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Samstag, 28. April 2012

Ein Abend in einer Bürgerinitiative....

Es ist so eine Sache, wenn man sich engagiert. Zumal in einer Bürgerinitiative. Es kostet Zeit, es kostet Nerven, es bringt Selbstzweifel, es bringt Schläge. Und in der Sache, im System, ändert sich nur Minimales. Ein Sandkorn, welches verschoben wird.

In der letzten Woche saß ich wieder in einer solchen Runde, wo Bürger auf Gewählte trafen.

Gerne greife ich mal drei Dinge exemplarisch auf, wie so ein Abend inhaltlich aussehen kann:

Möge die Macht mit Dir sein!?



1.Nachhaken
Gewählte Politik ist es gewohnt, in den politischen Äußerungen schwammig zu bleiben. Bloß keine Sätze prodzuzieren, auf deren Inhalt man sich verlassen kann. So haben die Konjunktive, die sprachliche Möglichkeitsform, Hochkonjunktur "könnte, sollte, gehe". Beim Nachhaken und Konkretisieren folgt Schweigen.

Beispiel:
Politikvertreter: "Wir haben einen Antrag auf einen Sonderfinanzausschuss gestellt, in dem die Gesamtpriorisierung der geplanten Großvorhaben in der Stadt thematisiert werden sollen."
Bürgerinitiaitve: "Wo findet sich denn der Antrag, damit wir den Inhalt und die Begründung mal lesen können?"
Politikvertreter: "Den findet man noch nicht, wir haben erst mit der Verwaltung gesprochen, es wird einen Termin geben."
Bürgerini: "Aber was genau steht denn drin in dem Antrag?"
Politikvertreter: "Nun wartet doch mal ab, der Antrag kommt, wir sind noch im Gespräch."
Bürgerini: "Welche politische Mehrheit hat denn den Antrag gestellt und ist sicher, dass der Antrag auch beschlossen wird?"
Politikvertreter: "Das kann ich noch nicht sagen. Es wird einen Sonderausschuss geben."
Bürgerini: "Wann wird der denn tagen? Noch bevor die Entscheidung zum Hallenbad gefällt wird?"
Politikvertreter: "Der kommt irgendwann im Sommer."
Bürgerini: "Aber wo genau kann man das nachlesen? Oder ist der Antrag noch gar nicht geschrieben?" Schweigen.

(Tage später erscheint eine Pressemitteilung, dass eine Partei einen solchen Antrag auf einen Sonderfinanzausschuss gestellt habe - dass der Antrag bereits beschlossene Sache sei, davon findet sich kein Wort - d.h. er muss selbst erstmal durch die politischen Gremien.)

Und: Die Entscheidung sei längst gefällt, dass die Stadtwerke die Kosten für das Hallenbad alleine tragen - die Stadt nicht zahlen müsse. Wo diese Entscheidung denn gefallen sei, wann und wo nachlesbar - ? - haken wir nach.  Antwort der Parteienvertreter - beides Mitglieder im Finanzausschuss: Wohl im Finanzausschuss.

Wir glauben das nicht - und haben in der Stadtverwaltung nachgefragt. Wir erwarten dieser Tage Antwort.


2. Aggressivität
Die Bürgerinitiative hat in ihrem letzten Leserbrief zur Intransparenz in Fragen des Hallenbadbaus klar und deutlich die verantwortlichen Entscheider namentlich benannt. Wird übrigens im Verfahren von Community Organizing nach Leo Penta dringend so empfohlen, damit Personen hinter Entscheidungen erkennbar werden und Folgen solcher Entscheidungen auch ein Gesicht haben und nicht im Sumpf der Unzulänglichkeiten versinken. Das - und unsere nunmehr bewiesene langfristige Hartnäckigkeit als dogwatch für Bürgerbeteiligung - waren der Hintergrund für die Kategorisierung seitens der Politik als "aggressiv". Wir nennen das eher: Klar Position beziehen. Benennen, wie transparent Prozesse sein sollten. Pointiert Fakten nachfragen. Unbequem sein.

So eine direkte Ansprache stinkt den politisch Gewählten natürlich. Die Wagenburgmentalität der bisher alleinigen Inhaber von politischer Deutungshoheit dringt durch - die Diffamierung des "Außen". Eigene Schwächen und Fehler der Politik werden durch Angriff kaschiert. Die Aktiven auf Seiten der Bürgerinitiative seien jetzt "unangemessen und frech".

