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Donnerstag, 23. Juni 2011

Anonymität ist Freiheit

Immer wieder stellt sich die Frage nach der Anonymität im Netz. Lokal, regional, global.

Lokal wird das Thema zur Zeit für den Bürgerhaushalt hinter verschlossenen Türen diskutiert. Keiner der Gewählten hat den Mut, diesen Punkt in der Öffentlichkeit auszudiskutieren. Sobald es um den eigenen Machterhalt geht, ist Anonymität tabu in den Reihen der Politik: Der Bürger aber soll klar erkennbar werden, nackig sein als Person. Er soll einzuordnen sein in die Schubladen des öffentlichen Lebens: Linker, Konservativer, Rebell, Top oder Flopp. Nicht seine Idee, sondern seine vermeintliche Kasten-Zugehörigkeit zählt. Sein Status ist Angriffsziel, nicht die Sache, die er vertritt. Und die politische Klasse darf werten und diffamieren.

Niemals sollst du mich befragen.
Dazu flatterte dieser Tage eine interessante Meldung von abgeordnetenwatch.de in den Rechner. Das Onlineportal meldete am 16. Juni, es sei mittlerweile auch ein Pilotprojekt auf Stadtebene gestartet. Zitat: "Routine könnte man meinen. Doch ganz so einfach war es dann doch nicht. Zwar gibt es viel Zustimmung für abgeordnetenwatch.de in den Kommunen, (...). Doch andere "betroffene" Stadträte wehren sich mit Kräften gegen Transparenz durch Bürgerfragen. (...) Andere Kommunalpolitiker verbaten sich, dass Bürger ihnen öffentlich Fragen stellen. Sie hätten dazu nicht ihr Einverständnis gegeben. Wieder andere redten sich mit Datenschutz heraus: Wenn ihr Name ohne Zustimmung im Internet veröffentlicht würde, seien sie in ihren Rechten verletzt. Auf Gemeindeebene scheint einiges im Argen zu liegen. Offensichtlich haben sich manche Kommunalpolitiker im Stadtrat bereits bequem eingerichtet. Söhne erben das Mandat ihres Vaters, und der örtliche Bauunternehmer entscheidet als Ratsmitglied ganz selbstverständlich darüber mit, wer den Bauauftrag für die neue Turnhalle oder den Rathausneubau erhält. (...)" Den ganzen Artikel gibt es im Netz, Link siehe oben.

Zum gleichen Thema "Anonymität und Politik" aber mit getoppter Brisanz schreibt Christian Sickendieck "GuttenPlag Wiki gewinnt Grimme Preis" in seinem Blogbeitrag:
(...)
Immer wieder wird auch in Deutschland darüber diskutiert, ob in einem «freien» Land, wie dem unserem Anonymität überhaupt wichtig sei und man nicht vielmehr dazu verpflichtet ist, mit «offenem Visier» zu kämpfen — gerade im Internet. Das GuttenPlag Wiki und das VroniPlag Wiki sind die wahrscheinlich besten Argumente pro Anonymität, die man jemals im Internet finden konnte. Freiheit bedeutet Mut. Anonymität bedeutet Freiheit. Die Freiheit, dass Argumente zählen und nicht über den jeweiligen Überbringer diskutiert wird. Das GuttenPlag Wiki und das VroniPlag Wiki sind anonyme Informanten unseres digitalen Zeitalters, die unsere Politik durchaus ins Wanken bringen. Wäre zu Guttenberg gestürzt, wenn die Mitglieder bekannt gewesen wären? Nein, das ist auszuschließen. Die Bild und andere selbsternannte bürgerliche Medien hätten sich auf die Informanten gestürzt, deren Leben bis ins kleinste Detail auseinandergenommen, nicht aber die Sache verfolgt. Ohne die Anonymität der beiden Wikis wäre zu Guttenberg heute noch Verteidigungsminister und Silvana Koch-Mehrin in Amt und Würden. Ich bin in diesem Punkt völlig anderer Meinung, wie der ansonsten so geschätzte Michael Spreng. Im Fall der beiden Wikis ist die Anonymität existentiell, für die sachliche Arbeit, für unsere Demokratie. (...) Mehr gibt es unter seinem Link, siehe oben.

