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Sonntag, 7. September 2014

Kommunen unter Druck von TTIP

Gütersloh muss öffentlich über TTIP nachdenken: Durch das Abkommen steht die verfassungsrechtlich verankerte kommunale Selbstverwaltung auf dem Spiel. Bundesländer und Kommunen werden durch TTIP künftig massiv in ihrer politischen Entscheidung eingeschränkt sein. 





Gütersloh hat ein Städtisches Klinikum, ein Hallenbad, ein Freibad, eine Sparkasse und vergibt öffentliche Aufträge.... Das ist in vielen anderen bundesdeutschen Kommunen nicht anders. Und gerade deshalb sollte die Stadt Gütersloh jetzt aktiv werden, wenn es um die weiteren Verhandlungen über TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) geht -das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU. Weitreichende Konsequenzen für die autonome Handlungsfähigkeit zeichnen sich ab. Wie steht die Stadt dazu, welche Möglichkeiten der Intervention gibt es, und nutzt die Stadt diese schon?


# Studie: Kommunen im Würgegriff von TTIP 

Eine aktuelle Studie von Thomas Fritz, im Auftrag von Campact, liegt dazu vor, wie sehr Kommunen künftig unter Druck geraten können:

Hier die wichtigsten Punkte aus der Zusammenfassung der Studie:


von der Homepage Campact fotografiert

1. Kommunale Entscheidungen, die Geschäftsinteressen transatlantisch tätiger Investoren beeinträchtigen, würden vermehrt zu Entschädigungsklagen vor internationalen Tribunalen führen. 

2. Regelungen zu Dienstleistungen etc. berühren die kommunalen Hoheitsrechte wie die Organisationsfreiheit der Kommune. Siehe hier besonders die Marktzugangs- , Nichtdiskriminierungs- und Investitionsregeln. Maßnahmen etwa zur Beschränkung von Gewerbeansiedlungen, zum Schutz vor Verdrängungskonkurrenz, zum Erhalt von Sparkassen oder zum Mieterschutz könnten als TTIP-Verstöße unter Druck geraten. 
 Kommunale Auseinandersetzungen über Bauprojekte etwa könnten künftig zu Klagen vor internationalen Schiedstribunalen führen. 

3. Da es keine grundsätzliche Ausnahme der öffentlichen Daseinsvorsorge von TTIP gibt, 
ist eine weitere Privatisierung kommunaler Leistungen zu befürchten. Zudem werden durch sogenannte Standstill- und Ratchet-Klauseln Rekommunalisierungen zu Vertragsverstößen.

4. Folgt TTIP dem Muster des Handelsabkommens mit Kanada (CETA) wären möglicherweise Ausgleichszahlungen für öffentliche Aufgaben angreifbar. Etwa im Gesundheitswesen, hier klagen bereits große Klinikketten gegen solche Ausgleichszahlungen.

5.  Durch die Fixierung von Schwellenwerten, ab denen transatlantisch ausgeschrieben werden muss, verliert die öffentliche Hand Spielräume für eine autonome Einkaufspolitik. Aufgrund einer mangelnden Verankerung von Sozialstandards, wie es in CETA bereits der Fall ist, würden gerade soziale Vergabekriterien wie z. B. die Einhaltung von Tarifverträgen angreifbar.


#Schiedsgerichte

Besonders zu beachten sind dabei die "Schiedsgerichte": Diese sind i.d.R. mit drei Personen besetzt, die aber keine hauptamtlichen Richter sind, sondern Anwälte oder Juristen. "Nach Angaben der OECD sind mehr als die Hälfte der Entscheider dort im Hauptberuf Firmenanwälte. Und mehr als 60 Prozent von diesen vertreten auch Investoren.

Trotzdem haben diese die gleiche Macht wie Gerichte: Sie erhalten Einblick in Gesetzentwürfe oder in Urteile. Und ihre Urteile sind bindend für den Staat. Gleichzeitig können diese Schiedsgerichte aber nur von den ausländischen Investoren angerufen werden - nicht von Staaten."



#Diskussion auch in GT ? 

Gründe genug, sich auch in Gütersloh mit der Thematik zu befassen. Sollten die Einflussmöglichkeiten auch gering sein, sensibilisieren sollten sich Politik und Verwaltung dafür schon. Diese Abkommen werden künftig in ihrer Wirkung deutlich bis nach Gütersloh hineinwirken. Andere Kommunen sind da schon aufmerksam: Der OB von Tübingen, Boris Palmer (Grüne) hat dazu ein sehr aufschlussreiches Kurzinterview gegeben, das findet sich hier