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Dienstag, 15. Februar 2011

Bildungsumfrage - was mir gefehlt hat.....

Bildung ist ja zur Zeit das Thema an sich. Auch in der Online-Umfrage, die ganz aktuell läuft und an der sich auch die Bertelsmann Stiftung beteiligt:

http://www.bildung2011.de

Jeder ist zur Zeit aufgerufen, sich daran zu beteiligen. Ist ganz einfach, dauert zwar ein paar Minuten, aber die Handhabung ist leicht. Schließlich geht es um d i e Zukunftsfrage an sich: Wie soll Bildung in Zukunft gestaltet werden? Wie kann Bildung gerechter werden? Fragen, um deren Beantwortung wir in unserer Gesellschaft nicht herumkommen.

Die für mich wichtigste Frage (nummeriert waren die leider nicht) dabei ist: Wie wichtig ist es für Sie persönlich, eine gute Bildung bzw. Ausbildung zu haben? Das Auswahlraster bieten für meinen Geschmack ein sehr buntes Bild der Beweggründe. Wählen kann der Nutzer unter:

Damit es einem besser geht als den Eltern
Damit man beruflich erfolgreich ist
Damit man persönlich zufrieden ist
Damit man sozial akzeptiert wird
Damit man möglichst gut verdient
Anderer Grund

Leider fehlt für meine Begriffe eine Kategorie, die auch unter dem Aspekt der Partizipation, also Beteiligung, gerade auch mit dem Blick auf „Integration“ nicht ganz unwichtig ist. Was ist mit dem
Punkt: Damit man überhaupt versteht, wie „das System“ funktioniert – und man die Chance hat, sich zu beteiligen? Beteiligung fängt nämlich in der Regel mit Wissen und Informationsbeschaffung an. (Ich werde ja auch nicht müde, darauf hinzuweisen, wie direkt auch das Demokratieerleben damit zusammenhängt.) Diese Rubrik hätte ich also sehr gerne angekreuzt. Habe ich aber nicht - und habe ich auch nicht dran gedacht, dies unter die Rubrik „anderer Grund“ zu schreiben. Schade. Und Eigentor. Nun werde ich aber hier ganz genau hinschauen, wenn denn die Ergebnisse vorliegen.

Die zweite Frage, bei der ich gezögert habe, war: Was trägt dazu bei, das Menschen in unserer Gesellschaft Erfolg haben? An erster Auswahlstelle steht „Glück“, gefolgt von angeborene Talente und Veranlagungen, Bildung, eigene Leistung und soziale Herkunft. Tja, da war ich doch sehr gefangen in meiner Antwort. Irgendwie hat das ja alles mit einem selbst zu tun. Ist im Prinzip ja auch richtig. Aber was ist, wenn „man“ eben von alledem nichts oder nur weniger hat: Etwa Glück. (Und vor allem, was ist das?) Und bedingen sich die Antworten nicht alle gegenseitig? 

Vielleicht ergibt die Antwort in der Alleinstellung weniger her. Es kommt auf den Kontext der Gesamtbefragung an. Und hier stimmt mich schon froh, dass ich die Chance habe, das Bildungssystem zu bewerten (wie es sich gehört, nach Schulnoten) und auch in einem freien Feld deutlich zu schreiben, was im deutschen Bildungssystem bisher schlecht läuft – und auch, was schon gut läuft. Und was leider bisher gut läuft ist u.a.: Sortieren. Der Ansatz aber muss sein: Faire Chancen. Die Grundlage für faire Chancen kann man übrigens ganz hervorragend in jeder einzelnen Kommune legen. Am besten, man fängt sofort damit an!




Samstag, 12. Februar 2011

Information ist das halbe Leben..... Teil 1: Rathaus

Meine These für heute: Die Menschen holen sich die Politik zurück. Von Politikverdrossenheit kann eigentlich keine Rede mehr sein. Allerorten kann man es sehen: Bürgerversammlungen, Diskussionsrunden, Beteiligungsformate.

