Bild

Bild

Samstag, 24. März 2012

Vielfalt in der Mitte der Gesellschaft verankern!

Heute poste ich mal etwas aus meiner Berufswelt - allerdings mit einem direkten Bezug auch zu Gütersloh. Am Donnerstag war ich auf einer Veranstaltung der Bertelsmann Stiftung mit dem British Council in Unter den Linden 1 in Berlin. „Diversity matters! Vielfalt in der Mitte der Gesellschaft verankern“ - so das Thema.
Prof. Maria Böhmer, Bundesbeauftragte für Integration, Berlin
Die Frage, wie eigentlich die Stadt, die Politik - oder "wir" alle diese Aufgabe für Gütersloh meistern wollen, ist auch bei uns noch nicht beantwortet: Da geht noch mehr!

Der Antrag der Jusos übrigens war ein erster guter Schritt, um einen der vielen Themenaspekte ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu holen. Sie fordern den Rat, die Stadt auf, alle städtischen Gütersloher Schulen aktiv beim themenbezogenen Unterricht und bei Projekten gegen Nationalsozialismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und das Engagement von SchülerInnen für Demokratie und Zivilcourage zu unterstützen.
 
Die Keynote hielt Prof. Dr. Maria Böhmer, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Ihr Motto: „Die Anerkennung von Vielfalt in Deutschland“.
Ich habe mich bemüht, möglichst umfassend mitzuschreiben. Hier ein Auszug: 

Vielfalt ist eine Chance für unser Land und wir wollen sie praktizieren!“, ließ Prof. Maria Böhmer keinen Zweifel. Sie nahm den Titel der Veranstaltung gerne auf: „Diversity matters“ - als ich den Titel der Veranstaltung las, konnte ich Ihre Einladung nicht ablehnen“ - zu wichtig sei das Thema. Sie kam direkt von der 7. Integrationsministerkonferenz und machte deutlich, dass die Verankerung einer Willkommenskultur in der Mitte der Gesellschaft mit Hochdruck betrieben werden müsse „Wir haben hier Nachholbedarf.“ Deutschland stehe vor einem neuen Prozess. „Wir brauchen ein neues Bewusstsein, ein anderes Gefühl – ein Wir-Gefühl.“
 
Böhmer machte das deutlich anhand der Rede der Vorsitzenden der Neuen deutschen Medienmacher Sheila Mysorekar aufdem 5. Integrationsgipfel „Keine Angst - Wir sprechen deutsch“. Mysorekar berichtete dabei aus dem Alltag einer Nachrichtenredaktion, die sich erstaunt darüber zeigte, wie vorbildlich ihre Orthographie sei. 
Böhmer dazu: „Das mag beleuchten, wie der Umgang mit Menschen aussieht, die hier geboren sind, die hier aufgewachsen sind, hier zur Schule gegangen sind und eine Perspektive suchen - dann aber feststellen, dass die Türen zwar offen sind, aber sie sind in Deutschland nicht willkommen.“ Deutschland stehe vor einem notwendigen Prozess für die Schaffung einer Willkommenskultur.

Dabei reiche es nicht, eine Resolution einer anderen folgen zu lassen, etwa gegen Rechtsextremismus, gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Das neue Gefühl, das Wir-Gefühl, müsse in die gesamte Gesellschaft hineingetragen werden.
Für Maria Böhmer bedeutet Integration Zusammenhalt, Wertschätzung, sich gegenseitig zu achten. Das finde nicht nur im Kopf statt, sondern müsse auch in den Herzen stattfinden. „Integration ist eine Haltung.“, so die Integrationsbeauftragte. 
 
Von der Distanzierung gegenüber Einwanderern seien auch klassische Einwanderungsländer nicht ganz frei. Aber die Einwanderungsländer wie etwa Kanada seien da ein Stück weiter. Man könne nicht alles von dort nach Europa, nach Deutschland übertragen – aber man könne voneinander lernen, ist sich Böhmer sicher.
Was etwa hat mich an Kanada begeistert?, fragte sie in die Runde. Erstens fände hier das erste Willkommen von Einwanderern direkt am Flughafen statt, mit den Behördengängen werde man nicht allein gelassen, sondern hier würden die ersten Weichen gestellt und man verabrede sich für konkrete weitere Termine, werde begleitet.
Zum Zweiten gebe es die Familienpatenschaften für mindestens ein halbes Jahr - in dieser Zeit übernehme man Verantwortung für eine neu eingereiste Familie. Manche dieser Verbindungen hielten über diese Zeit hinaus: das gebe die Chance, „die Neuen und die Alten Einwohner“ zusammen zu bringen.

