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Samstag, 31. Januar 2015

TTIP auch im Kreis GT angekommen

Das Freihandelsabkommen TTIP wird kritisch diskutiert. Nun auch vor Ort im Kreis Gütersloh. Zur Runde eingeladen hatte die "proWirtschaftGT". Wir als Demokratie wagen hatten dazu einen kritischen Antrag an den Kreistag gestellt, der wiederholt mit Winkelzügen der Geschäftsordnung durch den Landrat hin- und hermanövriert wurden. Ein Streitpunkt: TTIP habe keinen kommunalen Bezug. Dazu findet sich eine Chronologie auf unserer Seite

                 Panel mit Positionen            Foto: ak 2015

Auf dem Podium im Kreistag saßen nun am Donnerstag (v.l.n.r.): Robert Fuß (IG Metall), Bettina Cebulla (Verbraucherzentrale NRW), Christoph von der Heiden (IHK OWL), Dr. Markus Pieper (MdEP, CDU), Lutz Göllner (EU-Kommission), Dr. Marco Kuhn (Landkreistag NRW), Moderartion: Monika Olszewski (Radio GT). Der Gütersloher MdEP, Elmar Brok (CDU) hatte abgesagt, er ist in Amerika. Begrüßung: Sven-Georg Adenauer (Landrat Kreis Gütersoh).

Natürlich kann ich hier nicht alle Redebeiträge wiedergeben, aber einige Highlights schon:

Landrat Sven-Georg Adenauer begrüßte die rund 120 Zuhörer (bunte Mischung) und zeigte sich erstaunt darüber, wie emotional die Debatte geführt würde. Er selbst hatte unseren ersten Antrag zu TTIP mit dem Hinweis von der Tagesordnung genommen, der Innenminister von NRW habe deklariert, die Kommunen und Kreise dürften sich mit TTIP nicht befassen, weil ein kommunaler Bezug fehle. Das war so nicht wahr, wie wir auf unserer Seite "Demokratie wagen" belegt haben.

Begonnen wurde mit einem Impuls von Lutz Göllner (EU-Kommission), der sehr technisch-nüchtern in die "Gepflogenheiten" von europäischen Vertragsverhandlungen einführte und die Vorzüge und Chancen von TTIP in diesen Fokus stellte. Er wurde seiner Aufgabe als Vertreter der EU gerecht: der Ansatz, er reihe Fakten auf, die in ihrer Wertigkeit unangefochten sind, war erkennbar. Das eine oder andere Mal erhielt er kritische Zurufe aus der sehr heterogenen aber auch kritischen Zuhörerschar. Göllner erklärte, die Debatte um TTIP sei einzigartig, emotional - und gut, dass sie geführt würde. Allerdings sehr zum Erstaunen der Beteiligten, denn es habe immer schon Handelsabkommen gegeben, bisher habe sich niemand dafür interessiert. In den letzten Monaten habe sich in Fragen der Transparenz viel getan. Die Papiere wären im Internet einsehbar. Hier skizzenhaft die Ziele, die er formulierte: TTIP soll die Wirtschaftskraft der EU insgesamt fördern, den Zugang zu Märkten sichern, auf die die EU sonst nicht gelangen würden. Es gehe um Sicherung von Arbeitsplätzen und Steigerung von Wertschöpfung, um Wachstum, um Sicherung für die Exportnation Deutschland. "Niemand will Standards abbauen, es geht um Prozesse, die im Zentrum stehen". Es gehe um Doppelungen bürokratischer Prozesse, Testungen, Verfahren etwa im Bereich der Pharmaindustrie, Automobilindustrie, Chemie; die Neuordnung von Regeln für Waren, Dienstleistungen und geistiges Eigentum, die bisherigen Regeln seien veraltet.

Er streifte das Thema der kommunalen Daseinsvorsorge, die sei in dem Abkommen geschützt, so dass der verfassungsmäßige Schutz greife. Den Vorwurf der mangelnden Transparenz könne er nicht mehr hören. Wer mache denn TTIP? Die EU-Kommission mache das nicht allein oder gar ohne demokratische Kontrolle, die EU habe ein Mandat, das sei alles öffentlich. Immerhin müsse man sich beraten, abstimmen, es werde lediglich ein Vorschlag vorgelegt, der müsse durch das EU-Parlament in vielen Schleife abgestimmt werden.