Politik rümpft die Nase, wenn sie von uns hört. "Der Ton mache die Musik. Man müsse viel freundlicher auf die Politik, auf andere, zugehen". Man schlage dem System "nur vor den Kopf - so komme man nicht weiter". Politik sei "eine Holschuld der Bürger. Bürger sollten doch in den Rat, in die Ausschüsse kommen - in den Parteien mitarbeiten".

Die Vorschläge der Bürger seien ja nicht schlecht, aber wenn sie so "aggressiv" vorgetragen würden, verscherze man sich Chancen. Was dann folgt, ist immer der gleiche Reflex: Politik pickt sich einzelne Aktive raus - und hackt auf ihnen herum. Mit dieser Strategie will man gerne die "Gesamtheit" der Initiative auseinanderbringen, sich mit der Kritik lieber auf Einzelne einschießen. Und verschiebt Sachpolitik auf Personalpolitik. Ist das die letzte paternalistische Transformationsbestrebung auf hierarchiefreie liquide  und damit unkalkulierbare Gruppierungen?

Gerne bringe ich ein Zitat aus einem Interview mit Walter Sittler, bekannt als Künstler - aber auch als Streiter gegen Stuttgart 21. Es hat mir gutgetan, zu lesen, was er in seiner Funktion als Aktivist sagte: "Ich kämpfe nicht gegen Leute, ich kämpfe gegen falsche Entscheidungen. Da unterscheiden wir Bürger und von manchen Politikern, die eine Person vernichten, um das zu bekommen, was sie wollen." 

Die Angst vor dem politischen Ordnungsverlust, wie Sittler es auf den Punkt bringt, wird auch in der Dalkestadt Gütersloh greifbar. In diesem Sinne wird die kollektive Empörung der "da unten" spürbar, wie sie viele Initiativen antreibt, die populärste wohl die Occupy-Bewegung. Es sind Menschen, die spüren, dass sie etwas verändern können. Dieser Druck erzeugt Angst der Wenigen, die bisher das alleinige Sagen hatten. "Ich wünsche allen einen Grund zur Empörung", hatte Stéphane Hessel in seiner Streitschrift gerufen.... Viele haben ihn gehört.

Einzige Lösung der Parteien: Personen rauspicken und als "aggressiv" bezeichnen?

3. Transparenz
Das Zauberwort an sich. Was es genau beinhaltet, ist sicher noch nicht abschließend beantwortet. Transparenz um des blanken Offenlegens an sich allein, trifft den Kern wohl eher nicht.

Aber gerade im kommunalen Kontext, dem direkten Lebensumfeld der Menschen und in einer Kommune, die gerade an einer Haushaltssicherung vorbeigeschrammt ist, darf man schon erwarten, dass Offenheit darüber herrscht, welches Geld wie und warum ausgegeben wird?

In Fragen des Hallenbades fordern wir eben das: einen offenen Diskurs darüber. Welche Entscheidung am Ende gefällt wird, ist fast unerheblich, wenn die Rahmenbedinungen der Transparenz stimmen und die Meinungsfindung allen klar ist.

An diesem Sitzungsabend zitieren wir das Beispiel der "Schließung der 17 Kinderspielplätze" in der Stadt - und dass kein Anlieger, kein Elternteil oder sonst wer, darüber informiert wurde.
Eine Ratsfrau antwortet darauf hin: "Wieso fehlende Transparenz? Wir veröffentlichen doch alles im Amtsblatt."

Hätte ich den Sittler nicht noch gerade gelesen - ich wäre an diesem Abend verzweifelt gewesen.





















3 Kommentare:

  1. Hallo Anke!

    Guter Kommmentar!

    Der Drohn

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  2. Transparenz erzeugt Angst bei den Politikern. Denn es lichtet den Nebel, macht Dinge klar und verständlich, stellt bloß. Deshalb setzen sie alles daran, die Transparenz durch andersfarbige Nebel zu ersetzen, mal schwarz-gelb, mal rot-grün, dann ein bisschen orange und vielleicht auch braun zur Drohung. Es gibt so lange keine Transparenz, bis die Empörung der Bürger wie ein Dampfkessel explodiert und den Nebel hinwegfegt.

    Ihr Kommentar ist gut, im Frust geschrieben und deshalb klar - fast schon transparent!

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  3. Vielen Dank für Die Rückmeldungen. Ja, nach so einem Abend braucht man eine Eigenstrategie, um nicht zu verzagen. Schön ist es da, zu wissen, wir sind nicht "allein".
    Hört sich pathetisch an, bringt aber Trost. Nicht aufgeben!

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