Dienstag, 21. Juni 2011

Bildungsgipfel in Gütersloh

Ich hatte mich schon gefragt, wann die Einladung folgt. Heute findet sie sich wie folgt auf der Internetseite der
Stadt Gütersloh:

Eine professionelle Schulplanung soll die Weichen für die Entwicklung der Gütersloher Schullandschaft in den nächsten Jahren stellen. 
Die verschiedenen Aspekte dieser Schulentwicklungsplanung, wie zum Beispiel die Auswirkungen des demografischen Wandels oder die Neuerungen im Rahmen der Schulpolitik des Landes NRW, sollen in einem "Gütersloher Bildungsgipfel" diskutiert werden. Damit Schülerinnen und Schüler gern zur Schule gehen,  plant der Gütersloher Bildungsgipfel ein differenziertes und ausgewogenes Schulangebot. Dazu sind alle Interessierten sowie Vertreter aus dem Bildungs- und Schulbereich am
Samstag, 9. Juli, in der Zeit von 9 bis 15 Uhr
ganz herzlich in das Forum der Anne-Frank-Gesamtschule eingeladen.

Schul- und Kitaleitungen, Lehrkräfte, Elternvertreter sowie Fachleute aus Politik und Verwaltung haben beim Bildungsgipfel die Gelegenheit, ihre Anregungen zur Schulentwicklungsplanung für die Jahre 2013 bis 2015 einzubringen. Für den Einstieg in die Diskussion wurde ein so genannter „Gallery-Walk“ vorbereitet, der von Dr. Ernst Rösner vom Institut für Schulentwicklungsplanung an der Technischen Universität Dortmund begleitet wird.
Leistungsfähiges Schulangebot, Integration und Weiterentwicklung
Themen des „Gallery-Walk“ sind unter anderem die Gestaltung der Übergänge von der Kita bis zum Ausbildungsplatz, die Strukturen in der Regel- und in der Förderschule sowie die Perspektive für neue Schulformen, wie zum Beispiel die Gemeinschaftsschule. Weitere Informationen zum Bildungsgipfel gibt es bei
Karin Schubert
Stadt Gütersloh
Fachbereich Jugend und Bildung
Telefon 05241 822273
E-Mail: Karin.Schubert@gt-net.de.

Hier noch 

Samstag, 18. Juni 2011

Recife: Schülerin als Botschafterin der Inhalte

OWL ist eine Entwicklungsregion, was Bürgerbeteiligung angeht, so Marcus Werner, Moderator von Lokalzeit OWL (WDR) bei seiner Anmoderation zur Reinhard-Mohn-Preisverleihung in Gütersloh. Recife in Brasilien hat den Preis für seine "Vitalisierung der Demokratie - Teilhabe stärken" mit dem Format "Bürgerhaushalt" gewonnen.

Vom Süden lernen
OWl ist also Entwicklungsland, Lateinamerika dagegen hat für die Bürgerbeteiligung am Haushalt weltweit eine zentrale Bedeutung. Die Idee wurde in den 1980er Jahren auf dem Kontinent geboren und die Hälfte aller Bürgerhaushalte ist heute hier zu finden. Legt man den Fokus auf die sich am dynamischsten entwickelndden Beispiele, ist der Anteil sogar noch größer. (siehe Bericht Internationale Weiterentwicklung, Bürgerhaushalte weltweit, 2011)

Wir können also viel vom Süden lernen. Eine der Botschaften ist die einer dringend notwendigen Verbesserung der Bürgerpartizipation hin zu einer "horizontalen" Verständigung. In Lateinamerika waren die politischen und vor allem sozialen Aspekte von Bedeutung, die zur Verbreitung der Bürgerhaushalte beigetragen haben. Brasilien etwa gehört zu den Ländern mit den größten Einkommensunterschieden weltweit. Soziale Spannungen und Demokratiebewegungen prägten die Politik. Hinzu kamen Korruption und Klientelpolitik in großem Stil. Bürgerhaushalte waren zentraler Bestandteil für grundlegende Systemänderungen.