Dann begann die Diskussion auf dem Podium, Chancen und Risiken wurden abgewogen. Für die IHK steht die Exportabhängigkeit des Kreises im Mittelpunkt und die Aussichten auf gute Geschäfte. Göllner wiederum erklärte, die Impulse durch TTIP könne man erst in der Praxis bewerten, unterschiedliche Studien belegten unterschiedliche Wachstumsraten. Interessant war der Aspekt des Demographischen Wandels, denn durch die Schrumpfung der Bevölkerung sei es in Zukunft schwerer, den Standard zu halten. Göllner erklärt, Deutschland stände hinter TTIP, eine Debatte über TTIP sei aber auch eine über die europäischen Institutionen: Wie sehr kann man denen vertrauen? Er rekurriert auf die kritische Position in Deutschland bezüglich der USA und der NSA, er thematisierte die Frage nach dem Vertrauen und fügte hinzu, dass im Rahmen der Verhandlungen eben nicht alles öffentlich sein dürfe.

Wichtige Punkte brachte der Vertreter der IG Metall und die Vertreterin der Verbraucherzentrale, die beide auf den Abbau von Standards im Bereich Arbeit, Umwelt und Verbraucherschutz hinwiesen. Auch wurde angemahnt, dass es zu keiner umfassenden und öffentlichen Anhörung gekommen ist, in der kritische Punkte angesprochen werden konnten. Deutlich kritisiert wurden die Schiedsgerichte, die in ihrer Zusammensetzung und Handlung eben alles andere sind als transparent. Fuß fragte nach dem Stellenwert der Volksvertretungen, denn TTIP könnte in seiner Wirkung demokratisch legitimierte Regierungen in Frage stellen, dies etwa in Bezug auf den vereinbarten Mindestlohn. Er fordert, nochmal darzulegen, was denn Schiedsgerichte seien. "Das hat mit Gewaltenteilung nichts mehr zu tun."

Kuhn vom Landkreistag forderte in dem Zug einen Handelsgerichtshof. Er thematisierte das Verhältnis von TTIP zur kommunalen Daseinsvorsorge. Zur Planungshoheit gehöre die kommunale Daseinsvorsorge, die die Bürger mit notwendigen Dienstleistungen versorgten, hier herrsche die Sorge, es komme zu einer schleichenden Aushöhlung der Daseinsvorsorge. Schleichend eben durch Marktzugangsvorschriften, Wettbewerbskriterien, Schutzmechanismen, gegen die die Kommunen nicht angehen könnten. Ideal sei es daher, die Daseinsvorsorge ganz auszuklammern. Seine 2. Lösung wäre die nach einer Negativliste, auf der stände, was genau ausgeklammert wäre. Diese Negativliste allerdings sei statisch, so dass etwa Neuerungen wie der Zugang zum Breitband ausgeklammert seien, weil so nicht drin ständen. Nach Veröffentlichung der Kommissionspapiere aber sei der Landkreistag NRW deutlich entspannter, da die Kommission sich offenbar bewusst sei, dass man über die kommunale Daseinsvorsorge nicht hinausgehen könnte. Allerdings kennte man die amerikanische Fassung der Papiere eben noch nicht.

Göllner erklärte, public utilities fallen nicht unter das Abkommen. Er erklärte Listen als rein technische Anwendungen. Daseinsvorsorge sei nicht definiert, Breitband etwa, könne man immer noch später einfließen lassen. Zudem thematisiert wurden kurz die Wasserrechte, die ausgenommen seien. Fuß sprach die Deregulierungswelle an mit PPP-Modellen und Privatisierungen, die am Ende deutlich teuerer würden und das Gemeinwohl eher belasten.

Ein Punkt sei noch besonders hervorgehoben: der Abgeordnete des Europäischen Parlamentes Dr. Markus Pieper (CDU und Ersatz für den verhinderten Elmar Brok) empörte sich über die "miese Methode" im Internet 150.000 Bürgerinnen und Bürger zu ermuntern mit vorgefertigten Mails und nur mit einem Klick das EU-Parlament zu bestürmen und gegen TTIP zu stimmen. Das seien zudem NGOs, die auch noch Steuergelder dafür einsetzten - eine Ursache sei gewiss eine "Amerikafeindlichkeit". Anti-TTIP-Lobbyisten würden bewusst belastete Wörter einfließen lassen, wie etwa "Fracking", um Ängste in der Gesellschaft zu schüren. Er räumt ein, dass das Stimmungsbild in Deutschland hier kaum mehr zu korrigieren sei. "Politik ist viel zu spät aufgewacht", man habe sich darauf verlassen, dass der "Prozess um TTIP so läuft wie immer und die Öffentlichkeit kein Interesse daran hat." Er mutmaßte, die Bevölkerung sei deshalb so kritisch, weil es "die USA seien", mit denen verhandelt würde - soziale Netzwerke und Profis würden gegen Amerika aufwiegeln. "Und die werden auch noch mit Steuergeldern bezahlt."

