Moderne heterogene Gesellschaften haben eine Vielzahl von Aufgaben zu bewältigen, die weit über die klassischen staatlichen Ordnungsleistungen einer repräsentativen Demokratie hinausgehen. Gerade deshalb und gerade jetzt müsste sich zeigen, wie zukunftsfähig sich Politik gestaltet und wie Demokratie in der Einwanderungsgesellschaft vitalisiert und modernisiert werden kann, um diese Herausforderungen der Moderne annehmen zu können. Großen Teilen der Bevölkerung aber droht die Abkopplung von einer aktiven Teilhabe am demokratischen System: Ernste Probleme entstehen dabei in den "demokratiefreien Zonen" unserer Politik. Die sozialen Randgebiete, die der Ausgrenzung unterliegen, sind nur ein Teil davon. Hinzu kommen die zunemende Entwicklung von sozialer Unsicherheit und zahlreiche neue Formen von Armut, gepaart mit Perspektivlosigkeit.
Den Einstieg in diese Abwärtsspirale befördert dabei das ungleiche Bildungsniveau: Kinder von Zuwanderern besuchen überproportional häufig Hauptschulen, verlassen überproportional häufig die Schule ohne Abschulss und schließen gleichermaßen selten eine Berufsausbildung ab. Das Bildungssystem hat keine Antworten auf notwendige Veränderungen in unserer bestehenden Einwanderungsgesellschaft. Dieser Umstand gefährdet den Zusammenhalt, die Ausbildung von Identität mit den Werten eines Landes und schließlich die Demokratie. Neben den nach PISA aufgewerteten Bildungsinhalten gilt es auch, die sozialwissenschaftliche Werteerschließung im Blick zu behalten. Deutschland steht dabei nicht etwa vor einem Mangel an guten Beispielen. Was fehlt, ist jedoch ein umfassende Strategie, Demokratiewissen und Demokratieerleben als wesentliche Bestandteile in den grundlegenden Wissenskanon einzuflechten. Das Vitalisierungspotenzial der neuen Formen von Teilhabe mit Blick auf bildungs- und politikferne Akteure darf dabei nicht unterschätzt werden. In Anbetracht eines Fortschreitens des demographischen Wandels ist die Gesellschaft auf diese Qualifikationspotenziale besonders der jungen Generation angewiesen.
Notwendig wäre es, mehr "Paten der demokratischen Methode" an sich zu gewinnen. Demokratiekompetenz muss als eine Schlüsselqualifikation schon von Kindesbeinen an verstanden werden, denn zukunftsfähig sind nur Gesellschaften, die auch mit Vielfalt umgehen können. Nur so ist ein Erhalt des politisch zu gestaltenden öffentlichen Raumes und damit die Reichweite demokratischen Handelns zu gewährleisten. Fragen nach einer gelungenen Integration und fairen Bildungschancen scheinen dabei Schicksalsfragen für die Zukunft unseres Landes zu sein.
(Auszug aus meinem Beitrag "Demokratie ist nichts ohne Demokraten" in: Demokratie und Integration in Deutschland. Gütersloh 2009, S. 164 f)
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Sonntag, 6. Februar 2011
Samstag, 5. Februar 2011
Julia und Nicht-Romeo
Gestern Nacht stand ich kurz vor Mitternacht an verabredeter Stelle. Nein, kein Rendez-vous. Ich wollte meinen Sohn abholen. Es war ziemlich dunkel in der Straßenzeile. Der Wind fegte durch die Gasse. Laub und Müll flogen durch die Luft wie Geisterspielzeuge. Vor Müdigkeit konnte ich kaum noch meine Augen offen halten. Aber ein versprochener Fahrdienst ist eben ein Versprechen. Das kennen wohl Millionen Mütter auch: für die lieben "Kleinen" fährt man gerne auch um die halbe Welt.
