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Mittwoch, 25. Mai 2011

300.000 Euro gespart

Die Umsetzung von Vorschlägen aus dem Bürgerhaushalt 2011 wird in Gütersloh zu Einsparungen bzw. Einnahmeverbesserungen von knapp 300.000 Euro führen. Das ist das Ergebnis der Auswertung der Bürgerhaushaltsvorschläge, über die in den zuständigen Fachausschüssen abgestimmt wurde.


Ein Beleg dafür, dass Bürger auch Entscheidungen mittragen, wenn es heißt, den Gürtel enger zu schnallen.


Mehr dazu gibt es hier:

http://www.guetersloh.de/Z3VldGVyc2xvaGQ0Y21zOjQzOTk4.x4s

Samstag, 21. Mai 2011

Es lebe die Bürgerbeteiligung! Es lebe....?

Wir müssen leider draußen bleiben!

Es lebe die Bürgerbeteiligung! Theoretisch ein frommer Wunsch. Aber in der praktischen Politik sieht das ganz anders aus: 

Von Politikmüdigkeit kann in Gütersloh zur Zeit nicht die Rede sein. Im Gegenteil. Die Bürgerschaft ist rege. Das zeigte sich auch in der Tagesordnung des Rates. Drei Themen, die das Volk bewegen, standen zur Diskussion: Berufsfeuerwehr oder nicht, Bädertarife und Atomausstieg. Viele Engagierte demonstrierten für ihre Anliegen vor dem Rathaus. Trillerpfeifen, Spruchbänder, Chöre - das ganze Spektrum des Protestes war versammelt. Das standen überwiegend Jugendliche für gerechte Preise beim Schwimmen, die ältere Generation für den Atomausstieg, bunt gemischt die Feuerwehrinteressierten. Repräsentanten von Hunderten, Tausenden, wenn man die mehr als 3.000 Unterschriften im Badprotest zugrunde legt, die Atomdebatte füllt andernorts ganze Straßen. Und das Thema Feuerwehr als Top 1 des Bürgerhaushaltes.
Proteste vor der Ratssitzung
Nun waren die Proteste ordnungsgemäß angemeldet. Braves Volk. Es war zu erwarten, dass viele Menschen ihre „Bürgerpflicht“ einlösen würden. Was vor dem Rathaus noch leicht war, endete am Ende für viele vor verschlossenen Türen. Diese zwar gläsern, aber nicht durchlässig. Grund: Das Rathaus war wegen Überfüllung geschlossen. Die Miniaturausgabe einer Zuschauertribüne war in Minuten gefüllt. Kein Sitzplatz mehr zu haben, die Stufen besetzt. Es blieb noch das Öffnen der Flügeltüren im Ratssaal. Für den Rest war Schicht. Der Rest musste leider draußen bleiben. Die Ordner auf Weisung unerbittlich. Selbst einer der geladenen Antragsteller im Rat musste den Personaleingang bemühen, um seinem öffentlichen Anliegen beiwohnen zu dürfen.

Miniaturausgabe einer Zuschauertribüne - in Minuten gefüllt
Laut Geschäftsordnung des Rates sind die Ratssitzungen grundsätzlich öffentlich (§ 5, 1 GO des Rates). Laut § 3, 1 GO des Rates legt die Bürgermeisterin die Tagesordnung fest. Da hätte man bereits ahnen können, dass die Bürger gerne dabei sein würden, wenn ihre Themen behandelt werden. In § 5, 1 heißt es weiter: „Jedermann hat das Recht, als Zuschauer öffentlich teilzunehmen, soweit die räumlichen Verhältnisse das gestatten.“

Wir mussten leider draußen bleiben!
Proteste mit Ausschluss großer Teile der Öffentlichkeit sind nicht neu. Die gab es schon anlässlich der Streichung der Zuschüsse zur Stadtbibliothek. Keine zwei Jahre her. Und nun schon wieder. Frage: Wenn die Politik und die politische Bürgermeisterin Beteiligung einfordern, warum kann dann eine öffentliche Ratssitzung nicht in einem größeren öffentlichen Raum stattfinden, so dass das Volk auch „zuschauen“ kann, ohne sich platt zu treten? Öffentliche Räume gibt es ausreichend, da muss man nicht erst einen zugänglichen Ratssaal neu bauen. Oder möchte die Politik lieber im 7. Stockwerk unter sich bleiben? „Wehrt Euch“, wurde vor dem Rathaus gesungen!