Verteilungsgerechtigkeit als Motor
Nun geht es in Deutschland nicht um Systemänderungen - aber immer mehr um eine notwendige Verteilungsgerechtigkeit. Noch schauen "wir" mit Kopfschütteln nach Griechenland und rümpfen die Nase über die EU-Partner Protugal, Irland, Spanien ob ihrer desolaten Finanzsituation. Aber längst klopft auch bei uns die soziale Spaltung an die Türen. Da ist zwar der Wirtschaftsboom, der kommt aber längst nicht bei allen an. Noch mag auch in den Kommunen der wirtschaftliche Frieden herrschen, aber die Schere zwischen arm und reich geht weiter auseinander. Unmerklich erst, aber mit fatalen Folgen.

Der Bürgerhaushalt Gütersloh ist genau aus diesen Beweggründen entstanden. Nicht weil "die" Parteien das als weitsichtiges, demokratiestärkendes Instrument gewollt hätten. Nein: Die Spardiktion von Rödl&Partner als externes Beratungsunternehmen für die Politik hatte drastische Einschnitte im Haushalt der Stadt verordnet, die viele Gütersloher empfindlich treffen sollten. Gleichzeitig wurde eine Haushaltssicherung diskutiert. Das hatte zu öffentlichen Protesten geführt. Und erst auf Druck der Straße schließlich zur Einführung des Bürgerhaushaltes als ein Instrument für Transparenz und Beteiligung aller Schichten. Nun ist der Pleitegeier erst einmal abgewendet. Das bedeutet aber nicht, ein Weiter so wie bisher. Verteilungsgerechtigkeit muss auch weiterhin ein zentraler Punkt bleiben. 

Gesicht einer Schülerin steht für Generationengerechtigkeit
Doch nach der ersten Runde Bürgerhaushalt Gütersloh ist nicht mehr viel übrig von den guten Vorsätzen. Da wird zwar in den Fraktionen über die Fortführung diskutiert, aber unterm Strich bleibt eine große Ernüchterung: Angekommen ist das Format in der Bevölkerung nicht. Die Preisverleihung zum Bürgerhaushalt in Recife hat deutlich gemacht: Die Anderen können es einfach besser als wir - weil das Konzept auf vielen Schultern wirklich getragen wird - und weil es überlebensnotwendig ist für viele Tausende.

Wir im schönen Gütersloh dagegen halten uns am "Bambi"-Faktor fest: Eine junge Schülerin, die den Schülerbürgerhaushalt auf der Bühne zum Reinhard-Mohn-Preis erläutert und zurecht hohes Lob erntet. Aber wenn dieses junge Gesicht allein hängengeblieben ist, weil es gute Bilder produziert, dann wäre das schade. Es wäre wünschenswert, wenn dieses junge Gesicht Ansporn bliebe, noch mehr Anstrengungen in das Gelingen von Bürgerhaushalten und frühzeitige Beteiligung zu investieren. Und wenn das Gesicht als Gütesiegel bliebe, für eine nachhaltigere Generationengerechtigkeit. Für mehr Verteilungsgerechtigkeit für die, die weniger Chancen haben. Auch bei uns. Schließlich musste auch Keila für ihr Anliegen kämpfen, bevor sie auf der Bühne stehen konnte. Wie wäre es, wenn die nächste preisgekrönte Schülerin, die für Bürgerbeteiligung eintritt, aus Gütersloh kommen würde? 



