Es ist sehr still geworden um den Bürgerhaushalt in Gütersloh. Warum nur?
Mit der Einbringung von Vorschlägen des Bürgerhaushalts in die Fachausschüsse hat jetzt die Phase der Rechenschaft begonnen, die mit dem Ratsbeschluss über den Haushalt - voraussichtlich am 25. März – endet - so steht es auf der Homepage der Stadt zum Bürgerhaushalt Gütersloh.
Die Phase der "Rechenschaft" bedeutet nichts Anderes als das, was bisher in den politischen Gremien zu dieser Zeit diskutiert wird: die Vorschläge zur Haushaltsgestaltung 2011. Nur dass diesmal eben nicht allein die Vorschläge der Verwaltung und der Politik eingebracht werden - sondern auch die der Bürgerschaft. Die 30 Favoriten aus der Summe der Vorschläge des Bürgerhaushaltes stehen zur Disposition. Hier findet sich zur Erinnerung die Liste der Top 30 zum Nachschlagen.
Genau jetzt, wo eigentlich "Butter bei die Fische" kommen müsste, ist eher das "Versteckspiel" Programm.
Zwei Punkte möchte ich herausgreifen:
Punkt 1: Die Verwaltung
Die Verwaltungsvorlagen als Stellungnahmen zu den Vorschlägen stehen zwar im Netz, sehr transparent, zum download und mit den verwaltungsrelevanten Stellungnahmen zu den jeweiligen Positionen. Aber: Oftmals lässt sich ablesen, dass die Vorschläge aus der Bürgerschaft schon Dinge berühren, die bereits in den Ausschüssen diskutiert und durch bindende Beschlüsse zum Abschluss gebracht worden sind. Oder aber es wird auf die Beschlüsse der Haushaltskonsolidierungsvorschläge der Beratungsfirma Rödl & Partner hingewiesen, die über 2011 hinausreichen und damit unverrückbar Bestand haben. Das war ein Punkt, den auch wir als Initiative angesprochen haben, in wieweit der Handlungsspielraum überhaupt gegeben war. Bewegt sich nun also nichts, steht am Ende das gefürchtete Frustrationserlebnis für die Bürgerschaft, die schließlich das Gefühl haben: "Es hat nichts gebracht - ändert sich eh nichts." Der Eindruck verhärtet sich, wenn am Ende der Verwaltungsvorlage zum Teilhaushalt Bildung etwa steht:
"Aufgrund der vorausstehenden Ausführungen ergibt sich für die Verwaltung akutell keinen Handlungsbedarf."
Das ist ein Killersatz für jede Art von bürgerschaftlicher Einmischung.
Nun mögen die Einwände der Verwaltung gegen die Vorschläge berechtigt sein, wie etwa die Frage nach den Hausmeisterstellen (jede Schule einen Hausmeister) oder aber die nach den geregelten Mahlzeiten in der Schule, die die Stadt mehr als 8 Mio. Euro kosten würde. Allerdings zeigt sich, dass hier verstärkt Erklärungsbedarf besteht und den Bürgern offensichtlich Probleme auf den Nägeln brennen, die nicht ausreichend diskutiert und nachvollziehbar zum Abschluss gebracht worden sind. Man darf sich schon fragen, wieviel Euros uns die gute Ernährung von Kindern im Ganztagsbetrieb der Schulen wert ist. Eine solche Diskussion um Grundsätzliches muss am Ende auch nachvollziehbar ankommen, dann kann das Ergebnis akzeptiert werden - oder eben nicht.
Punkt 2: Die Politik der im Rat vertretenen Fraktionen
Während die Verwaltung ihre Stellungnahme im Netz ablichtet, werden die Diskussionsstränge in der
Politik nicht transparent. Streng genommen müssten die Protokolle aus den Gremiensitzungen ebenfalls umgehend veröffentlicht werden. Schon aus dem Eigeninteresse der Politik heraus. Auf der Bürgerhaushalts-plattform findet sich dazu aber überhaupt nichts.
Um den politischen Diskurs über die Vorschläge also nachvollziehbar zu machen, müssten sich die Bürger nun selbst in die Ausschüsse begeben, oder aber auf die Homepages der politischen Parteien und Fraktionen klicken, um hier Informationen über die politische Position zu den Vorschlägen zu bekommen. Auffallend ist hier allerdings wiederum, dass selbst auf den eigenen Informationskanälen der Parteien so gut wie nichts zur politischen Diskussion der Bürgervorschläge zu finden ist (geschweige denn zu möglichen eigenen Vorschlägen). Allenfalls die eine oder andere sehr magere Pressemitteilung lässt erkennen, wie sich die Fraktionen positionieren. Da ist die SPD-Fraktion neben der BfGT noch herausragend- sie stehen auch im Wort, denn der weitestgehende Antrag zum Bürgerhaushalt stammt aus ihrer Feder. Die übrigen Beiträge der Ratsbeteiligten allerdings reichen für die Akzeptanz in der Entscheidungsfindung für die Longlist von 30 Vorschlägen aber nicht aus.
Das erstaunt: Am Anfang des Prozesses zum Bürgerhaushalt waren sich schließlich alle Fraktionen einig, hier größtmögliche Transparenz herstellen zu wollen - sonst hätte man das Format auch lassen können. Und allen Fraktionen war klar, dass Beteiligung von Information und Interaktion lebt. Die fehlt nun bisher leider. Also doch ein politisches Versteckspiel?
Die Phase der Rechenschaft ist nun noch nicht ganz vorbei. Man darf ja noch einen Showdown in den letzten Tagen vor der Verabschiedung des Haushaltes erhoffen. Dann ist die Arbeit in den Gremien zwar schon gelaufen, aber am Ende findet sich die Longlist der Top 30 auch im Rat wieder. Da erhoffe ich mir zumindest ein paar zusätzliche Worte der Erklärung, warum und wieso wie entschieden wurde.
