht? Was müsste anders laufen?", sagte heute Michael Thiel im WDR 5 Interview zum Thema Beschwerdeland NRW - Wir jammern und ärgern uns.

Er muss es ja wissen, als Psychologe und einer der Autoren des Werkes "Deutschland, einig Jammerland". Für ihn ist das Jammern eng mit der "Beschwerde" verbunden. Wer sich beschwert, hat offenkundig einen Missstand entdeckt, über den er nicht nur "jammert", sondern dieses Elend auch in Handlung umsetzt. Der Jammerer wird zum Beschwerdeführer. Und das führt zur Veränderung. Veränderung ist eigentlich durchweg positiv zu bewerten. Veränderung ist Normalität. Ist Leben, denn alles fließt -panta rhei - wußte schon Heraklit: Nichts bleibt, es gibt nur ewiges Werden und Wandeln. 

Gold der Stadt 
Das mal übertragen auf jammernde Bürger, bedeutet doch eigentlich, dass sich jede Stadt über Jammerer und Beschwerdeführer freuen müsste. Ist es nicht ein großes Potenzial der Menschen in einer Stadt? Die Entwicklung anstoßen - und nicht nur Ausgaben fordern, (das ist deutlich zu kurz gegriffen)? Müsste man diesen Goldschatz nicht heben?

Aber da genau schließt sich der Kreis: ein Jammerer oder Beschwerdeführer kann nicht allein stehen. Er braucht jemanden, der auch zuhört. Und das könnten und müssten eigentlich die Gewählten sein. Ist es nicht genau das, was Politik eigentlich auch soll: Hinhören - auf die Stimme des Volkes?

Die andere Seite
Oder will man dieser Orts lieber die negative Seite des Jammerns gelten lassen: aus Unsicherheit jammern heißt, jemand Anderes auffordern, eine Aufgabe zu lösen. Nach dem Motto "mir geht es schlecht - mach Du mich glücklich"? Was dem Autor zufolge aus dem preußischen Obrigkeitsdenken entlehnt ist. "Das Wertesystem, das auf preußischen Tugenden basiert, kennt vor allem Unterwerfung, nicht aber Kreativität und Spontanietät. Und in diesem kollektiven deutschen Unterbewusstsein steht nicht gerade der Optimismus im Vordergrund, sein Leben selbst in die Hand nehmen zu können, sondern das Bedürfnis, jemanden zu finden, dem ich die Verantwortung übergeben kann. In dieser deutschen Sehnsucht nach Sicherheit sehen wir einen wesentlichen Grund dafür, dass ein vermeintlicher Retter wie Hitler die Macht übernehmen konnte", so die Co-Autorin Lohstroh im Interview.

In die Hand nehmen
Die Erfahrungen des letzten Jahres in Gütersloh zeigt, dass die Bürger hier ihre Stadtzukunft schon lieber selbst in die Hand nehmen wollen....

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