Gerade rief die Zeitung bei mir an. Die NW. Mit der Bitte um eine kurze Einschätzung.
Thema?
Was sagen Sie als promovierte Ex-Politikerin zum Vorwurf des Plagiats bei zu Guttenberg?
Meine Antwort:
Wer bescheißt, fliegt raus. Herr zu Guttenberg ist nicht erst mit der Promotion angefangen, sondern war ja schon vorher Student. Und da lernt man das Handwerk des Zitierens. Das ist ähnlich wie mit einem Handwerker in der Meisterprüfung: Das Schweißen lernt jeder in der Ausbildung. Da kann ich bei der Meisterprüfung später nicht Pfusch beim Lötmittel betreiben und erklären, das sei ein Versehen.
Und: Herr zu Guttenberg steht als Wissenschaftler zur Diskussion. Als solcher hat er wohl geschummelt.
Sein Ruf als Wissenschaftler ist damit hin. Was das für Auswirkungen auf den politischen Status hat, dürfen
gerne andere diskutieren. Meine ungute Ahnung ist eh die, dass er das Werk vielleicht gar nicht selbst geschrieben hat, bei den vielen Terminen.
Nur: Gibt es nun eine Lex zu Guttenberg, d.h. bei ihm wird eine Ausnahme gemacht und er behält seine akademischen Weihen, dann öffnet das Tor und Tür für jede Art von "copy and paste" der Generation Internet. Wer soll sich dann noch an Regeln halten? Gilt das Recht dann nicht für alle?
Zudem brauchen wir nach so einem Dammbruch auch keine Autorennennungen auf Büchern mehr. Ich könnte also aus dem Harry Potter abschreiben und das Plagiat als mein Werk ausgeben. Die Diskussion hatten wir ja gerade bei "Axolotl Roadkill" und Helene Hegemann. Sie erinnern sich?
Und noch etwas: Wenn demnächst die Kanzlerin Frau Merkel nach China reist und den Kollegen dort ordentlich auf die Finger klopft, China sei "böse", weil es die deutschen Produkte stumpf und räuberisch kopiert und unter dem chinesischen Label verkauft, hat diese moralische Kritik streng genommen keine Berechtigung mehr. Dann ist Kopieren legal und sanktionslos in die Geschichte eingeführt. In der Wissensgesellschaft von heute steht nicht weniger als die Debatte darüber auf dem Plan, was geistiges Eigentum heute eigentlich wert ist.
Nun bin ich gespannt, was die übrigen promovierten Mitstreiter meiner Heimatstadt dazu sagen. Kann ich ja morgen in der Zeitung lesen.
Bild

Dienstag, 22. Februar 2011
Montag, 21. Februar 2011
Wer ist Wim Wenders?
Sind Sie schon mal mit Wim Wenders Zug gefahren? Nein? Ich schon. Gestern.
Aber am Anfang befanden wir uns noch am Hauptbahnhof in Berlin. Das Berlinale-Wochende war beendet und noch 60 Sekunden lagen vor uns, bis der ICE gen Westen pünktlich (!!) aufbrechen sollte. Ich wartend. Wim Wenders laufend: Ein langer, dünner Mann mit grauer Mähnenfrisur, blauer Brille, gestreifter Hose. Seine Tasche in Laufgeschwindigkeit schiebend. Ob die hechelnde kofferschiebende Dame in seinem Kometenschweif auch dazugehörte, kann ich nicht sagen. Alle Reisenden drehten den Kopf, in einer Welle des Erkennens schauten man dem Star hinterher, der Name Wim Wenders hallte von Mund zu Mund.
"Papa, wer ist Wim Wenders?", fragte ein kleines Mädchen ihren Vater.
Wim Wenders ist bekannt durch seinen Film "Himmel über Berlin" - eine Liebeserklärung an die Menschheit, heißt es in der Filmgeschichte. Die beiden Hauptfiguren (Engel) sind tot, können den Menschen aber neuen Lebensmut einflößen. Das alles war viel zu komplex als Antwort. "Der hat einen Film über Engel gemacht und übers Tanzen", so der Vater. Dann stiegen wir ein. Wenders in der 1. Klasse, ich in der 2. Das kleine Mädchen und ihr Vater gleich einen Sitz vor mir.