Dienstag, 17. Mai 2011

Keine Lobby für Kinder - von der Feuerwehr lernen

Die Einen haben es, die anderen nicht: Eine Fangemeinde, eine Lobby, Fürsprecher. Egal, wie man das nennen mag.

Die Feuerwehr in Gütersloh etwa hat eine solche Lobby: starke Fürsprecher, die die Belange in den Mittelpunkt der Diskussion rücken und Entscheidungen für Veränderungen herbeiführen, die offensichtlich längst fällig waren. Seit der Diskussion zum Vorschlag im Bürgerhaushaltsverfahren kommt die Feuerwehr kaum mehr aus dem Rampenlicht. Streng genommen, kann einen das nur freuen, so entsteht Diskussion, Wahrnehmung, Abwägung von Argumenten - Bewegung eben. Eine Gruppierung von Menschen hat ihr verbrieftes Initiativrecht eingelöst, ihr Anliegen in die Entscheidungsgremien der repräsentativ gewählten Politik eingebracht, damit diese sich damit befassen soll - und am Ende abstimmt. Das ist gelebte Demokratie.


Die Anderen aber haben eine solche vernetzte Interessenvertretung eher nicht: Kinder. Ein Beispiel: Nach wie vor sind die Eingangsklassen der kommenden ersten Schuljahre extrem unterschiedlich groß. Zu erwarten sind wieder mindestens vier 30er Klassen. Erstklässler, die in dieser großen Besetzung ihre ersten Lernerfahrungen machen (müssen). Kaum zu glauben, dass sich hier einfach nichts ändern mag.
Woran liegt das? Etwa daran, dass sich die Verantwortlichen immer wieder zurückziehen auf das sichere Terrain der verschiedenen Zuständigkeiten von Stadt, Land, Bezirksregierung? Das Spiel mit der heißen Kartoffel und das Wegducken vor Verantwortlichkeiten? Albern das Ganze. Es sollte Möglichkeiten geben, hier endlich Grund reinzubekommen. 


Eine Möglichkeit, sich über eine neue Ausrichtung der kommunalen Bildungslandschaft auszutauschen und ein modernes Konzept für die Stadt zu entwickeln, wäre der Bildungsgipfel. Aber ich habe hierzu bereits die Planung gesehen, steht ja im Protokoll des Bildungsausschusses. Gähnende Langeweile entströmt dem Papier. Aus den Zeilen steigt der simple Versuch das ans andere Ufer zu retten, was bisher auch schon Bestand hatte: Ständebildung, Frontalunterricht, Ruhigstellung, im Zustand wie gesehen.


Da müssten eigentlich diejenigen, die die Interessen der Kinder unserer Stadt vertreten, mehr auf die Barrikaden gehen. Aber da wird erstmal wieder über ein drittes Gymnasium parliert, bevor Grundlegendes geklärt wäre. Eigentlich könnte man hier von der Feuerwehr nur lernen. Die Jungs und Mädels haben verstanden, wie es geht. Die können nicht nur Brände löschen, sondern auch dem Rathaus aufs Dach steigen. 







Montag, 16. Mai 2011

Begleitgremium zum Bürgerhaushalt: In Auflösung begriffen....

Einblicke: Das Begleitgremium zum Bürgerhaushalt

Am Anfang hörte sich alles ganz gut an: Ein Gremium aus „Multiplikatoren“ sollte den ersten Bürgerhaushalt in Gütersloh fachlich und parteiübergreifend begleiten. Dieser Auswahl ist allerdings nicht ausreichend Beachtung geschenkt worden: zu viel Zufall und Unverbindlichkeit. Ein fataler Fehler, wenn ein solches Gremium schließlich nicht wirksam besetzt ist, sondern am Ende dann doch den Parteien überlassen bleibt.

Hier der Bericht unseres Mitgliedes Thomas Bäumer von „Demokratie wagen!“ aus der 3. und letzten Sitzung:

"Tja... heute sah es noch dürftiger aus als in der letzten Sitzung. Neben mir hat sich nur noch Herr Varlangas in den Ratssaal verirrt, alle anderen waren parteipolitisch bekannte Politiker. Der Vorsitzende des Finanzausschusses, Herr Markus Kottmann, meinte sogar, das könnte eigentlich eine Hauptausschusssitzung sein. Ansonsten waren die Dienstleister der Stadt vom Fraunhofer Institut, Herr Dr. Wehner und Herr Görtz anwesend. Und natürlich die Vertreter der Verwaltung.

