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Mittwoch, 13. Juni 2012

Was im Bildungsausschuss gesagt wurde...

Es hat doch Vorteile, wenn man selbst auf der Zuschauertribüne sitzt und der Politik zuhört. Denn: Ganz so harmlos und harmonisch war die Diskussion gestern im Bildungsausschuss nicht, als die Modellschule "Sekundarschule Nord" auf der Tagesordnung stand. Die Zeitung hat im Maul der Politik wohl nur die morschen Milchzähne, nicht aber die steilen Reißzähne beschrieben:

So zahnlos ging es nicht zu im Bildungsausschuss !

Ein kleiner Bericht aus meinem Schreibblock, den ich ab 17:50 füllen konnte:


Die Einführung des Dezernenten habe ich leider nicht mitbekommen. ...

Die (SPD) habe ich  leider auch erst zum Schluss mitbekommen. Der Bildungssprecher formulierte gerade einen Katalog an kritischen Fragen und wollte wissen, wie eigentlich mit dem nicht-lehrenden Personal verfahren wird, wenn die Schulen zusammengelegt werden: Hausmeister, Reinigungskräfte, Sekretariat etc. 

Besonders gefreut hat mich, dass er nach der inhaltlichen Ausgestaltung des Elternfragebogens gefragt hat: Wäre es nicht sinnvoll, gleich mehr Daten abzufragen und nicht nur die nach einer Sekundarschule und nur die Eltern im Norden? Er verwies auf die Nachbarkommunen, etwa Rheda, die eine offene Befragung an alle Eltern gerichtet haben, um grundlegende Daten für die Schulentwicklung zu erlangen. (Ja!! Diese Frage ist eine essentielle Frage!)

Die CDU lobte den Beschlussvorschlag der Verwaltung, kündigte aber erheblichen Informationsbedarf an, da viele Fragen offen seien. Eine davon: wie werden die Gebäude zukünftig genutzt? Wie solle man mit der Rückläufigkeit der Schülerzahlen umgehen? Die Frage wurde gestellt, ob das dann eine Stadtteilschule sei, was man gut fände, welche Auswirkungen diese aber auf die Schullandschaft habe. Auch der Fragekatalog an die Eltern war hier von Interesse. Wie sieht der Fragebogen aus? Und warum wurde das ESG (Evang. Stiftische Gymnasium) nicht als Partner für eine Kooperation mit der Sekundarschule angefragt? 


Die BfGT wurde schon deutlicher: Das Modell sei eine Chance für den Gütersloher Norden. Ein Modellversuch sei grundsätzlich richtig, die Teilnahme müsse aber erfolgreich sein. Der Erfolg messe sich an zwei Kriterien: 1. Das Schulangebot müsse bei Eltern Akzeptanz finden. 2. Der Erfolg müssen an Ziele gekoppelt sein, am Ende auch zu einer besseren Chance am Arbeitsmarkt führen. Warum soll ich als Elternteil mein Kind auf diese Schule schicken? - wurde gefragt. Um das zu beantworten, müsse man die Vorteile deutlich herausstellen. Längeres gemeinsames Lernen, das sei gut und richtig, aber das bekomme man in einer Gesamtschule auch. Und das mit dem Vorteil einer Oberstufe gekoppelt! Wenn das Modell an Vorteilen nicht "mehr" werde, dann wolle man lieber eine Gesamtschule. Es wurde der "Vorteil" der individuellen Förderung angesprochen, der umzusetzen sei, dann die Etablierung des echten Ganztages, und schließlich das gemeinsame Lernen von Anfang an. Der echte Ganztag wackele schon. Es folgte ein Rechenbeispiel mit der Zügigkeit, welches das gemeinsame Lernen in Frage stellte: Ist die Primarstufe  2- 3 zügig und die SEK 1-Stufe 3 - 4 zügig ergebe sich möglicheweise eine hohe Fluktuation nach der vierten Klasse, wenn viele Kinder doch weggehen würden. Es blieben dann nur wenige Kinder, die dann ab der 5. Klasse mit Neuzugängen gemischt würden. Diese neuen Zugänge müssten mit den Verbleibenden erst zusammenwachsen, von gemeinsamen Lernen von Klasse 1 bis 10 wäre da nicht viel übrig. Das Modell klinge zudem nach additivem Verfahren, nicht nach gemeinsamen Lernen.


Auch die "Wunschliste" der Angebote stellte man in Frage, allein die Sprachangebote seien kaum zu realisieren. Dass es noch so viele Baustellen in dieser Frage gebe, wäre ein "Güterslohspezifisches Problem": Im Normalfall habe man eine Bedarfsanalyse, dann folge die Abwägung von Vor- und Nachteilen, dann entwickele man Optionen sowie Prioritäten und schließlich ein Konzept. In Gütersloh sei das anders herum: Hier habe man am Anfang eine Entscheidung gefällt und schließlich die Entscheidungsplanung nachgereicht! Eine anlassbezogene Entwicklung hätte längst "eingetütet" werden müssen. Das ist eher ein "Showact" so die Vertreterin der BfGT. Sie nannte es sogar eine "Ex-Post-Rationalisierung" eienr früheren Entscheidung. "Wir hätten uns deutlich eine frühere Einbindung der Politik gewünscht", formulierte sie scharf. Und setzte nach: "Eine Abwendung der Schließung der bestehenden Schulen darf nicht der Grund für die Modellschule sein."


