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Donnerstag, 26. Mai 2011

Wir ja, die nicht.... Anonymität beim Abstimmen


Zur Abstimmung stand der Vorschlag B 21 aus dem Bürgerhaushalt 2011:
Berufsfeuerwehr oder nicht – war die Frage. Ein abschließender Ratsbeschluss stand an.
Heiner Kollmeyer, Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat hielt das Eingangsplädoyer für seine Fraktion: Gegen die Einrichtung einer Berufsfeuerwehr. Im Rückblick skizzierte er eine emotional und schäbig geführte Diskussion und bemängelte das „schlechte Krisenmanagement“ durch die Stadtverwaltung, sprach dabei namentlich die Kämmerin, die Bürgermeisterin und den Leiter der Feuerwehr an.

Geheime Wahl als Schutz
Im gleichen Atemzug kündigte er an, in diesem Fall den Antrag auf geheime Abstimmung zu stellen. Begründung: Einzelne Ratsleute seiner Fraktion hätten unter dem Stress der emotionalen Diskussion sehr gelitten. Zudem sei seine Fraktion in der Frage sehr gespalten, die Meinungen gingen auch in ihren Reihen auseinander. Er wolle daher die einzelnen Ratsleute „schonen“. Um ein „sehr ehrliches Votum zu ermöglichen“, solle es daher eine geheime Abstimmung geben. Die Fraktionsmitglieder der CDU seien in dieser Frage „nicht an den Fraktionszwang gebunden“.

Bei der Ratsabstimmung zur Durchführung einer geheimen Wahl gab es 2 Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Die überwiegende Mehrheit der Mandatsträger stimmte damit für eine geheime Wahl. (Insgesamt hat der Rat 58 Sitze, einige davon entschuldigt nicht anwesend.)

Verbrieftes Recht - aber ungleich
Die geheime Wahl ist in der Gemeindeordnung NRW verbrieft (§50), wenn ein Fünftel der Ratsleute dies beantragt. Geheime Wahl ist also durchaus legitim.  

Eine Schieflage aber entsteht, wenn sich die Ratsleute hinter einem (durchaus) demokratischen Verfahren verstecken. Sie ducken sich weg und überlassen dem politischen Gesamtsystem die Verantwortung. Sie bleiben durch die geheime Abstimmung in ihrer Entscheidung anonym. 

Und gerade das ist der Punkt: Gerade diese Anonymität wird nämlich den Nutzern beim nächsten Bürgerhaushaltsverfahren verweigert werden. Anonymität wird seitens der Gewählten kriminalisiert und als Spiel gegen die Regeln gebrandmarkt. In einem möglichen nächsten Durchlauf 2012 sollen die Bürger daher nur ihren Klarnamen nennen können. Wer sich einmischt, soll auch als Person erkennbar sein, ist das politische Credo. Das sei ein gutes Stück demokratische Kultur.

Demokratie als Haltung
Die also ja, wir aber nicht? Demokratie lebt durch Vorbilder. Sie ist eine Haltung.  Dazu passt dann auch der Hinweis darauf, keiner der CDU-Ratsleute unterliege dem "Fraktionszwang".  Einen Fraktionszwang gibt es streng genommen nicht. Nach Artikel 38, Absatz 1, Satz 2 des Grundgesetzes heißt es: „[Die Abgeordneten] sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ Dies spricht die Mandatsträger von einer Bindung an Weisungen frei, damit sind auch die Weisungen der eigenen Partei gemeint. In der Realität sieht das allerdings oft anders aus, hier gibt es schon das Druckmittel der Fraktionsdisziplin. In Artikel 21, Absatz 1, Satz 3 des Grundgesetzes findet sich der Hinweis auf die innerparteiliche Demokratie, die es demnach grundsätzlich ermöglicht, ihre Mitglieder etwa durch die Verweigerung der Wiederaufstellung für Listen oder Wahlkreise zu beeinflussen. Ein Druckmittel, welches nach dem Motto funktioniert „das vergessen wir nicht, wenn du einmal anders abstimmst.“ Das freie Mandat geht übrigens auf den konservativen britischen Politiker Edmund Burke zurück. 

Am Ende stimmten 34 Ratsleute für die Berufsfeuerwehr und 22 dagegen. Geheim.