Analog der bisher geführten Diskussion war die inhaltliche Diskussion sehr schwach, 90 Prozent der knappen 1,5 Stunden ging für eine Diskussion über die Beteiligungsquote und die Anonymität drauf. Ich war der Einzige, der die Quote als einziges Bewertungskriterium kritisierte - aber auf diese generelle Kritik ist keiner eingestiegen. FDP, CDU und UWG waren sich heute durchgängig in allen Punkten einig, oft zog auch der Vertreter der BfGT mit.

Viel Zeit ging auch für die "Was soll das Ganze bei so wenig Beteiligung eigentlich?"-Frage vom Vertreter der UWG verloren. Die Antworten von Herrn Wehner liefen ins Leere, da eigentlich keiner von Gegenteiligem überzeugt werden wollte.
Die Anonymitätsdiskussion verlief vorhersehbar. Ich habe sie strikt verteidigt und wurde seitens der Kommunalpolitiker stark angegriffen. Die Plattform aus CDU und Grünen will unbedingt eine Namensnennung, egal was der Beteiligungsprofi Dr. Wehner, die Kämmerin Frau Lang und wir als Initiative für Pro-Argumente entgegengesetzt haben. Interessanter Fakt am Rande: Laut Dr. Wehner gibt es diese Diskussion nur in GT! Auch eine Aussage, dass man einen Bürgerhaushalt aushalten will und ihn dann am Ende mit Formalia mundtot macht.

Die Kämmerin Frau Lang hat sich darauf eingelassen, eine mögliche Abstimmung am kommenden Montag im Hauptausschuss auf die darauf folgende Sitzung verschieben zu können. Kann also gut sein, dass Montag im Hauptausschuss in „erster Lesung“ eines neuen Durchlaufes zum Bürgerhaushalt nur heiße Luft produziert wird.

Zum Verwaltungsvorschlag, einen BHH 2012 zweistufig zu gestalten (erst Vorschläge machen, diese absegnen lassen durch die Politik, dann Voten durch die Bürgerschaft), war ich auch der einzige Kritiker - alle Anderen fanden das toll.

Interessanterweise wies mich ein politischer Vertreter wieder zurecht: „wir würden die Arbeit der Politik nicht schätzen und sollten gefälligst drauf vertrauen, dass der Hauptausschuss oder Finanzausschuss die „Filterung“ in der zweiten Stufe bestimmt gut machen würde“.  (!)

Über den Beamer kamen dann Zahlen zur Einsparung und eine Grafik über die Vorschläge (zugestimmt, abgelehnt, in Bearbeitung usw.). Als ich wieder kritisierte, dass wir diese Auflistung heute zum ersten Mal sehen - und die Bürger der Stadt sie gar nicht kennen - wurde das von Verwaltung und Politik zurückgewiesen. Alles stände auf der Bürgerhaushalt-Webseite unter irgendeinem Menüpunkt und in den Protokollen. Könne also gar nicht sein, dass die Bürger nichts über den Verbleib der Vorschläge wüssten!

Über alles Andere (unsere Verbesserungsliste, Zusammensetzung Top30, bessere Such- und Filtermöglichkeiten, monetäre Bewertung, usw..) wurde nicht mehr gesprochen.

Zum Abschluss haben sich die BfGT und die UWG für die Auflösung des Beirates ausgesprochen - da es offensichtlich niemanden interessiert. Dem habe ich auch widersprochen, hatte aber wenig Argumente, da ja nun wirklich fast keiner da war.
Das war es, um ca. 19:30h war Schluss. Ob es nochmal eine Sitzung gibt, blieb dann ungeklärt.