Es tut sich was. Nur: Das alles findet außerhalb der Parteien statt. Und das alles findet außerhalb des Ratssaales statt.  Nun steht an erster Stelle noch weit vor allen Entscheidungen und Abstimmungen erstmal die Informationsbeschaffung der Interessierten. Informationen sind bekanntlich das halbe Leben - und Position beziehen verlangt grundlegende Kenntnisse.

Wie aber beschafft man sich Informationen? Und wie transpranet sind die? Von wegen "Information ist eine Holschuld der Bürger"...
Schauen wir uns HEUTE zunächst mal die Rats- und Ausschusssitzungen an: In Gütersloh muss der geneigte Bürger in den 8. Stock des Rathauses hinauffahren. Er landet dann durch ein kleines Gewusel an Gängen auf der Zuschauertribüne. In letzter Zeit war es sinnvoll, eine Lampe dabei zu haben, denn Licht gab es auf dem Gang keines, wohl aber jede Menge Kabel und Plastikfolie. Heile da oben angekommen (übrigens hat der Ratssaal keine Fenster - eine echte Laboratmosphäre also), kann man sich in seit Jahrzehnten bewährten, alter Tradition durch simples Zuschauen auf der Tribüne einen eigenen Eindruck über den politischen Sachstand der Stadt verschaffen. Wenn da fünf Zuhörer anwesend sind, ist das schon ein Rekord.

Ist man früh dran, hat man die Chance, die Rats- und Ausschussdrucksachen in gedruckter Form vorzufinden. Allerdings auch nur die Basisausstattung (aber ob der Dicke oft mit einem Gummiband, die ich immer gut in der Küche gebrauchen kann): Zahlen und Vorlagen, die von höherer Aktualtität sind oder später eingereicht werden, finden den Weg auf die Tribüne selten. Beispiel: Zahlen der Anmeldungen für die Grundschulen. Keine Zahlen für die Zuschauer, obwohl die Zahlen öffentlich sind.

Nun darf man ja nicht einfach dazwischen rufen, wenn unten der Ausschuss tagt - man könnte ja einen Verweis riskieren. Wie also macht ein höflicher Zuhörer sich bemerkbar, wenn man etwa auch mal auf die verteilten Zettel schauen möchte? "Hallo? Wir bitte auch?" Gibt es einen verwarnungsfreien Zwischenruf für Zuhörer in der Gemeindeordnung? Hm.

Die modernere Form der Informationsbeschaffung gelingt auch durchs Anklicken des Ratsinformations-systems auf der homepage der Stadt. Nun habe ich bestimmt mehr als 1.500 solcher Seiten angeklickt. Interessante Ergebnisse hat das gegeben. Gütersloh ist da noch recht gut aufgestellt. Aber: Nur wer halbwegs weiß, wie Kommunalpolitik systematisch aufgestellt ist, findet sich hier schnell(er) und sicher zurecht. Jemand, der die Logik der Ausschüsse nicht kennt, ist erstmal aufgeschmissen. Und: Wer Bestimmtes sucht oder politische Entscheidungen nachvollziehen möchte, braucht eines besonders: Zeit.

Es ist alles andere als einfach, hier die Informationen herauszufinden, die interessant sind - und in ihrer Aussage etwa als politische Leistungsbewertung brauchbar sind. Greifen wir uns doch mal einen Punkt heraus: Die politische Anträge der Fraktionen. Will man wissen, wer eigentlich welche Anträge im Laufe der Legislaturperiode in der Kommunalpolitik (5 Jahre) gestellt hat, der muss diese mühsam zusammensuchen. Es gibt in der Regel keine eigene Rubrik "Anträge", die etwa nach Fraktionen auflistet, wer welche Forderung gestellt hat, wer welche politische Idee oder Vorstellung in den öffentlichen Raum gegeben hat - und damit gestaltet. Die einzelnen Anträge verschwinden in den zwar öffentlichen Vorlagen (Einladungen, Anhängen): Ein Dschungel an Informationen.

