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Samstag, 14. April 2012

Halbzeit - Wer leistet was in der Kommunalpolitik?

Halbzeit.  
Wir sind in der Mitte der kommunalpolitischen Legislatur angekommen. Die letzte Wahl fand statt am 30.8.2009. Die nächste wird sein im Frühjahr 2014. Wie sieht es nun mit der politischen Bilanzierbarkeit des Geleisteten aus? Eine Spurensuche der politischen Überprüfbarkeit.

Welcher Antrag stammt aus welcher Feder?
Sieben für das breite Spektrum
Zur Zeit wirken sieben Fraktionen im Rat der Stadt: CDU, SPD, Grüne, BfGT, UWG, FDP, Linke. Nach üblicher politischer Konfliktlogik bedarf es einer Regierungsmehrheit und einer Oppositionsminderheit. In Gütersloh vollzieht sich die Trennlinie zwischen CDU, Grüne und UWG als Regierung unter dem Titel "Plattform plus" - und den restlichen Parteien als Opposition. Im politischen Alltagsfall. 
 
Nun sind die Zeiten offensichtlich lange vorbei, in der eine einzige Partei das gesamte politische Spektrum der Wählerschaft abbildet. Zu komplex ist die Lebenswirklichkeit, zu komplex die Positionsbreite der vielen tausend Politikfelder. Das ist sicher ein Grund, warum sich mittlerweile sieben Fraktionen an der Ratsarbeit beteiligen. Sie bilden das breite Wählerspektrum ab. In NRW nicht unüblich.

In Kürze wird ein Finger mehr bemüht oder weggelassen werden: Es zeichnet sich ab, dass die Piraten zumindest in den Landtag NRW einziehen - und zur Kommunalwahl antreten. Das schmälert die kleinen Gruppierungen oder verdrängt Parteien ganz.

Politische Bilanzierungsversuche
Doch vor den Einzug ins Parlament haben die Götter die politische (Fleiß)Arbeit gesetzt.
Langsam geht es schon los mit dem Bestreben, sich deutlicher als Partei zu positionieren. In der Halbzeit der Legislaturperiode wurden jetzt nicht nur die Fraktionsvorstände wiedergewählt (siehe CDU und Grüne), sondern erste Bilanzversuche der politischen Arbeit unters Volk gebracht.


 

Ein Beispiel - die CDU:

Dass Bürgersprechstunden eine so große Wichtigkeit beigemessen werden, ist bezeichnend. Diese Form des Austausches mit der Bevölkerung darf man sicher heute schon als antiquiert bezeichnen. Die Fraktion spricht ja auch von "angeboten" - ob sie "angenommen" wurden, bleibt ein Parteiengeheimnis. Über die Inhalte ganz zu schweigen.

Interessanter wird es da bei den "77 Anfragen und Anträgen". Diese Zahl ist bestenfalls eine Behauptung der Fraktion selbst. Die CDU bleibt eine qualifizierte Bilanz schuldig. Auf der Homepage gibt es kein Archiv, in dem man eben diese nachzählen oder gar nachlesen könnte. Erinnern kann sich der geneigte Gütersloher lediglich an zwei Anträge: mobiler Sandkasten auf dem Kolbeplatz und Durchgreifen gegen Hundekot in der Stadt. Was aber ist mit den 75 weiteren Anträgen und Anfragen?

Belegen lässt sich die Zahl 77 nach außen - also dem Wähler gegenüber, wo diese Bilanz ja ankommen soll - nicht so einfach. Sprich: keine Überprüfbarkeit, reiner Glaube. Für ein System, welches sich immer wieder auf die Repräsentativität der Demokratie beruft, eher schlecht.

Das Problem der Überprüfbarkeit und damit auch der Legitimation politischer Arbeit liegt dabei nicht nur in der mangelnden Information auf der fraktionseigenen Homepages - sondern auch im Ratsinformationssystem der Stadt selbst.

Qualitäts-Controlling auch offiziell nicht 
Das Ratsinformationssytem bietet einen Überblick über alle schriftlichen Aktivitäten im Rat- und Ausschussgeschehen. Muss ja auch, denn Ratsarbeit ist öffentlich. Hier finden sich Einladungen zu Sitzungen, Öffentliche Vorlagen, Niederschriften und Anlagen - Drucksachen aller Art.