Oder war der Bürgerhaushalt etwa gleich mit dem Faktor "death dating" gestrickt: Will heißen, am Ende war das Sterben des Formates Bürgerhaushalt schon vordatiert und geplant?
Bild

Montag, 28. Februar 2011
Politikmüde Jugendliche? Eher nicht.
Spannendes Interview zur Frage "Sind Jugendliche politikverdrossen?"
Dr. Marc Calmbach, Sinus Institut Berlin erklärt, Jugendliche hätten heute keine Biografie mehr vor sich, die am Reißbrett entworfen werden kann. Zu viele Brüche, zu viel Unkalkulierbares. Die Identitätsarbeit liegt vermehrt in den Händen der Jugendlichen selbst, sagt er. Ein Faktor für den Politikverdruss ist seiner Auffassung nach die Entfremdung der Parteipolitik vom Volk. Zudem seien jugendliche Themen heute anders gelagert, es fehle daher eine moderen Form der Angebote. Interesse an gesellschaftspolitischen Fragestellungen sei auf jeden Fall vorhanden, nur nicht mehr in der Vermittlungsstrategie, wie sie in den letzten Jahren der Politikvermittlung ausreichten. Heute sind flexiblere Strukturen und Prozesse gefragt, die ein kurzfristigeres und auch spontaneres Mitwirken ermöglichen.
Mehr dazu im Interview.
In seinem Vortrag erklärte Calmbach übrigens auch, dass etwa die Frage nach "Kennst Du den Ministerpräsidenten von soundso oder kennst du den Fraktionsvorsitzenden von YX?", für Jugendliche nicht so wichtig sei, sondern eher die Inhalte und die konkreten Lösungsstrategien. Legt man also diese alten Strukturen und Herangehensweisen des Politikverständnisses als Grundlage zur Erhebung, ob Jugendliche politikmüde sind, kann die Antwort darauf nur eine Schieflage sein. Allein der Fragenkatalog spiegele ja schon die alte Denke wieder.
Da muss sich die Erwachsenenwelt in der Politik auch nicht die Nase rümpfen, sondern vielleicht einfach mehr hinhören - und Möglichkeiten schaffen. Oder aber die Jugendlichen suchen sich ihre eigenen Kanäle zur politischen Meinungsbildung. Wie heißt noch der Spruch des Bundespräsidenten Wulff auf seiner Reise in die arabische Welt? "Wer sich nicht verändert, wird verändert." Hier sind es auch die Jungen, die den Aufbruch ermöglicht haben. Und Politik fängt vor der Haustür an.
Sonntag, 27. Februar 2011
Die Bildungsverlierer - wie lange denn noch?
Heute fand ich einen sehr interessanten Bildungsblog, der mich sehr nachdenklich gestimmt hat.
Der Autor, Damian Duchamps, schreibt unter dem Titel "Die Bildungsverlierer":
"Nachdem ich heute das sehr interessante ZDF Interview mit Christian Füller las, musste ich mich auch des Themas annehmen. Worüber ich hier schreibe, ist nicht neu. Ich möchte allerdings einfach einmal aus meinem Erleben plastisch machen, was man sonst so allgemein beschreibt, wenn es um die Bildungsverlierer geht. Zu denen zähle ich nicht nur die Kinder, die am Ende ihrer Schulzeit ein Lesevermögen auf Grundschulniveau haben, sondern den Großteil der Kinder, die heute eine Hauptschule besuchen."
Mehr dazu im Original:
http://damianduchamps.wordpress.com/2011/02/27/die-bildungsverlierer/#comment-168
Er greift einen für mich sehr wichtigen Punkt auf: Die Grundschulen in unserem Land sind heute die mordernsten, die man sich vorstellen kann. Und deutlich wird: Sie betreiben Grundlagenarbeit. Was hier versäumt wird, entspannt später Größe. Was hier entschieden wird, ist richtungsweisend auf lange Zeit. Die Sortierung nach der vierten Grundschulklasse bestimmt bekanntlich die Zukunft. Bis auf ein paar Ausnahmen vielleicht, aber das Gros der Kinder ist damit "kategorisiert". Da stellt sich also immer wieder die Frage nach der Qualität von Grundschulen. Und nach dem verantwortungsvollen Umgang damit.
Das gilt für alle Kommunen. In den letzten Monaten durften wir auch hier in der Region erleben, wie der Kampf um die Grundschulen entbrannt ist: In Bielefeld etwa, teilweise auch in Gütersloh. Immerhin sind die ersten Grundschulen geschlossen worden, womit das Spotlight auf dieser Grundlagenschulform ruht.
Nun fehlen aber die Konzepte für die Zukunft. Meines Erachtens nach auch für Gütersloh. Erstmalig soll diese Problematik ein Bestandteil des Bildungsgipfels der Stadt werden. Da darf man gespannt sein, was dabei für die Zukunft herauskommt. Nicht Weniger als die Weiterentwicklung des Schulentwicklungsplanes steht dabei auf der Tagesordnung. Hoffentlich ist allen klar, dass hinter jeder Zahl eine eigene bunte Schultüte steht und ein Kind, welches sich erstmal auf den neuen Schritt in die Schule freut.
Leider stehen da aber auch jetzt schon wieder viele Fragen auf der Tagesordnung, für die es (immer) noch keine Antworten gibt: Wie begegnet man der unterschiedlichen Klassenstärke in den Eingangsklassen für das Schuljahr 2011/12? Die Einen landen in Klassen mit 16 Schülern, die Anderen versinken in einem Klassenverband mit 30 Kindern. Da ist noch keine Lösung in Sicht. Aber es betrifft wieder einen gesamten Jahrgang Kinder. Später kann kein einziges Kind sein mögliches Leiden rechtfertigen, man sei ja in einem riesen Klassenverband gelandet, mit dem ganzen Spektrum an Kinderpotenzial und -problematik, wie es unsere Gesellschaft heute aufweist.
