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Samstag, 28. Juni 2014

Smart Country - Digitale Strategien für Regionen - CoLab und owldigital starten

Mir fehlen Zukunftsperspektiven und vor allem öffentliche Diskussionen darüber, wie wir künftig mit dem digitalen Wandel und den daraus resultierenden Herausforderungen umgehen wollen. Für Gütersloh - und für andere kleinere und mittlere Städte in der Region fehlt mir ein Bild. Gerade für OWL ist dies eine zentrale Herausforderung. Kopf in den Sand stecken - oder neugierig sein auf das, was sich tut - wie reagiert man?


#owldigital startet

Kopf-in-den-Sand ist nicht angesagt. In den letzten Wochen hat sich die Initiative #OWLdigital gegründet: 


OWLdigital ist ein lockerer Verbund von Menschen, die digitale Gene in sich tragen. Also sind alle diejenigen angesprochen, die beim Thema #digital einen höheren Pulsschlag bekommen. Unser nächstes offenes Treffen findet überigens statt am Donnerstag, 3. Juli ab 20 Uhr in der Weberei in Gütersloh. 

Was wir da machen? Austauschen über Digitales. Austauschen über Innovation, den Prozess des Wandels beleuchten, sich inspirieren lassen, voneinander lernen, sich vernetzen.


# Smart Country - Colab startet 

Zudem startet dieser Tage die 10. Initiative des Colab zum Schwerpunkt "Smart Country - Digitale Strategien für Regionen". Ich freue mich sehr, dabei zu sein!



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Das ist der Teaser des CoLab: 


"Bei der Diskussion um Smart Cities wird außer Acht gelassen, dass 70 Prozent der Deutschen außerhalb von Großstädten leben. Durch flächendeckende Breitbandversorgung erreicht der digitale Wandel auch kleine und mittlere Städte sowie die ländlichen Regionen abseits der Ballungszentren. Damit eröffenen sich neue Chancen für soziale und wirtschaftliche Entwicklungen, denn gerade hier ist der Handlungsdruck auf Grund der demographischen Entwicklungen und des Trends zur Urbanisierung hoch.

Die 10. Initiative des Internet & Gesellschaft Collaboratory erörtert interdisziplinär, wie das Internet helfen kann, diesen Wandel zu gestalten. Dazu beschäftigt sich eine Multistakeholder-Expertengruppe damit, welche Innovationen einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität ausüben oder neue Wertschöpfungsketten in dezentralen ländlichen Strukturen sowie in kleinen und mittleren Städten ermöglichen.

Die Initiative will Strategien und Anwendungen identifizieren, welche die digitale Rennaissance ländlicher Regionen sowie kleinerer und mittlerer Städte ermöglichen. Dazu bilden sich Arbeitsgruppen u.a. zu den Themenbereichen Verwaltung und Politik, Mobilität sowie Infrastruktur und Kommunikation.

Wir werden Pilotprojekte und daraus resultierende Erfahrungen in einer Landkarte zusammenführen und Erfolgsfaktoren herausarbeiten. Auf dieser Basis entwickelt die Initiative digitale Strategien und Handlungsempfehlungen für Entscheider."


# Das Internet & Gesellschaft Collaboratory


Was ist das?

Das Collaboratory ist das Labor für die Netzgesellschaft. Seit seiner Gründung im Jahr 2010 sind über 350 Expertinnen und Experten aus allen gesellschaftlichen Bereichen im auf der Platform aktiv. In innovativen Formaten beleuchten sie aktuelle Herausforderungen der Digitalisierung auf Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft und entwerfen Lösungsansätze — praxisnah und multiperspektivisch. Es ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin.

Das primäre Format des Collaboratory sind zeitlich abgeschlossene Initiativen. In 3 bis 6 Monaten bearbeiten bis zu 35 Experten aus allen gesellschaftlichen Bereichen einen bestimmten Themenkomplex. Ziel ist es, aus einer unabhängigen und multiperspektivischen Position heraus Fragen zu bearbeiten, Handlungsempfehlungen zu formulieren und praxisorientierte Lösungen zu entwickeln. Themen bisheriger Initiativen waren z.B. „Privatheit und Öffentlichkeit“ oder „Globalisierung und Internet“.