Diese Passage brachte ihm viele Buhrufe, das Plenum beschwerte sich unüberhörbar. Ein älterer Herr trat später ans Mikro und erklärte, diese Unterstellung sei eine Unverschämtheit - ein EU-Politiker könne nicht einfach behaupten, die Bürger würden sich nicht selbst informieren und leichtfertig Unterschriften geben. Diese Meinungsbildung im Netz sei im Gegenteil wirkungsvoller Beweis dafür, dass Politik TTIP nicht ernst genommen habe und sich darauf verlassen hätte, diese Verhandlungen würden so laufen, wie immer: unbehelligt.

Er erntete großen Applaus mit seinem Protest, sprach er doch vielen aus dem Herzen. Zudem betonte der Gast, er sei als Lernender zur Veranstaltung gekommen, solche Anmaßung eines MdEP allerdings verschreckten ihn - wie viele Interessierte gleichermaßen.

Es sind noch zu wenig Diskussionsrunden zu TTIP. Hier besteht noch deutlicher Gesprächsbedarf. Und ein Segen, dass es dazu auch das Netz gibt.












Sonntag, 12. Oktober 2014

TTIP und Folgen gehen an Gütersloh nicht vorbei

Gütersloh muss sich positionieren. Der Rat hat sich bereits mit einer neuen politischen Mehrheit (SPD, Grüne, BfGT, ein FDPler, Bürgermeisterin) gegen TTIP ausgesprochen (die Linke enthielt sich, obwohl der Antrag von ihnen stammte). Die Hintergründe dazu finden sich unter Punkt 18 Niederschrift des Rates im Ratsinformationssystem hier. 


Gütersloher aktiv gegen TTIP

Damit aber noch nicht genug:

Der europaweite und dezentrale Aktionstag gegen TTIP, CETA und die Freihandelsagenda ist auch in Gütersloh nicht vorbeigegangen. 

Stopp TTIP ! 


Gleich zwei Gruppierungen brachten das Thema Freihandelsabkommen in die Bevölkerung - beide sammelten Unterschriften.

Attac ruft auf zum Widerstand. Das umfangreiche Infomaterial soll hier nicht in Gänze wiedergegeben werden, obiger Link zeigt alles dazu im Netz. Hier nur nochmal die wichtigsten Forderungen: "Attac in die Tonne" - TTIP-Verhandlungen sofort beenden, Verhandlungsdokumente bei Handels- und Innovationsabkommen stets umgehend offenlegen, keine Sonderklagerechte für Konzerne - bestehende Verträge müssen geändert werden, Handels- und Investitionspolitik muss dem Gemeinwohl dienen un die Umwelt bewahren.



         Attac Gütersloh sammelt Unterschriften - TTIP in die Tonne! 

Auch die "selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und Ceta" hatte einen Infostand in der Innenstadt. Auch hier möchte ich auf die gute Internetseite verweisen. Wichtigste Ziele sind: TTIP und CETA verhindern, da kritische Punkte enthalten wie Investor-Staat-Schiedsverfahren, Regelungen zur regulatorischen Kooperation enthalten, Demokratie und Rechtsstaat werden ausgehöhlt, intransparente Verhandlungen belasten Arbeits-, Sozial-, Umwelt, Datenschutz- und Verbraucherschutzstandards, Deregulierung öffentlicher Güter wie Wasser und Kultur. 


 
                     Gütersloh zeigt sich aktiv    Fotos ak 2014

Auf beiden homepages kann man online unterzeichnen.

Übrigens auch auf der Seite von Mehr Demokratie e.V. , auch hier kann man unterzeichnen.


Und die Kommunalpolitik? 

Die Initiative "Demokratie wagen" hatte übrigens eine Anfrage an die Bürgermeisterin Unger gestellt, was nun eigentlich nach dem Votum des Rates gegen TTIP im Juni 2014 passiert ist. War das alles nur ein kurzer Akt des Handhebens? Hier die Antwort auf unsere Anfrage, die weit mehr als ernüchtert. 

Sind die Ratsfraktionen da aktiver? Die SPD postet zu TTIP oder dem Aktionstag nichts, die Grünen verweisen am 15.9. auf die EBI, die BfGT postet nichts dazu, ebenso die Linke, hier findet sich auch nichts an Argumentation. Auch die CDU als Befürworterin nutzt ihre Chance des eigenen Kanals nicht, um etwa Argumente dafür zu posten. Die Chancen der kommunalpolitischen Positionierung reichen also kaum über die Ratsposition hinaus. 

Und der Kreis GT?
Zudem haben wir als "Demokratie wagen" einen Antrag an den Kreistag Gütersloh gestellt, sich mit der Thematik zu befassen. Am Montag, 17. November 2014 steht dies nun auch auf der Agenda im Kreistag, so ein Schreiben des Landrates. Die Tagesordnung ist allerdings noch nicht online. 