Knappe 30 Minuten später kam folgende Frage vom DB-Bahnbegleiter durch den Lautsprecher: "Ist ein Arzt oder eine Krankenschwester an Bord des ICE, die mögen sich bitte im Bordrestaurant melden!"
Der Kommentar unserer kleinen Mitreisenden: "Papa, jetzt kann ja der Wim Wenders kommen, wenn der so guten Kontakt zu Engeln hat."
Himmel über Berlin ist also überall.
Aber am Anfang befanden wir uns noch am Hauptbahnhof in Berlin. Das Berlinale-Wochende war beendet und noch 60 Sekunden lagen vor uns, bis der ICE gen Westen pünktlich (!!) aufbrechen sollte. Ich wartend. Wim Wenders laufend: Ein langer, dünner Mann mit grauer Mähnenfrisur, blauer Brille, gestreifter Hose. Seine Tasche in Laufgeschwindigkeit schiebend. Ob die hechelnde kofferschiebende Dame in seinem Kometenschweif auch dazugehörte, kann ich nicht sagen. Alle Reisenden drehten den Kopf, in einer Welle des Erkennens schauten man dem Star hinterher, der Name Wim Wenders hallte von Mund zu Mund.
"Papa, wer ist Wim Wenders?", fragte ein kleines Mädchen ihren Vater.
Wim Wenders ist bekannt durch seinen Film "Himmel über Berlin" - eine Liebeserklärung an die Menschheit, heißt es in der Filmgeschichte. Die beiden Hauptfiguren (Engel) sind tot, können den Menschen aber neuen Lebensmut einflößen. Das alles war viel zu komplex als Antwort. "Der hat einen Film über Engel gemacht und übers Tanzen", so der Vater. Dann stiegen wir ein. Wenders in der 1. Klasse, ich in der 2. Das kleine Mädchen und ihr Vater gleich einen Sitz vor mir.
Knappe 30 Minuten später kam folgende Frage vom DB-Bahnbegleiter durch den Lautsprecher: "Ist ein Arzt oder eine Krankenschwester an Bord des ICE, die mögen sich bitte im Bordrestaurant melden!"
Der Kommentar unserer kleinen Mitreisenden: "Papa, jetzt kann ja der Wim Wenders kommen, wenn der so guten Kontakt zu Engeln hat."
Himmel über Berlin ist also überall.
Donnerstag, 17. Februar 2011
Nebentätigkeiten - welches Lied singe ich heute?
Kennen Sie unseren Landrat, Herrn Adenauer? Adenauer. Ja. Da klingelt es doch bei den meisten weitläufig Politikinteressierten.
Der stand nun mal wieder in der Zeitung, was ja nicht verwunderlich ist, wenn einer Landrat ist. Diesmal aber galt die Notiz einer besonderen Meldung. Der Herr Landrat legt seine Nebeneinkünfte offen. Er bekommt ganz genau 26.866 Euro aus diesen Nebentätigkeiten. Auf der Seite der Kreisverwaltung ist zu lesen, dass Herr Adenauer genau 33 Nebentätigkeiten ausübt. Für 12 davon bekommt er Geld. Für 21 kriegt er nichts. Nun darf er von den 26.886 Euro fast alles behalten, bis auf 820,67 Euro. Die muss er an den Kreis Gütersloh abführen.
Nun schreibt das Korruptionsveröffentlichungsgesetz NRW diese Offenlegung vor. Ist auch löblich, dass der Landrat dem nachkommt - und etwa das Internet dazu nutzt. Es ist allerdings sehr schwer, diese Quelle überhaupt zu finden. Und zuletzt hatte er diese Zahlen nur im nichtöffentlichen Teil des Kreistages diskutiert. Eingeschränkter Fortschritt zur Transparenz also.
Nun darf man aber getrost auch einmal schlucken: 26.866 Euro aus Nebentätigkeiten. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Entspricht das nicht annähernd einem Jahreseinkommen eines Durchschnittswerktätigen? Das ist aber nicht einmal der springende Punkt. Der liegt vielmehr in der Zahl 33.
Es bedarf einmal einer Aufschlüsselung der einzelnen Posten: Einige sind direkt an die Position des Landrates gekoppelt, andere eher nicht. Welcher normale Politikkonsument aber will das noch auseinander halten?