    

Donnerstag, 16. Juni 2011

"Mitreden und Mitgestalten" im Dornröschenschlaf

Ist der Bürgerhaushalt in einen Dornröschenschlaf zurückgefallen? Offensichtlich ja. Der Bürger hat seinen Dienst getan, da kann er dann auch wieder gehen.

Ausgewählte Volksvertreter aus allen politischen Fraktionen tagten gestern in nicht-öffentlicher Sitzung. Eine Information darüber, wie es mit dem Bürgerhaushalt weitergehen soll  - und ob überhaupt -  fehlt. Von einer transparenten Diskussion und der Einbeziehung der Bürgerschaft ist dieses Format weit entfernt. Am Ende läuft es darauf hinaus, dass in der kommenden Sitzung des Hauptausschusses darüber berichtet (!) wird, welche Fortsetzung die politischen Vertreter für sich entschieden haben. Mit der Maßgabe, dass zur Zeit die Plattform plus (CDU, Grüne, UWG) in der Stadt entscheidet, wobei sich CDU und UWG schon offen gegen eine Fortführung mit Anonymität ausgesprochen haben.

Schön, wie hier der Anspruch auf Bürgerbeteiligung und die Realität weit auseinanderklaffen: Mitreden und Mitgestalten! war anfangs das Motto.

Diese Begriffe sind gleichsam in den hunderjährigen Schlaf gefallen.
Einige Beispiele:
Auf der Startseite der Stadt gibt es keinerlei Hinweise auf die Fortführung des Haushaltes.
Auf den Seiten der übrigen Fraktionen findet sich ebenfalls keine Notiz dazu.

Nun könnte man meinen, dass gerade die Grünen hier für mehr Transparenz eintreten würden.
Marco Mantovanelli (Fraktionsvorsitzender Grüne) hatte in seinem Plädoyer für einen Bürgerhaushalt auf Landesebene NRW noch auf der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen in Emsdetten folgendes formuliert: "Wir GRÜNE sollten klar signalisieren, dass uns das Feedback der Menschen vor Ort für unsere Vorhaben wichtig ist, dass wir keine Entscheidungen über die Köpfe der Menschen hinweg treffen wollen, sondern dass wir mit Ihnen gemeinsam Vorhaben umsetzen und Probleme lösen wollen, auch auf Landesebene. (...) Es ist das richtige Signal, wenn wir sagen, wir wollen die Menschen einbeziehen auch bei schwierigen Entscheidungen. Wir Grüne sind dann besonders stark, wenn wir ganz nah an den Menschen vor Ort sind."

Leider findet sich auch bei den Basisdemokraten kein Hinweis auf ein weiteres Format des Bürgerhaushaltes Gütersloh.

Schade eigentlich. Besonders dann, wenn am Ende die Frage steht, wer sich eigentlich in Zukunft noch beteiligen möchte, wenn gute Formate gegen Null gefahren werden. Die Aussage der CDU ist da ja schon gefallen: Fraktionsvorsitzender Kollmeyer erklärte im Hauptausschuss, seiner Fraktion reiche demnächst auch eine Beteiligungsquote von einem Prozent. Na, das Ziel ist offensichtlich in greifbare Nähe gerückt.

Und das an dem Tag, an dem heute der Reinhard-Mohn-Preis (ein Ehrenbürger der Stadt Gütersloh) für den sehr erfolgreichen Bürgerhaushalt im brasilianischen Recife vergeben wird. Übrigens in einem Theater, welches gegen massiven Bürgerprotest errichtet wurde. 

Dienstag, 14. Juni 2011

Was sagt der Datenschutzbeauftragte zu Klarnamen beim Bürgerhaushalt?

Heute tagen die Fraktionen zur Frage, wie es mit dem Bürgerhaushalt in Gütersloh weitergehen soll. Eine der zentralen Fragen, die hierbei ungeklärt im Raume steht, ist die der Anonymität der Nutzer des Onlineverfahrens. Dazu sind bereits einige zentrale Argumente ausgetauscht worden. 