Um mir die Zeit zu vertreiben, zählte ich rückwärts von 100 bis Null als Ziel. Bei 76 angekommen, wurde plötzlich die Beifahrertür aufgerissen - mein Sohn konnte es nicht sein, den hätte ich von vorne kommend sehen müssen. Blitzschnell saß dieser Jemand neben mir auf dem Fahrersitz mit den Worten "Oh Schatz, ich wusste, dass Du mich retten würdest...." Die Wagentür fiel ins Schloss zurück. Adrenalin pur, mein Blut stockte in den Adern. Gedanken konnte ich nicht denken. Dann sehen wir uns direkt in die Augen: Eine mir völlig unbekannte junge Frau und ich. Mitten in der finsteren Nacht. Unvermittelt zusammen in meinem Auto.
Ihr ging es genauso wie mir: Panik. Sie zuckte zurück, ich zuckte zurück. "Oh", schrie sie. "Ähm", sagte ich. "Oh Gott", kam es wiederum von ihr. Ich erholte mich langsam: "Ich bin sicher nicht ihr Schatz - und retten muss sie wohl ein anderer." "Ich hab´mich total vertan. Schuldigung", sprach síe und riss die Tür auf, um genauso schnell wieder auszusteigen, wie sie eingestiegen war.
Ratlos und mit dem Gefühl, ich hätte geträumt, schaute ich einen Moment auf die dunkle Strasse vor mir. Dann öffnete ich die Fahrertür und stieg aus. Suchte nach der zu rettenden "Julia", die fälschlicherweise in mir ihren Romeo gesehen hatte.
Freitag, 4. Februar 2011
Politische Diskussionskultur nicht wieder wegschließen
Wunderbar. Gütersloh diskutiert. Der Bürgerhaushalt wird zwar sehr kritisch begleitet, aber das ist ja auch legitim, wenn es denn hilft, das Instrument zu verbessern - oder gar Alternativen aufzuzeigen. Gut so. Eine politische Diskussionskultur hat schon längere Zeit gefehlt.
Nur sollte man aber nicht nach den ersten Wochen gleich wieder in alte Bahnen zurückrudern und Politik klammheimlich wieder aus dem Blickfeld nehmen:
Ein Streitpunkt als direkte Folge aus dem Bürgerhaushalt ist die Berufsfeuerwehr. Wir erinnern uns, stand auf Platz 1. Nun könnte man sich in dieser Frage mit Ja oder Nein positionieren. Die Pole sind da sehr weit auseinander. Was jetzt kommen müsste, wäre eine fortgesetzte Diskussion der jeweiligen Positionen in den politischen Gremien. Mit offenen Karten auf dem Tisch. Aber nun gibt es auch noch ein "Vielleicht". Und ein "Nicht jetzt entscheiden": sagt die Plattform Schwarz-Grün-Plus UWG im Rathaus. Heute darf man lesen, dass ein Mediationsverfahren vorgeschlagen wurde. Um die Gemüter erstmal emotional herunterzukochen. (Koch-en ist da ein interessanter Begriff, wo doch der Leiter der Städt. Feuerwehr Koch heißt). Aber welches Ergebnis verspricht man sich davon? Ist es ratsam, die Auseinandersetzung wieder in Hinterzimmer-Manier auszutragen? Weit weg von der Bevölkerung, die nun schon gerne wissen möchte, wo eigentlich der Schuh drückt und wie der beste Weg für die Feuerwehr Gütersloh denn nun aussehen soll?
Und auch an anderer Stelle ist die Versuchung groß, wieder in den üblichen Politikbetrieb zurückzufallen: Ein neuer Streitpunkt, nämlich die Vergabe oder Nichtvergabe eines Café auf dem Berliner Platz, steht zur Entscheidung an. Das Thema ist schon älter, mit Moos bewachsen sozusagen. Denn schon seit ein paar Jahren wird immer mal wieder laut überlegt, ob nun ein weiteres Gebäude auf dem zentralen Platz der Stadt (die Gütersloher sagen immer noch HVP) errichtet wird oder nicht. Die aktuelle Debatte lief erstmal wieder in nichtöffentlicher Sitzung des Gestaltungsbeirates. Nichtöffentlich? Wieso das? Die Verwaltung hatte das als laufendes Geschäft der Verwaltung erklärt. Angesichts der öffentlichen Diskussion heißt es aber nun, diese könne man nicht einfach ignorieren. So soll das Thema wieder auf die Tagesordnung im Planungsausschuss am 17. Februar. Und da gehört es auch hin. Öffentlich nachvollziehbar, in den Austausch von Argumenten und Positionen. Am Ende am besten mit einer Entscheidung, sonst kauft kein Bürger diesen Hickhack mehr ab. Im Ratsinformationssystem der Stadt allerdings ist bis jetzt noch keine Vorlage dazu einzusehen.