Sonntag, 22. Juni 2014

Wer erbt Social Media Accounts?

Frank Schirrmacher ist tot. Das ist ganz bedauerlich. Viele gute Nachrufe sind auf ihn gehalten, die Federn der schreibenden und dichtenden Kunst tränenschwer und lobsingend. Dem kann man sich nur anschließen. Sein Andenken wird bleiben. Eines aber treibt mich seither um: Wer erbt eigentlich seine Social Media Accounts? Kann und darf man die einfach löschen? Sind seine Posts - also seine Gedanken, Sichtweisen, seine RTs  und likes - nicht ein Stück #Neulandkulturerbe? Im Gedruckten ist er bereits gestrichen, so kritisiert es der Tagesspiegel. Folgt jetzt "delete Schirrmacher" auch im virtuellen Raum? Und was wäre mit Diekmann, Pohl... ? 


                                        Was bleibt vom Geist im Netz?             Foto ak 2012
#Digital real 

Schirrmacher war offensichtlich bei vielen zu Gast, nicht nur als Autor gedruckter Bücher, Schreiber, sondern viel direkter, nämlich fast täglich in den elektronischen Devices. Auf Twitter folgten ihm über 42.700 Follower. Er war ein Teil, ein dicker Knotenpunkt, in der Netzgemeinde. 

Ich folgte ihm auf Twitter, schaute auf Facebook bei ihm vorbei. Auf Twitter hatte ich ihn sogar einmal in @frankschirrmacher gesetzt als es um einen Post zur NSA und zum Abhören der Bundesbürger ging. Kurz: Er war "ein Großer", aber er mischte täglich mit. Im Netz war er ansprechbar, er reagierte. Ein Umstand, der nie zuvor in der gedruckten Welt wirklich gegeben war. Wann hätte je ein Chefredakteur von solch einer Auflagenstärke geantwortet, hätte man ihn als Normalo angesprochen. Lustig die Vorstellung: ein "Anruf" bei ihm in Frankfurt  als einfacher Leser. Ich glaub nicht, dass irgendwer zu ihm durchgestellt hätte. 

#Am Ende ein Treppenwitz?

Ich mache mir also Sorgen, dass wer auch immer, diese elektronischen Fussspuren nun löschen kann - und wird. Wie widersinnig der Gedanke: Das Löschen einer Person, die uns so viel über das Internet erzählt hat, in dessen Adern offensichtlich doch digitales Blut floss, die die Digitalisierung in den weitreichenden Folgen hinterfragt und beleuchtet hat - ist ein Treppenwitz. So als schaute Schirrmacher sich an der Himmelspforte noch einmal kurz um und erklärte beim Hinausgehen: "Ach übrigens, am Ende bleibt doch nichts vom Netz."

Sein digitales Schicksal ist kein Einzelschicksal: Es gibt unzählige öffentliche Personen mit Social Media Accounts. Wie ist das überhaupt geregelt? Spricht man in den Chefetagen und sonstigen Institutionen darüber: Was passiert mit meinem Account, wenn ich nicht mehr da bin - aber meine Social Media Aktivitäten auf meine berufliche Position eingezahlt haben? Etwa Kai Diekmann bei der Bild oder Ines Pohl bei der tageszeitung... um nur zwei von den Vielen zu nennen?

#Frage offen

Die Antwort interessiert mich: Wer erbt die Accounts von Journalisten, Politikern, Aktivisten? Wie werden die den künftigen Nachwelten erhalten? Oder ist das am Ende doch unerheblich, was einmal im Netz stand?







jetzt Anders - Lesebuch für Vielfalt frisch gedruckt

Gerade druckfrisch im Chili-Verlag erschienen: "jetzt Anders". 

Verlegerin Franziska Röchter bündelt Kurzgeschichten, Lyrisches, Fotografie in einem Band voller Vielfalt. "Anders" ist der rote Faden, der die Gedanken der AutorInnen und Kreativen zusammenhält. 

Anders-Sein hat schon immer zum Ausschluss aus der Gesellschaft geführt. Aber wie wäre unsere Welt ohne "Anders". Es gäbe weder Tag und Nacht noch Ebbe und Flut. Und ohne die Sehnsucht nach dem Nicht-das-sein-was-ist, wäre so mancher Antrieb genommen.  