Zur aktuellen Tagung hat die Initiative "Demokratie wagen" einen "Offenen Brief" an die Bürgermisterin Maria Unger formuliert: 

Die Initiative „Demokratie wagen!“ unterstreicht nochmals ihre Auffassung: Die Anonymität ist ein Garant für eine hohe Beteiligung und damit eine notwendige Voraussetzung für eine Fortführung des Bürgerhaushaltes 2012.

Der bisherige Bürgerhaushalt ist generell ein freiwilliges Instrument, bei dem die Bürger nicht gezwungen sind, mitzumachen. Die Handhabung obliegt der kommunalen Selbstverwaltung, die Datenschutzbedingungen sind auf der Plattform veröffentlicht worden. Hier heißt es, dass alle erhobenen Daten (also IP-Adressen, personenbezogene Daten, Verknüpfungen zwischen Inhalten und Personen) beim Anbieter der Plattform liegen und nicht (!) an den Auftraggeber, also die Stadt – oder die Politik – weitergegeben werden.

Jeder, der sich bisher hier einloggt und teilgenommen hat, kannte also die Spielregeln und akzeptierte diese mit seinem Einloggen: jeder Nutzer hat sich mit seinem aktiven Mitmachen darauf eingelassen, dass hier Teilnehmer unterwegs sind, die anonym mitwirken. Es stand jedem Nutzer gleichermaßen frei, seinen vollen Namen einzutragen - oder auch nicht. Von beiden Möglichkeiten haben die Nutzer im letzten Durchgang Gebrauch gemacht und damit ihr Einverständnis für dieses Verfahren gegeben.

Nun steht allerdings ein Paradigmenwechsel an:
Teile der Politik haben sich gegen die Anonymität ausgesprochen. Die CDU und die FDP wollen eine Teilnahme lediglich bei Klarnamennennung ermöglichen. Die BfGT und die Grünen etwa stellen sich eine Zweiteilung vor: in einem ersten Schritt verifizierbare Daten, in einem zweiten Schritt „Nicknames“, die auf der Plattform sichtbar sind.
Sollte sich die Politik gegen die Anonymität aussprechen und in einem ersten Schritt ein Format der verifizierbaren Registrierung einführen, werden dadurch Daten mit einer anderen Qualität erhoben: Die Stadtverwaltung kann jetzt durch das Einwohnermeldeamt überprüfen, wer mitmacht, um ggf. Mehrfachanmeldungen zu verhindern und die Einwohnerschaft des Nutzers zu klären (Gütersloher oder nicht). So der Gedanke.
Spätestens jetzt sollte der zuständige Datenschutzbeauftragte für die Stadt Gütersloh befragt werden. Seine Sicht der Dinge aber ist bisher nicht abgefragt worden. Das gilt es nachzuholen.

Die Datenerhebung wird dann zweifelhaft, wenn diese Datensätze ggf. an die Politiker selbst weitergegeben werden – oder die Politik diese Daten für sich einfordert. Problematisch ist das, wenn etwa die Namen und Inhalte miteinander verbunden werden, wenn etwa die IP-Adressen erkennbar sind. Diese Schritte sind noch nicht hinreichend diskutiert worden. Geschweige denn öffentlich.

Die Auswertung des bisherigen Verfahrens hat gezeigt, dass es Teilen der Politik ein ganz besonders Anliegen war, zu wissen, wer hinter den Nicknames als Person agiert. Das liegt sicher in der Natur der Politik, die sich stets am Bürger orientiert hat und anhand der Personen zuordnen wollte, wer „wess` Geistes Kind“ ist. In der Regel fand eine parteipolitische Kategorisierung statt.

Da sind die Bürger offensichtlich schon einen Schritt weiter, denn ihnen geht es offensichtlich um die Sache, nicht um die Person, die in den Bürgerhaushalt Eingang gefunden hat.