Und ein Schmankerl noch am Ende: Die NW hatte auf ihre Seite eine Umfrage zum umstrittenen Café geschaltet: Soll auf dem Berliner Platz ein Café errichtet werden? Ja oder Nein? hieß die Frage. Heute steht in einer Notiz auf Lokalseite eins: 200 Stimmen wurden online abgegeben. Fast 75 Prozent seien für ein Café. Aktuell sind es sogar 421 Stimmen und 76% Pro. Gerne würde ich nun fragen: Wieviele Externe haben sich denn beteiligt? Wieviele Mehrfachnennungen sind denn eingegangen? Nur so mal gefragt. Weil ja die Ergebnisse von Online-Portalen nicht ernstgenommen werden können, schreibt die NW noch in der letzten Woche. .... Aber ein Anfang ist gemacht: Befragungen und Diskussionen gehören in den öffentlichen Raum.
Nur sollte man aber nicht nach den ersten Wochen gleich wieder in alte Bahnen zurückrudern und Politik klammheimlich wieder aus dem Blickfeld nehmen:
Ein Streitpunkt als direkte Folge aus dem Bürgerhaushalt ist die Berufsfeuerwehr. Wir erinnern uns, stand auf Platz 1. Nun könnte man sich in dieser Frage mit Ja oder Nein positionieren. Die Pole sind da sehr weit auseinander. Was jetzt kommen müsste, wäre eine fortgesetzte Diskussion der jeweiligen Positionen in den politischen Gremien. Mit offenen Karten auf dem Tisch. Aber nun gibt es auch noch ein "Vielleicht". Und ein "Nicht jetzt entscheiden": sagt die Plattform Schwarz-Grün-Plus UWG im Rathaus. Heute darf man lesen, dass ein Mediationsverfahren vorgeschlagen wurde. Um die Gemüter erstmal emotional herunterzukochen. (Koch-en ist da ein interessanter Begriff, wo doch der Leiter der Städt. Feuerwehr Koch heißt). Aber welches Ergebnis verspricht man sich davon? Ist es ratsam, die Auseinandersetzung wieder in Hinterzimmer-Manier auszutragen? Weit weg von der Bevölkerung, die nun schon gerne wissen möchte, wo eigentlich der Schuh drückt und wie der beste Weg für die Feuerwehr Gütersloh denn nun aussehen soll?
Und auch an anderer Stelle ist die Versuchung groß, wieder in den üblichen Politikbetrieb zurückzufallen: Ein neuer Streitpunkt, nämlich die Vergabe oder Nichtvergabe eines Café auf dem Berliner Platz, steht zur Entscheidung an. Das Thema ist schon älter, mit Moos bewachsen sozusagen. Denn schon seit ein paar Jahren wird immer mal wieder laut überlegt, ob nun ein weiteres Gebäude auf dem zentralen Platz der Stadt (die Gütersloher sagen immer noch HVP) errichtet wird oder nicht. Die aktuelle Debatte lief erstmal wieder in nichtöffentlicher Sitzung des Gestaltungsbeirates. Nichtöffentlich? Wieso das? Die Verwaltung hatte das als laufendes Geschäft der Verwaltung erklärt. Angesichts der öffentlichen Diskussion heißt es aber nun, diese könne man nicht einfach ignorieren. So soll das Thema wieder auf die Tagesordnung im Planungsausschuss am 17. Februar. Und da gehört es auch hin. Öffentlich nachvollziehbar, in den Austausch von Argumenten und Positionen. Am Ende am besten mit einer Entscheidung, sonst kauft kein Bürger diesen Hickhack mehr ab. Im Ratsinformationssystem der Stadt allerdings ist bis jetzt noch keine Vorlage dazu einzusehen.