Die Frage, die ich viel spannender finde als die geldliche Zuwendung ist: Wie schafft der Mann das eigentlich alles? 33 Posten. Multitasking nennt man das wohl. Hier ein Aufsichtsratsposten des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe, dort im Aufsichtsrat der Kreissparkasse Halle, Kreissparkasse Wiedenbrück. Dann ein Posten im Beirat der RWE Nord etc. Aber hat er für alle diese Posten eine Qualifikation? Oder kann man das einfach so ausüben. Da fällt mir die Frage von Precht ein: Wer bin ich und wenn ja, wieviele? Kommt man da nicht selbst in Töxel, wie wir Westfalen sagen: Auf welcher Veranstatlung bin ich jetzt eigentlich - und wessen Lied muss ich da singen?
Und die Gesundheit leidet ja: Auch für einen Landrat hat der Tag nur 24 Stunden. Was für ein Multitalent muss ich mir eigentlich vorstellen, wenn dieser Übermensch so eine Menge Holz bewegt?
Zum Vergleich können wir mal in die Richtlinien des Kreistages schauen, wie kostenintensiv etwa die ehrenamtlichen Kreistags- und Ausschussmitglieder ihr Mandat ausüben. Hier steht eindeutig, dass es dafür "nix gibt", so die Information im Netz. Wenn aber Auslagen entstehen, für Sachaufwand oder die Fahrtkosten zur Sitzung, oder wenn Arbeitszeit versäumt wird, erhalten die Kreistagsmitglieder entsprechend den gesetzlichen Vorschriften Entschädigungen. Etwa: Pauschal 390,90 Euro zur Abgeltung ihres zusätzlichen Sachaufwandes. Ähnliches gilt auch für die sachkundigen Bürger. Diese Einnahmen müssen zudem versteuert werden.
Ich frage mich nun eigentlich nicht mehr, warum die politische Kaste so große Nachwuchsprobleme hat (und einen so schlechten Ruf) - wo doch der Weg in Ämter mit einem gerüttelt Maß an silbernen Nebentätigkeiten viel lukrativer ist als das simple Ehrenamt.
Geht es Ihnen nicht auch so?
Der stand nun mal wieder in der Zeitung, was ja nicht verwunderlich ist, wenn einer Landrat ist. Diesmal aber galt die Notiz einer besonderen Meldung. Der Herr Landrat legt seine Nebeneinkünfte offen. Er bekommt ganz genau 26.866 Euro aus diesen Nebentätigkeiten. Auf der Seite der Kreisverwaltung ist zu lesen, dass Herr Adenauer genau 33 Nebentätigkeiten ausübt. Für 12 davon bekommt er Geld. Für 21 kriegt er nichts. Nun darf er von den 26.886 Euro fast alles behalten, bis auf 820,67 Euro. Die muss er an den Kreis Gütersloh abführen.
Nun schreibt das Korruptionsveröffentlichungsgesetz NRW diese Offenlegung vor. Ist auch löblich, dass der Landrat dem nachkommt - und etwa das Internet dazu nutzt. Es ist allerdings sehr schwer, diese Quelle überhaupt zu finden. Und zuletzt hatte er diese Zahlen nur im nichtöffentlichen Teil des Kreistages diskutiert. Eingeschränkter Fortschritt zur Transparenz also.
Nun darf man aber getrost auch einmal schlucken: 26.866 Euro aus Nebentätigkeiten. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Entspricht das nicht annähernd einem Jahreseinkommen eines Durchschnittswerktätigen? Das ist aber nicht einmal der springende Punkt. Der liegt vielmehr in der Zahl 33.
Es bedarf einmal einer Aufschlüsselung der einzelnen Posten: Einige sind direkt an die Position des Landrates gekoppelt, andere eher nicht. Welcher normale Politikkonsument aber will das noch auseinander halten?
Die Frage, die ich viel spannender finde als die geldliche Zuwendung ist: Wie schafft der Mann das eigentlich alles? 33 Posten. Multitasking nennt man das wohl. Hier ein Aufsichtsratsposten des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe, dort im Aufsichtsrat der Kreissparkasse Halle, Kreissparkasse Wiedenbrück. Dann ein Posten im Beirat der RWE Nord etc. Aber hat er für alle diese Posten eine Qualifikation? Oder kann man das einfach so ausüben. Da fällt mir die Frage von Precht ein: Wer bin ich und wenn ja, wieviele? Kommt man da nicht selbst in Töxel, wie wir Westfalen sagen: Auf welcher Veranstatlung bin ich jetzt eigentlich - und wessen Lied muss ich da singen?