Wer also als Politik und öffentliche Verwaltung Daten erheben will, muss die Karten deutlich auf den Tisch legen und transparent machen, wer welche Daten erhält und wie damit verfahren wird. Erst dann kann es eine Entscheidung geben.

Die Initiative „Demokratie wagen!“ vermisst und wünscht sich eine offene und bürgerbeteiligungsorientierte Diskussion dazu. Denn der Bürgerhaushalt ist ein Instrument für drei Parteien: Politik, Verwaltung – Bürgerschaft. Erst wenn das Verfahren der Registrierung völlig transparent ist, können die Bürger entscheiden, ob sie sich mit vollem Namen registrieren lassen oder - wie die einschlägigen Erfahrungswerte belegen - sich dann nicht mehr in dem Umfang beteiligen wollen. Dies würde in der Folge zu einem langfristigen Scheitern des Online-Verfahrens des Bürgerhaushaltes führen.

Wir freuen uns auf den Austausch.
Hier noch der Hinweis:
Der städtische Datenschutzbeauftragte ist zuständig für alle Fragen, die den Schutz personenbezogener Daten einschließlich der Datensicherheit im Zusammenhang mit Verwaltungstätigkeit der Stadt betreffen. Er hat gemäß § 32a Datenschutzgesetz NRW insbesondere folgende Aufgaben:
  • Beratung des Verwaltungsvorstandes in Grundsatzfragen zum Datenschutz.
  • Beratung und Unterstützung der städtischen Organisationseinheiten einschließlich der Personalvertretung sowie der Unternehmen, die unter städtischer Beteiligung in privatrechtlicher Rechtsform geführt werden, soweit sie mit dem gesamtstädtischen Datenschutz kooperieren, in allen Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit,
  • Unmittelbare Ansprechperson aller Bürgerinnen und Bürger der Stadt in Fragen zu Datenschutz und Datensicherheit im Zusammenhang mit der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten innerhalb der Verwaltung,
  • Federführung in der Korrespondenz mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen
  • Führung des Verzeichnisses automatisiert geführter Verfahren für die Gesamtverwaltung gemäß § 32a Abs. 3 Datenschutzgesetz NRW; Gewährung von Einsicht durch berechtigte Personen,
  • Beteiligung bei Planung, Entwicklung (sog. Vorabkontrolle gemäß § 10 Abs. 3 DSG NRW), Einführung und Betrieb von IT-Verfahren zur Verarbeitung personenbezogener Daten (z.B. Beratung und Mitarbeit bei der Erstellung einer Risikoanalyse, Abschätzung der Folgen und Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit des Verfahrens); Beteiligung bei der Erarbeitung von Konzepten zur Datensicherheit, sofern ein Verfahren personenbezogene Daten verarbeitet, Durchführung von sog. Datenschutzaudits gemäß § 10a Datenschutzgesetz NRW (Prüfung und Bewertung von Datenschutzkonzepten durch unabhängige Gutachten, Veröffentlichung),
  • Mitwirkung in Projekten mit datenschutzrelevanten Komponenten, insbesondere bei der Erarbeitung von Satzungen, Dienstvereinbarungen, Geschäftsordnungen, Richtlinien und Rundschreiben,
  • Beratung bei der Konzeption von Formularen, mit denen personenbezogene Daten verarbeitet werden,
  • Überwachung der städtischen Organisationseinheiten einschließlich der Personalvertretung auf die Einhaltung der Vorgaben zu Datenschutz und Datensicherheit,
  • Teilnahme an internen Arbeitskreisen; Vertretung der Stadt in externen Arbeitskreisen und Gremien,
  • Entwicklung von Schulungskonzepten und Durchführung von Schulungen zu datenschutzrechtlichen Themen, ggf. in Zusammenarbeit mit anderen Stellen,
  • Mitwirkung bei der Öffentlichkeitsarbeit des Oberbürgermeisters in Fragen des Datenschutzes,
  • Beratung in Angelegenheiten des Informationsfreiheitsgesetzes NRW.