Und ein Schmankerl noch am Ende: Die NW hatte auf ihre Seite eine Umfrage zum umstrittenen Café geschaltet: Soll auf dem Berliner Platz ein Café errichtet werden? Ja oder Nein? hieß die Frage. Heute steht in einer Notiz auf Lokalseite eins: 200 Stimmen wurden online abgegeben. Fast 75 Prozent seien für ein Café. Aktuell sind es sogar 421 Stimmen und 76% Pro. Gerne würde ich nun fragen: Wieviele Externe haben sich denn beteiligt? Wieviele Mehrfachnennungen sind denn eingegangen? Nur so mal gefragt. Weil ja die Ergebnisse von Online-Portalen nicht ernstgenommen werden können, schreibt die NW noch in der letzten Woche. .... Aber ein Anfang ist gemacht: Befragungen und Diskussionen gehören in den öffentlichen Raum.
Dienstag, 1. Februar 2011
Tricksen beim Bürgerhaushalt - politische Feuerwehr gefragt: Wehrhafte Demokratie
Der Bürgerhaushalt in Gütersloh hat einen schweren Stand. Das ist wohl so: Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht. So auch in Ostwestfalen-Lippe. Aber keiner hat gesagt, dass die Revitalisierung von demokratischen Beteiligungsformaten leicht sein würde.
Nach einer schweren Geburt, bei der die Politik erst die Patenschaft für das Onlineverfahren übernommen hatte, nachdem das Haushaltsloch gigantisch war und der Protest gegen Streichungen unüberhör wurde, gestalten sich nun die ersten Schritte als gleichermaßen schwer.
Heute titelt die Neue Westfälische, bei der Abstimmung sei getrickst worden. Vorwurf: Die Gütersloher Feuerwehrleute hätten die Bielefelder Kollegen dazu aufgerufen worden, Pläne für eine Realisierung einer Gütersloher Berufsfeuerwehr zu unterstützen. Zur Erinnerung: Es handelt sich um den Gütersloher Bürgerhaushalt, an dem Gütersloher teilnehmen sollten. Das Online-Portal zum Bürgerhaushalt gewährte die Nutzung anonym oder auch durch "Phantasienamen" wie "dagobert". So waren der Möglichkeit einer Mehrfachanmeldung unter verschiedenen Emailanschriften sowie eben die Nutzung für Nicht-Gütersloher zumindest die Türen geöffnet.
Dieses Tor haben nun angeblich Externe Lobbyisten der Berufsfeuerwehr genutzt und die Abstimmung damit manipuliert. Zur Beweislage lichtet die Zeitung heute ein Sceenshot von facebook ab, in dem ein unkenntlich gemachter Nutzer seine Bielefelder Kollegen dazu aufruft, sich am Bürgerhaushalt zu beteiligen, um eine Berufsfeuerwehr politisch durchzusetzen. Dieser Vorschlag landete dann durch 500 Pros auf Rang 1 der Vorschlagsliste. Diese liegt bekanntlich der Politik vor.
Schade.
Allerdings:
Facebook ist eines der wichtigsten Internet-Tools für social media. Millionen Menschen weltweit kommunizieren darüber. Übrigens auch unsere Ratsvertreter im Rat der Stadt Gütersloh - und das nicht nur als Kommunikationsmittel außerhalb der Ausschuss- und Ratssitzung, sondern auch während derselben.
So kann man hier schon im Laufe der Sitzungen teilnehmen, ohne selbst dabei zu sein: Erste Ergebnisse oder Beratungsverläufe werden gleich 1:1 in den Rechner getippt. - Kann sich übrigens jeder Besucher der Empore im Ratssaal ein Bild davon machen, denn auf fast jedem Ratssitzplatz steht ein mitgebrachtes Notebook.
Und: FDP-Fraktionschef Dr. Büscher hatte sogar offen zugegeben, selbst Missbrauch betrieben zu haben. Im Hauptausschuss outete er sich, er habe sich (unerlaubt) bei zahlreichen anderen Bürgerhaushalten eingeloggt und mitgemacht. Wissentlich unberechtigt, denn er ist bekanntlich Gütersloher Bürger und kein Bürger von Solingen, sonst hätte er hier kein Ratsmandat. So viel zur Ehrlichkeit und Vorbildfunktion.