Das Buch ist ein Lesebuch für Toleranz. Ein Lesebuch zum Entdecken. 

Zudem freue ich mich sehr, mit meiner Kurzgeschichte vertreten zu sein: "Hundesalon". 



Samstag, 21. Juni 2014

Zählgemeinschaft im Rat will mehr Bürgerbeteiligung

Am kommenden Freitag (27. Juni 2014) findet die konstituierende Sitzungdes Stadtrates Gütersloh statt. Die Wahlergebnisse ließen es vermuten: es zeichnet sich eine neue politische Konstellation ab. Die sichere Mehrheit der CDU schwindet, weil sich die beiden kleineren Fraktionen Grüne und BfGT offensichtlich annähern und in einer Zählgemeinschaft ihre insgesamt 12 Mandate bündeln wollen. Beide Fraktionen sind gleich stark.
In einem Bericht der „Neuen Westfälischen Zeitung“ vom 21.6.14 findet sich der Hinweis beider Fraktionen, ein Schwerpunkt ihrer Arbeit werde künftig ein stärkeres Engagement für Bürgerbeteiligung sein.

Demokratie wagen!“ hatte die 155 Wahlkreiskandidaten VOR der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 eben zu diesem Thema direkt befragt: „Wie stehen Sie zur Bürgerbeteiligung in Gütersloh, was werden Sie dafür tun?“


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Zur Erinnerung und als möglicher roter Faden dieser Ankündigung finden sich hier die Antworten der Fraktionen BFGT und Grüne. Übrigens haben alle Kandidaten dieser Partei/Gruppierung einheitlich geantwortet, es gibt also nur 2 Antworten als Standard für alle Kandidaten. (Mit einer Ausnahme: ein Kandidat der Grünen hatte ein Antwortschreiben für sich formuliert – dieser Kandidat ist aber nicht im Rat vertreten.)


Hier die Antwort der BfGT:

Besonders vor Wahlen reden alle Parteien von aktiver Bürgerbeteiligung, von stärkerer Einbeziehung der Ideen und Anliegen der Bürgerinnen und Bürger in die politischen Entscheidungsprozesse. Es scheint als entdecken die etablierten Parteien immer wieder erst am Ende der Ratsperiode den Bürger. Warum? Die BfGT hat sich in unserer Stadt als Vorreiter für die „direkte Demokratie und Mitbestimmung“ entwickelt. Eine Art der Bürgerbeteiligung, die für die etablierten Parteien in Gütersloh lange Zeit undenkbar war, in den letzten Jahren aber in mündlicher Proklamation immer öfter aufgegriffen wird.

Trotzdem gibt es immer noch einen gravierenden Unterschied der BfGT zu den etablierten Parteien. Die etablierten Parteien reden nur darüber. Wir reden nicht nur über Bürgerbeteiligung, sondern wir leben Bürgerbeteiligung und setzen uns täglich dafür ein.

Die BfGT hat in den Vergangen Jahren viele Interessengrupen und Arbeitsgemeinschaften in Gütersloh unterstützt. Dabei war es für die BfGT nie wichtig, sich in den Vordergrund zu stellen. Allein das Ziel vor Augen wussten meistens nur die Mitglieder der jeweiligen Interessengruppen oder Arbeitsgemeinschaften um unser Engagement.

Die BfGT wird auch weiterhin Hilfestellung geben, Bürgeranregungen und Beschwerden gemäß § 24 der Gemeindeordnung NRW zu stellen. Wir wollen für dieses Instrumet der politischen Mitwirkung auch weiterhin werben und Mitbürgerinnen und Mitbürgern unsere Hilfestellung anbieten, um ihre Anliegen in eine korrekte Form zu bringen und sie dadurch an der lokalen politischen Diskussion teilhaben zu lassen. Wir werden uns dafür engagieren, dass Anträge schneller bearbeitet und nicht erst den Instanzenweg durch die Ausschüsse nehmen müssen.

Die BfGT wird weiterhin Bürgerbegehren und Bürgerentscheide initiieren, wenn politische Mehrheiten im Rat den Bürgerwillen nicht erkennen wollen und über die Köpfe der Bürgerschaft hinweg Entscheidungen treffen, die von der Mehrheit der Gütersloher nicht getragen werden. Gerade dieses Mittel demokratischer Mitbestimmung gibt vielen Menschen wieder das Gefühl, sich doch an der Gestaltung, Planung und Weiterentwicklung beteiligen zu können.