Will ich also wissen, wie fleißig eigentlich die CDU war, kann ich das nur herausfinden, wenn ich alle Ausschüsse anklicke und etwa in den Vorlagen und Niederschriften nach Anträgen oder Abstimmungen suche. Schade für die Leistungsbewertung etwa kurz vor Wahlen. Da können die (alle) mir viel erzählen, was sie alles gemacht haben. Ein Nachhalten der Aussagen ist schwer bis unmöglich.
Und noch schwieriger wird es, wenn man in alle den Jahren auflisten möchte, welche Fraktion (oder Partei) welchem Antrag zugestimmt hat oder eben nicht, und wer neutral war. Mittlerweile kann man das zwar anhand der Protokolle verfolgen (die gaben bisher nur zahlenmäßige Abstimmungsverhältnisse wieder, nicht aber fraktionenbezogene Daten), aber auch hier gilt: Jeder muss selbst rechnen, wie oft welche Fraktion mit Ja oder Nein gestimmt hat. Eine Bilanzierung des Gestaltungsverhaltens ist damit Essig.

Gleiches gilt übrigens auch für Bürgeranträge oder Fragen, die im Rat gestellt wurden. Eine Rubrik für diese direkten Anliegen aus der Bürgerschaft gibt es nicht. Auch diese Anregungen verschwinden im allgemeinen Drucksachenwald. Nun könnte das Argument folgen, dass es davon nicht besonders viele gibt. Mag sein. Das kann sich allerdings schnell auch ändern, wenn die Bürger vermehrt flügge werden und ihre direktdemokratischen Rechte nach der Gemeindeordnung verstärkt einfordern. Andererseits muss man nicht abwarten, bis Kritik kommt, sondern kann aus sich heraus die Informationsbeschaffung für den Bürger noch transparenter gestalten. Die nächste Versammlung, der nächste Knackpunkt kommt bestimmt.

Wenn das Rathaus im Ratssaal nun schon (aus architektonischen Gründen ?) keine Fenster hat, so kann es ansonsten seine Anstrengungen auf dem Weg zum "gläsernen Rathaus" gerne verstärken. Die ersten Schritte - etwa mit der modernen Bürgerhaushaltsplattform - sind ja schon gelungen.

Teil 2: ....

Mittwoch, 9. Februar 2011

Von Spielregeln, Schummeln und Urdemokratie

Bürgerhaushalt in der Zwischenphase: Die Berufsfeuerwehr steht als Vorschlag auf Platz 1. Klar, dass sich nun die Gemüter an diesem Punkt abarbeiten.

Hierzu ein kurzer Bericht von Arndt Möller im WDR-Fernsehen Lokalzeit OWL, Schwerpunkt: Manipulation durch die Feuerwehr beim Bürgerhaushalt?

http://www.wdr.de/mediathek/html/regional/rueckschau/2011/02/08/lokalzeit_owl_aktuell.xml

Und hier mein Interview u.a. zu der Frage: War das demokratisch, wie sich die Feuerwehr-Crew verhalten hat?
http://www.wdr.de/mediathek/html/regional/rueckschau/2011/02/08/lokalzeit_owl_aktuell.xml

Dienstag, 8. Februar 2011

Farbe bekennen ist das Geheimnis





Die Bürgerschaft ist nicht politikmüde. Ganz im Gegenteil. Allerorten zeigen sie sich, die Aktiven, die neuerdings auf die Straße gehen und sich ihr Recht zurück holen, den politischen Raum neu zu vermessen.

Hier ein kurzes Statement eines jungen Mitgliedes aus dem Bürgerforum 2008.
Sein Postulat: Junge Menschen finden in den Parteien keine Heimat mehr. Ein modernes Sprachrohr für die Artikulation fehlt. Die neuen Formate bieten nicht ausreichende Antworten auf die zu lösenden komplexen Probleme unserer Zeit. Es gilt, neue und verschiedene Medien einzubinden, sich zu öffnen. Nur so können Meinungen und Positionierungen eingefangen werden, die sonst verloren gehen.