Und die Gesundheit leidet ja: Auch für einen Landrat hat der Tag nur 24 Stunden. Was für ein Multitalent muss ich mir eigentlich vorstellen, wenn dieser Übermensch so eine Menge Holz bewegt?
Zum Vergleich können wir mal in die Richtlinien des Kreistages schauen, wie kostenintensiv etwa die ehrenamtlichen Kreistags- und Ausschussmitglieder ihr Mandat ausüben. Hier steht eindeutig, dass es dafür "nix gibt", so die Information im Netz. Wenn aber Auslagen entstehen, für Sachaufwand oder die Fahrtkosten zur Sitzung, oder wenn Arbeitszeit versäumt wird, erhalten die Kreistagsmitglieder entsprechend den gesetzlichen Vorschriften Entschädigungen. Etwa: Pauschal 390,90 Euro zur Abgeltung ihres zusätzlichen Sachaufwandes. Ähnliches gilt auch für die sachkundigen Bürger. Diese Einnahmen müssen zudem versteuert werden.
Ich frage mich nun eigentlich nicht mehr, warum die politische Kaste so große Nachwuchsprobleme hat (und einen so schlechten Ruf) - wo doch der Weg in Ämter mit einem gerüttelt Maß an silbernen Nebentätigkeiten viel lukrativer ist als das simple Ehrenamt.
Geht es Ihnen nicht auch so?
Dienstag, 15. Februar 2011
Bildungsumfrage - was mir gefehlt hat.....
Bildung ist ja zur Zeit das Thema an sich. Auch in der Online-Umfrage, die ganz aktuell läuft und an der sich auch die Bertelsmann Stiftung beteiligt:
http://www.bildung2011.de

Jeder ist zur Zeit aufgerufen, sich daran zu beteiligen. Ist ganz einfach, dauert zwar ein paar Minuten, aber die Handhabung ist leicht. Schließlich geht es um d i e Zukunftsfrage an sich: Wie soll Bildung in Zukunft gestaltet werden? Wie kann Bildung gerechter werden? Fragen, um deren Beantwortung wir in unserer Gesellschaft nicht herumkommen.
Die für mich wichtigste Frage (nummeriert waren die leider nicht) dabei ist: Wie wichtig ist es für Sie persönlich, eine gute Bildung bzw. Ausbildung zu haben? Das Auswahlraster bieten für meinen Geschmack ein sehr buntes Bild der Beweggründe. Wählen kann der Nutzer unter:
Damit es einem besser geht als den Eltern
Damit man beruflich erfolgreich ist
Damit man persönlich zufrieden ist
Damit man sozial akzeptiert wird
Damit man möglichst gut verdient
Anderer Grund
Leider fehlt für meine Begriffe eine Kategorie, die auch unter dem Aspekt der Partizipation, also Beteiligung, gerade auch mit dem Blick auf „Integration“ nicht ganz unwichtig ist. Was ist mit dem
Punkt: Damit man überhaupt versteht, wie „das System“ funktioniert – und man die Chance hat, sich zu beteiligen? Beteiligung fängt nämlich in der Regel mit Wissen und Informationsbeschaffung an. (Ich werde ja auch nicht müde, darauf hinzuweisen, wie direkt auch das Demokratieerleben damit zusammenhängt.) Diese Rubrik hätte ich also sehr gerne angekreuzt. Habe ich aber nicht - und habe ich auch nicht dran gedacht, dies unter die Rubrik „anderer Grund“ zu schreiben. Schade. Und Eigentor. Nun werde ich aber hier ganz genau hinschauen, wenn denn die Ergebnisse vorliegen.
Die zweite Frage, bei der ich gezögert habe, war: Was trägt dazu bei, das Menschen in unserer Gesellschaft Erfolg haben? An erster Auswahlstelle steht „Glück“, gefolgt von angeborene Talente und Veranlagungen, Bildung, eigene Leistung und soziale Herkunft. Tja, da war ich doch sehr gefangen in meiner Antwort. Irgendwie hat das ja alles mit einem selbst zu tun. Ist im Prinzip ja auch richtig. Aber was ist, wenn „man“ eben von alledem nichts oder nur weniger hat: Etwa Glück. (Und vor allem, was ist das?) Und bedingen sich die Antworten nicht alle gegenseitig?