Soweit der "Augenzeugen"-Bericht aus dem Begleitgremium. LERNE: Für alle diejenigen, die einen Bürgerhaushalt planen, durchführen oder weiterentwickeln wollen: Ein Beirat darf niemals ohne Sorgfalt eingesetzt werden. Diesem Teil des Prozesses gilt es allerhöchstes Augenmerk. Vielleicht sollte ein solcher Beirat sogar noch durch erweiterte direktdemokratische Elemente etabliert werden, wie etwa der zufälligen Auswahl von Bürgern nach der Dienelschen Planungszelle. Oder zumindest eine hohe Verbindlichkeit inne haben, die von allen aktzeptiert und getragen wird. Ansonsten wird so ein Gremium zum Bumerang... oder zu einem KO-Gremium für echte Beteiligung. Für Gütersloh kommt diese Diskussion fast zu spät. 
Schade. 
 

Sonntag, 15. Mai 2011

Bezugsgrößen im Blick behalten

Im Umweltausschuss stand die Umwandlung der Feuerwehr Gütersloh in eine Berufsfeuerwehr auf der Tagesordnung. Es handelt sich um den Vorschlag B 21 aus dem Bürgerhaushalt. Ein heißes Eisen. Nach dem mittlerweile durchgeführten Mediationsverfahren hatten sich 70 Prozent der Befragten für die Einrichtung einer Berufsfeuerwehr ausgesprochen - 30 Prozent dagegen.
Im Lauf der Diskussion im Ausschuss erklärte eine CDU-Ratsfrau, man könne nicht einfach über die 30 Prozent der Ablehnenden hinweggehen. Die seien auch zu berücksichtigen!
Nun ist es wichtig zu wissen, dass die gemeinten 30 Prozent vermutlich der CDU relativ nahe stehen. Die CDU unterstützt die Freiwilligen.



Nun sind Prozentzahlen eher relativ zu betrachten:
Schaut man sich einmal etwa die letzte Kommunalwahl 2009 und die Ergebnisse an: Hier ergab sich ein Gesamtergebnis von 38,64 Prozent für die CDU. Und einer Wahlbeteiligung von 50,98 Prozent, was die Hälfte aller Wahlberechtigten (insg. 77.021) bedeutet, also real: 39.269 Personen. Für die CDU genau 14.655 Stimmen bei einer Wohnbevölkerung von rund 96.000 Güterslohern. Das ist irgendwie doch nicht so viel, wie man glaubte.
Betrachtet man dann, dass dieses Wahlergebnis der CDU immerhin 23 von 58 Sitzen im Rat beschert hat, ist die Relation auf den ersten Blick wiederum enorm. Nimmt man die Aussage dann aber wieder ernst, nämlich, auch Minderheiten zu berücksichtigen, entsteht eine Schieflage. Wenn die Plattform CDU und Grüne zwar über eine Mehrheit verfügt, warum werden dann die "Minderheiten" trotzdem nicht berücksichtigt, etwa bei der Besetzung von stadteigenen Betrieben, wie etwa der Stadtwerke Gütersloh? Hier ist ein Großteil der "übrigen" Gewählten außen vor, hat nicht einmal Kenntnis über die Tagesordnung.

Voll? Leer? Halbvoll? Alles relativ.


Randgruppenbetrachtung ist daher zwar menschlich und vielleicht nett gemeint, solange die eigene Klientel berücksichtigt wird. Sie ist aber grundsätzlich abhängig von der Position des Betrachters. Und von der Relation. Es geht immer um die Bezugsgröße im Leben. Gut, sich diese immer mal wieder ins Gedächtnis zu rufen. 



Samstag, 14. Mai 2011

Wo sind sie geblieben, die bunten Aufkleber?

Kennen Sie das? Morgens im Berufsverkehr an der roten Ampel zu stehen und zu warten? Neulich fiel mir dabei auf, dass sich irgend etwas geändert hatte. Aber ich kam nicht drauf, was
das war.  
Und dann hat es Klick gemacht: Die Autos sind "anders"! Aalglatt und nur noch Ton in Ton, also schwarz und silbern. Mit viel Chrom. Fast schon antiseptisch. Keine bunten Aufkleber mehr auf den Heckscheiben oder dem Blech, deren Lektüre mir die Zeit an der Ampel vertrieben, meinen Geist anregten und mich stolz machten auf unsere doch so gepriesene Meinungsfreiheit. Ich sah  den Grundgesetz Artikel 5, Absatz 1 vor mir, der besagt: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. (...) Eine Zensur findet nicht statt."