Eines der Rezepte zur Verbesserung: Der Bürgerhaushalt. In Gütersloh hat sich deutlich gezeigt, dass der politische Meinungsbildungsprozess deutlich auf Touren gekommen ist. Die Menschen interessieren sich wieder für die Belange ihrer Stadt. Und sie haben diese Belange mit rund 330 Vorschlägen sogar selbst benannt.

Eines der Geheimnisse: Position beziehen. Gerade das Farbebekennen hat so gut funktioniert: Einer postet einen Vorschlag und die Nutzer nehmen Stellung. Eine Möglichkeit, die in einem solch offenen Raum sonst kaum im Rat oder im Ausschuss herzustellen ist.

Beteiligung eröffnet Alternativen. Eröffnet den Austausch für Pros und Cons. Und am Ende möchte schon jeder wissen, was mit den Vorschlägen passiert ist. Und wenn sie denn entschieden werden, steht die Frage, warum das so ist.

Ein spannenderes Projekt zur Beteiligung ist bisher auf der kommunalen Ebene nicht aufgetaucht. Daher: Weiter so.

Sonntag, 6. Februar 2011

Demokratie ist nichts ohne Demokraten

Moderne heterogene Gesellschaften haben eine Vielzahl von Aufgaben zu bewältigen, die weit über die klassischen staatlichen Ordnungsleistungen einer repräsentativen Demokratie hinausgehen. Gerade deshalb und gerade jetzt müsste sich zeigen, wie zukunftsfähig sich Politik gestaltet und wie Demokratie in der Einwanderungsgesellschaft vitalisiert und modernisiert werden kann, um diese Herausforderungen der Moderne annehmen zu können. Großen Teilen der Bevölkerung aber droht die Abkopplung von einer aktiven Teilhabe am demokratischen System: Ernste Probleme entstehen dabei in den "demokratiefreien Zonen" unserer Politik. Die sozialen Randgebiete, die der Ausgrenzung unterliegen, sind nur ein Teil davon. Hinzu kommen die zunemende Entwicklung von sozialer Unsicherheit und zahlreiche neue Formen von Armut, gepaart mit Perspektivlosigkeit.

Den Einstieg in diese Abwärtsspirale befördert dabei das ungleiche Bildungsniveau: Kinder von Zuwanderern besuchen überproportional häufig Hauptschulen, verlassen überproportional häufig die Schule ohne Abschulss und schließen gleichermaßen selten eine Berufsausbildung ab. Das Bildungssystem hat keine Antworten auf notwendige Veränderungen in unserer bestehenden Einwanderungsgesellschaft. Dieser Umstand gefährdet den Zusammenhalt, die Ausbildung von Identität mit den Werten eines Landes und schließlich die Demokratie. Neben den nach PISA aufgewerteten Bildungsinhalten gilt es auch, die sozialwissenschaftliche Werteerschließung im Blick zu behalten. Deutschland steht dabei nicht etwa vor einem Mangel an guten Beispielen. Was fehlt, ist jedoch ein umfassende Strategie, Demokratiewissen und Demokratieerleben als wesentliche Bestandteile in den grundlegenden Wissenskanon einzuflechten. Das Vitalisierungspotenzial der neuen Formen von Teilhabe mit Blick auf bildungs- und politikferne Akteure darf dabei nicht unterschätzt werden. In Anbetracht eines Fortschreitens des demographischen Wandels ist die Gesellschaft auf diese Qualifikationspotenziale besonders der jungen Generation angewiesen.

Notwendig wäre es, mehr "Paten der demokratischen Methode" an sich zu gewinnen. Demokratiekompetenz muss als eine Schlüsselqualifikation schon von Kindesbeinen an verstanden werden, denn zukunftsfähig sind nur Gesellschaften, die auch mit Vielfalt umgehen können. Nur so ist ein Erhalt des politisch zu gestaltenden öffentlichen Raumes und damit die Reichweite demokratischen Handelns zu gewährleisten. Fragen nach einer gelungenen Integration und fairen Bildungschancen scheinen dabei Schicksalsfragen für die Zukunft unseres Landes zu sein.