Vielleicht ergibt die Antwort in der Alleinstellung weniger her. Es kommt auf den Kontext der Gesamtbefragung an. Und hier stimmt mich schon froh, dass ich die Chance habe, das Bildungssystem zu bewerten (wie es sich gehört, nach Schulnoten) und auch in einem freien Feld deutlich zu schreiben, was im deutschen Bildungssystem bisher schlecht läuft – und auch, was schon gut läuft. Und was leider bisher gut läuft ist u.a.: Sortieren. Der Ansatz aber muss sein: Faire Chancen. Die Grundlage für faire Chancen kann man übrigens ganz hervorragend in jeder einzelnen Kommune legen. Am besten, man fängt sofort damit an!
Samstag, 12. Februar 2011
Information ist das halbe Leben..... Teil 1: Rathaus
Meine These für heute: Die Menschen holen sich die Politik zurück. Von Politikverdrossenheit kann eigentlich keine Rede mehr sein. Allerorten kann man es sehen: Bürgerversammlungen, Diskussionsrunden, Beteiligungsformate.
Es tut sich was. Nur: Das alles findet außerhalb der Parteien statt. Und das alles findet außerhalb des Ratssaales statt. Nun steht an erster Stelle noch weit vor allen Entscheidungen und Abstimmungen erstmal die Informationsbeschaffung der Interessierten. Informationen sind bekanntlich das halbe Leben - und Position beziehen verlangt grundlegende Kenntnisse.
Wie aber beschafft man sich Informationen? Und wie transpranet sind die? Von wegen "Information ist eine Holschuld der Bürger"...
Schauen wir uns HEUTE zunächst mal die Rats- und Ausschusssitzungen an: In Gütersloh muss der geneigte Bürger in den 8. Stock des Rathauses hinauffahren. Er landet dann durch ein kleines Gewusel an Gängen auf der Zuschauertribüne. In letzter Zeit war es sinnvoll, eine Lampe dabei zu haben, denn Licht gab es auf dem Gang keines, wohl aber jede Menge Kabel und Plastikfolie. Heile da oben angekommen (übrigens hat der Ratssaal keine Fenster - eine echte Laboratmosphäre also), kann man sich in seit Jahrzehnten bewährten, alter Tradition durch simples Zuschauen auf der Tribüne einen eigenen Eindruck über den politischen Sachstand der Stadt verschaffen. Wenn da fünf Zuhörer anwesend sind, ist das schon ein Rekord.
Ist man früh dran, hat man die Chance, die Rats- und Ausschussdrucksachen in gedruckter Form vorzufinden. Allerdings auch nur die Basisausstattung (aber ob der Dicke oft mit einem Gummiband, die ich immer gut in der Küche gebrauchen kann): Zahlen und Vorlagen, die von höherer Aktualtität sind oder später eingereicht werden, finden den Weg auf die Tribüne selten. Beispiel: Zahlen der Anmeldungen für die Grundschulen. Keine Zahlen für die Zuschauer, obwohl die Zahlen öffentlich sind.
Nun darf man ja nicht einfach dazwischen rufen, wenn unten der Ausschuss tagt - man könnte ja einen Verweis riskieren. Wie also macht ein höflicher Zuhörer sich bemerkbar, wenn man etwa auch mal auf die verteilten Zettel schauen möchte? "Hallo? Wir bitte auch?" Gibt es einen verwarnungsfreien Zwischenruf für Zuhörer in der Gemeindeordnung? Hm.
Die modernere Form der Informationsbeschaffung gelingt auch durchs Anklicken des Ratsinformations-systems auf der homepage der Stadt. Nun habe ich bestimmt mehr als 1.500 solcher Seiten angeklickt. Interessante Ergebnisse hat das gegeben. Gütersloh ist da noch recht gut aufgestellt. Aber: Nur wer halbwegs weiß, wie Kommunalpolitik systematisch aufgestellt ist, findet sich hier schnell(er) und sicher zurecht. Jemand, der die Logik der Ausschüsse nicht kennt, ist erstmal aufgeschmissen. Und: Wer Bestimmtes sucht oder politische Entscheidungen nachvollziehen möchte, braucht eines besonders: Zeit.