Sonntag, 7. September 2014

Kommunen unter Druck von TTIP

Gütersloh muss öffentlich über TTIP nachdenken: Durch das Abkommen steht die verfassungsrechtlich verankerte kommunale Selbstverwaltung auf dem Spiel. Bundesländer und Kommunen werden durch TTIP künftig massiv in ihrer politischen Entscheidung eingeschränkt sein. 





Gütersloh hat ein Städtisches Klinikum, ein Hallenbad, ein Freibad, eine Sparkasse und vergibt öffentliche Aufträge.... Das ist in vielen anderen bundesdeutschen Kommunen nicht anders. Und gerade deshalb sollte die Stadt Gütersloh jetzt aktiv werden, wenn es um die weiteren Verhandlungen über TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) geht -das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU. Weitreichende Konsequenzen für die autonome Handlungsfähigkeit zeichnen sich ab. Wie steht die Stadt dazu, welche Möglichkeiten der Intervention gibt es, und nutzt die Stadt diese schon?


# Studie: Kommunen im Würgegriff von TTIP 

Eine aktuelle Studie von Thomas Fritz, im Auftrag von Campact, liegt dazu vor, wie sehr Kommunen künftig unter Druck geraten können:

Hier die wichtigsten Punkte aus der Zusammenfassung der Studie:


von der Homepage Campact fotografiert

1. Kommunale Entscheidungen, die Geschäftsinteressen transatlantisch tätiger Investoren beeinträchtigen, würden vermehrt zu Entschädigungsklagen vor internationalen Tribunalen führen. 

2. Regelungen zu Dienstleistungen etc. berühren die kommunalen Hoheitsrechte wie die Organisationsfreiheit der Kommune. Siehe hier besonders die Marktzugangs- , Nichtdiskriminierungs- und Investitionsregeln. Maßnahmen etwa zur Beschränkung von Gewerbeansiedlungen, zum Schutz vor Verdrängungskonkurrenz, zum Erhalt von Sparkassen oder zum Mieterschutz könnten als TTIP-Verstöße unter Druck geraten. 
 Kommunale Auseinandersetzungen über Bauprojekte etwa könnten künftig zu Klagen vor internationalen Schiedstribunalen führen. 

3. Da es keine grundsätzliche Ausnahme der öffentlichen Daseinsvorsorge von TTIP gibt, 
ist eine weitere Privatisierung kommunaler Leistungen zu befürchten. Zudem werden durch sogenannte Standstill- und Ratchet-Klauseln Rekommunalisierungen zu Vertragsverstößen.

4. Folgt TTIP dem Muster des Handelsabkommens mit Kanada (CETA) wären möglicherweise Ausgleichszahlungen für öffentliche Aufgaben angreifbar. Etwa im Gesundheitswesen, hier klagen bereits große Klinikketten gegen solche Ausgleichszahlungen.

5.  Durch die Fixierung von Schwellenwerten, ab denen transatlantisch ausgeschrieben werden muss, verliert die öffentliche Hand Spielräume für eine autonome Einkaufspolitik. Aufgrund einer mangelnden Verankerung von Sozialstandards, wie es in CETA bereits der Fall ist, würden gerade soziale Vergabekriterien wie z. B. die Einhaltung von Tarifverträgen angreifbar.


#Schiedsgerichte

Besonders zu beachten sind dabei die "Schiedsgerichte": Diese sind i.d.R. mit drei Personen besetzt, die aber keine hauptamtlichen Richter sind, sondern Anwälte oder Juristen. "Nach Angaben der OECD sind mehr als die Hälfte der Entscheider dort im Hauptberuf Firmenanwälte. Und mehr als 60 Prozent von diesen vertreten auch Investoren.

Trotzdem haben diese die gleiche Macht wie Gerichte: Sie erhalten Einblick in Gesetzentwürfe oder in Urteile. Und ihre Urteile sind bindend für den Staat. Gleichzeitig können diese Schiedsgerichte aber nur von den ausländischen Investoren angerufen werden - nicht von Staaten."



#Diskussion auch in GT ? 

Gründe genug, sich auch in Gütersloh mit der Thematik zu befassen. Sollten die Einflussmöglichkeiten auch gering sein, sensibilisieren sollten sich Politik und Verwaltung dafür schon. Diese Abkommen werden künftig in ihrer Wirkung deutlich bis nach Gütersloh hineinwirken. Andere Kommunen sind da schon aufmerksam: Der OB von Tübingen, Boris Palmer (Grüne) hat dazu ein sehr aufschlussreiches Kurzinterview gegeben, das findet sich hier