(Auszug aus meinem Beitrag "Demokratie ist nichts ohne Demokraten" in: Demokratie und Integration in Deutschland. Gütersloh 2009, S. 164 f)

Samstag, 5. Februar 2011

Julia und Nicht-Romeo

Gestern Nacht stand ich kurz vor Mitternacht an verabredeter Stelle. Nein, kein Rendez-vous. Ich wollte meinen Sohn abholen. Es war ziemlich dunkel in der Straßenzeile. Der Wind fegte durch die Gasse. Laub und Müll flogen durch die Luft wie Geisterspielzeuge. Vor Müdigkeit konnte ich kaum noch meine Augen offen halten. Aber ein versprochener Fahrdienst ist eben ein Versprechen. Das kennen wohl Millionen Mütter auch: für die lieben "Kleinen" fährt man gerne auch um die halbe Welt. 

Um mir die Zeit zu vertreiben, zählte ich rückwärts von 100 bis Null als Ziel. Bei 76 angekommen, wurde plötzlich die Beifahrertür aufgerissen - mein Sohn konnte es nicht sein, den hätte ich von vorne kommend sehen müssen. Blitzschnell saß dieser Jemand neben mir auf dem Fahrersitz mit den Worten "Oh Schatz, ich wusste, dass Du mich retten würdest...." Die Wagentür fiel ins Schloss zurück. Adrenalin pur, mein Blut stockte in den Adern. Gedanken konnte ich nicht denken. Dann sehen wir uns direkt in die Augen: Eine mir völlig unbekannte junge Frau und ich. Mitten in der finsteren Nacht. Unvermittelt zusammen in meinem Auto.
Ihr ging es genauso wie mir: Panik. Sie zuckte zurück, ich zuckte zurück. "Oh", schrie sie. "Ähm", sagte ich. "Oh Gott", kam es wiederum von ihr. Ich erholte mich langsam: "Ich bin sicher nicht ihr Schatz - und retten muss sie wohl ein anderer." "Ich hab´mich total vertan. Schuldigung", sprach síe und riss die Tür auf, um genauso schnell wieder auszusteigen, wie sie eingestiegen war. 

Ratlos und mit dem Gefühl, ich hätte geträumt, schaute ich einen Moment auf die dunkle Strasse vor mir. Dann öffnete ich die Fahrertür und stieg aus. Suchte nach der zu rettenden "Julia", die fälschlicherweise in mir ihren Romeo gesehen hatte. 

Sie stand vor einem Hauseingang und kramte einen Schlüssel aus der Tasche. Wohnte sie dort? Vermutlich hatte sie aus dem Fenster geschaut und mich verwechselt. Liebe macht blind, dachte ich und sprach sie an: "Meine liebe Julia, vielleicht sollten sie das nächste Mal besser aufpassen, zu wem sie sich ins Auto flüchten. Muss ja nicht immer ein Romeo oder eine Mutter drin sitzen." Keine Antwort. Verlegenes Grinsen, ein Blick zu Boden und schon war sie im Hauseingang verschwunden. Eine Sekunde später ging die Hausbeleuchtung aus. Dunkelheit umgab mich. Ich stieg wieder ein. Verriegelte diesmal die Tür von innen. Wenige Minuten später kam mein Fahrgast. "Was ist los?", fragte er mich. "Nichts", war meine Antwort. Immer noch blass um die Nase. "Ich habe nur gerade ein Gespenst gesehen. Das hieß Julia." Vor mir fegte der Wind das alte Herbstlaub vom Vorjahr in kleinen Wirbeln über den Asphalt.