Es ist alles andere als einfach, hier die Informationen herauszufinden, die interessant sind - und in ihrer Aussage etwa als politische Leistungsbewertung brauchbar sind. Greifen wir uns doch mal einen Punkt heraus: Die politische Anträge der Fraktionen. Will man wissen, wer eigentlich welche Anträge im Laufe der Legislaturperiode in der Kommunalpolitik (5 Jahre) gestellt hat, der muss diese mühsam zusammensuchen. Es gibt in der Regel keine eigene Rubrik "Anträge", die etwa nach Fraktionen auflistet, wer welche Forderung gestellt hat, wer welche politische Idee oder Vorstellung in den öffentlichen Raum gegeben hat - und damit gestaltet. Die einzelnen Anträge verschwinden in den zwar öffentlichen Vorlagen (Einladungen, Anhängen): Ein Dschungel an Informationen.
Will ich also wissen, wie fleißig eigentlich die CDU war, kann ich das nur herausfinden, wenn ich alle Ausschüsse anklicke und etwa in den Vorlagen und Niederschriften nach Anträgen oder Abstimmungen suche. Schade für die Leistungsbewertung etwa kurz vor Wahlen. Da können die (alle) mir viel erzählen, was sie alles gemacht haben. Ein Nachhalten der Aussagen ist schwer bis unmöglich.
Und noch schwieriger wird es, wenn man in alle den Jahren auflisten möchte, welche Fraktion (oder Partei) welchem Antrag zugestimmt hat oder eben nicht, und wer neutral war. Mittlerweile kann man das zwar anhand der Protokolle verfolgen (die gaben bisher nur zahlenmäßige Abstimmungsverhältnisse wieder, nicht aber fraktionenbezogene Daten), aber auch hier gilt: Jeder muss selbst rechnen, wie oft welche Fraktion mit Ja oder Nein gestimmt hat. Eine Bilanzierung des Gestaltungsverhaltens ist damit Essig.
Gleiches gilt übrigens auch für Bürgeranträge oder Fragen, die im Rat gestellt wurden. Eine Rubrik für diese direkten Anliegen aus der Bürgerschaft gibt es nicht. Auch diese Anregungen verschwinden im allgemeinen Drucksachenwald. Nun könnte das Argument folgen, dass es davon nicht besonders viele gibt. Mag sein. Das kann sich allerdings schnell auch ändern, wenn die Bürger vermehrt flügge werden und ihre direktdemokratischen Rechte nach der Gemeindeordnung verstärkt einfordern. Andererseits muss man nicht abwarten, bis Kritik kommt, sondern kann aus sich heraus die Informationsbeschaffung für den Bürger noch transparenter gestalten. Die nächste Versammlung, der nächste Knackpunkt kommt bestimmt.
Wenn das Rathaus im Ratssaal nun schon (aus architektonischen Gründen ?) keine Fenster hat, so kann es ansonsten seine Anstrengungen auf dem Weg zum "gläsernen Rathaus" gerne verstärken. Die ersten Schritte - etwa mit der modernen Bürgerhaushaltsplattform - sind ja schon gelungen.
Teil 2: ....
Es tut sich was. Nur: Das alles findet außerhalb der Parteien statt. Und das alles findet außerhalb des Ratssaales statt. Nun steht an erster Stelle noch weit vor allen Entscheidungen und Abstimmungen erstmal die Informationsbeschaffung der Interessierten. Informationen sind bekanntlich das halbe Leben - und Position beziehen verlangt grundlegende Kenntnisse.
Wie aber beschafft man sich Informationen? Und wie transpranet sind die? Von wegen "Information ist eine Holschuld der Bürger"...
Schauen wir uns HEUTE zunächst mal die Rats- und Ausschusssitzungen an: In Gütersloh muss der geneigte Bürger in den 8. Stock des Rathauses hinauffahren. Er landet dann durch ein kleines Gewusel an Gängen auf der Zuschauertribüne. In letzter Zeit war es sinnvoll, eine Lampe dabei zu haben, denn Licht gab es auf dem Gang keines, wohl aber jede Menge Kabel und Plastikfolie. Heile da oben angekommen (übrigens hat der Ratssaal keine Fenster - eine echte Laboratmosphäre also), kann man sich in seit Jahrzehnten bewährten, alter Tradition durch simples Zuschauen auf der Tribüne einen eigenen Eindruck über den politischen Sachstand der Stadt verschaffen. Wenn da fünf Zuhörer anwesend sind, ist das schon ein Rekord.