Also nochmal: Wo ist die Diskussion über neue Zügigkeiten? Wo die Diskussion über alternative Teilungskonzepte - und Stellen? Wieso haben so wenig Kollegen Lust, eine Schule zu leiten? (47 Stellen in OWL unbesetzt, GT inklusive) Wann folgt die politische Diskussion nebst Lösungsstrategie? Ich sehe noch keine. Und grusele mich vor den Folgen, wie sie Herr Duchamps in seinem Beitrag beschreibt.
Der Autor, Damian Duchamps, schreibt unter dem Titel "Die Bildungsverlierer":
"Nachdem ich heute das sehr interessante ZDF Interview mit Christian Füller las, musste ich mich auch des Themas annehmen. Worüber ich hier schreibe, ist nicht neu. Ich möchte allerdings einfach einmal aus meinem Erleben plastisch machen, was man sonst so allgemein beschreibt, wenn es um die Bildungsverlierer geht. Zu denen zähle ich nicht nur die Kinder, die am Ende ihrer Schulzeit ein Lesevermögen auf Grundschulniveau haben, sondern den Großteil der Kinder, die heute eine Hauptschule besuchen."
Mehr dazu im Original:
http://damianduchamps.wordpress.com/2011/02/27/die-bildungsverlierer/#comment-168
Er greift einen für mich sehr wichtigen Punkt auf: Die Grundschulen in unserem Land sind heute die mordernsten, die man sich vorstellen kann. Und deutlich wird: Sie betreiben Grundlagenarbeit. Was hier versäumt wird, entspannt später Größe. Was hier entschieden wird, ist richtungsweisend auf lange Zeit. Die Sortierung nach der vierten Grundschulklasse bestimmt bekanntlich die Zukunft. Bis auf ein paar Ausnahmen vielleicht, aber das Gros der Kinder ist damit "kategorisiert". Da stellt sich also immer wieder die Frage nach der Qualität von Grundschulen. Und nach dem verantwortungsvollen Umgang damit.
Das gilt für alle Kommunen. In den letzten Monaten durften wir auch hier in der Region erleben, wie der Kampf um die Grundschulen entbrannt ist: In Bielefeld etwa, teilweise auch in Gütersloh. Immerhin sind die ersten Grundschulen geschlossen worden, womit das Spotlight auf dieser Grundlagenschulform ruht.
Nun fehlen aber die Konzepte für die Zukunft. Meines Erachtens nach auch für Gütersloh. Erstmalig soll diese Problematik ein Bestandteil des Bildungsgipfels der Stadt werden. Da darf man gespannt sein, was dabei für die Zukunft herauskommt. Nicht Weniger als die Weiterentwicklung des Schulentwicklungsplanes steht dabei auf der Tagesordnung. Hoffentlich ist allen klar, dass hinter jeder Zahl eine eigene bunte Schultüte steht und ein Kind, welches sich erstmal auf den neuen Schritt in die Schule freut.
Leider stehen da aber auch jetzt schon wieder viele Fragen auf der Tagesordnung, für die es (immer) noch keine Antworten gibt: Wie begegnet man der unterschiedlichen Klassenstärke in den Eingangsklassen für das Schuljahr 2011/12? Die Einen landen in Klassen mit 16 Schülern, die Anderen versinken in einem Klassenverband mit 30 Kindern. Da ist noch keine Lösung in Sicht. Aber es betrifft wieder einen gesamten Jahrgang Kinder. Später kann kein einziges Kind sein mögliches Leiden rechtfertigen, man sei ja in einem riesen Klassenverband gelandet, mit dem ganzen Spektrum an Kinderpotenzial und -problematik, wie es unsere Gesellschaft heute aufweist.
Also nochmal: Wo ist die Diskussion über neue Zügigkeiten? Wo die Diskussion über alternative Teilungskonzepte - und Stellen? Wieso haben so wenig Kollegen Lust, eine Schule zu leiten? (47 Stellen in OWL unbesetzt, GT inklusive) Wann folgt die politische Diskussion nebst Lösungsstrategie? Ich sehe noch keine. Und grusele mich vor den Folgen, wie sie Herr Duchamps in seinem Beitrag beschreibt.
Donnerstag, 24. Februar 2011
Beteiligungssehnsucht wächst
Heute einmal ein paar interessante Artikel zum Thema "Bürgerbeteiligung". Weil ja bekanntlich der
Prophet im eigenen Land nichts wert ist:
Die Bewohner der Stadt Salzburg sollen in der Politik mitbestimmen können - Das "Salzburger Modell" könnte zum Vorzeigeprojekt für ganz Österreich werden. Am Freitag beginnen die Verhandlungen über eine stärkere Einbeziehung der Bewohner der Landeshauptstadt.
Fundstück in der Taz: "Ampeln abschalten, Heizung auf null"
Wo die Politik nicht mehr weiter weiß, sind die Bürger gefragt. Die Stadt Bonn suchte nach Einsparpotenzialen im Haushalt und befragt Bürger. Die sagen: Nicht in der Kultur.
Auf der Homepage des Deutschen Bundestages findet sich folgender Hinweis: "Um die Öffentlichkeit stärker als bisher an der Arbeit der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" zu beteiligen, soll eine Online-Arbeitsgruppe die Einführung des Beteiligungssystems Adhocracy vorbereiten. Diesen Beschluss hat die Enquete-Kommission am Montag, 21. Februar 2011, mit den Stimmen von Unions-, SPD- und FDP-Fraktion gefasst. Linke und Grüne enthielten sich bei der Abstimmung. Sie forderten, Adhocracy direkt einzusetzen und nicht erst eine Arbeitsgruppe mit dem Thema zu beauftragen."
