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Montag, 17. Oktober 2011

Hase und Igel

Da dürften sich die gewählten Volksvertreter heute vor Lachen auf die Schenkel klopfen: Die Bürgerinitiative Demokratie wagen und ein paar weitere Interessierte kamen zu spät! Der Hauptausschuss hatte bereits um 16 Uhr zu tagen begonnen: entgegen der sonst üblichen Anfangszeit von 17 Uhr. Bei Erscheinen war eigentlich schon alles Relevante gelaufen. Die Geschichte von "Hase und Igel" fällt mir dazu ein.

Zu blöd?
Nun könnte man denken: Selbst schuld, oder aber: zu blöd, zum Lesen. Es stand ja auf der öffentlichen Einladung. Ganz so einfach ist es nicht - denn auch in der Stadt selbst, war die ungewöhnliche Anfangszeit wohl nicht bekannt. Im Foyer prangte nämlich noch die elektronische Hinweistafel: Hauptausschuss, 17 Uhr.

Ausgetrickst: Früher anfangen gleicht Hase und Igel

Es findet sich auch sonst keinerlei besonderer Hinweis auf diese ungewohnt vorgezogene Zeit. So ist der geneigte Zuhörer der Macht der Gewohnheit gefolgt oder hat sich vor Ort doch noch Zeit gelassen, da 17 Uhr angeschlagen war. Schade wird das insbesondere vor dem Hintergrund, dass heute die Vorschläge aus dem Bürgerhaushaltsverfahren II diskutiert werden sollten. Es stand an, politisch zu erklären, welche der Vorschläge in das Abstimmungsverfahren gelangen sollten.

Man stelle sich vor: dieses Verfahren lebt wie kein zweites von Transparenz. Und wenn die Verantwortlichen diese wiederholt nicht herstellen, darf man sich schon fragen, warum nicht.

Schlechtes Timing
Erwähnenswert ist auch, dass die Einladung zum heutigen Hauptausschuss zwar im Netz stand aber erst sehr spät um die Vorschlagsliste aktualisiert wurde. Zudem gab es heute (!) in der aktuellen Sitzung je einen Antrag der BfGT-Fraktion sowie der Grünen-Fraktion, der lediglich im Ratssaal auslag und mit den Worten endete: Begründung zu den Anträgen erfolgt mündlich bei Aufruf des Tagesordnungspunktes.

Ein gutes Timing für Bürgernähe ist das nicht: erst früher anfangen, dann nur Tischvorlagen (die nur viermal auf der Tribüne ausliegen) und obendrein noch mündliche Begründungen, die nun eh keiner mitverfolgen kann.

Besonders wird es allerdings im Antrag der Grünen, die wahrhaftig in ihrer Tischvorlage fordern: "Der Vorschlagstext von Vorschlägen die in die Abstimmungsphase übernommen werden soll grundsätzlich nicht verändert werden sondern originalgetreu, wie vom Verfasser eingereicht, übernommen werden. Wesentliche Änderungen sind nur in Absprache mit dem Einreicher vorzunehmen." (Kommasetzung so übernommen)

Die Tischvorlage ist datiet vom 17.10.2011 - also heute fällt auf, dass hier anderes vorgesehen ist.

Politisches Dörrobst
Da werden die Grundsätze des Bürgerhaushaltes ad absurdum geführt. Wo sonst in Deutschland findet sich so ein Verfahren, in dem darüber abgestimmt werden muss, die Bürgervorschläge auch in dem Wortlaut abzustimmen, in dem sie verfasst wurden. Das deformiert den Begriff Teilhabe bis zur Unkenntlichkeit. Und hat mit Bürgerhaushalt auch bei gutem Willen nichts mehr zu tun.

Wenn ich dieses Verfahren anschaue, bin ich als Bürgerin dieser Stadt tief enttäuscht. Es scheint so, als würde die gewählte Volksvertretung alle Energie aufbringen, um Transparenz und Beteiligung im Keim zu ersticken. Diese Art von politischem Dörrobst allerdings führt am Ende zu keinerlei Lösungen für die Zukunft der Stadt.

Politik trägt keine Früchte