Ist man früh dran, hat man die Chance, die Rats- und Ausschussdrucksachen in gedruckter Form vorzufinden. Allerdings auch nur die Basisausstattung (aber ob der Dicke oft mit einem Gummiband, die ich immer gut in der Küche gebrauchen kann): Zahlen und Vorlagen, die von höherer Aktualtität sind oder später eingereicht werden, finden den Weg auf die Tribüne selten. Beispiel: Zahlen der Anmeldungen für die Grundschulen. Keine Zahlen für die Zuschauer, obwohl die Zahlen öffentlich sind.
Nun darf man ja nicht einfach dazwischen rufen, wenn unten der Ausschuss tagt - man könnte ja einen Verweis riskieren. Wie also macht ein höflicher Zuhörer sich bemerkbar, wenn man etwa auch mal auf die verteilten Zettel schauen möchte? "Hallo? Wir bitte auch?" Gibt es einen verwarnungsfreien Zwischenruf für Zuhörer in der Gemeindeordnung? Hm.
Die modernere Form der Informationsbeschaffung gelingt auch durchs Anklicken des Ratsinformations-systems auf der homepage der Stadt. Nun habe ich bestimmt mehr als 1.500 solcher Seiten angeklickt. Interessante Ergebnisse hat das gegeben. Gütersloh ist da noch recht gut aufgestellt. Aber: Nur wer halbwegs weiß, wie Kommunalpolitik systematisch aufgestellt ist, findet sich hier schnell(er) und sicher zurecht. Jemand, der die Logik der Ausschüsse nicht kennt, ist erstmal aufgeschmissen. Und: Wer Bestimmtes sucht oder politische Entscheidungen nachvollziehen möchte, braucht eines besonders: Zeit.
Es ist alles andere als einfach, hier die Informationen herauszufinden, die interessant sind - und in ihrer Aussage etwa als politische Leistungsbewertung brauchbar sind. Greifen wir uns doch mal einen Punkt heraus: Die politische Anträge der Fraktionen. Will man wissen, wer eigentlich welche Anträge im Laufe der Legislaturperiode in der Kommunalpolitik (5 Jahre) gestellt hat, der muss diese mühsam zusammensuchen. Es gibt in der Regel keine eigene Rubrik "Anträge", die etwa nach Fraktionen auflistet, wer welche Forderung gestellt hat, wer welche politische Idee oder Vorstellung in den öffentlichen Raum gegeben hat - und damit gestaltet. Die einzelnen Anträge verschwinden in den zwar öffentlichen Vorlagen (Einladungen, Anhängen): Ein Dschungel an Informationen.
Will ich also wissen, wie fleißig eigentlich die CDU war, kann ich das nur herausfinden, wenn ich alle Ausschüsse anklicke und etwa in den Vorlagen und Niederschriften nach Anträgen oder Abstimmungen suche. Schade für die Leistungsbewertung etwa kurz vor Wahlen. Da können die (alle) mir viel erzählen, was sie alles gemacht haben. Ein Nachhalten der Aussagen ist schwer bis unmöglich.
Und noch schwieriger wird es, wenn man in alle den Jahren auflisten möchte, welche Fraktion (oder Partei) welchem Antrag zugestimmt hat oder eben nicht, und wer neutral war. Mittlerweile kann man das zwar anhand der Protokolle verfolgen (die gaben bisher nur zahlenmäßige Abstimmungsverhältnisse wieder, nicht aber fraktionenbezogene Daten), aber auch hier gilt: Jeder muss selbst rechnen, wie oft welche Fraktion mit Ja oder Nein gestimmt hat. Eine Bilanzierung des Gestaltungsverhaltens ist damit Essig.