Prophet im eigenen Land nichts wert ist:
Die Bewohner der Stadt Salzburg sollen in der Politik mitbestimmen können - Das "Salzburger Modell" könnte zum Vorzeigeprojekt für ganz Österreich werden. Am Freitag beginnen die Verhandlungen über eine stärkere Einbeziehung der Bewohner der Landeshauptstadt.
Fundstück in der Taz: "Ampeln abschalten, Heizung auf null"
Wo die Politik nicht mehr weiter weiß, sind die Bürger gefragt. Die Stadt Bonn suchte nach Einsparpotenzialen im Haushalt und befragt Bürger. Die sagen: Nicht in der Kultur.
Auf der Homepage des Deutschen Bundestages findet sich folgender Hinweis: "Um die Öffentlichkeit stärker als bisher an der Arbeit der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" zu beteiligen, soll eine Online-Arbeitsgruppe die Einführung des Beteiligungssystems Adhocracy vorbereiten. Diesen Beschluss hat die Enquete-Kommission am Montag, 21. Februar 2011, mit den Stimmen von Unions-, SPD- und FDP-Fraktion gefasst. Linke und Grüne enthielten sich bei der Abstimmung. Sie forderten, Adhocracy direkt einzusetzen und nicht erst eine Arbeitsgruppe mit dem Thema zu beauftragen."
Dienstag, 22. Februar 2011
Information ist das halbe Leben, Teil 2: Die Parteien im Rat
Information ist das halbe Leben. Teil 2:
Ausgangspunkt in Teil 1 war ja die These: Die Bürger sind nicht politikverdrossen. Sie vermessen den politischen Raum neu und überlassen diesen nicht mehr nur den Gewählten. Dazu braucht es Informationen.
Schauen wir heute einmal auf die Informationsvermittlung durch die Parteien. In Artikel 21 (1) im Grundgesetz heißt es, Parteien wirken bei der politischen Willensbildung mit. Und auch: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus (Artikel 20 (2) GG). Demnach wird der Bürger nun alle fünf (!) Jahre in der Kommune zu einem Votum an die Wahlurne gebeten. Ein Bürger, eine Stimme - also eine für den Rat, eine für den Kreistag. Die Bürgermeister und Landräte werden seit kurzem von der Kommunalwahl entkoppelt gewählt. Die eigene Wählerstimme aufspalten kann man in NRW nicht: Kumulieren und Panaschieren, wie das in anderen Bundesländern teilweise möglich ist, fehlen hier. Das heißt, die Wahlstimme ist "ganz". Ein prozentuales Abwägen analog der Parteiprogramme gibt es also nicht. Wenn der Wahlzettel in der Wahlurne verschwunden ist, ist damit streng genommen die urdemokratische Möglichkeit ausgenutzt.
Eine lebendige Demokratie aber zeichnet sich dadurch aus, dass auch zwischen den Wahlterminen eine aktive und kritische Mitwirkung an politischen Diskussionen und Entscheidungen möglich ist. Will man mitreden, braucht es mehr als nur ein Kreuzchen zu machen. Regelmäßiges Lesen der Tageszeitung etwa ist ein Weg der Information. Aber auch das Anklicken der Homepages der Parteien. Schließlich will man gerne aus erster Hand wissen, worum es geht und wie die Positionen sind: Sieben Fraktionen sind in dieser Ratsperiode im Rat der Stadt Gütersloh vertreten: CDU, SPD, Grüne, BfGT, FDP, UWG, Die Linke. Das allein ist schon eine Bandbreite an sich, die eine Herausforderung an die Orientierung stellt.
Was kann ich tun, um mich zu informieren?
Mein erster Klick landet bei der CDU, wegen der größten Fraktionsstärke im Rat. Suche nach Punkt 1, Wahlprogramm: Vergebens. Auch mit dem Suchregister ging der Schuss ins Leere. Da finden sich zwar rot hinterlegte Wörter mit dem Begriff "Wahlprogramm". Dahinter allerdings ist: Nichts. Kein Link, kein Verweis. Gut, dass ich mir das Ding kurz vor der Wahl schon in gedruckter Form besorgt habe. Der Inhalt soll ja für fünf Jahre aussagefähig sein und Bestand haben. Welchen Grund gibt es, dieses Zeugnis der Parteipolitik aus dem öffentlich zugänglichen Netz zu nehmen? Punkt 2: Anträge an den Rat oder die Ausschüsse. Kein Treffer, keine Rubrik. Keine Dokumente, die belegen, was die Partei als Gedanken und Anregungen in den Entscheidungsprozess der Gremien einspeist. Die kommunalpolitisch reale Arbeit bleibt im Dunkeln.
Der zweite Klick gilt der SPD. Leider finde ich auch hier kein Lebenszeichen eines Wahlprogramms. Trotz beredter Suche findet sich kein roter Faden, der zur Dokumentation der künftigen politischen Ausrichtung der sozialdemokratischen Kommunalpolitik führen würde. Gleiches Erstauen an dieser Stelle wie oben. Auch die Rubrik "Anträge" fehlt. So kann ich mir nur aus den zahlreichen Pressemitteilungen zusammen"denken", was die Partei programmatisch vertritt und wie sie politisch gestaltet. Immerhin ist durch die Presse-Meldungen ein vages Bild erkennbar. Eine belastbare und messbare Grundlage für politisches Wirken ist das aber nicht.
Die FPD-Fraktion macht einen guten Eindruck: Das Parteiprogramm findet sich sehr schnell, ist sogar in der Navigationsleiste namentlich aufgelistet. Erhältlich ist es in Kurz- und auch Langversion. Bei der Rubrik "Anträge" allerdings passt die Partei. Auch hier findet sich dazu nichts. Auch hier wird verwiesen auf "Aktuelles" aus dem Rat und den Ausschüssen, wo in sehr kurzer Prosa Gremieninhalte referiert werden. Eine Dokumentation der politischen Richtung fehlt.
