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Sonntag, 12. Juni 2011

Streit um Bädertarife: Ping Pong der Verantwortlichkeiten

Der Bäderprotest in Gütersloh: Ping Pong der Verantwortlichkeiten zwischen dem Rat der Stadt und den Stadtwerken. Politiker tauchen ab. 

Who is who?
Die Stadtwerke Gütersloh GmbH (SWG) ist das öffentliche Versorgungsunternehmen der Stadt Gütersloh. Sie versorgen die Stadt mit Gas, Strom und Wasser. Außerdem sind sie für die Schwimmbäder und den ÖPNV in Gütersloh verantwortlich. Auf der anderen Seite ist der Rat der Stadt. Er entsendet zahlreiche Personen in den Aufsichtsrat: An erster Stelle steht die Bürgermeisterin Kraft ihres Amtes, sie ist Vorsitzende des Aufsichtsrates der SWG GmbH. Dann kommt bereits die Kämmerin der Stadt, Christine Lang, in der Funktion der Gesellschaftsvertretung für die Stadt, dann sitzt im Aufsichtsrat der Beigeordnete Josef Löhr. Und an nächster Stelle im Aufsichtsrat kommen die Ratsleute der verschiedenen Fraktionen: Dr. Thomas Förster und Wolfgang Harbaum (CDU), Dr. Siegfried Bethelehm und Dr. Thomas Krümpelmann (SPD), und schließlich der Vertreter der Grünen, Hans-Peter Rosenthal. Alle Mandate aus der Politik ergeben sich nach Parteiproporz. Die kleinen Fraktionen sind nicht vertreten. 

Ping -

- Pong









Bäderprotest 
Seit der Eröffnung der Freibadsaison erhitzen sich die Gemüter über die von den SWG enorm erhöhten Preise für die Gütersloher Bäder und die eingeschränkte Nutzung der Welle. Das Freibad der Welle soll nicht mehr separat nutzbar sein, sondern ist an das Freizeitbad gekoppelt. Die Prosteste endeten in einer Unterschriftenliste einer Bürgerinitiative, die Maria Unger übergeben wurde. Der Aufsichtsrat hatte die Preiserhöhung und die Abschaffung der Familiensaisonkarte einstimmig und ohne Gegenstimmen in seiner Sitzung am 15. März 2011 beschlosse. Das erfährt der Bürger aber nur, wenn die Stadtwerke das so wollen, also mittels Presse. Das Aufsichtsrats-Gremium tagt nicht öffentlich.

Im Aufsichtsrat nun wirken und entscheiden die obigen Personen. Es sind die gleichen Menschen, die kurze Zeit später auch im Rat mitentscheiden: Nach der letzten Ratssitzung am 20. Mai 2011 hatte sich der Rat nach diesen massiven Bürgerprotesten entschieden, die Entkopplung zumindest doch nochmal rückgängig zu machen. Die Preise allerdings sollten unverändert hoch bestehen bleiben. Nun hat wiederum der Aufsichtsrat der Stadtwerke Gütersloh (SWG) in seiner Sitzung am Donnerstag die Geschäftsführung beauftragt, kurzfristig noch einmal die finanziellen Auswirkungen einer separaten Öffnung des Welle-Freibads darzustellen und dem Aufsichtsrat zur Entscheidung vorzulegen. Merke: Der Rat beschließt über den Wirtschaftsplan der Stadtwerke und verordnet das Sparen. Zum Beispiel weil man in Zukunft die TWE bezahlen muss. (Sechs-Millionen-Euro-Investition zur Reaktivierung, beschlossen durch die Stimmen der CDU, Grüne, UWG, die die Mehrheit im Rat inne haben).

Ein heikles Versteckspiel
Demokratiepolitisch ist das ein heikles Spiel. Denn die demokratische Einflussnahme der Bürgerschaft endet genau am Knotenpunkt dieser personellen Verquickung. In Personalunion entscheiden Politiker und Aufsichtsräte in unterschiedlicher Haltung über die gleiche Sache. Und können lediglich in ihrer Funktion als Politiker in politische Verantwortlichkeit genommen werden. Selbst im Rat müssen sie aufpassen, in welcher Funktion sie eigentlich sprechen: Als Volksvertreter und damit für die Bürger - oder als Aufsichtsratsmitglied und damit dem Wohl des Unternehmens verpflichtet.

So ist ein Abtauchen in die Verantwortungslosigkeit einfach. Und dabei befinden sich die Politiker selbst in einer Zwickmühle, denn streng genommen dürfen sie auch in ihren Fraktionen nicht über die Inhalte der Sitzungen des Aufsichtrates berichten. Geschweige denn, das Volk informieren, wie sie als Volksvertreter das Volk vertreten haben. 


Wirkungslose Bürgeranträge
Bürgeranträge wie die der Initiative "Pro Freibäder" etwa enden also fakultativ wirkungslos im Hauptausschuss der Stadt. Dieser hatte den Antrag an den Rat verwiesen. Der Rat wiederum entscheidet nur eingeschränkt, spielt an die Stadtwerke zurück. Die Bürgermeisterin und Vorsitzende des Aufsichtsratsgremiums nimmt die Unterschriftenliste mit zur nächsten Sitzung des Aufsichtsrates. Was allerdings daraus wird: Fragezeichen! Ein Informationsrecht haben die Bürger nicht. Ein Verwirrspiel um Entscheidungen, welches kaum zu durchschauen ist.
Und wo Bürgerbeteiligung krass ein Ende findet. Der Prozess ist wenig transparent - und mangelnde Transparenz ist fossiler Brennstoff für jede Art von Parteienverdrossenheit. Es ist ein Grundproblem, wenn immer mehr Kommunales in die Form der Gesellschaften übergeht und damit quasi der Einflussnahme des Souveräns entzogen ist. 

Ein Rezept zur Vermeidung wird gerade wieder einmal aktuell diskutiert: Rekommunalisierung und kommunale Daseinsvorsorge unter nachhaltigen Gesichtspunkten. Das ist in der Regel keine Frage der Finanzen, sondern eine politische Entscheidung einer Kommune. 

Nächstes Problem am Beckenrand
Wer glaubt, dieses Problem der Verquickung und Intransparenz sei mit den Bäderpreisen erst einmal vom Tisch - der irrt. Die Stadtwerke bleiben ein Thema, denn auf der Tagesordnung steht demnächst die Entscheidung über ein (neues ?) Hallenbad. Wer trifft diese Entscheidung eigentlich, und wer zahlt? Und dann sind die Stadtwerke auch noch für einiges Anderes verantwortlich: Wasser, ÖPNV ... alles Fragen, die den Bürger sehr direkt angehen.