Gleiches gilt übrigens auch für Bürgeranträge oder Fragen, die im Rat gestellt wurden. Eine Rubrik für diese direkten Anliegen aus der Bürgerschaft gibt es nicht. Auch diese Anregungen verschwinden im allgemeinen Drucksachenwald. Nun könnte das Argument folgen, dass es davon nicht besonders viele gibt. Mag sein. Das kann sich allerdings schnell auch ändern, wenn die Bürger vermehrt flügge werden und ihre direktdemokratischen Rechte nach der Gemeindeordnung verstärkt einfordern. Andererseits muss man nicht abwarten, bis Kritik kommt, sondern kann aus sich heraus die Informationsbeschaffung für den Bürger noch transparenter gestalten. Die nächste Versammlung, der nächste Knackpunkt kommt bestimmt.
Wenn das Rathaus im Ratssaal nun schon (aus architektonischen Gründen ?) keine Fenster hat, so kann es ansonsten seine Anstrengungen auf dem Weg zum "gläsernen Rathaus" gerne verstärken. Die ersten Schritte - etwa mit der modernen Bürgerhaushaltsplattform - sind ja schon gelungen.
Teil 2: ....
Mittwoch, 9. Februar 2011
Von Spielregeln, Schummeln und Urdemokratie
Bürgerhaushalt in der Zwischenphase: Die Berufsfeuerwehr steht als Vorschlag auf Platz 1. Klar, dass sich nun die Gemüter an diesem Punkt abarbeiten.
Hierzu ein kurzer Bericht von Arndt Möller im WDR-Fernsehen Lokalzeit OWL, Schwerpunkt: Manipulation durch die Feuerwehr beim Bürgerhaushalt?
http://www.wdr.de/mediathek/html/regional/rueckschau/2011/02/08/lokalzeit_owl_aktuell.xml
Und hier mein Interview u.a. zu der Frage: War das demokratisch, wie sich die Feuerwehr-Crew verhalten hat?
http://www.wdr.de/mediathek/html/regional/rueckschau/2011/02/08/lokalzeit_owl_aktuell.xml
Hierzu ein kurzer Bericht von Arndt Möller im WDR-Fernsehen Lokalzeit OWL, Schwerpunkt: Manipulation durch die Feuerwehr beim Bürgerhaushalt?
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Und hier mein Interview u.a. zu der Frage: War das demokratisch, wie sich die Feuerwehr-Crew verhalten hat?
http://www.wdr.de/mediathek/html/regional/rueckschau/2011/02/08/lokalzeit_owl_aktuell.xml
Dienstag, 8. Februar 2011
Farbe bekennen ist das Geheimnis
Die Bürgerschaft ist nicht politikmüde. Ganz im Gegenteil. Allerorten zeigen sie sich, die Aktiven, die neuerdings auf die Straße gehen und sich ihr Recht zurück holen, den politischen Raum neu zu vermessen.
Hier ein kurzes Statement eines jungen Mitgliedes aus dem Bürgerforum 2008.
Sein Postulat: Junge Menschen finden in den Parteien keine Heimat mehr. Ein modernes Sprachrohr für die Artikulation fehlt. Die neuen Formate bieten nicht ausreichende Antworten auf die zu lösenden komplexen Probleme unserer Zeit. Es gilt, neue und verschiedene Medien einzubinden, sich zu öffnen. Nur so können Meinungen und Positionierungen eingefangen werden, die sonst verloren gehen.
Eines der Rezepte zur Verbesserung: Der Bürgerhaushalt. In Gütersloh hat sich deutlich gezeigt, dass der politische Meinungsbildungsprozess deutlich auf Touren gekommen ist. Die Menschen interessieren sich wieder für die Belange ihrer Stadt. Und sie haben diese Belange mit rund 330 Vorschlägen sogar selbst benannt.
Eines der Geheimnisse: Position beziehen. Gerade das Farbebekennen hat so gut funktioniert: Einer postet einen Vorschlag und die Nutzer nehmen Stellung. Eine Möglichkeit, die in einem solch offenen Raum sonst kaum im Rat oder im Ausschuss herzustellen ist.
Beteiligung eröffnet Alternativen. Eröffnet den Austausch für Pros und Cons. Und am Ende möchte schon jeder wissen, was mit den Vorschlägen passiert ist. Und wenn sie denn entschieden werden, steht die Frage, warum das so ist.
Ein spannenderes Projekt zur Beteiligung ist bisher auf der kommunalen Ebene nicht aufgetaucht. Daher: Weiter so.
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