Im Vorfeld von Beschlüssen könnten Bürgerumfragen die Entscheidungen besonders im Planungsbereich erleichtern und den Bürgerinnen und Bürgern zu weiterer Einflussnahme verhelfen.

Auch zum Thema Bürgerumfragen sind Anträge der BfGT bisher abgelehnt worden, doch werden wir uns weiterhin intensiv dafür einsetzen, dass auch dieses Instrument für verstärkte Bürgerbeteiligung genutzt wird.


Hier die Antwort der Grünen:

Wir als Grüne stehen für ein hohes Maß an BürgerInnenbeteiligung ein. Als ein Element der BürgerInnenbeteiligung wollen wir erreichen, dass in den Ausschüssen des Rates BügerInnen als ExpertInnen angehört werden. Ein Beispiel ist die Entsendung von VertreterInnen der Schulpflegschaften in den Bildungsausschuss. Eine weitere Möglichkeit zur Durchsetzung von BürgerInnenbeteiligung ist die Einrichtung von Beiräten, die aus InteressenvertreterInnen und ExpertInnen zusammengesetzt werden. Besonders sinnvoll erscheint uns ein Fahrgastbeirat oder ein Mobilitäts-Arbeitskreis, der als unabhängige Mitbestimmung von SchülerInnen, des Jugendparlaments ebenso zu erhöhen wie die Möglichkeit zu nutzen, Kinderkonferenzen einzuberufen.


Das sind schon mal Versprechen bis hin zu konkreten Maßnahmen. Man darf gespannt sein, was der politische Alltag daraus machen wird. Es gereicht jedoch schon mal zur Freude, dass Bürgerbeteiligung nicht in der Mottenkiste zu verschwinden droht.





Freitag, 20. Juni 2014

Mitnehmen von Zielgruppen: ein Sender, eine Stadt

Die Menschen möchten mitreden. Gerne und am liebsten offensichtlich online. Diesem Wunsch wird unterschiedlich entsprochen. Zwei Beispiele machen das deutlich, auch wenn ich hier Äpfel und Birnen miteinander vergleiche, sie verdeutlichen, was möglich ist: A) Ein öffentlich-rechtlicher Sender wie der WDR lässt sich mit seiner APP was einfallen, wie man seine Zielgruppe einbindet. B) Die Kommunalpolitik (in Gütersloh) verharrt im Senden.

#WDR 2 APP 

Ungeachtet der Diskussion um den Rundfunkänderungsstaatsvertrag mit seinen Regelungen zu Telemedienangeboten, kann man es nur begrüßen, wenn ein Sender seine Hörer einbezieht, direkt beteiligt. Die APP von WDR2 etwa macht das möglich. Sie läuft auf den gängigen Systemen der Smartphones und ist ausgerüstet mit der Möglichkeit, Kommentare zu verfassen, Fotos hochzuladen, Videos aufzunehmen und zu übertragen und natürlich auch Interviews aufzuzeichnen. Der Sender macht die mobilen Bürger zu Mitgestaltern des Programms. Natürlich gehen erst alle eingesendeten Beiträge in eine Redaktion, dort werden sie gesichtet und gehen dann ggf. auf Sendung und ins Netz. 


#Mitten im Leben der Zielgruppe 

Es werden relevante Themen identifiziert, Themen werden zur Diskussion gestellt, die Meinungen der Hörer wird aktiv eingeholt. Die Abstimmungen finden ihren Weg direkt in die Sendungen und werden dort kommuniziert. Immer häufiger fließen diese Beiträge aus dem realen Leben der Zielgruppen auch in die Anmoderationen ein als ein Beleg dafür, dass der Sender nicht im Elfenbeinturm sitzt, sondern sich mitten im Leben der Zielgruppe befindet. Mal ehrlich, das sind die Beiträge, die man meistens behält - und die Verbundenheit schaffen, an denen man anknüpfen kann.







