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Freitag, 11. Mai 2012

Das Kabinett des Grauens: die Umkleidekabine


Drei Kubikmeter Raum

Der Vorhang der Kabine ist einen Spalt breit offen geblieben. Deutlich kann ich einen Frauenkörper erkennen. Mal zeigt sich ein Arm, mal die Hälfte eines ziemlich prallen Hinterns in und um einen in bleu gehaltenen Slip. Die Dame beugt sich nach vorne, der Rest des Körpers verschwindet in einer Kippbewegung aus dem Sichtfeld. Was dem Betrachter bleibt, ist ein welker Vollmond in blau. Taktvoll schaue ich zur Seite, um direkt am breiten Grinsen einer anderen Wartenden hängen zu bleiben. Sie hatte dem Schauspiel vor uns auch zugeschaut, war aber nicht so rücksichtsvoll wie ich. Laut und provokant kommentiert sie das Gesehene, „die hätte sich lieber hinter einer Holztür verstecken sollen“. Die Lacher der übrigen meist mit Kleiderstapeln vollbeladenen Mädchen sind ihr sicher. Die Situation ist eindeutig und lässt keinen Raum für wohlwollende Interpretationen: Die Zielscheibe des Spotts hinter dem Vorhang ist eindeutig zu fett. Ob der verunglimpfte Popo das auch gehört hatte, konnte ich nicht beurteilen, jedenfalls blieb die Gardine im Zustand wie gesehen und bewegte sich nicht. Ich stehe ganz ungewohnt für mich in einer langen Schlange der Wartenden vor einer Reihe von Umkleidekabinen und beobachte eher nebenbei das Phänomen „Frauen“ und deren Verhalten in eben diesen Kabinetten des Grauens.

Ein Ort der Überraschungen