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Donnerstag, 8. September 2011

Königsdisziplin Haushaltsrecht

Budgetrecht und Entscheidungen über Haushaltsfragen werden gerne als "Königsdisziplin" der Parlamente gepriesen. Gemeint ist damit in erster Linie, das Verwalten der Finanzen sei die anspruchsvollste in einer Gruppe von Disziplinen und Fertigkeiten in der Politik. Klingt logisch, denn ohne Geld ist auch der beste Staat heute nicht mehr zu machen. Das ist wohl Fakt auf allen Ebenen: im Bund, im Land, in der Kommune.

Dieser trüben Tage der Haushaltseinbringungen und Rettungsschirme allerdings gewinnt diese Diskussion einen ganz besonderen Beigeschmack. Da wird Demokratie so deutlich wie nie an "Geld" geknüpft. In Berlin wie in Gütersloh.

Dabei ist es allein schon eine interessante Sprachkombination: Demokratie und König. Bedeutet das, Volksvertreter ticken allesamt royalistisch und behalten die Taler allein für ihre "Reiche" (auch schön!) im Auge?

Köngisdisziplin: Wer spielt, wer schaut zu?
Mal Ja mal Nein
Wir in Gütersloh befinden uns auch genau an diesem Punkt. Der Bürgerhaushalt geht in die zweite Runde. Und es war und ist immer wieder strittig, wer eigentlich das Sagen hat, wofür das Geld der Stadt ausgegeben wird. Die politischen Vertreter pochen auf die Repräsentativität, sie seien durch das Volk gewählt und damit allein legitimiert, diese Entscheidung auch zu fällen. In der ersten Runde haben sie die Bürger auf Druck der Straße ein wenig mitmischen lassen. Das war auch der Finanzkrise geschuldet, als die Stadt haarscharf an der Haushaltskonsolidierung vorbeigeschrammt ist und die Bürger plötzlich verstanden haben, dass Streichungen im Haushalt sie alle treffen wird. Und mobil wurden.
Die zweite Runde fällt nun in eine etwas komfortablere Finanzepcohe der Stadt (wie lange?). Geld zum Ausgeben wäre also da. Nun hat man sich darauf geeinigt, die wirklich partizipativen Elemente so klein wie möglich zu halten. Auch auf die Gefahr hin, dass dann Beteiligung nur noch im Promillebereich stattfindet. 

Gleich geblieben aber ist:
Der Bürger "wählt" dieses Parlament. Und überträgt als Souverän seine Stimme an die Volksvertreter für eine gewisse Zeit, bis die Wahlen sich wiederholen und ggf. eine andere Konstellation zustande kommt und der Volksvertreter abgewählt werden könnte. Wenn nun diese legitimierten Vertreter aktiv werden und insbesondere Geld einnehmen und ausgeben (wie gesehen die Königsdisziplin), dann müssen sie sich der übertragenen Legitimtät gegenüber auch verantworten und ihrer politischen Rolle gerecht werden: sie müssen sich erklären und dem Souverän (also uns) transparent machen, wofür und warum Geld ausgegeben und eingenommen wird. Geld auszugeben ist bekanntlich einfacher, wenn man nur für kurze Zeit gewählt ist und Schulden ggf. von der nachkommenden Politikerschar und Bürgerschaft(!) bezahlt werden müssen. Steuergeschenke werden ja manchmal mit Stimmen belohnt.

Und hier entsteht immer deutlicher die Lücke: Die Gewählten unterlassen genau das, was zu einer Krise der Legitimation führt - nämlich Bezüge herzustellen, zu argumentieren, Perspektiven aufzuzeigen. So kann die Bürgerschaft der Politik nicht mehr folgen. "Die machen doch eh, was sie wollen" steht am Ende dieser Kette. Das war im letzten Verfahren so, das ist in diesem Verfahren so. Gekoppelt an die Tragweite, dass diesmal sogar der Hauptausschuss eine Vorentscheidung fällt, bevor dann über den Rest der Bürgervorschläge abgestimmt werden kann. 

Und dann?
Ist das Fazit also: Leere Kassen - wir fragen mal die Bürger? Volle Kassen - wir geben das Geld nach Königsdisziplin aus? Also lieber allein?

Die Frage ist: Was passiert auf Dauer, wenn nun die Kassen immer leerer werden? Die Spielmasse für die Königsdisziplin geringer wird - oder schlimmstenfalls ganz ausbleibt und eine Stadt im Minus steckt?

Ist es etwa dann wieder oportun, die Bürger zu fragen?