Die Grünen haben ihr Wahlprogramm unter der Rubrik "Ortsverband" organisiert. Das muss man wissen. Denn beim Eingeben des Suchbegriffes "Wahlprogramm" unter dem Reiter Ratsfraktion folgt erstmal nur der Hinweis "kein Treffer". Klickt man den richtigen Reiter (Ortsverband) an, taucht dann zumindest der Begriff Kommunalwahl 2009 auf, unter dem das Programm schließlich zu finden ist. Merke: Man muss sich schon ein wenig auskennen und die Struktur der Politik kennen, dann ist das Trüffeln etwas leichter. Die Rubrik "Anträge" ist vorhanden. Auch ein Archiv. Hier finden sich die politischen Ideen im Wortlaut. Politisches wird als Proaktion in der Handlung erkennbar, nicht nur als Reaktion auf Vorlagen der Verwaltung.
Die UWG, Unabhängige Wählergemeinschaft, hat kein "Parteiprogramm". Sie versteht sich ja auch nicht als Partei, sondern als Zusammenschluss von interessierten Bürgerinnen und Bürgern. "Unser Ziel ist es, in unserer Stadt eine sachorientierte und verantwortungsbewußte Bürgermitwirkung zu etablieren." - so in der Rubrik "kurz und knapp" beschrieben. Was das genau beinhaltet, finde ich nicht. Auch die Rubrik "Anträge" ist nicht vorhanden, wohl aber kurze Pressemitteilungen über die aktuellen Diskussionen in Rat- und Ausschussarbeit.
Die BfGT stellt mit Abstand den besten Internetauftritt auf die Beine. Das Wahlprogramm ist schnell zu finden. Sogar im zeitlichen Rahmen abgesteckt, von 2009 bis 2014, als download verfügbar. Auch unter dem Stichwort "Anträge" findet sich jede Menge Information, nicht nur der Antragstext im Original, sondern auch noch mit dem Abstimmungsvermerk versehen, so dass sich schnell und übersichtlich ein Eindruck einstellt, wie leistungsstark die Fraktion sich in Rat und Ausschüssen eingebracht hat.
Die Linke bietet auf der Homepage der Fraktion ebenfalls mit zwei Klicks das Kommunalwahlprogramm für die Stadt Gütersloh zum download an, einmal in der Langfassung sowie in der Kurzfassung. Auch die Rubrik "Anträge" findet sich, sogar mit dem Abdruck des Originaltextes.
Die Auslese politischer Grundlagen und Dokumenten politischer Willensbildung ist in der Summe eher mager. Dabei ist aber gerade das eine der wichtigsten Aufgaben von Parteien und politischen Gruppierungen.
Allen Homepages gemein ist allerdings die dezidierte Auflistung des politischen Personals, also der Gewählten im Rat und in den Ausschüssen, nebst sachkundiger Bürger. Es ist gut, wenn man die Gesichter kennt und deren Funktionen herausfinden kann. Nur: Mich interessiert nicht der Kopf von außen, sondern ich will eher wissen, was denn in den Köpfen steckt. Was zeichnet die politisch Aktiven aus und für was stehen sie? Die reine Auflistung von Posten verliert sich genau da, wo die Parteien eigentlich seit langem herauswollen: In der Parteienverdrossenheit.
Es fehlt an Wegen der Information. Es fehlt an (modernen) Wegen des direkten Austausches. Es fehlt an Möglichkeiten des Interaktiven. Erstaunlich ist dieser Fakt vor dem Hintergrund, dass in den Gremiensitzungen so viele Ratsleute-Rechner auf den Tischen stehen. (Und jetzt sogar der Landtag NRW um die Erlaubnis streitet, mehr interaktive Medien auch im Plenum benutzen zu dürfen.)
Wollen die Parteien und Gruppierungen in der Stadt sich wirklich der Beteiligung öffnen und den Einbezug der Bürgerschaft nicht nur als Lippenbekenntnis stehen lassen, so bedarf es an vielen Stellen größerer Anstrengungen als bisher. Vor allem für die "etablierten" Parteien, die sich in der Mitte der Gesellschaft wähnen, die aber unterm Strich deutlich schlechter abschneiden und damit weiter weg sind vom Ziel: nämlich vom Bürger.
Ausgangspunkt in Teil 1 war ja die These: Die Bürger sind nicht politikverdrossen. Sie vermessen den politischen Raum neu und überlassen diesen nicht mehr nur den Gewählten. Dazu braucht es Informationen.
Schauen wir heute einmal auf die Informationsvermittlung durch die Parteien. In Artikel 21 (1) im Grundgesetz heißt es, Parteien wirken bei der politischen Willensbildung mit. Und auch: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus (Artikel 20 (2) GG). Demnach wird der Bürger nun alle fünf (!) Jahre in der Kommune zu einem Votum an die Wahlurne gebeten. Ein Bürger, eine Stimme - also eine für den Rat, eine für den Kreistag. Die Bürgermeister und Landräte werden seit kurzem von der Kommunalwahl entkoppelt gewählt. Die eigene Wählerstimme aufspalten kann man in NRW nicht: Kumulieren und Panaschieren, wie das in anderen Bundesländern teilweise möglich ist, fehlen hier. Das heißt, die Wahlstimme ist "ganz". Ein prozentuales Abwägen analog der Parteiprogramme gibt es also nicht. Wenn der Wahlzettel in der Wahlurne verschwunden ist, ist damit streng genommen die urdemokratische Möglichkeit ausgenutzt.
