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Mittwoch, 11. April 2012

Schnell noch eine neue Schule beschließen....

Die Sekundarschule soll in Gütersloh etabliert werden - bestehend aus Real-, Haupt- und angeschlossener Grundschule. Es rührt sich also etwas in der Dalkestadt.
Was allerdings schon seit mehr als zwei Jahren diskussionswürdig war aber nicht angerührt wurde, soll jetzt "in Eile" entschieden werden, so der mündliche Bericht des Dezernenten im letzten Bildungsausschuss. Wie wollen wir lernen? - diese Frage wird dieser Tage in ganz Deutschland diskutiert, auch unsere Nachbarkommunen sind sichtlich aktiv in deren Beantwortung - nur in Gütersloh bleibt es still.


diskutieren, wenn das Thema frisch ist



"Wie wollen wir lernen?" - unter anderem diese Frage diskutiert die Bundeskanzlerin in diesen Wochen auf der Online-Plattform "Zukunftsdialog" und in ausgewählten Städten vor Ort. In Bielefeld war sie auch schon.  Das scheint den Nerv der Menschen zu berühren. Immerhin finden sich 1.828 Vorschläge allein zu diesem Themenbereich "Bildung". Auf Platz eins der mit 15288 meistebewertete Vorschlag lautet: "Wir brauchen ein neues Verständnis von Schule. Wir brauchen ein Schulsystem, das sich nach den Bedürfnissen, Begabungen und Talenten der einzelnen Schüler orientiert."

Auch in Gütersloh wurde diese Frage im Zusammenhang mit dem Zukunftsdialog der Kanzlerin in einem eigenen Bürger-Forum in der Volkshochschule diskutiert. Darunter finden sich auch konkrete Vorschläge zur Bildung, die in den Bundesprozess einfließen.

Wenn nun die Nation sich derart intensiv um Lernen und Bildung bemüht, könnte man davon ausgehen, dass dieses Zukunftsthema zumindest auch in der Stadt Gütersloh breit diskutiert wird. Zumal es die Menschen hier ganz direkt angeht, wenn jetzt drei Schulen in ein Modellversuch zur Sekundarschule integriert werden sollen.
Dieses Vorgehen wurde im letzten Bildungsausschuss mitgeteilt. Eine schriftliche Unterlage dazu findet sich im Ratsinformationssystem dazu noch nicht. Der Top "Sekundarschule" ist auch nicht einmal in der Einladung ausgewiesen. Nachlesen kann man auch noch nichts, da das Protokoll vom Ausschuss noch nicht vorliegt.

Nun sei bei der Umsetzung allerdings Eile geboten, denn die Modellschule soll nach Willen des Dezernenten bereits zum Schuljahr 2013/14 an den Start gehen - so schreibt es die NW.  Weiter:
 "Dafür müssten wir die Genehmigung des Landes bereits vor den Anmeldeterminen der Grundschulen haben, und die sind im November 2012." Um das zu gewährleisten, sollten bis Juni die entsprechenden Beschlüsse herbeigeführt und der Antrag noch vor der Sommerpause an die Bezirksregierung verschickt werden. "Das ist sehr ambitioniert", gibt Martensmeier zu, betont aber auch "aus Sicht der Schulentwicklung ist es auf lange Sicht sehr gut."

Nochmal deutlich: Es ist gut, dass sich in der städtischen Schullandschaft etwas bewegt. Aber: Es bedarf hier eines Diskurses. Es bedarf eines Konzeptes, es bedarf der Aufklärung. Es bedarf der Erklärung. Und vor allem, es bedarf der Einordnung von Folgen und Chancen. Wenn wir als Gesellschaft ein neues Verständnis von Schule erreichen wollen, fällt das nicht vom Himmel und wird auch nicht qua schnellem Beschluss eines Ausschusses implementiert. Es muss erarbeitet werden. Die Angst der Eltern genommen werden, Chancengerechtigkeit in den Blick gerückt sein. Diese Überzeugungsarbeit ist eine politische Aufgabe. Es ist eine Frage der öffentlichen Kommunikation, Werbung und Überzeugung. Und dürfte den beteiligten Parteien nicht so schwer fallen, haben sie doch auf Landesebene NRW gerade den sogenannten Schulfrieden vereinbart.

Nun wird Öffentlichkeit suggeriert, die "Beteiligten" seien informiert. Heißt es. Dabei stellen sich viele Fragen, die nicht beantwortet sind: wenn die Eltern befragt werden, sind das nur ausgewählte Eltern im Einzugsgebiet oder alle, wenn informiert wurde, wer und wie? Wäre diese Information nicht für alle interessant? Werden zur Steuerung neue Einzugsgebiete festgelegt? Wird die Zügigkeit verändert? (Man erinnert sich an die "SpontanSchließung" der Astrid-Lindgren-Grundschule, bei der voraussehbar war, was passieren würde, reagiert wurde aber zu spät und am Ende nur mit Beileidsbekundungen seitens der Politik). Ein öffentlicher politischer Diskussion findet also auch diesmal nicht einmal im zuständigen Ausschuss statt - wie soll man dann den aktuellen Verlautbarungen zur Sekundarschule Vertrauen schenken?