Nun wird hier gemutmaßt, dass diesem Aufruf einer Klientel von Feuerwehrleuten zu externer Beteiligung auch Folge geleistet wurde. Bewiesen ist das nicht. Nochmal: Die Teilnahme war anonym und die Daten sind nicht veröffentlicht worden. Einem geübten Facebook-Nutzer nun ist es übrigens ein Leichtes, anhand der abgedruckten Notiz herauszufiltern, wer diese Notiz verschickt hat. Der Inhalt allerdings ist nur durch das Ablichten der Notiz in der Zeitung transparent. Denn: Nachrichten, die über facebook verschickt werden, sind nur für eben Empfänger oder Sender zu sehen, die Posts sind öffentlich. Das hat also jemand öffentlich gemacht, der einen eigenen Nutzen durch die Bekanntgabe erreicht. Ein Gegner der Onlinebeteiligung?Oder ist es die Presse, die das Internet mit seinen neuen direkten Möglichkeiten des Protestes und der Formulierung von Alternativen gerne als Teufelswerk dämonisiert und sich nun über diese Panne freuen kann?
Nun ist es in der "normalen" und gewählten Politik aber genau so, dass bei jeder Art von Entscheidung ebenfalls nicht selten Lobbyisten - oder nennen wir sie Interessenvertreter - mit am Tisch sitzen und Entscheidungen maßgeblich beeinflussen können. In der "alten Politik" allerdings sieht man sie nicht. Sie bleiben konspirativ und nebulös. Im Netz ist das anders. Hier hat sich klar und deutlich eine vermeintliche Interessengruppe engagiert. Die dann aber auch transparent ist, denn eine Abstimmung von 500 Votes ist ein in dieser Runde beachtliches Ergebnis - welches vielleicht auch aufhorchen lässt und besondere Fragen nach sich zieht. Wenn nun ein Betrug vorliegt, ist auch dieser öffentlich. Und die Nutzer schneiden sich ins eigene Fleisch. Ihr Handeln disqualifiziert sie. Hat der Vorwurf Bestand, gehört der Vorschlag von der Liste genommen.
Nun muss diese Kritik aber nicht im Aus für den Bürgerhaushalt enden. Für die vielen ehrlichen Nutzer wäre das ein Schlag ins Gesicht. Sondern: Der im Kern sehr undemokratische Vorgang des nicht erlaubten Abstimmens kann in der Konsequenz nur zur Weiterentwicklung dieses Instrumentes der Demokratie führen, welches aus diesen Erfahrunge nur lernen kann.
Außerdem ist diese Kritik nicht neu: Diese Punkte (Mehrfachanmeldungen, Voten von Externen) wurden bereits im Begleitgremium diskutiert und auf die Liste der Verbesserungen gesetzt. Auch die Initiative "Demokratie wagen" hat hierzu einen Katalog aufgesetzt.
Nun ist es in der Demokratie so, dass die einen etwas wollen, die anderen dies aber nicht wollen. Das ist das Spannungsfeld, in dem sich unsere Gesellschaft befindet. Immer schon und auch in Zukunft. Wer allerdings aufhört, diese Pole miteinander auszuhandeln, begibt sich auf einen Weg, der von der Demokratie wegführt.
Demokratie ist die Herrschaft der Vielen. Der Souverän sind wir alle. Beteiligung ist in unserer Gesellschaft also "alternativlos". Das Unwort des Jahres ist an dieser Stelle recht sinnvoll eingesetzt. Denn, wenn hochkomplexe Gesellschaften wie die unsrige nicht beteiligen, werden sich diejenigen, die sich nicht beteiligt fühlen, andere Wege suchen, ihre Argumente und Alternativen zu artikulieren und in geeigneten Formaten umsetzen.
Schon allein die hohe Abrufzahl der Online-Plattform deutet auf ein höheres Interesse am kommunalen Geschehen hin, als das sonst der Fall war. Auf dem steinigen Weg nun auf halber Strecke umzukehren, wäre ein Schritt zurück. Dann hätten nämlich die 500 angeblich externen Voter viel mehr erreicht als die Diskussion über die Berufsfeuerwehr. Sie hätten auch das neue Format Bürgerhaushalt gekippt. Ein Instrument der Beteiligung weniger auf der Liste der tauglichen Formate.
