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Samstag, 23. Juli 2011

Bürgerbeteiligung konkret: 3. Umgang mit Bürgeranträgen

Atomausstieg in Deutschland. In Berlin beschlossen.

Nur: Der konkrete Ausstieg beginnt vor Ort. Die Verflechtungen der letzten vier großen Energieanbieter reicht bis in die Kommune. Auch nach Gütersloh. Die Stadtwerke sind eine GmbH und arbeiten mit den Stadtwerken Bielefeld zusammen, also auch Grohnde. Atomausstieg müsste demnach auch heißen: Rekommunalisierung der örtlichen Energieanbieter.

Antrag vom BUND sehr konkret
So richtete etwa der BUND Gütersloh am 4. Mai 2011 einen Bürgerantrag an den Rat der Stadt. Inhalt: Die Beschlussfassung des Rates für die strategischen Ziele für die Stadtwerke Gütersloh seien für einen realen und schnellen Atomausstieg nicht ausreichend und realistisch. "Die elf Punkte enhtalten Zielkonflikte, die zu einem sehr langsamen Prozess, wenn nicht sogar zum Stillstand eines Prozesses der örtlichen Energiewende führen werden." 

Die Priorisierung solle so erfolgen, dass die Stadt GT als Stromabnehmerin unverzüglich auf Strom atomarer Herkunft verzichtet und die Stadt wirke darauf hin, dass die SWG auf den Bezug atomarer Energie verzichten sollen; die Stadt GT unterstützt den Beschluss aus Bielefeld, die Beteiligung am AKW Grohnde zu beenden. Und: Die Transparenz und Bürgerbeteiligung soll konkretisiert werden. Etwa: genaue Vorgaben zum Ausstieg sollen gemacht werden, der Zuwachs an regenerativer Energie solle messbar werden, Erfolg solle öffentlich kontrollierbar sein. Die Bürger der Stadt seien aktiv in diesen Entscheidungsprozess einzubeziehen.   

Bürgeranträge § 24 GO NRW: Lohnt sich das?
Erster Anlauf: Ratssitzung im Mai
Der Bürgerantrag stand zum ersten Mal am 20. Mai auf Top 12.3. (Wir erinnern uns, die Ratssitzung, an der aufgrund des akuten Platzmangels auf der Tribüne zeitweise nicht alle Bürger teilnehmen konnten.) Nach stundenlangem Warten auf die Diskussion - wurde der Antrag verschoben, die Fraktionen SPD, Die Linke, die Plattform plus (Grüne, CDU und UWG) hatten gleichfalls einen Antrag zum Atomausstieg eingereicht. Die Inhalte unterscheiden sich deutlich. (Die Linke hatte den Antrag als erste Fraktion eingereicht, am 12.4., die SPD am 19.4., der BUND am 4.5. und die Plattform der Grünen und CDU einen Tag vor der Ratssitzung am 19.5.)

Die Bürgermeisterin: "Bei so einem wichtigen Thema sei ein möglichst breiter Konsens wünschenswert" - und beantragte Vertagung. Die Verwaltung werde einen Vorschlag erarbeiten. (Man wisse: Die Bürgermeisterin der Stadt GT ist gleichzeitig auch die Vorsitzende des Aufsichtsrates der Stadtwerke Gütersloh.)
Eine kurze Rederunde, in der alle Fraktionen etwa je einen Satz zum Verfahren und zum Atomausstieg sagen konnten, folgte. Besonders: die BfGT unterstütze den Antrag des BUND wie folgt: Transparenz und Bürgerbeteiligun seien notwendig und könnten zum positiven Image der SWG beitragen. Dann wurden die Anträge 12.1. bis 12.4. einstimmig vertagt. Von einer inhaltlichen Diskussion war man an dieser Stelle meilenweit entfernt.


Zweiter Anlauf: Ratssitzung im Juli 
Weiter ging es im Juli. Diesmal war es Top 8 "Atomausstieg", an dem der Antrag des BUND zumindest Erwähnung fand. Nun aber lag eine Tischvorlage der Fraktionen CDU, SPD, BfGT, Grüne und UWG vor: Sie hatten unter Ausschluss jeder öffentlichen Diskussion einen gemeinsamen Antrag zum Atomausstieg aus dem Hut gezaubert: "Die Stadt GT will alle Möglichkeiten im Einflussbereich der Kommunen für einen beschleunigten Atomausstieg nutzen." Aufgelistet finden sich alle Punkte, die bereits im Geschäftsbericht der SWG formuliert sind.
Einen Austausch über die konkreten Inhalte des Bürgerantrages, die sehr viel weiter gingen als die Vorschläge der Fraktionen, gab es also auch hier nicht. Auch eine nachvollziehbare Diskussion über die politischen Anträge gab es nicht. Im Fokus stand einzig die frohe Botschaft der Parteien, es sei gelungen, einen parteiübergreifenden Konsens herzustellen. Wibke Brems von den Grünen: "Schade, dass der Antrag vom BUND rausgeflogen ist, weil es ja nun ein Fraktionenantrag des Rates war!" Die SPD meinte zumindest, der Antrag müsse noch behandelt werden, die Anregungen von BUND seien auf diese Art "erledigt". Und die FDP formulierte (sehr richtig! erstaunlich), ob der Rat überhaupt berechtigt sei, in die Produktpolitik der SWG hineinzufunken. Aber immer noch keine Diskussion über den Inhalt des Bürgerantrages. Die BfGT führte mager an, die Bürger seien über die Fortschritte der SWG im Bemühen um den Ausstieg rechtzeitig zu informieren.



Das Beste aber zum Schluss: Ein CDU-Ratsherr erklärte, man stehe vor einer Herkulesaufgabe. Ein Erfolg wie der Atomausstieg habe immer viele Väter: "...am Ende sind wir dann auch dabei, weil wir noch rechtzeitig die Kurve gekriegt haben." 
Und dann an Die Linke gerichtet: "Stimmen Sie unserem gemeinsamen Antrag zu, dann haben wir einen breiten Konsens hier. Stimmen Sie über die Obrigen in ihrer Bundespartei hinweg zu." (Die Linke hatte im Dt. Bundestag gegen den Atomausstieg gestimmt.) Diese O-Töne verdeutlichen, wie Parteipolitik funktioniert -  was sicher nicht die Absicht des Sprechers war. 

Verdutzte Gesichter auf der Zuschauertribüne




Der Vertreter des BUND saß während der letzten Ratssitzung oben auf der Tribüne neben mir. Er schüttelte nur mit dem Kopf und wunderte sich, dass der Bürgerantrag vom BUND an keiner Stelle inhaltlich diskutiert wurde....ein Paradestück politischer Okkupation mit anschließendem Ertrinken im politischem Einheitsbrei. Das nennt sich im Volksmund "weichspülen" oder "fauler Kompromiss". Leider kein Einzelfall. Diese Verfahren der fehlenden Diskussion und Auseinandersetzung am Thema entlang befeuern am Ende die Frustration beim Bürger, beim Wähler.

Der Showdown mündet dann in der Hauspostille der Stadt: "Stadt Gütersloh unterstützt Ausstieg aus Atomenergie": die Stadt soll so schnell wie möglich.....falls technisch realisierbar und wirtschaftlich vertretbar..... , die SWG werden aufgefordert....dafür zu werben.... !