Eine lebendige Demokratie aber zeichnet sich dadurch aus, dass auch zwischen den Wahlterminen eine aktive und kritische Mitwirkung an politischen Diskussionen und Entscheidungen möglich ist. Will man mitreden, braucht es mehr als nur ein Kreuzchen zu machen. Regelmäßiges Lesen der Tageszeitung etwa ist ein Weg der Information. Aber auch das Anklicken der Homepages der Parteien. Schließlich will man gerne aus erster Hand wissen, worum es geht und wie die Positionen sind: Sieben Fraktionen sind in dieser Ratsperiode im Rat der Stadt Gütersloh vertreten: CDU, SPD, Grüne, BfGT, FDP, UWG, Die Linke. Das allein ist schon eine Bandbreite an sich, die eine Herausforderung an die Orientierung stellt.
Was kann ich tun, um mich zu informieren?
- Ich kann zur Ratssitzung und in die Ausschüsse gehen und auf der Tribüne verfolgen, wer welche Position einbringt. Dauert sehr lange, bis ich mir da ein Bild verschafft habe. Allein die vielen Grußformeln und Floskeln in den Sitzungen (Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Damen und Herren.. Wir danken der Verwaltung....auch meine Fraktion, ....es ist zwar schon gesagt, aber ich will nochmal von unserer Seite sagen...) einmal weggestrichen, brauche ich mehrere Sitzungstage dafür.
- Ich kann zu den Fraktionssitzungen der einzelnen Parteien und Gruppen erscheinen - wenn sie denn öffentlich sind - und erstmal zuhören.
- Ich kann zu Parteiveranstaltungen marschieren, wenn sie denn stattfinden - zuhören und mitdiskutieren.
- Ich kann zur Bürgersprechstunde der Fraktionen gehen - und Vieraugengespräche führen.
- Ich kann das Wahlprogramm durchlesen....
Mein erster Klick landet bei der CDU, wegen der größten Fraktionsstärke im Rat. Suche nach Punkt 1, Wahlprogramm: Vergebens. Auch mit dem Suchregister ging der Schuss ins Leere. Da finden sich zwar rot hinterlegte Wörter mit dem Begriff "Wahlprogramm". Dahinter allerdings ist: Nichts. Kein Link, kein Verweis. Gut, dass ich mir das Ding kurz vor der Wahl schon in gedruckter Form besorgt habe. Der Inhalt soll ja für fünf Jahre aussagefähig sein und Bestand haben. Welchen Grund gibt es, dieses Zeugnis der Parteipolitik aus dem öffentlich zugänglichen Netz zu nehmen? Punkt 2: Anträge an den Rat oder die Ausschüsse. Kein Treffer, keine Rubrik. Keine Dokumente, die belegen, was die Partei als Gedanken und Anregungen in den Entscheidungsprozess der Gremien einspeist. Die kommunalpolitisch reale Arbeit bleibt im Dunkeln.
Der zweite Klick gilt der SPD. Leider finde ich auch hier kein Lebenszeichen eines Wahlprogramms. Trotz beredter Suche findet sich kein roter Faden, der zur Dokumentation der künftigen politischen Ausrichtung der sozialdemokratischen Kommunalpolitik führen würde. Gleiches Erstauen an dieser Stelle wie oben. Auch die Rubrik "Anträge" fehlt. So kann ich mir nur aus den zahlreichen Pressemitteilungen zusammen"denken", was die Partei programmatisch vertritt und wie sie politisch gestaltet. Immerhin ist durch die Presse-Meldungen ein vages Bild erkennbar. Eine belastbare und messbare Grundlage für politisches Wirken ist das aber nicht.
Die FPD-Fraktion macht einen guten Eindruck: Das Parteiprogramm findet sich sehr schnell, ist sogar in der Navigationsleiste namentlich aufgelistet. Erhältlich ist es in Kurz- und auch Langversion. Bei der Rubrik "Anträge" allerdings passt die Partei. Auch hier findet sich dazu nichts. Auch hier wird verwiesen auf "Aktuelles" aus dem Rat und den Ausschüssen, wo in sehr kurzer Prosa Gremieninhalte referiert werden. Eine Dokumentation der politischen Richtung fehlt.
Die Grünen haben ihr Wahlprogramm unter der Rubrik "Ortsverband" organisiert. Das muss man wissen. Denn beim Eingeben des Suchbegriffes "Wahlprogramm" unter dem Reiter Ratsfraktion folgt erstmal nur der Hinweis "kein Treffer". Klickt man den richtigen Reiter (Ortsverband) an, taucht dann zumindest der Begriff Kommunalwahl 2009 auf, unter dem das Programm schließlich zu finden ist. Merke: Man muss sich schon ein wenig auskennen und die Struktur der Politik kennen, dann ist das Trüffeln etwas leichter. Die Rubrik "Anträge" ist vorhanden. Auch ein Archiv. Hier finden sich die politischen Ideen im Wortlaut. Politisches wird als Proaktion in der Handlung erkennbar, nicht nur als Reaktion auf Vorlagen der Verwaltung.
Die UWG, Unabhängige Wählergemeinschaft, hat kein "Parteiprogramm". Sie versteht sich ja auch nicht als Partei, sondern als Zusammenschluss von interessierten Bürgerinnen und Bürgern. "Unser Ziel ist es, in unserer Stadt eine sachorientierte und verantwortungsbewußte Bürgermitwirkung zu etablieren." - so in der Rubrik "kurz und knapp" beschrieben. Was das genau beinhaltet, finde ich nicht. Auch die Rubrik "Anträge" ist nicht vorhanden, wohl aber kurze Pressemitteilungen über die aktuellen Diskussionen in Rat- und Ausschussarbeit.
Die BfGT stellt mit Abstand den besten Internetauftritt auf die Beine. Das Wahlprogramm ist schnell zu finden. Sogar im zeitlichen Rahmen abgesteckt, von 2009 bis 2014, als download verfügbar. Auch unter dem Stichwort "Anträge" findet sich jede Menge Information, nicht nur der Antragstext im Original, sondern auch noch mit dem Abstimmungsvermerk versehen, so dass sich schnell und übersichtlich ein Eindruck einstellt, wie leistungsstark die Fraktion sich in Rat und Ausschüssen eingebracht hat.
Die Linke bietet auf der Homepage der Fraktion ebenfalls mit zwei Klicks das Kommunalwahlprogramm für die Stadt Gütersloh zum download an, einmal in der Langfassung sowie in der Kurzfassung. Auch die Rubrik "Anträge" findet sich, sogar mit dem Abdruck des Originaltextes.
Die Auslese politischer Grundlagen und Dokumenten politischer Willensbildung ist in der Summe eher mager. Dabei ist aber gerade das eine der wichtigsten Aufgaben von Parteien und politischen Gruppierungen.
Allen Homepages gemein ist allerdings die dezidierte Auflistung des politischen Personals, also der Gewählten im Rat und in den Ausschüssen, nebst sachkundiger Bürger. Es ist gut, wenn man die Gesichter kennt und deren Funktionen herausfinden kann. Nur: Mich interessiert nicht der Kopf von außen, sondern ich will eher wissen, was denn in den Köpfen steckt. Was zeichnet die politisch Aktiven aus und für was stehen sie? Die reine Auflistung von Posten verliert sich genau da, wo die Parteien eigentlich seit langem herauswollen: In der Parteienverdrossenheit.
Es fehlt an Wegen der Information. Es fehlt an (modernen) Wegen des direkten Austausches. Es fehlt an Möglichkeiten des Interaktiven. Erstaunlich ist dieser Fakt vor dem Hintergrund, dass in den Gremiensitzungen so viele Ratsleute-Rechner auf den Tischen stehen. (Und jetzt sogar der Landtag NRW um die Erlaubnis streitet, mehr interaktive Medien auch im Plenum benutzen zu dürfen.)
Wollen die Parteien und Gruppierungen in der Stadt sich wirklich der Beteiligung öffnen und den Einbezug der Bürgerschaft nicht nur als Lippenbekenntnis stehen lassen, so bedarf es an vielen Stellen größerer Anstrengungen als bisher. Vor allem für die "etablierten" Parteien, die sich in der Mitte der Gesellschaft wähnen, die aber unterm Strich deutlich schlechter abschneiden und damit weiter weg sind vom Ziel: nämlich vom Bürger.
Ist China nicht legal, wenn es abkupfert?
Gerade rief die Zeitung bei mir an. Die NW. Mit der Bitte um eine kurze Einschätzung.
Thema?
Was sagen Sie als promovierte Ex-Politikerin zum Vorwurf des Plagiats bei zu Guttenberg?
Meine Antwort:
Wer bescheißt, fliegt raus. Herr zu Guttenberg ist nicht erst mit der Promotion angefangen, sondern war ja schon vorher Student. Und da lernt man das Handwerk des Zitierens. Das ist ähnlich wie mit einem Handwerker in der Meisterprüfung: Das Schweißen lernt jeder in der Ausbildung. Da kann ich bei der Meisterprüfung später nicht Pfusch beim Lötmittel betreiben und erklären, das sei ein Versehen.
Und: Herr zu Guttenberg steht als Wissenschaftler zur Diskussion. Als solcher hat er wohl geschummelt.
Sein Ruf als Wissenschaftler ist damit hin. Was das für Auswirkungen auf den politischen Status hat, dürfen
gerne andere diskutieren. Meine ungute Ahnung ist eh die, dass er das Werk vielleicht gar nicht selbst geschrieben hat, bei den vielen Terminen.
Nur: Gibt es nun eine Lex zu Guttenberg, d.h. bei ihm wird eine Ausnahme gemacht und er behält seine akademischen Weihen, dann öffnet das Tor und Tür für jede Art von "copy and paste" der Generation Internet. Wer soll sich dann noch an Regeln halten? Gilt das Recht dann nicht für alle?
Zudem brauchen wir nach so einem Dammbruch auch keine Autorennennungen auf Büchern mehr. Ich könnte also aus dem Harry Potter abschreiben und das Plagiat als mein Werk ausgeben. Die Diskussion hatten wir ja gerade bei "Axolotl Roadkill" und Helene Hegemann. Sie erinnern sich?
Und noch etwas: Wenn demnächst die Kanzlerin Frau Merkel nach China reist und den Kollegen dort ordentlich auf die Finger klopft, China sei "böse", weil es die deutschen Produkte stumpf und räuberisch kopiert und unter dem chinesischen Label verkauft, hat diese moralische Kritik streng genommen keine Berechtigung mehr. Dann ist Kopieren legal und sanktionslos in die Geschichte eingeführt. In der Wissensgesellschaft von heute steht nicht weniger als die Debatte darüber auf dem Plan, was geistiges Eigentum heute eigentlich wert ist.
Nun bin ich gespannt, was die übrigen promovierten Mitstreiter meiner Heimatstadt dazu sagen. Kann ich ja morgen in der Zeitung lesen.
Thema?
Was sagen Sie als promovierte Ex-Politikerin zum Vorwurf des Plagiats bei zu Guttenberg?
Meine Antwort:
Wer bescheißt, fliegt raus. Herr zu Guttenberg ist nicht erst mit der Promotion angefangen, sondern war ja schon vorher Student. Und da lernt man das Handwerk des Zitierens. Das ist ähnlich wie mit einem Handwerker in der Meisterprüfung: Das Schweißen lernt jeder in der Ausbildung. Da kann ich bei der Meisterprüfung später nicht Pfusch beim Lötmittel betreiben und erklären, das sei ein Versehen.