#Da, wo die Menschen sind 

Die APP zieht man sich bequem aufs Smartphone, sie ist in allen Lebenslagen zu bedienen, unabhängig von Zeit und Raum. Egal ob in der UBahn, im Büro, in der Küche, im All - die Verbindung ist nah und direkt. Auch Menschen, die man normalerweise nicht erreicht, sind erreicht. Und hier geht es auch nicht um das Einhalten von Geschäftszeiten.

Der Sender legt damit gemäß seinem Auftrag dar, dass ein digitales Angebot den gesellschaftlichen Bedürfnissen entspricht und den publizistischen Wettbewerb stärkt. Und nicht zuletzt wird damit auch einen demokratisch-politischen Ansatz eingelöst. 



#Fehlende Brücken in der Kommunalpolitik 

Als Interessierte in Sachen Kommunalpolitik frage ich mich dann immer wieder, wieso es so schleppend gelingt, diese Brücke zum Bürger eben auch in der Kommunalpolitik zu schlagen. Gerade in der Gestaltung vor Ort gäbe es so viele Möglichkeiten, den direkten Kontakt zwischen Politik, Verwaltung und Bürgern zu finden. Aber: gerade hier werden viele Chancen auf Beteiligung vertan. Nicht, weil die Menschen etwa nicht wollten, sondern wohl eher, weil hier kaum echte Möglichkeiten bestehen und die Unlust der Verantwortlichen in Politik und auch Verwaltung spürbar sind.


#Kommunikation auf Papier

Die Mehrzahl der Verwaltung - der Stadt Gütersloh aber auch in vielen anderen Kommunen - arbeiten traditionell nach dem Einbahnstraßensystem. Sie senden Botschaften und Informationen. In der Regel nicht besonders umfangreich und auch nicht besonders tiefgehend. Viele der wirklich relevanten Informationen erhält man nur auf Nachfrage oder beim sehr tiefen Stöbern in den oft versteckten Quellen. Auf Dialog basiert dieses Prinzip nicht. Dialog ist die Ausnahme. So ist die Tradition. Kommunikation erfolgt auf Papier und wird per Post zugestellt. Oder sie läuft über Telefon, im zwei-Ohren-Prinzip. Wichtige Themen bleiben also unter vier bis sechs Augen und zwei Ohren. 


                       Potenzial und Nutzen noch nicht erkannt       Fotos ak2014

Gleichermaßen verhält sich die Mehrheit der Kommunalpolitik. Das Motto "Wir kümmern uns" wird auch nur zwischen vielleicht acht Ohren und maximal acht Augen verhandelt. Selten breit und transparent kommuniziert. Ein echter Dialog entsteht hier nicht. Aber auch die Mehrheit der Bürger ist nicht wirklich mehr an diesen altbackenen Angeboten der Politik interessiert. Zu Veranstaltungen kommt kaum jemand. Zu viele Jahre hat diese Form der Politikvermittlung ins Nichts geführt. Es wurde geredet - und selten wirklich zugehört. Da erlernt das Volk das professionelle Weghören.

Gefragt wird die Bevölkerung aus/im Prinzip auch nicht. Nur einmal gerade vor knapp vier Wochen, als die Kommunalwahl lief, da hat man die Bürger sogar GEBETEN zur Wahl zu gehen. Nun müsste es besonders der Politik ein Anliegen sein, ein größeres Ohr am Bürger zu haben, mehr zu erfahren, was diskutiert wird, welche Themen bewegen und was sich das zivile Volk so denkt, wenn es um die eigene Stadt geht.

#Social Media Potenzial nicht erkannt

Die Social Media-Kanäle aber werden noch kaum genutzt. Vielleicht zum Senden, also zur Außenkommunikation. Zum Empfangen aber schon gleich gar nicht. Der Nutzen und das Potenzial der neuen Kommunikation für intern und extern ist kaum erkannt. Zudem besteht eine deutliche "Strategielücke", denn die Kommunen, und auch Gütersloh, schaffen es nicht, eine eigene Strategie aufzusetzen. Hier ist die Politik gleichermaßen gefragt, Impulse zu setzen.

Zu diesem Thema "Social Media in Verwaltungen" gibt es einen sehr aufschlussreichen Aufsatz in eGovernment Computing vom 19. März 2014: Die Berührungsängste schwinden

#Reaktiviert ?