Freitag, 4. Februar 2011

Politische Diskussionskultur nicht wieder wegschließen

Wunderbar. Gütersloh diskutiert. Der Bürgerhaushalt wird zwar sehr kritisch begleitet, aber das ist ja auch legitim, wenn es denn hilft, das Instrument zu verbessern - oder gar Alternativen aufzuzeigen. Gut so. Eine politische Diskussionskultur hat schon längere Zeit gefehlt.


Nur sollte man aber nicht nach den ersten Wochen gleich wieder in alte Bahnen zurückrudern und Politik klammheimlich wieder aus dem Blickfeld nehmen:
Ein Streitpunkt als direkte Folge aus dem Bürgerhaushalt ist die Berufsfeuerwehr. Wir erinnern uns, stand auf Platz 1. Nun könnte man sich in dieser Frage mit Ja oder Nein positionieren. Die Pole sind da sehr weit auseinander. Was jetzt kommen müsste, wäre eine fortgesetzte Diskussion der jeweiligen Positionen in den politischen Gremien. Mit offenen Karten auf dem Tisch. Aber nun gibt es auch noch ein "Vielleicht". Und ein "Nicht jetzt entscheiden": sagt die Plattform Schwarz-Grün-Plus UWG im Rathaus. Heute darf man lesen, dass ein Mediationsverfahren vorgeschlagen wurde. Um die Gemüter erstmal emotional herunterzukochen. (Koch-en ist da ein interessanter Begriff, wo doch der Leiter der Städt. Feuerwehr Koch heißt). Aber welches Ergebnis verspricht man sich davon? Ist es ratsam, die Auseinandersetzung wieder in Hinterzimmer-Manier auszutragen? Weit weg von der Bevölkerung, die nun schon gerne wissen möchte, wo eigentlich der Schuh drückt und wie der beste Weg für die Feuerwehr Gütersloh denn nun aussehen soll?

Und auch an anderer Stelle ist die Versuchung groß, wieder in den üblichen Politikbetrieb zurückzufallen: Ein neuer Streitpunkt, nämlich die Vergabe oder Nichtvergabe eines Café auf dem Berliner Platz, steht zur Entscheidung an. Das Thema ist schon älter, mit Moos bewachsen sozusagen. Denn schon seit ein paar Jahren wird immer mal wieder laut überlegt, ob nun ein weiteres Gebäude auf dem zentralen Platz der Stadt (die Gütersloher sagen immer noch HVP) errichtet wird oder nicht. Die aktuelle Debatte lief erstmal wieder in nichtöffentlicher Sitzung des Gestaltungsbeirates. Nichtöffentlich? Wieso das? Die Verwaltung hatte das als laufendes Geschäft der Verwaltung erklärt. Angesichts der öffentlichen Diskussion heißt es aber nun, diese könne man nicht einfach ignorieren. So soll das Thema wieder auf die Tagesordnung im Planungsausschuss am 17. Februar. Und da gehört es auch hin. Öffentlich nachvollziehbar, in den Austausch von Argumenten und Positionen. Am Ende am besten mit einer Entscheidung, sonst kauft kein Bürger diesen Hickhack mehr ab. Im Ratsinformationssystem der Stadt allerdings ist bis jetzt noch keine Vorlage dazu einzusehen.

Und ein Schmankerl noch am Ende: Die NW hatte auf ihre Seite eine Umfrage zum umstrittenen Café geschaltet: Soll auf dem Berliner Platz ein Café errichtet werden? Ja oder Nein? hieß die Frage. Heute steht in einer Notiz auf Lokalseite eins: 200 Stimmen wurden online abgegeben. Fast 75 Prozent seien für ein Café. Aktuell sind es sogar 421 Stimmen und 76% Pro. Gerne würde ich nun fragen: Wieviele Externe haben sich denn beteiligt? Wieviele Mehrfachnennungen sind denn eingegangen? Nur so mal gefragt. Weil ja die Ergebnisse von Online-Portalen nicht ernstgenommen werden können, schreibt die NW noch in der letzten Woche. ....  Aber ein Anfang ist gemacht: Befragungen und Diskussionen gehören in den öffentlichen Raum.