Die finden sich nach Gremienart/Ausschuss, Zeitraum, Art des Dokumentes. Neuerdings gibt es auch die Rubrik "Beschlusskontrolle" mit den Sparten "offen, überfällig, erledigt". Eine sehr innovative Neuerung - wenn man denn die Nummer der Drucksache kennt unter der ein Anliegen im politischen Kreislauf kursiert. 

Was sich hier leider nicht finden lässt: Die Anträge nach den Fraktionen aufgeschlüsselt. Für die politische Bilanzierung - und die Öffentlichkeit der Wähler - wäre aber genau das sehr spannend: Welche Fraktion hat wie viele und welche Anträge und Anfragen gestellt - und mit welchem Ergebnis sind die abgestimmt worden? Und vor allem: in welchem Ausschuss wurden die Anträge gestellt mit welchem Inhalt? 
Das könnte man auch jetzt schon herausbekommen. Aber: Bisher müsste jeder Interessierte alle Protokolle lesen und mühsam recherchieren, eine Mammutaufgabe. So können sich Parteien ganz einfach im Papierkram verstecken. Technisch wäre die konkrete Zuordnung von Anträgen leicht machbar: Habe ich schon telefonisch im Rathaus nachgefragt. Das Ratsinformationssystem wird zudem von regio IT angeboten - ein Klacks für ein solches Unternehmen, solche Funktion nachzujustieren. Es müsste nur politisch gewollt sein, denn damit muss jede Fraktion Farbe bekennen. - So ebenfalls die Auskunft im Rathaus. 

Qualität sichtbar machen: die Guten ins Töpchen, die Schlechten....
Wenn sieben Fraktionen um das Gemeinwohl und die Gestaltungshoheit in der Stadt ringen, drei Fraktionen dabei den Regierungs-Ton angeben, müsste es allen Beteiligten streng genommen ein Anliegen sein, ihre politische Arbeit bestmöglichst ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Den Oppositionsparteien noch deutlich mehr, denn sie müssen ja den "Gegenkurs" erkennbar machen - was in Wahlzeiten der Abrechnung bekanntlich hilfreich ist.
Da nicht alle Fraktionen eine so gut archivierte Homepage haben wie etwa die BfGT, muss es zumindest dem Rat und den Gremien Grundsatz sein, dass "außen" sichtbar wird, welche Fraktion wie gut und engagiert arbeitet - und welche eher nicht.

Genau diese Transparenz würde den Scheck einlösen, wenn die Gütersloher Mandatsträger immer wieder darauf verweisen, sie seien die repräsentativ Gewählten in der Stadt - und damit die Entscheider.
Dazu gehört auch, dass erkennbar wird, welche Impulse aus dem Volk denn die jeweiligen Parteien aufgegriffen - und wie sie diese in politische Willensbildung umgesetzt haben. Dann hat auch die Nennung der Anzahl von Bürgersprechstunden einen höheren Sinn, kann man doch vermuten, dass Politik in diesem Format dem Volk zugehört hat.

Bilanz von Wort und Tat
Mit einer derartigen Transparenz könnte jede Fraktion gestärkt in den Wahlkampf ziehen und auf die eigenen Leistungen verweisen. Damit wären wir ein gutes Stück weiter auf dem Weg der Vitalisierung der Demokratie, denn am Ende steht die realere Bilanz von Worten und Taten: was war nur heißes Gerede und Wahlversprechen? - und was wurde real angegangen und mit welchem Ergebnis? Am Ende kann der Souverän mit ein oder zwei Klicks nachhalten, was ihm erzählt wurde - und entscheidet, bei welcher Partei er sich am besten vertreten fühlt.

Ein Antrag zur Erweiterung dieser Funktion im Ratsinformationssystem wäre schnell gestellt. Entscheiden müssen darüber die Fraktionen im Rat. Es sind sieben. So viel kann man schon im Ratsinformationssystem nachschlagen.


















 

2 Kommentare:

  1. Gefällt mir! Habe mich hier im Hochsauerlauerland auch schon über den schwer zu durchsuchenden Wust in den Ratsinformationssystemen geärgert.

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  2. Danke! Ich berichte, wie es weitergeht. Bin immer an Neuem interessiert.

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