In ihrem Redebeitrag verweist sie auch auf die in Deutschland schon stattgefundene gelungene Integration etwa der Hugenotten oder der Einwanderung in den „Schmelztiegel Ruhrgebiet“ – und fragt, warum diese positive Konnotation eigentlich abgebrochen sei? Warum? Sie versucht selbst eine Antwort: „Weil wir bei den Anfängen der Zuwanderung nicht gefragt haben, wo sind die Probleme, wo können wir helfen?“ Jetzt stehe man vor der großen Aufgabe, Vielfalt als Chance zu begreifen. Vielfalt als Glücksfall und nicht als eine Bürde und Belastung.
Dieser Aufgabe wolle man sich zügig annehmen. Wie etwa im Nationalen Aktionsplan für Integration bereits im Januar 2012 dokumentiert. Darin gäbe es klar definierte Ziele, überprüfbar und konkrete Verläufe von Integration mit besonderem Fokus auf Sprache, Bildung und Ausbildung sowie Arbeitsmarkt. 
 
Nur mit nachholender Integration werden wir es nicht schaffen, wir dürfen hier nicht stehen bleiben“, formuliert sie ihr Anliegen. Begleitende und vorbereitende Integration müssten noch hinzukommen. Dieser Dreiklang werde von entscheidender Bedeutung sein.
Sie verweist auf Nazan Eckes, die formuliert habe, „ich bin keine Migrantin, sondern ein Vorteil“. Sie ermutige die Jugendlichen, nicht locker zu lassen, wenn eine Bewerbung aufgrund eines ethnischen Namens abgelehnt werde. Die auch sage, öffnet euch gegenüber der deutschen Bevölkerung - und die deutsche Bevölkerung muss sich gegenüber den Zuwanderern öffnen.
Maria Böhmer betont, das Thema werde mittlerweile von vielen Bündnispartnern gemeinsam vorangebracht. Es sei auch in der Wirtschaft angekommen, mit dem Wissen, dass Diversity ein Gewinn sei. Viele Unternehmen und auch Bundesländer hätten zudem etwa die Charta der Vielfalt unterzeichnet. http://charta-der-vielfalt.de/

Sie wirbt dafür, dass sich noch mehr daran beteiligen, über die 1.100 Charta-Unterzeichner hinaus. Vielfalt sei auch für die Unternehmen ein Gewinn, man werde innovativer, kreativer. Nun müsse es einen Brückenschlag auch in die Gesellschaft geben. Wie könne man das in der Breite diskutieren?

Auf der 7. Integrationsministerkonferenz sei auch das Thema gewesen. Die jeweilige Einschätzung in den Bundesländern sei unterschiedlich. Deutlich aber sei: dort, wo man miteinander arbeite, die Schule besuche, sich als Nachbarn treffe, dort gelinge es eher, bestehende Vorurteile abzubauen – miteinander zu reden und nicht übereinander.
Am Ende nannte sie drei Punkte zur Etablierung einer Willkommenskultur:
  1. Integrationsvereinbarungen, in der Form eines Vertrages zwischen den Neuankömmlingen und der Aufnahmegesellschaft, also Schaffung von Vernetzungsstrukturen.
  2. Gesetz zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse tritt ab dem 1.4.2012 in Kraft, jetzt seien die Bundesländer am Zug, die eigene Gesetze bis zum Herbst verabschiedet haben sollen. Hier könne auch Kanada von Deutschland lernen. Das Gesetz beinhalte die Wertschätzung der Menschen.
  3. Integrationsbeirat: Willkommenskultur unterstützen und etablieren. Vorschläge hierzu sollen im April 2012 vorgestellt werden.
Am Ende formuliert die Integrationsbeauftragte Prof. Maria Böhmer nochmal deutlich: „Vielfalt ist eine Chance für unser Land und wir wollen sie praktizieren!“

Das ist eine Richtung, die auch Gütersloh gut tut.

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen