Heute ein Einblick in meinen beruflichen Blogbeitrag... weil das auch für Gütersloh von Interesse ist....
Wir sind
viele. Wir sind Vielfalt.
Das
sagen nicht die üblichen Nerds der Integrationsdebatte, sondern das
formuliert der WDR, größter Sender in Nordrhein-Westfalen. Und
nimmt das als Motto, um das 10-jährige Bestehen eines
Integrationsbeauftragten im WDR zu feiern. Dieser Beauftragte heißt
Dr. Gualtiero Zambonini, korrekt nennt sich das Amt „Beauftragter
für Integration und kulturelle Vielfalt des WDR“.
Gekommen
waren Viele zur Jubiläumsfeier ins Funkhaus am Walraffplatz in Köln. Damit hatte man wohl nicht wirklich
gerechnet, denn der Saal war voll. Der Rest musste stehen, der Rest
des Restes verfolgte die Veranstaltung im Foyer via livestream –
ganz gemütlich im Sessel mit ausreichend Beinfreiheit.
Vielfalt unterm Dom diskutiert Fotos ak 2013 |
Die
Bekenntnisse zu eben dieser Vielfalt zogen sich durch das Programm
wie der berühmte rote Faden.
Eva-Maria
Michel, stellvertretende Intendantin des WDR eröffnete: Die
Integration der Neuzuwanderer werde nur gelingen, wenn die Teilhabe
der bereits hier lebenden Migranten anerkannt und gelebt werde.
Dieser Prozess der Veränderung zöge sich durch alle Lebensbereiche
der Menschen, Bildung, Kultur, Medien, der WDR stehe in besonderer
Verantwortung, diesen Prozess abzubilden und zu begleiten.
Mit der
Einrichtung von Funkhaus Europa, Cosmo TV, dem Journalistenprogramm
Grenzenlos sei das geschehen.
Fritz Pleitgen als einer der Ideengeber für die Einrichtung eines Integrationsbeauftragten im Sender ging gleich zwei Schritte weiter. Einmal das Mikrophon in der Hand, ließ er dies nicht mehr los und formulierte neue Ziele: Er sei vor Jahren aus den USA zurückgekehrt und von der progressiveren Haltung dort beeindruckt gewesen, Affirmative Action habe ihn begeistert. „Man muss mehr machen als die Dinge auf sich zukommen zu lassen“, war ihm daher auch für Deutschland klar. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse eine Vorbildfunktion einnehmen und voran gehen. Die Frage stand im Raum, was es eigentlich bedeute, sich mit Vielfalt auseinander zu setzen. Durch die oben genannten Sendeformate habe man vieles erreicht. Dennoch habe er weitere Wünsche: jetzt sei der nächste Schritt an der Reihe – den Mitarbeitern mit Migra-Geschichte müsse der Weg in die Top-Positionen im Sender ermöglicht werden, es brauche dazu einen Masterplan. In 3 Jahren Abteilungsleiter, in 5 Jahren Hauptabteilungsleiter – in 10 Jahren eine Intendantin/ein Intendant mit Migra-Geschichte.... ? - stellte Pleitgen seine Vorstellungen in den Raum.
Die
Bundesbeauftragte für Migration und Flüchtlinge, Prof. Maria
Böhmer, war aus Berlin per livestream zugeschaltet – sie
gratulierte. Und wurde als erstes mit der Frage der Moderatorin Elif
Şenel konfrontiert, was sie
denn zur Diskussion im Dt. Bundestag zur Doppelten Staatsbürgerschaft
sage. Antwort: 95% der Betroffenen entschieden sich für die
Beibehaltung der deutschen Staatsbürgerschaft. In der 3. und 4.
Generation gehöre man doch schließlich zu Deutschland. Die alten
Wurzeln seien wichtig, jeder trage etwas von seiner Kultur ein, jeder
müsse verantwortlich sein, um Heimat Deutschland sagen zu können.
Wir wachsen zusammen auf, das sollten wir auch ja sagen zu
Deutschland.
Auf die
Frage, welche Rolle Medien für das Zusammenleben spielten, kam der
Hinweis Böhmers auf die Entwicklungen, die sich aus dem Nationalen
Aktionsplan Integration dazu ergeben hätten: Die Vielfaltfinder als
Internetplattform für Experten mit Migra-Geschichte, das
Mentorenprogramm für Journalisten, der Mediendienst Integration. Die
Anstöße zu diesen Errungenschaften seien auch aus dem WDR gekommen.
Der
Integrationsbeauftragte kam nun auch zu Wort, es waren artige
Gedanken des Dankes.