Das allerdings müsste die politische Feuerwehr auf den Plan rufen: Demokratische Beteiligung kann man nicht einfach abfackeln.
Nach einer schweren Geburt, bei der die Politik erst die Patenschaft für das Onlineverfahren übernommen hatte, nachdem das Haushaltsloch gigantisch war und der Protest gegen Streichungen unüberhör wurde, gestalten sich nun die ersten Schritte als gleichermaßen schwer.
Heute titelt die Neue Westfälische, bei der Abstimmung sei getrickst worden. Vorwurf: Die Gütersloher Feuerwehrleute hätten die Bielefelder Kollegen dazu aufgerufen worden, Pläne für eine Realisierung einer Gütersloher Berufsfeuerwehr zu unterstützen. Zur Erinnerung: Es handelt sich um den Gütersloher Bürgerhaushalt, an dem Gütersloher teilnehmen sollten. Das Online-Portal zum Bürgerhaushalt gewährte die Nutzung anonym oder auch durch "Phantasienamen" wie "dagobert". So waren der Möglichkeit einer Mehrfachanmeldung unter verschiedenen Emailanschriften sowie eben die Nutzung für Nicht-Gütersloher zumindest die Türen geöffnet.
Dieses Tor haben nun angeblich Externe Lobbyisten der Berufsfeuerwehr genutzt und die Abstimmung damit manipuliert. Zur Beweislage lichtet die Zeitung heute ein Sceenshot von facebook ab, in dem ein unkenntlich gemachter Nutzer seine Bielefelder Kollegen dazu aufruft, sich am Bürgerhaushalt zu beteiligen, um eine Berufsfeuerwehr politisch durchzusetzen. Dieser Vorschlag landete dann durch 500 Pros auf Rang 1 der Vorschlagsliste. Diese liegt bekanntlich der Politik vor.
Schade.
Allerdings:
Facebook ist eines der wichtigsten Internet-Tools für social media. Millionen Menschen weltweit kommunizieren darüber. Übrigens auch unsere Ratsvertreter im Rat der Stadt Gütersloh - und das nicht nur als Kommunikationsmittel außerhalb der Ausschuss- und Ratssitzung, sondern auch während derselben.
So kann man hier schon im Laufe der Sitzungen teilnehmen, ohne selbst dabei zu sein: Erste Ergebnisse oder Beratungsverläufe werden gleich 1:1 in den Rechner getippt. - Kann sich übrigens jeder Besucher der Empore im Ratssaal ein Bild davon machen, denn auf fast jedem Ratssitzplatz steht ein mitgebrachtes Notebook.
Und: FDP-Fraktionschef Dr. Büscher hatte sogar offen zugegeben, selbst Missbrauch betrieben zu haben. Im Hauptausschuss outete er sich, er habe sich (unerlaubt) bei zahlreichen anderen Bürgerhaushalten eingeloggt und mitgemacht. Wissentlich unberechtigt, denn er ist bekanntlich Gütersloher Bürger und kein Bürger von Solingen, sonst hätte er hier kein Ratsmandat. So viel zur Ehrlichkeit und Vorbildfunktion.
Nun wird hier gemutmaßt, dass diesem Aufruf einer Klientel von Feuerwehrleuten zu externer Beteiligung auch Folge geleistet wurde. Bewiesen ist das nicht. Nochmal: Die Teilnahme war anonym und die Daten sind nicht veröffentlicht worden. Einem geübten Facebook-Nutzer nun ist es übrigens ein Leichtes, anhand der abgedruckten Notiz herauszufiltern, wer diese Notiz verschickt hat. Der Inhalt allerdings ist nur durch das Ablichten der Notiz in der Zeitung transparent. Denn: Nachrichten, die über facebook verschickt werden, sind nur für eben Empfänger oder Sender zu sehen, die Posts sind öffentlich. Das hat also jemand öffentlich gemacht, der einen eigenen Nutzen durch die Bekanntgabe erreicht. Ein Gegner der Onlinebeteiligung?Oder ist es die Presse, die das Internet mit seinen neuen direkten Möglichkeiten des Protestes und der Formulierung von Alternativen gerne als Teufelswerk dämonisiert und sich nun über diese Panne freuen kann?