Der Vertreter der FDP stimmte dem Konzept der Verwaltung zu. Der Teufel stecke aber im Detail. Wo liege der Mehrwert der Schule wurde gefragt und auf den gymnasialen Standard verwiesen sowie auf die Differenzierung nach Klasse 7. Hier stand die Frage im Raum, wer dieses Organisationsmodell eigentlich bestimme, die Stadt GT oder die Schulkonferenz?


Der Vertreter der Linken betonte, man habe bereits eine solche echte Modellschule mit gemeinsamen Lernen von Klasse 1 bis 10, die Laborschule in Bielefeld. Ihn freue es, dass die Linken Forderung nach "eine Schule für alle" im Vorschlag der Verwaltung versprachlicht werde. Dies dürfe aber nicht nur eine punktuelle Stadtteilschule sein, sondern müsse gesamtgesellschaftlich aufgegriffen werden. Das sei eine Frage des Landes NRW. Das Projekt werde an den finanziellen Ressourcen scheitern. Wie würden zudem die Lehrer dazu ausgebildet, diese große Aufgabe zu schultern? Es sollte eine Gesamtschule werden. Er fragte auch, was denn die umliegenden Grundschulen dazu sagen würden? Die Grundschule Blankenhagen sei bei Abgabe von Kindern in ihrer Existenz bedroht und die Blücherschule sei überhaupt gar nicht befragt worden. Er hoffe, der Umstand mit der Befragung der Betroffenen werde zumindest bei der Elternbefragung besser. Die Sekundarschule sei zudem die schlechteste Form der Gesamtschule. Die Gesamtschule sei besser und nachgefragter, dies auch in den Nachbarkommunen, die sich aktuell dazu entschlossen hätten, diese Form für ihre Schulen zu wählen. Er verwies auf das Papier von Jürgen Zimmermann und nahm beim Wort, dass die Sekundarschule keine Mogelpackung werden dürfe. Man solle jetzt verantwortungsvoll und mit Ressourcensicherheit planen.

Die Vertreterin der UWG signalisierte Zustimmung zum Verwaltungsvorschlag. Das Land NRW sei schuld, dass es immer noch keine Eckpunkte für diese Modellschule gebe, die Stadt müsse das nun ausbaden...Die Schule sei kein Experimentierfeld, sondern nichts Neues. Das derzeitige Schulsystem entspräche nicht mehr dem Stand der Dinge. Es gehe nicht darum, den Standort Nord vor dem "worst-case" zu bewahren, sondern den Schülern "etwas Einmaliges" zu bieten.  Es sei eine Entwicklung, man werde Fehler machen, man brauche Mut zur Lücke!


Der Vertreter der Grünen formulierte, man habe in der Fraktion noch eine Menge offene Fragen. Grüne seien sich noch nicht schlüssig. Man hege Sympathie für das Modell, um im Norden eine Schule mit Sekundarstufe zu erhalten. Die Frage laute, wo liege der Bedarf, wo sei der Mehrwert dieser Schule? Düsseldorf wolle ein Angebot machen, welches über dem Normalmaß liege. Er warf die Frage auf, ob das nicht sehr optimistisch sei: 23 Kinder pro Klasse? Ob das kommen werde, da sei man sich nicht sicher. Ebenso kritisch hinterfragte er den Ansatz, die Klassen doppelt zu besetzen. Ob Düsseldorf das bezahlen wolle, bei Grüns keine Ahnung! Es hänge davon ab, was Düsseldorf für Vorgaben mache. 
Man erkenne einen großen Bedarf an Gesamtschulen, der bisher nicht gestillt werden könne. Aber es gebe auch den Demographischen Wandel und die anderen gerade entstandenen Gesamtschulen im Umfeld. Er fragte Details nach der Fortschreibung der Schülerzahlen in der Vorlage über das Jahr 2017 hinaus. Die Rückläufigkeit verteile sich ja noch auf die gesamte Schullandschaft, so dass es keine Schulschließungen geben werde. Wie wirke sich diese neue Schule aber auf die umliegenden Schulen aus, wollte er wissen. "Wir planen ohne Plan!" mahnte er. Man solle erstmal den Schulentwicklungsplan abwarten, forderte er. Er verwies auf den Antrag der Grünen vor knapp zwei Jahren, als es um die mögliche Errichtung einer Gemeinschaftsschule ging, dieser Antrag wurde gestoppt mit dem Hinweis, man wolle zunächst den Schulentwicklungsplan abwarten. Nun entscheide man über eine andere Form, habe aber immer noch keinen Plan. Auch er verwies auf die Notwendigkeit einer genauen Elternbefragung, um den Bedarf zu erfassen. Wie soll der Fragebogen formuliert sein? Sollen nicht auch alle Schulformen abgefragt werden? Kritisch hinterfragt wurden die vond er Verwaltung ausgewiesenen Zahlen für eine mögliche Oberstufe in dem Schulmodell, die offensichtlich zu gering ausgewiesen worden seien.