Und dabei gibt es eine Geschichte zum Thema "Sekundarschule", die habe ich in einem älteren Beitrag bereits formuliert.  Damals startete die Geschichte noch mit der "Gemeinschaftsschule". Die "Gemeinschaftschule" war übrigens auch Thema und Forderung beim Gütersloher Bildungsgipfel von 2011. Leider verliefen alle diese Ansätze ohne öffentlichen Diskurs im Sande - oder im politischen Kleingremium weit weg von der Öffentlichkeit? Weil das vielleicht weniger Stress bedeutet?

Schweigen und Schnellschüsse können nur zu einem kurzen Friede verhelfen. Diskussion und Überzeugung bringen eine größere Haltbarkeit mit sich.

Unsere Nachbarkommunen etwa Rheda-Wiedenbrück ist in der Diskussion schon bedeutend weiter, mutiger und kontroverser. Aber hier werden Pro und Contra neuer Schulentwicklung erörtert. Das Bewusstsein über Schule wird verändert. In einer ganzen Stadt. Hier heißt es Farbe bekennen, wer Chancen einräumt und wer nicht.

Am Ende soll es doch den Kindern Chancen ermöglichen. Und nicht im ideologischen Grabenkampf der bisherigen Bildungsentscheidungen hängen bleiben. Nur so wird aus dem Etikett Sekundarschule ein Inhalt, nur so wird sich langfristig wirklich etwas ändern. Das kann man nur in einer breiten öffentlichen Diskussion hinbekommen. Wenn ganz Deutschland debattieren kann - übrigens auch mittels der neuen Medien - wieso sollte das in Gütersloh also nicht gehen? 

Vielleicht nutzt man das Bürgerhaushaltforum dazu, vielleicht fragen mal die Lokalredaktionen nach, vielleicht interviewt das GT-Info mal die "Beteiligten".... vielleicht macht aber einfach nur die Politik mal ihren Job?

2 Kommentare:

  1. Wenn man sich einmal die zeitliche Abfolge des Gesinnungswechsels der Gütersloher Schulverwalter und -politiker anschaut, macht den an Bildung Interessierten das wechselhafte Handeln der Akteure fast schwindelig.
    Erinnern wir uns: In der Modellversuchsphase für die ersten NRW "Gemeinschaftsschulen" Ende 2010 sieht die Schulerwaltung keine Notwendigkeit einen diesbezüglichen Antrag zu stellen.
    Die Grünen ziehen trotz offensichtlich fortdauernder Benachteiligung der Hauptschüler ihren Antrag auf die Errichtung einer "Gemeinschaftsschule" im Bildungsausschuss vom 05.10.2010 zurück.
    So liegen dem RP-Detmold im Januar 2012 für die mittlerweile ordentliche Einführung der nun im Schulgedetz verankerten "Sekundarschule" nur 8 Anträge vor, von denen 5 im Schuljahr 2012/13 starten können.Gütersloh ist nicht dabei!
    Im Februar 2012 deklarieren die Grünen plötzlich einen Sperrvermerk für die Renovierung der Hauptschule Nord und begründen das mit der Frage der zukünftigen Schulform an diesem Standort.
    Eine Woche später zaubert Herr Martensmeier im Bildungsausschuss eine Sekundarschule mit angeschlossener Grundschule aus dem Verwaltungshut. Welcher Lehrmeister hat die Beteiligten zu diesem schulpolitischen Schwenk genötigt? Eine offene Befragung der Betroffenen gab es jedenfalls nicht. Überhaupt muss man den Eindruck haben, dass nun auch in Gütersloh unter dem Mäntelchen des "Schulfriedens" klammheimlich Fakten geschaffen werden, die weder statistisch abgefuffert, noch mit Beteiligten beraten und offen politisch diskutiert werden sollen!

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  2. Das nennt man das Modell "Alternativlos". Dr. Rösner vom Institut für Schulentwicklung hatte den Güterslohern noch bei seinem Gastvortrag auf dem Bildungsgipfel ins Stammbuch geschrieben, dass die Eltern am liebsten Schulen haben möchten, die den Kindern am Ende alle Abschlüsse öffnen. Daher wäre ein Alternativdiskussion auch noch die über eine weitere Gesamtschule. Aber da muss Politik ran, wie gesagt.

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