Nun ist es in der "normalen" und gewählten Politik aber genau so, dass bei jeder Art von Entscheidung ebenfalls nicht selten Lobbyisten - oder nennen wir sie Interessenvertreter - mit am Tisch sitzen und Entscheidungen maßgeblich beeinflussen können. In der "alten Politik" allerdings sieht man sie nicht. Sie bleiben konspirativ und nebulös. Im Netz ist das anders. Hier hat sich klar und deutlich eine vermeintliche Interessengruppe engagiert. Die dann aber auch transparent ist, denn eine Abstimmung von 500 Votes ist ein in dieser Runde beachtliches Ergebnis - welches vielleicht auch aufhorchen lässt und besondere Fragen nach sich zieht. Wenn nun ein Betrug vorliegt, ist auch dieser öffentlich. Und die Nutzer schneiden sich ins eigene Fleisch. Ihr Handeln disqualifiziert sie. Hat der Vorwurf Bestand, gehört der Vorschlag von der Liste genommen.
Nun muss diese Kritik aber nicht im Aus für den Bürgerhaushalt enden. Für die vielen ehrlichen Nutzer wäre das ein Schlag ins Gesicht. Sondern: Der im Kern sehr undemokratische Vorgang des nicht erlaubten Abstimmens kann in der Konsequenz nur zur Weiterentwicklung dieses Instrumentes der Demokratie führen, welches aus diesen Erfahrunge nur lernen kann.
Außerdem ist diese Kritik nicht neu: Diese Punkte (Mehrfachanmeldungen, Voten von Externen) wurden bereits im Begleitgremium diskutiert und auf die Liste der Verbesserungen gesetzt. Auch die Initiative "Demokratie wagen" hat hierzu einen Katalog aufgesetzt.
Nun ist es in der Demokratie so, dass die einen etwas wollen, die anderen dies aber nicht wollen. Das ist das Spannungsfeld, in dem sich unsere Gesellschaft befindet. Immer schon und auch in Zukunft. Wer allerdings aufhört, diese Pole miteinander auszuhandeln, begibt sich auf einen Weg, der von der Demokratie wegführt.
Demokratie ist die Herrschaft der Vielen. Der Souverän sind wir alle. Beteiligung ist in unserer Gesellschaft also "alternativlos". Das Unwort des Jahres ist an dieser Stelle recht sinnvoll eingesetzt. Denn, wenn hochkomplexe Gesellschaften wie die unsrige nicht beteiligen, werden sich diejenigen, die sich nicht beteiligt fühlen, andere Wege suchen, ihre Argumente und Alternativen zu artikulieren und in geeigneten Formaten umsetzen.
Schon allein die hohe Abrufzahl der Online-Plattform deutet auf ein höheres Interesse am kommunalen Geschehen hin, als das sonst der Fall war. Auf dem steinigen Weg nun auf halber Strecke umzukehren, wäre ein Schritt zurück. Dann hätten nämlich die 500 angeblich externen Voter viel mehr erreicht als die Diskussion über die Berufsfeuerwehr. Sie hätten auch das neue Format Bürgerhaushalt gekippt. Ein Instrument der Beteiligung weniger auf der Liste der tauglichen Formate.
Das allerdings müsste die politische Feuerwehr auf den Plan rufen: Demokratische Beteiligung kann man nicht einfach abfackeln.
Montag, 31. Januar 2011
Anpassung oder Mündigkeit - Negt in Uni Bielefeld
Am Dienstag, dem 01.02.2011, hält Prof. Dr. Oskar Negt einen Gastvortrag an der Universität Bielefeld, mit dem Thema „Anpassung oder Mündigkeit? Über die Bedeutung in der Schule heute“.