Und: Herr zu Guttenberg steht als Wissenschaftler zur Diskussion. Als solcher hat er wohl geschummelt.
Sein Ruf als Wissenschaftler ist damit hin. Was das für Auswirkungen auf den politischen Status hat, dürfen
gerne andere diskutieren. Meine ungute Ahnung ist eh die, dass er das Werk vielleicht gar nicht selbst geschrieben hat, bei den vielen Terminen.
Nur: Gibt es nun eine Lex zu Guttenberg, d.h. bei ihm wird eine Ausnahme gemacht und er behält seine akademischen Weihen, dann öffnet das Tor und Tür für jede Art von "copy and paste" der Generation Internet. Wer soll sich dann noch an Regeln halten? Gilt das Recht dann nicht für alle?
Zudem brauchen wir nach so einem Dammbruch auch keine Autorennennungen auf Büchern mehr. Ich könnte also aus dem Harry Potter abschreiben und das Plagiat als mein Werk ausgeben. Die Diskussion hatten wir ja gerade bei "Axolotl Roadkill" und Helene Hegemann. Sie erinnern sich?
Und noch etwas: Wenn demnächst die Kanzlerin Frau Merkel nach China reist und den Kollegen dort ordentlich auf die Finger klopft, China sei "böse", weil es die deutschen Produkte stumpf und räuberisch kopiert und unter dem chinesischen Label verkauft, hat diese moralische Kritik streng genommen keine Berechtigung mehr. Dann ist Kopieren legal und sanktionslos in die Geschichte eingeführt. In der Wissensgesellschaft von heute steht nicht weniger als die Debatte darüber auf dem Plan, was geistiges Eigentum heute eigentlich wert ist.
Nun bin ich gespannt, was die übrigen promovierten Mitstreiter meiner Heimatstadt dazu sagen. Kann ich ja morgen in der Zeitung lesen.
Montag, 21. Februar 2011
Wer ist Wim Wenders?
Sind Sie schon mal mit Wim Wenders Zug gefahren? Nein? Ich schon. Gestern.
Aber am Anfang befanden wir uns noch am Hauptbahnhof in Berlin. Das Berlinale-Wochende war beendet und noch 60 Sekunden lagen vor uns, bis der ICE gen Westen pünktlich (!!) aufbrechen sollte. Ich wartend. Wim Wenders laufend: Ein langer, dünner Mann mit grauer Mähnenfrisur, blauer Brille, gestreifter Hose. Seine Tasche in Laufgeschwindigkeit schiebend. Ob die hechelnde kofferschiebende Dame in seinem Kometenschweif auch dazugehörte, kann ich nicht sagen. Alle Reisenden drehten den Kopf, in einer Welle des Erkennens schauten man dem Star hinterher, der Name Wim Wenders hallte von Mund zu Mund.
"Papa, wer ist Wim Wenders?", fragte ein kleines Mädchen ihren Vater.
Wim Wenders ist bekannt durch seinen Film "Himmel über Berlin" - eine Liebeserklärung an die Menschheit, heißt es in der Filmgeschichte. Die beiden Hauptfiguren (Engel) sind tot, können den Menschen aber neuen Lebensmut einflößen. Das alles war viel zu komplex als Antwort. "Der hat einen Film über Engel gemacht und übers Tanzen", so der Vater. Dann stiegen wir ein. Wenders in der 1. Klasse, ich in der 2. Das kleine Mädchen und ihr Vater gleich einen Sitz vor mir.
Knappe 30 Minuten später kam folgende Frage vom DB-Bahnbegleiter durch den Lautsprecher: "Ist ein Arzt oder eine Krankenschwester an Bord des ICE, die mögen sich bitte im Bordrestaurant melden!"
Der Kommentar unserer kleinen Mitreisenden: "Papa, jetzt kann ja der Wim Wenders kommen, wenn der so guten Kontakt zu Engeln hat."
Himmel über Berlin ist also überall.
Aber am Anfang befanden wir uns noch am Hauptbahnhof in Berlin. Das Berlinale-Wochende war beendet und noch 60 Sekunden lagen vor uns, bis der ICE gen Westen pünktlich (!!) aufbrechen sollte. Ich wartend. Wim Wenders laufend: Ein langer, dünner Mann mit grauer Mähnenfrisur, blauer Brille, gestreifter Hose. Seine Tasche in Laufgeschwindigkeit schiebend. Ob die hechelnde kofferschiebende Dame in seinem Kometenschweif auch dazugehörte, kann ich nicht sagen. Alle Reisenden drehten den Kopf, in einer Welle des Erkennens schauten man dem Star hinterher, der Name Wim Wenders hallte von Mund zu Mund.
"Papa, wer ist Wim Wenders?", fragte ein kleines Mädchen ihren Vater.
Wim Wenders ist bekannt durch seinen Film "Himmel über Berlin" - eine Liebeserklärung an die Menschheit, heißt es in der Filmgeschichte. Die beiden Hauptfiguren (Engel) sind tot, können den Menschen aber neuen Lebensmut einflößen. Das alles war viel zu komplex als Antwort. "Der hat einen Film über Engel gemacht und übers Tanzen", so der Vater. Dann stiegen wir ein. Wenders in der 1. Klasse, ich in der 2. Das kleine Mädchen und ihr Vater gleich einen Sitz vor mir.
Knappe 30 Minuten später kam folgende Frage vom DB-Bahnbegleiter durch den Lautsprecher: "Ist ein Arzt oder eine Krankenschwester an Bord des ICE, die mögen sich bitte im Bordrestaurant melden!"
Der Kommentar unserer kleinen Mitreisenden: "Papa, jetzt kann ja der Wim Wenders kommen, wenn der so guten Kontakt zu Engeln hat."
Himmel über Berlin ist also überall.
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