Früher hatte ich nicht nur die Zeitung gründlich studiert, wenn ich im Büro ankam. Auch die Vielfalt der Kultur und Politik in unserem Lande war mir präsent, denn jede Fahrt mit dem Auto war auch ein kleiner Ausflug in die politische Architektur unseres Landes gewesen: An jeder damals noch bunten (!) Karre klebte mindestens ein Aufkleber, der die Philospohie oder politische Einstellung der Insassen gleich einem Herzen auf der Zunge nach außen zur Schau stellte. Das rollende spätrömische Dekadenz-Postulat "Eure Armut kotzt mich an" - fand ich besonders reizvoll; allein die Überlegung, wie oft sich der Fahrer am Tag wohl übergeben musste, amüsierte mich. Weniger oft irrte auch eine Wahlkabine auf vier Rädern durch die Straßen: SPD, CDU, Grüne, selten Die Liberalen. Damals gab es noch klare Verhältnisse, stabile Berechenbarkeit der Parteien, wahre Fangemeinden. Volatile Wähler waren uns fremd. Auch die Weltreligionen machten vor Blech nicht Halt: "Jesus is the lord" - da beeilte ich mich immer, einen Blick in die Fahrerkabine zu erhaschen, wie so jemand wohl real aussah. 
Langeweile an der Ampel
Zensur verpönt? Sie erreicht auf Schleichwegen doch ihr Ziel: Die  bundeseinzigartige Abfrackprämie hat nicht nur die Wirtschaft angekurbelt, sondern auch eine ganz besondere Sparte der freien Meinungsäußerung in die Schrottpressen der Gesellschaft verbannt. 

Mittwoch, 11. Mai 2011

Neuland zwischen repräsentativ und direkt

Auch in der Stadt Gütersloh ist das Spannungsfeld zwischen Politik und Bürgerschaft mit kritischer Energie geladen. Immer mehr Politikfelder geraten ins Grenzland zwischen der „repräsentativen Demokratie“ und „Bürgerinitiativen“. Bisher glaubten die gewählten Volksvertreter sich auf der einzig sicheren, weil legitimieren und informierten Seite. Dieses Terrain aber ist treibsandig.

Ein praktisches Beispiel aus dem Hauptausschuss am 9. Mai 2011:

Ganzesechs (6) Bürgeranträge nach § 24 Gemeindeordnung NRW standen auf der Tagesordnung, einer aus einer Partei. Fünf Anträge wurden in die „zuständigen“ Fachausschüsse weiterempfohlen. Ein Akt, den man den Bürgern auf der Tribüne öffentlich erklären musste, weil nicht allen klar ist, welchen (zähen) Verfahrensverlauf solche Anträge nehmen.
Zwei Anträge stammten aus der Feder der Bürgerinitiative „Demokratie wagen“. Inhalt: Nutzung der Online-Plattform des Bürgerhaushaltes für das Abfragen eines Meinungsbildes zum a) Bau eines neuen Hallenbades und b) Beteiligung der Bürgerschaft an der Diskussion zur Bildungslandschaft in Gütersloh sowie an der Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes.

Beide Anträge waren unter einem Tagesordnungspunkt zusammengefasst (!). Der Vorschlag der Verwaltung legte nahe, da die für eine Bürgerumfrage notwendigen Informationen noch nicht vorlägen, sollte eine abschließende Entscheidung der Durchführung einer Online-Umfrage zurückgestellt werden. - Zeitlich verschieben: eine beliebte Form, mit Bürgeranträgen umzugehen.

Doch dann entbrannte die Diskussion in der Causa „Neues Hallenbad“ doch. Ein CDU-Ratsherr erklärte, es sei in der Frage bereits ausreichend öffentlich beteiligt worden. Er verwies auf Workshops dazu, die den Vereinen (!) offen gestanden hätten.
Zudem erklärte er, eine Aussage in eben diesen Arbeitskreisen sei es, bis zum Sommer solle der Entschluss über den Neubau im Aufsichtsrat der Stadtwerke (!) gefallen sein. Baubeginn dann im Winter 2011, man habe schließlich den Neubau auf dem Areal des Freibades „Nordbad“ geplant und das wolle man im Sommer nicht durch Baumaßnahmen beeinträchtigen. Das entwickelte Modell solle alsbald der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Diesen Standpunkt bekräftigte auch der Fraktionsvorsitzende der CDU im Rat. Zahlen wurden nicht genannt.