Am Ende griff der Dezernent die Fragen zu einem ersten Abschluss auf: An den meisten Stellen sei man sich einig. Es seien viele Fragen offen, nicht nur im Ausschuss, sondern auch im Land, denn das brauche noch bis Mitte Juli, um Eckpunkte zu formulieren. Er entnehme den Äußerungen der Politik, dass Zustimmung zum Vorhaben vorliege. Es sei heute die 1. Lesung gewesen, nach der Sommerpause gehe es am 4. September weiter. 
Es werde in Gütersloh nicht in der Bildungspolitik geschludert, weist er zurück. Die Verwaltung verarbeite alle Informationen. Man arbeite selbst an dem Konzept, unterstützt durch die Schulaufsicht, die Schulleitungen, gepaart mit der Verwaltungserfahrung der vergangenen Jahre im Aufstellen von Schulentwicklungsplänen, es handele sich um eine anlassbezogene Schulentwicklungsplanung: "Also haben wir einen Plan!", stellte er fest. 

"Wo ist der Mehrwert", griff er auf: Was sind die wesentlichen Anliegen der Eltern? Das sei längeres gemeinsames Lernen sowie das längere Offenhalten eines hochwertigen Abschlusses. Die Schulleiter hätten schon Ideen dazu, so dass die "Bruchstellen" nicht mehr sichtbar seien. Man müsse aber den Eltern die Möglichkeit zum Wechsel ihrer Kinder nach der 4. Klasse und zum Zuschulen fremder Kinder in die 5. Klasse einräumen.
Die Schule sei zudem eine Stadtteilchance. Man habe in Gütersloh ein gut gegliedertes Schulsystem. Und jetzt habe man die Chance auf Erweiterung dieses Angebotes. 


Man wisse zudem, welche Vorteile eine Grundschule in Blankenhagen habe, darüber müsse man hier nicht diskutieren, erklärte er. (Schade, das wäre mal eine echt spannende Diskussion, die man sehr wohl führen darf!)

Bei den Gesamtschulen sehe er keine Bedarf für eine weitere Oberstufe, siehe auch die Oberstufen in den umliegenden Schulen. Die Modellschule sei kein Experiment! wies er zurück. Da lägen auch Risiken drin, aber man greife alle die Ziele auf, die auch aus der Forschung heraus als gut und richtig gelten. Auf die Frage, was mit dem nicht-pädagogischen Personal an den Schulen passiere, habe man heute noch keine Antwort. Auch der Rückgang der Schülerzahlen sei kein Problem, der verteile sich kleinteilig, so dass man nicht sagen könne, man habe einen Schulstandort über. (hat  man schon einmal gedacht, dann ist die Astrid-Lindgren-Schule geschlossen worden)


Wenn die Stadt am Schulmodell teilnehmen wolle, müsse das bis zu den Anmeldungen zu den Grundschulen im November klar sein, also abgestimmt. Sonst bestehe das Risiko, leer auszugehen. 


Die Schulverwaltung kündigte Informationstermine für die "betroffenen" Eltern an: 18.6., 19.6. und 25.6. in den Schulen Freiherr vom Stein und Anne Frank sowie für Kita-Kinder.


Das ESG wurde nicht gefragt, weil die Schule selbst gerade zu viele Projekte verfolgt.


Ob die Anregungen zum Elternfragebogen aufgegriffen werden, konnte man noch nicht sagen. Man wolle darüber nachdenken.


Der Beschluss wurde im Ausschuss einstimmig gefällt, dass die Verwaltung an dem vorgelegten Konzept weiterarbeiten solle.


So, lieber Leser. Das war viel Lesestoff. Aber auch eine Gedächtnisstütze für die weitere Diskussion - und vor allem für die politische Nachlese in Zeiten der Bilanz, was eigentlich in Bildungsfragen in Gütersloh erreicht wurde. Daher darf ein solcher Blog gerne auch mal detaillierter ausfallen, denn auf den Homepages der Parteien findet sich keine einzige Aussage zur aktuellen Bildungslandschaft -  geschweige denn zur Modellschule. Da kann jeder später Märchen erzählen, ob zahnlos oder mit Biss.... die Aussagen sind dann kaum mehr belegbar. Daher die Mühe der eigenen Mitschrift....denn in Fragen der Zukunft unserer Kinder kann man gar nicht genau genug hinschauen!







































 

1 Kommentar:

  1. Wer regiert unser Land?

    Forschungen zum Zustand der Demokratie in Deutschland
    Lesens- und Hörenswert:
    http://www.dradio.de/dlf/sendungen/studiozeit-ks/1751837/

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