Prof. Dr. Negt, emeritiert von der Universität Hannover, ist ein deutscher Sozialphilosoph und führender Vertreter der kritischen Theorie. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit hat Herr Negt sich auch durchgehend mit der aktuellen Politik beschäftigt und Stellung bezogen, so z.B. als Wortführer der Außerparlamentarischen Opposition und des Offenbacher Sozialistischen Büros. Wichtige Erkenntnisse von Oskar Negt, für die Bildung, sind dabei seine entwickelten gesellschaftlichen Schlüsselqualifikationen, welche sich dann durch Kompetenzen im Leben zeigen. Seine Schlüsselqualifikationen sind: Identitäts-, ökologische, technologische, Gerechtigkeits- und die Ökonomische Kompetenz. Der Vortrag verspricht anhand der Person und anhand des Themas einen sehr interessanten Einblick über die Bedeutung der vermittelten Rolle in der heutigen Schule aufzuzeigen. Gleichzeitig bildet der Vortrag den Abschluss der Ringvorlesung.
Der Vortrag findet im Rahmen der öffentlichen Ringvorlesung „Ungleichheit in der Gesellschaft und Ungleichheit in der Schule“ statt, die die Erziehungswissenschafter Prof. Dr. Eiko Jürgens und Prof. Dr. Susanne Miller organisiert haben. Das gesamte Programm ist abzurufen unter: http://www.uni-bielefeld.de/erziehungswissenschaft/ag5/dokumente/Ringvorlesung.pdf .
Zu der Veranstaltung sind neben Studierende aller Fakultäten auch alle bildungspolitisch interessierten Bürgerinnen und Bürger der Region eingeladen. Der Vortrag findet im Hörsaal 1 der Universität Bielefeld von 14:00 bis 16:00Uhr.
Prof. Dr. Negt, emeritiert von der Universität Hannover, ist ein deutscher Sozialphilosoph und führender Vertreter der kritischen Theorie. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit hat Herr Negt sich auch durchgehend mit der aktuellen Politik beschäftigt und Stellung bezogen, so z.B. als Wortführer der Außerparlamentarischen Opposition und des Offenbacher Sozialistischen Büros. Wichtige Erkenntnisse von Oskar Negt, für die Bildung, sind dabei seine entwickelten gesellschaftlichen Schlüsselqualifikationen, welche sich dann durch Kompetenzen im Leben zeigen. Seine Schlüsselqualifikationen sind: Identitäts-, ökologische, technologische, Gerechtigkeits- und die Ökonomische Kompetenz. Der Vortrag verspricht anhand der Person und anhand des Themas einen sehr interessanten Einblick über die Bedeutung der vermittelten Rolle in der heutigen Schule aufzuzeigen. Gleichzeitig bildet der Vortrag den Abschluss der Ringvorlesung.
Der Vortrag findet im Rahmen der öffentlichen Ringvorlesung „Ungleichheit in der Gesellschaft und Ungleichheit in der Schule“ statt, die die Erziehungswissenschafter Prof. Dr. Eiko Jürgens und Prof. Dr. Susanne Miller organisiert haben. Das gesamte Programm ist abzurufen unter: http://www.uni-bielefeld.de/erziehungswissenschaft/ag5/dokumente/Ringvorlesung.pdf .
Zu der Veranstaltung sind neben Studierende aller Fakultäten auch alle bildungspolitisch interessierten Bürgerinnen und Bürger der Region eingeladen. Der Vortrag findet im Hörsaal 1 der Universität Bielefeld von 14:00 bis 16:00Uhr.
Donnerstag, 27. Januar 2011
Bürgerhaushalt leicht erklärt....
Dr. Oliver Märker (Der elektronische Macher des Bürgerhaushaltes in GT) zum Verfahren Bürgerhaushalt:
Was, warum, wieso? E-Democracy.
Hier zwar aus der Sicht der Kölner, aber gleiches gilt für Gütersloh. Der Trend zur Mitbestimmung macht nämlich nicht vor den Toren der Stadt halt.
Montag, 24. Januar 2011
Mitreden - Mitgestalten.....
Foto: J. Zimmermann
Bürgerhaushalt 2011 "Mitreden - Mitgestalten" - ist das am Ende Ergebnis und Botschaft der Politik?
Bürgerhaushalt 2011 "Mitreden - Mitgestalten" - ist das am Ende Ergebnis und Botschaft der Politik?
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