Dieser Aussage völlig konträr positionierte sich jedoch die Kämmerin der Stadt - und verneinte die Aussage des Ratsherren: Der von ihm dargebotene Zeitplan entspräche nicht der Faktenlage. Das Jahr 2011 habe man sich Zeit für die Vorbereitung und zur Planung genommen und zur Diskussion (mit wem?, frage ich mich immer noch). Eine Entscheidung falle erst nach der Sommerpause (auch hier wieder: wohl im Aufsichtsrat der Stadtwerke!?). Zudem müsste erstmal ein Wirtschaftsplan vorliegen, erst dann falle die Entscheidung. All das steht übrigens auch in der Verwaltungsvorlage als Begründung für die Verschiebung des Bürgerantrages. Lesen die Gremiumsmitglieder diese nicht? Dieser Aussage der Kämmerin schloss sich auch die Bürgermeisterin Unger an: Keine Entscheidung vor der Sommerpause.

Interessante Formation: Die repräsentative Politik glaubt, beteiligt zu haben. - Die Vertreter der Bürgerinitiative „Pro Freibäder“ etwa erklärten nach der Sitzung, sie hätten lange telefonieren und bitten müssen, um zur Diskussion eingeladen zu werden. Sind sie auch nicht.
Die repräsentative Politik glaubt, Entscheidungen in einem Eigenbetrieb der Stadt Gütersloh, die nicht-öffentlich in einem Aufsichtsgremium gefällt werden, um dann am Ende nur noch vom Rat „abgenickt“ zu werden, seien transparent und ausreichend öffentlich diskutiert.
Die repräsentative Politik gibt sich besser informiert als die Bürger  - und kennt die Begründungen der Verwaltungsvorlagen nicht.

Fakt ist: Öffentliche Zahlen zum Neubau eines Hallenbades sind überhaupt noch nicht auf dem Tisch. Im Wirtschaftsplan der Stadtwerke 2011 sind keine Gelder dafür eingestellt!? Entscheidet also der Aufsichtsrat der Stadtwerke und zahlen wird die Stadt? Auch der mögliche Standort wurde nur vage diskutiert; ob das alte Hallenbad abgerissen wird, ist undeutlich.

Fragen über Fragen, die bleiben. Rat-los. Viele Gründe also für eine offene Online-Diskussion.

Dieser kurze Ausschnitt aus dem politischen Gremienleben ist ein evidenter Beleg dafür, dass die WAHRNEHMUNG von Beteiligung sehr unterschiedlich ist. Demokratie aber kann nicht nur „gefühlt“ stattfinden, sondern muss auch transparent und kriteriengeleitet sein.
Das Spannungsfeld zwischen repräsentativer und direkter Demokratie und der frühzeitigen Einbindung der Bürgerschaft gilt es demnach genauer unter die Lupe zu nehmen. Es gilt, diese Frage in einer offenen Diskussion auszuloten, was man unter diesen Begriffshülsen eigentlich versteht. Im besten Falle steht dann am Ende dieser Diskussion für alle erkennbar, was genau dieses Neuland zwischen Gewählten und Bürgerschaft zwischen den Wahlen eigentlich ausmacht.

Diese Fragen regeln sich nicht von allein. Da hilft es nicht, direktdemokratische Beteiligung ins Land der Gefahren zu projezieren, wo nur „Missbrauch“ herrscht, lediglich die Menschen mit Internetzugang aktiv sein können und ein „kulturloser“ Raum entstehe. Da hilft es auch nichts, Anfragen nach neuen Beteiligungsformaten und Meinungsbildungsprozessen zu verschieben.

Die Bürger wollen sich einbringen. Und sie werden Wege finden, dies auch kundzutun: Nach einer Theaterdiskussion will sicher keiner eine Hallenbad-Diskussion führen.

P.S. Der Antrag zur Online-Diskussion im Bildungsbereich wurde mit keiner Silbe thematisiert. In der Begründung der Verwaltung steht, es bestehe die Frage, ob die Schulentwicklungsplanung als reine Fachplanung überhaupt für eine online-Diskussion geeignet sei, dies solle der Bildungsausschuss beurteilen – wenn diese Planung vorliegt.

So ein Verfahren ist dann schon die Kür der Verschiebungen. Hamburg und Bielefeld lassen grüßen.