Montag, 13. Juni 2011

Island: Neue Verfassung mit Bürgerhandschrift

Demokratie 2.0: Gerne möchte ich heute auf einen ganz besonderen Blogbeitrag von Dr. Ole Wintermann hinweisen:

Government 2.0 made in Iceland - Lasst uns eine neue Verfassung schreiben

Während den bürgerlichen Regierungsparteien in Deutschland angesichts der Wahlerfolge der Grünen und der aufkommenden breiten Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung nichts Besseres einfällt, als diese Wünsche der Bürger zu verunglimpfen, sind die Isländer uns anscheinend Jahre voraus.

In Zeiten, in denen in Deutschland regelmäßig vor den Gefahren der sozialen Medien gewarnt wird, in denen die Frage der Begleitung der Internet-Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zum Politikum wird, beschließen die Isländer, die Reform ihrer Verfassung im Internet vollkommen transparent darzustellen und die Bürger konkret an der Formulierung des Textes mitwirken zu lassen.


Mehr dazu (Text und Videos) findet sich auf seinem Blog, Link siehe oben.

Sonntag, 12. Juni 2011

Streit um Bädertarife: Ping Pong der Verantwortlichkeiten

Der Bäderprotest in Gütersloh: Ping Pong der Verantwortlichkeiten zwischen dem Rat der Stadt und den Stadtwerken. Politiker tauchen ab. 

Who is who?
Die Stadtwerke Gütersloh GmbH (SWG) ist das öffentliche Versorgungsunternehmen der Stadt Gütersloh. Sie versorgen die Stadt mit Gas, Strom und Wasser. Außerdem sind sie für die Schwimmbäder und den ÖPNV in Gütersloh verantwortlich. Auf der anderen Seite ist der Rat der Stadt. Er entsendet zahlreiche Personen in den Aufsichtsrat: An erster Stelle steht die Bürgermeisterin Kraft ihres Amtes, sie ist Vorsitzende des Aufsichtsrates der SWG GmbH. Dann kommt bereits die Kämmerin der Stadt, Christine Lang, in der Funktion der Gesellschaftsvertretung für die Stadt, dann sitzt im Aufsichtsrat der Beigeordnete Josef Löhr. Und an nächster Stelle im Aufsichtsrat kommen die Ratsleute der verschiedenen Fraktionen: Dr. Thomas Förster und Wolfgang Harbaum (CDU), Dr. Siegfried Bethelehm und Dr. Thomas Krümpelmann (SPD), und schließlich der Vertreter der Grünen, Hans-Peter Rosenthal. Alle Mandate aus der Politik ergeben sich nach Parteiproporz. Die kleinen Fraktionen sind nicht vertreten. 

Ping -

- Pong









Bäderprotest 
Seit der Eröffnung der Freibadsaison erhitzen sich die Gemüter über die von den SWG enorm erhöhten Preise für die Gütersloher Bäder und die eingeschränkte Nutzung der Welle. Das Freibad der Welle soll nicht mehr separat nutzbar sein, sondern ist an das Freizeitbad gekoppelt. Die Prosteste endeten in einer Unterschriftenliste einer Bürgerinitiative, die Maria Unger übergeben wurde. Der Aufsichtsrat hatte die Preiserhöhung und die Abschaffung der Familiensaisonkarte einstimmig und ohne Gegenstimmen in seiner Sitzung am 15. März 2011 beschlosse. Das erfährt der Bürger aber nur, wenn die Stadtwerke das so wollen, also mittels Presse. Das Aufsichtsrats-Gremium tagt nicht öffentlich.