Vielleicht ist das schon mal als gutes Zeichen zu werten: Der Twitter-Account der Stadt Gütersloh nimmt nun wieder etwas Fahrt auf, nachdem über 15 Monate (!) kein einziger Tweet gesendet wurde. Der Facebook-Account  läuft zumindest mit dem Senden von stadtrelevanten Themen. Der Weg zur Interaktion aber ist noch sehr weit. Eine APP der Stadt mit der Möglichkeit der Kommentierung ist noch Zukunftsmusik. Da müsste aber auch die Politik noch ein paar Takte schneller spielen. 














Sonntag, 8. Juni 2014

Wahlbeteiligung: wie steht´s mit der Legitimation?

Die Kommunalwahl ist gelaufen. Die Ergebnisse sind bekannt, die Fraktionsgrößen festgelegt, die Sitze im Rat verteilt. Was noch fehlt ist die Größe der Ausschüsse. Spätestens bei der konstituierenden Sitzung des Rates wird auch das klar sein: wer ist wo mit welcher Stimme im Ausschuss vertreten. Im Groben ist alles geblieben, wie es war. Auch die Sondierungsgespräche, wer mit wem die 27-Stimmenmehrheit organisiert, riecht nach Altem. Die Spitzen und damit Entscheider sind allesamt noch als Spielmacher auf dem Feld. Man ist wieder unter sich in der Politik. 


                                       Wahlvolk zurück auf die Ränge                      Fotos  ak 2014 


Wahlbeteiligung stürzt ab 

Was als Stachel im Pelz bleibt, ist die historisch niedrigste Wahlbeteiligung. In Gütersloh lag sie bei 45,38 Prozent. Bei der Kommunalwahl 2009 lag sie noch bei 51,0 Prozent, 2004 lag sie knapp drüber bei 51,7 Prozent. Die Beteiligung ist damit im steten Sinkflug (übrigens NRW-landesweit) - das muss zu Denken geben. 

Noch dramatischer fällt die Auslese der Beteiligung aus, wenn man sich die Wahlbeteiligung in den einzelnen Wahlbezirken anschaut. 

#niedrigste Wahlbeteiligung

Die niedrigste Wahlbeteiligung findet sich in den Wahlbezirken "60 Innenstadt" mit lediglich 38,71 Prozent gefolgt von "120 Grundschule Sundern / Ost" mit 38,99 Prozent und schließlich "10 Kattenstroth" mit 39,05 Prozent. Die Wahlkreise gehen allesamt an die CDU, Michael Wolbeck, Nils Wittenbrink und Heiner Kollmeyer.

#höchste Wahlbeteiligung

Die höchste Wahlbeteiligung findet sich im Kirchspiel Isselhorst (090) mit 57,26 Prozent, gefolgt von "Jansuz-Korzac-Schule (150) mit 54,80 Prozent, der "Kapellenschule (190) mit 52,06 Prozent sowie "Friedrichsdorf (220) mit 50,84 Prozent Wahlbeteiligung. Offensichtlich greift hier die Kontakthypothese, d.h. die Wählergemeinschaft begreift sich noch als Einheit, man kennt sich, ist traditionell wertegebundener. Die Wahlkreise gehen auch alle an die CDU, mit Georg Hanneforth, Markus Kottmann, Raphael Tigges und Andreas Wulle.

Das Herunterrechnen von Prozenten auf reale Zahlen soll nicht erfolgen, dann sieht das Ergebnis gleich ganz fragwürdig aus, wenn etwa 20 reale Stimmen für ein Mandat reichen.

Nicht zu vergessen ist auch: 45 Prozent Wahlbeteiligung ist der Durchschnitt. Real haben es immerhin 12 von 22 Wahlkreisen NICHT geschafft, auf diesen Wert zu kommen: sie liegen darunter!



Legitimationsfrage berechtigt

Eine Beteiligung von insgesamt 45,38 Prozent wirft Fragen auf, wie stark eigentlich die Legitimation des künftigen Rates ist. Der Rückhalt in der Bevölkerung ist ziemlich gering. Diese Frage ist klar berechtigt, denn auch Bürgerbeteiligung wird immer wieder zunächst an Quoten festgemacht. Also darf man auch zurückfragen: Wie steht es mit der Festigkeit der repräsentativen Demokratie, wenn sich nur noch Wenige beteiligen?




