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Sonntag, 30. März 2014

Neu: Ein Einzelkämpfer tritt an

Die Kommunalwahlen bieten in diesem Jahr eine Besonderheit: ein Einzelkämpfer ohne Parteibindung oder Wählergruppierung im Hintergrund tritt in einem einzigen Wahlkreis der Stadt an. Wahlkreis 60, Innenstadt. Sein Name: Peter Bunnemann. Dieser Tage wird er in einem Stadtmagazin vorgestellt. 

                             auf dem Weg ins Rathaus...                   Fotos ak 2013
Mich treibt die Frage um, wie das eigentlich verfassungstechnisch geht und was die kommunale Wahlordnung NRW dazu sagt. Ein solches Beispiel könnte Schule machen und den Willen nach Mitgestaltung der Bürger auch bei Wahlen stärker in den Fokus rücken. In NRW hat nämlich bisher jeder Wähler nur eine Stimme. In Bayern, Bade-Württemberg, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und in Hessen ist das anders, hier haben die Wähler so viele Stimmen wie Sitze zu verteilen sind und Kumulieren und Panaschieren sind erlaubt. Also Stimmen häufeln und verteilen auch über Parteigrenzen hinaus. Auch Einzelbewerber sind hier u.a. aus diesem Grund häufiger zu finden. Wähler dürfen teilweise sogar eigene Vorschläge direkt auf den Wahlzettel schreiben.

Bis zum 7. April 2014 müssen die jeweiligen Wahlvorschläge für Gütersloh dem Wahlleiter, das ist die Bürgermeisterin Maria Unger, eingereicht werden. Dieser Termin findet sich bereits im Amtsblatt 18/2013.

Was den Vorschlag für Einzelbewerber angeht, findet sich hier schon ein Hinweis:


"Die Wahlvorschläge dieser Parteien und Wählergruppen müssen ferner in Wahlbezirken bis zu 5000 Einwohnern von 5 Wahlberechtigten des Wahlgebietes persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein (Unterstützungsunterschriften); dies gilt auch für Wahlvorschläge von Einzelbewerbern, es sei denn, dass sie in der zu wählenden Vertretung einen Sitz auf Grund eines Wahlvorschlages haben, in dem sie als Einzelbewerber benannt waren, und der Wahlvorschlag von ihnen selbst unterzeichnet ist. Die Wahlberechtigung ist nachzuweisen. Die ordnungsgemäße Unterzeichnung mit dem Nachweis der Wahlberechtigung der Unterzeichner bis zum Ablauf der Einreichungsfrist ist Voraussetzung für das Vorliegen eines gültigen Wahlvorschlages (...)."


Wahlausschuss prüft 

Im Anschluss an diesen Termin (7.4.) tagt am Donnerstag, den 10. April 2014 der Wahlausschuss der Stadt Gütersloh in seiner 4. Sitzung. Bisher ist noch keine Tagesordnung online eingestellt. Mitglieder im Wahlausschuss sind übrigens nur fünf Personen, alle stimmberechtigt: Den Vorsitz hat Bürgermeisterin Unger inne, die CDU stellt zwei Mitglieder, nämlich Kollmeyer und Paskarbies; die SPD stellt ebenfalls zwei Mitglieder, Brambrink und Ostermann. 

Der Wahlleiter legt dem Wahlausschuß alle eingegangenen Wahlvorschläge für die Wahlbezirke vor und berichtet ihm über das Ergebnis der Vorprüfung. Die genannten Fünf entscheiden dann über die Gültigkeit der Wahlvorschläge. Der Wahlleiter gibt die Entscheidung des Wahlausschusses im Anschluß an die Beschlußfassung unter kurzer Angabe der Gründe bekannt und weist auf den zulässigen Rechtsbehelf hin. Über die Sitzung ist eine Niederschrift zu fertigen. Bei Beanstandung gibt es die Möglichkeit des Einspruchs. Alles zu finden in §25 der KommunalenWahlordnung des Landes NRW.




Sollte der Einzelbewerber es also schaffen, die Mehrheit des Wahlkreises auf sich zu vereinigen, wäre er Ratsherr. 

Wer in welchen Ausschuss?

Aber: Dann wird es wieder spannend. Die Frage bleibt am Ende, wie ein Einzelbewerber in welchen Ausschuss kommt. Als Einmann-Politiker hat man in der Regel keinen Zugang zu den Ausschüssen - und auch kein Stimmrecht. Es ist sogar teilweise so, dass die Betreffenden nicht einmal in der Ausschuss-Runde sitzen dürfen.

Generell kommt es auf die Auszählung der Stimmen nach dem Zählverfahren nach Sainte-Laguë an. Das ist auch für die anderen kleinen Parteien wichtig. Mit diesem Instrument können die politischen Kräfte im Rat "spielen", etwa, wenn die Ausschussgrößen politisch festgelegt werden und man durch den Divisor der Stimmen die "Kleinen" etwa "rauskegeln" kann - oder großzügig arbeitet, so dass die Verteilung "repräsentativ" bleibt. Die großen Parteien haben hier traditionell die "besseren Karten". Die Frage stellt sich, ob ein Einzelner überhaupt einen Zugriff bekommen kann?

Kommt also ein Einzelbewerber zwar in den Rat, bedeutet das noch nicht, dass er in Fachgremien überhaupt zum Zuge kommt. Der Rat ist das letztentscheidende Gremium. Alles, was hier reinkommt, ist im Grunde bereits in den Ausschüssen verhandelt worden. Es kann hier zwar immer noch zu anderen und unerwarteten Entscheidungen kommen, insbesondere bei Kampfabstimmungen oder niederschwellig strittigen Themen - das große Schwungrad umdrehen kann man in der Regel aber kaum mehr. Was man kann, ist reden.

Um als Einzelkandidat überhaupt politischen Erfolg zu haben, braucht es folglich andere Wege. Vielfach wird die Stimme zur Mehrheitsbildung von den anderen "eingeworben". Oder es findet seinen Niederschlag in spektakulärer oder herausragender Kommunikation. Die Schwelle zum Populismus ist dabei schnell überschritten. Um einen Kulturwandel hin zu mehr sachbezogenen Einzelvertretern zu etablieren, bräuchte es mehr. Die Mitgliederschmelze der politischen Volksparteien und die anhaltende Politikerverdrossenheit wird hier in Zukunft neue Wege möglich machen. Auch der Wille der Gesellschaft auf mehr Teilhabe und mehr Auswahlmöglichkeiten bei den Listenaufstellungen / Kandidatenküren wird die Diskussion befeuern.

Bis jetzt ist aber im Fall des aktuellen Einzelkandidaten wahrscheinlich: a) er bekommt keine Mehrheit in seinem Wahlkreis und scheitert b) er kommt in den Rat und erkennt die beschränkten Möglichkeiten der Einflussnahme als Einzelner und c) er tritt im nächsten Jahr im Oktober 2015 als Bürgermeisterkandidat wieder an. 

Die Kandidatenaufstellung der jeweiligen Gruppierungen und Parteien erfolgt mit Sicherheit kurz nach der Kommunalwahl. Und wenn er schon mal in Wahlkampfstimmung ist.....






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