Im Aufsichtsrat nun wirken und entscheiden die obigen Personen. Es sind die gleichen Menschen, die kurze Zeit später auch im Rat mitentscheiden: Nach der letzten Ratssitzung am 20. Mai 2011 hatte sich der Rat nach diesen massiven Bürgerprotesten entschieden, die Entkopplung zumindest doch nochmal rückgängig zu machen. Die Preise allerdings sollten unverändert hoch bestehen bleiben. Nun hat wiederum der Aufsichtsrat der Stadtwerke Gütersloh (SWG) in seiner Sitzung am Donnerstag die Geschäftsführung beauftragt, kurzfristig noch einmal die finanziellen Auswirkungen einer separaten Öffnung des Welle-Freibads darzustellen und dem Aufsichtsrat zur Entscheidung vorzulegen. Merke: Der Rat beschließt über den Wirtschaftsplan der Stadtwerke und verordnet das Sparen. Zum Beispiel weil man in Zukunft die TWE bezahlen muss. (Sechs-Millionen-Euro-Investition zur Reaktivierung, beschlossen durch die Stimmen der CDU, Grüne, UWG, die die Mehrheit im Rat inne haben).

Ein heikles Versteckspiel
Demokratiepolitisch ist das ein heikles Spiel. Denn die demokratische Einflussnahme der Bürgerschaft endet genau am Knotenpunkt dieser personellen Verquickung. In Personalunion entscheiden Politiker und Aufsichtsräte in unterschiedlicher Haltung über die gleiche Sache. Und können lediglich in ihrer Funktion als Politiker in politische Verantwortlichkeit genommen werden. Selbst im Rat müssen sie aufpassen, in welcher Funktion sie eigentlich sprechen: Als Volksvertreter und damit für die Bürger - oder als Aufsichtsratsmitglied und damit dem Wohl des Unternehmens verpflichtet.

So ist ein Abtauchen in die Verantwortungslosigkeit einfach. Und dabei befinden sich die Politiker selbst in einer Zwickmühle, denn streng genommen dürfen sie auch in ihren Fraktionen nicht über die Inhalte der Sitzungen des Aufsichtrates berichten. Geschweige denn, das Volk informieren, wie sie als Volksvertreter das Volk vertreten haben. 


Wirkungslose Bürgeranträge
Bürgeranträge wie die der Initiative "Pro Freibäder" etwa enden also fakultativ wirkungslos im Hauptausschuss der Stadt. Dieser hatte den Antrag an den Rat verwiesen. Der Rat wiederum entscheidet nur eingeschränkt, spielt an die Stadtwerke zurück. Die Bürgermeisterin und Vorsitzende des Aufsichtsratsgremiums nimmt die Unterschriftenliste mit zur nächsten Sitzung des Aufsichtsrates. Was allerdings daraus wird: Fragezeichen! Ein Informationsrecht haben die Bürger nicht. Ein Verwirrspiel um Entscheidungen, welches kaum zu durchschauen ist.
Und wo Bürgerbeteiligung krass ein Ende findet. Der Prozess ist wenig transparent - und mangelnde Transparenz ist fossiler Brennstoff für jede Art von Parteienverdrossenheit. Es ist ein Grundproblem, wenn immer mehr Kommunales in die Form der Gesellschaften übergeht und damit quasi der Einflussnahme des Souveräns entzogen ist. 

Ein Rezept zur Vermeidung wird gerade wieder einmal aktuell diskutiert: Rekommunalisierung und kommunale Daseinsvorsorge unter nachhaltigen Gesichtspunkten. Das ist in der Regel keine Frage der Finanzen, sondern eine politische Entscheidung einer Kommune. 

Nächstes Problem am Beckenrand
Wer glaubt, dieses Problem der Verquickung und Intransparenz sei mit den Bäderpreisen erst einmal vom Tisch - der irrt. Die Stadtwerke bleiben ein Thema, denn auf der Tagesordnung steht demnächst die Entscheidung über ein (neues ?) Hallenbad. Wer trifft diese Entscheidung eigentlich, und wer zahlt? Und dann sind die Stadtwerke auch noch für einiges Anderes verantwortlich: Wasser, ÖPNV ... alles Fragen, die den Bürger sehr direkt angehen.