NRW-Integrationsminister
Guntram Schneider nahm den Ball Pleitgens auf und unterstützte das
Ziel: „Menschen mit Migrationshintergrund sollen nicht nur bei den
Indianern zu finden sein, sondern auch bei den Häuptlingen.“
Schlüsselpositionen müssten mit Migranten besetzt werden, etwa die
Programmverantwortlichen.
Ein Lob
folgte gleich: „Der WDR sorgt dafür, dass der Laden (NRW)
zusammenhält.“
Moderator
Till Nassif hakte nach: Brauchen wir eine Quote?
im Saal und im Foyer: Vielfalt in der Diskussion Foto ak 2013 |
Integrationsbeauftragter
Zambonini vorsichtig: keine Quote, sondern Ziele. (Bei dem Thema
merkt man als Zuschauer gleich, wie heiß das ist, eine konkrete
Aussage dazu bekommt man selten bis nie.) Er führte aus, dass nicht
die Zahl entscheidend sei, sondern die Einstellung. Es bedeute eine
Kompetenzerweiterung für die Gesellschaft, die sich wandele.
Nassif
gab den Ball an Minister Schneider: Mehr Migranten sollten doch auch
im öffentlichen Dienst arbeiten, etwa bei der Polizei. Hier komme
man nicht wirklich voran?
Schneider
erklärte, man sei hier weiter als gedacht. Einer anonymen Befragung
zufolge habe sich ergeben, dass 12 % der Menschen mit Migra in
höheren Positionen beschäftigt seien. In der Polizei habe sich da
viel getan. Schneider betonte in dem Zusammenhang, dass NRW mehr
LehrerInnen mit Migrationsgeschichte brauche, da auch die
Schülerschaft mit Migrahintergrund ansteige. Aber solche Steuerung
falle nicht vom Himmel. Behörden müssten so strukturiert sein, dass
man den Anteil an Migranten auch erkennen könne. Hier flocht er ein,
der Begriff „Migrationshintergrund“ sei deutlich zu schwammig.
„Wir sind weit davon entfernt, eine Mehrheitsgesellschaft zu sein,
sondern wir sind eine Gesellschaft, die zunehmend aus vielen
Minderheiten besteht.“
Ich kann
nur ein paar Highlights an dieser Stelle wiedergeben, das Programm
war umfassend!
Beeindruckt
hat mich das Projekt der WDR-Bigband Global Dance Culture XL.
Sängerinnen mit vielen Wurzeln zusammenzubringen.
Ein
wenig Essig in die Feierstimmung kippte der Oberbürgermeister aus
Dortmund, Ullrich Sierau in der Diskussion über die Vielfalt im
Sendegebiet. Jörg Schönenborn, Chefredakteur Fernsehen, Politik und
Zeitgeschehen, hatte zuvor vermittelt, die Integrationsgeschichte sei
zu 90 % eine Erfolgsgeschichte, trotzdem hätten es Sarrazin und
Buschkowsky geschafft, die Defizite in den Vordergrund zu rücken.
„Die Showwirklichkeit ist immer noch Neukölln.“ Hier entstand
die Frage, ob man dann nicht deutlicher auch die Normalität in den
Medien abbilden müsste, eben ohne die negativen Bilder. Schönenborn
antwortete, Journalismus funktioniere so, dass man genau dann
hinschaue, wenn es Probleme gebe. „Wir müssen uns lösen von den
Klischees.“ Hier setzte der OB an, Dortmund sei eine Stadt, die
sich zu Vielfalt bekenne. Man habe nichts dagegen, dass Menschen aus
anderen Ländern nach Dortmund kämen – Dortmund sei eine
Integrationsmaschinerie seit dem Mittelalter - man dürfe die
Kommunen damit aber nicht alleine lassen, das habe man sich bei den
Beitrittsverhandlungen nicht überlegt. Er verwies darauf, Menschen
brächten ihre Kultur und ihre Sprache mit. Und hier spielten Ängste
eine große Rolle: die Art, wie diese Ängste ins Land getragen
würden, sei auch eine Frage der Berichterstattung über Zuwanderung.
Er nannte das Beispiel einer Preisverleihung im Fußball zu Vielfalt.
Das sei zivilgesellschaftlich organisiert worden. Aber: Der WDR sei
dazu nicht erschienen, das Positive sei keine Meldung wert gewesen.
Hier müsse man deutlicher über die Rolle der Medien nachdenken.
Schönenborn
als Antwort: Das Auswählen gehöre zum Wesen des Journalismus.
Schön
noch ein paar Bemerkungen am Rande:
Der WDR
2- Sender hat keinen Moderator mit Migrationshintergrund.
Vielfalt
findet über Themen statt.
Ein Fisch muss nicht immer nur über Fische berichten.
Durchaus
viele Impulse an diesem Abend!
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