#Ursachenforschung

Ursachenforschung wäre politisch angebracht: Wie wollen die Gesamtgewählen in den nächsten sechs Jahren damit umgehen?

Eine Erklärung kann die allgemeine Wahlmüdigkeit sein, Gütersloh ist kein Einzelfall. Die Menschen kehren sich von den Parteien ab, bleiben der Wahlurne fern weil sie keine Parteien mehr wählen wollen, sie erkennen in diesem demokratischen Akt keine Möglichkeit zur aktiven Gestaltung oder Veränderung. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass sie für die (Partei-)Politik(er) zwischen den Wahlgängen uninteressant sind.

Viele fühlen sich zudem abgeschnitten von der Teilhabe an der Gesellschaft an sich. Ein soziales Gefälle wird hier oft als Grund angegeben. Die, die sozial prekär gestellt sind und oft einen geringen Bildungsgrad erlangt haben, beteiligen sich auch hier nicht mehr.

In Gütersloh kann noch die Erfahrung dazu kommen, dass die politischen Inhalte der letzten Ratsperiode kaum im Interesse einer breiten Wählerschaft stand, zu oft ging es um Prestigeobjekte wie Stadthalle, Hallenbad und Stadtentwicklung, die nur wenigen zugute kommen. Politik segregiert in Eliten.

In Gütersloh kommt sicher auch hinzu, dass viele Versuche der Bürgerbeteiligung massiv ins Gegenteil umgekehrt sind. Hier wurde Beteiligung suggeriert und dann ins Negative gedreht. Als Beispiele gelten der Bürgerhaushalt, der Bürgerentscheid zum Theaterneubau und sicher auch der Bildugnsgipfel sowie die Schulfrage Nord und die Abstimmung zur Weberei oder die Beteiligung an der Konversion, die am Ende abriss.


#Kommunikation war wahlgesteuert

Die kommunale Politik in Gütersloh erreicht die Bürger nicht mehr. Nun haben sich die Volksvertreter kurz vor der Wahl sehr ins Zeug gelegt, mit ihren Infoständen und Hausbesuchen und Pressemitteilungen sowie mit ihren Kommunalwahlprogrammen. Die Kommunikation zwischen den Wahlen aber wurde nur von ganz wenigen Politikern wirklich genutzt, um ins Gespräch zu kommen. Auch die neuen Medien als ureigene Kanäle für Politiker und Parteien waren die meiste Zeit verwaist. Das ändert sich ganz langsam, ist aber sicher auch der Wahl zu verdanken. Man darf gespannt sein, wie sich das Engagement hier weiter entwickelt.


Bürgerbeteiligung als Ausgleich

Die schlappen 45 Prozent dürften hier also als deutliches Signal erkannt werden, dass die Bürger auf Mitnahme zwischen den Wahlterminen warten. Das spricht dafür, dass Politiker aller Farben ihre Kommunikationsbemühungen verstärken und in den Jahren ihrer Mandatstätigkeit mehr auf die Bürger zugehen, sie öfter befragen, direkt einbinden, informieren, diskutieren, Alternativen für Lösungen finden und schließlich auch mehr erklären, mehr antworten (müssen), warum sie welche Entscheidung fällen. 




Wort- und Tatenlosigkeit werden die nächsten sechs Jahre nicht überbrücken können. Moderne Beteiligung entspricht der Haltung der Menschen, das ist zunehmend mehr gefragt als traditionelle Politik in altem Stil. Die Herausforderungen sind größer als dass ein Kreuz am Wahltag reichte.

Es ist jetzt Zeit für klare Regeln für Bürgerbeteiligung: hat die Politik den Willen dazu? Was beinhaltet Beteiligung künftig? Wie beteiligungsorientiert sind Politik und Verwaltung? Welche Leitlinien gibt es? Und am Ende doch noch mal: die lokale Demokratiebilanz gibt Aufschluss über den Prozess und ein konkreter Ansprechpartner für Beteiligung ist notwendig. Es ist nicht nur Sache der Bürgermeisterin, da macht es sich der Rat zu leicht.

Was die 45 Prozent notwendig macht ist: eine offene Diskussion darüber, was uns Demokratie künftig wert ist - und wie mehr Menschen mitgenommen werden können.