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Dienstag, 22. Mai 2012

Eröffnungsrede Bundeskongress pol. Bildung

Der Bundeskongress politischer Bildung nimmt das Mega-Thema auf: Zeitalter der Partizipation. Die Aktualität auf der einen Seite steht der Vielfalt an Positionen auf der anderen Seite gegenüber: von streng konservativ bis liquid democracy ist alles vertreten.

Innenminister Dr. Friedrich eröffnete. Demokratie heiße Vielfalt. Die Aufgabe sei, Menschen dafür zu gewinnen, sie befähigen, mitzumachen, sich einzubringen. Für ihn bedeute Demokratie nicht nur das Verfahren, sondern auch das hier bestimmte Grundwerte zugrunde liegen - und: Jeder habe das gleiche Recht, sich in die Demokratie einzubringen. Jeder müsse aber wissen, andere haben das aber auch, man sei lediglich 1er von 82 Millionen. 
Er verweist auf den Ruf nach Demokratie in vielen Ländern, in denen bisher Demokratie schmerzlich vermisst wurde. Diese wachten jetzt auf und merkten, dass Teilhabe zunehmend wichtig werde, sie wecke die Kreativität der Menschen, die bringe den Staat nach vorne.

Bundesinnenminister Dr. Friedrich, Foto: Knopp



Schwieriger sei es dagegen, die Lust auf Demokratie zu wecken oder zu erhalten, in denen die Demokratie selbstverständlich scheine. Die Jüngeren müssten daher erreicht werden, die Vielfalt an Möglichkeiten genutzt werden, um diese Lust zu wecken. Vertrauen zu erwecken, in Demokratie, in Meinungsfreiheit, in das Funktionieren des pluralistischen Systems. Die Mehrheit könne zu einem guten Ergebnis kommen, er verweist auf das neue Buch von Sarrazin, in diesem er wieder das Argument aufgreife, es gebe Menschen, die "nicht so schlau sind", um sich mit gesellschaftlichen Themen auseinander zu setzen. Dem sei nicht so. 

Partizipation habe unterschiedliche Inhalte, das Wesen der Demokratie löse sich ein, wenn Menschen mitmachen. Das habe auch schon vor der Nutzung des Internet funktioniert, griff er den modernen Aspekt auf. Aber das Sinnvollste an der Stelle seien die Wahlen. Man wähle Menschen, denen man vertraue, von denen man annehmen kann, dass sie im Parlament gute Arbeit machen. Er stellte sich auch die Frage, warum so viele Menschen dann nicht mehr wählen gehen: Weil sie die für überflüssig halten? Oder niemanden finden, den sie auf der Liste wählen können? Man dürfe die repräsentative Demokratie nicht gering schätzen, in einer immer komplexer werdenden Welt, in der wir uns zunehmend auf Experten verlassen würden. Er sprach den Komplex der Entprofessionalisierung von Politik an.

Zwei Formen der Partizipation sehe er: die Teilnahme an Organisationen, Vereinen, Verbänden, Gewerkschaften etc., das Ehrenamt in den Parteien  - wofür die Mitglieder auch noch Mitgliedsbeiträge zahlen würden. Verantwortung übernehmen, in den Räten etc. Aber immer weniger Menschen seien bereit, sich hier zu engagieren. Das Aufkommen von mehr und mehr Bürgerinitiativen sei problematisch, denn sie agierten sich eindimensional, oft auf einen einzigen Punkt konzentriert und oft auch "dagegen". Hier mangele es an der Ausrichtung am Gemeinwohl, an Entscheidungen im Gesamtrahmen. Dem kann ich naturgemäß nicht zustimmen, finde es aber charmant, dass er damit den Aktiven in der Politik den Rücken stärkt, als Innenminister ist das zu erwarten.

Dann kam er zum spannenden Punkt "Welche Rolle spielt das Internet?" 
Kommunikation in der Politik habe es immer schon gegeben. Damals fand diese in den großen Hallen und Sälen statt. Die immer sehr gut besucht waren, wenn die heimischen Abgeordneten aus der Arbeit der Parlamente berichtet haben. Das seien die Anfänge gewesen, in der jungen Republik. In den 70 er und 80er Jahren sei das Fernsehen dazu gekommen - mit dem Ergebnis, dass Informationen fast jederzeit zugänglich waren, aus erster Hand, fast direkt dabei. Das sei bis heute so geblieben. Jetzt beklagten die MdBs, dass niemand mehr in die Hallen komme, um sie und ihre Botschaften zu hören. Heute sei die Informationsbeschaffung über das Internet dazu gekommen. Jeder habe Zugang.

Normalerweise war das so gelaufen, dass Informationen früher an geschulte Joúrnalisten gingen, die die Botschaften aus der täglichen Informationsflut bündelten, bewerteten, in den Rahmen stellten und gedeutet haben. Dafür seien sie sehr gut ausgebildet und geübt im Umgang mit diesen Formen. Heute glaubten viele, sie könnten sich selbst Informationen beschaffen aus den social media, aus Blogs, aus dem Netz - und diese selbst in Bezug zur Gesellschaft zu setzen. - Damit falle diese professionelle Sicht mehr und mehr aus, war wohl sein Umkehrschlusss, zum großen Teil offen blieb die Frage, wie er das bewertet.

Er verwies dennoch auf einige Vorteile des Netzes:  Die Beteiligung der Bürger sei heute sehr viel einfacher. Er verwies auf ein Projekt des BMI, in dem das Strategiepapier zum Demografischen Wandel ins Netz gestellt werde, um es dort mit Bürgern / Nutzern diskutieren zu lassen. Der Bürger solle sich einbringen. Das sei eben im Netz einfacher. Menschen zu erreichen,die sich einbringen, die sich vorher vielleicht nicht angesprochen fühlten, sich passiv erlebten. Das Erlernen des Umgang mit Medien müsse aber bleiben, das sei ein Schwerpunkt der Bundeszentrale. 

Die Demokratie habe ihre Leistungsfähigkeit bewiesen. In einer sich schnell ändernden Welt müsse man den veränderten Umgang mit Kommunikation aufgreifen - und gleichzeitig an Werten festhalten können. 

Beteiligungswunsch und neue Medien bedeute am Ende: in den Dialog treten, zu kommunizieren. Diese Herausforderung müsse man nun gemeinsam annehmen. Dazu lade er ein, auf diesem Kongress zu diskutieren. Diese Einladung nehme ich gerne an.



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