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Montag, 5. März 2012

Sein oder Nicht-Sein: Bürgerhaushalt 2013 auf dem Plan

Es liegt eine neue (wohl letzte) Vorlage zum Bürgerhaushalt vor: für den Hauptausschuss am 12. März 2012.

Zentrale Aussage ist der Beschlussvorschlag der Verwaltung:
1. Der Wertung des Bürgerhaushalts 2012 durch die Verwaltung wird zugestimmt.
2. Für den Haushalt 2013 soll ein / soll kein Bürgerhaushalt durchgeführt werden.

Das Resümee zum Bürgerhaushalt 2012 fällt vernichtend aus. Das ist natürlich keine Überraschung. Immerhin hat es die Politik geschafft, das erste Verfahren 2011, welches seitens der Bürgerschaft sehr gut angenommen wurde, derart zu kriminalisieren und im zweiten Durchlauf mit vielen Hindernissen zu spicken - so dass der Bürgerhaushalt 2012 natürlich scheitern musste. Dazu gibt es zahlreiche Blogbeiträge und sonstige Kommentare.

vom Licht ins Dunkle: Bürgerhaushalt nach der Online-Phase
Mehr im Link:


So ist nicht erstaunlich, dass sich nun auch in der Rückschau keinerlei Kritisches zum Verfahren findet, etwa die Qualität der Responsivität der Politik. An keiner Stelle wird eine Auswertung betrieben, wie sich die gewählten Volksvertreter in der anschließenden politischen Diskussion der Vorschläge verhalten haben. Es wird mit keinem Wort darauf hingewiesen oder darauf eingegangen, dass diesmal auch die Politik eigene Vorschläge eingebracht hat. Diese waren sogar intern (im System) kenntlich gemacht durch den Zusatz "Vorschlag der Fraktion". Ein Verfahren, welches nach außen nicht transparent wurde. Wenn nun die Qualität und Anzahl der Vorschläge angeblich so schlecht waren, trifft das demnach nicht nur die Bürger, sondern auch die politischen Fraktionen selbst. Darüber findet sich kein Wort.

Auch, dass das Verfahren zweistufig betrieben wurde - und nur Vorschläge in die Abstimmung gelangten, die vorher bereits vom Hauptausschuss für "gut" befunden wurden, bleibt unreflektiert. Obwohl es einen massiven Eingriff in ein Online-Verfahren darstellt, wenn die Politik erst filtert und später über ihre Vorentscheidung nochmals entscheidet.


Es fehlt zudem eine Gesamtaufstellung der Vorschläge, in der deutlich wird, welcher Vorschlag wie abgestimmt wurde. Dieses Kompendium muss sich der Interessierte selbst zusammenbasteln. Ein Unding. Und wie schon beim ersten Durchlauf ein Knackpunkt des Verfahrens: nach der hohen Transparenz im Online-Verfahren folgt die Dunkelkammer der politischen Diksussion und Rechenschaft. Es ist, als habe man plötzlich die Kerzen der Kronleuchter im Ratssaal ausgepustet und nur der Schwefelgeruch bleibt hängen.

Und unter dem Stichwort "Ergebnisse" auf der Seite Bürgerhaushalt 2012 findet sich nach wie vor folgender lapidarer Hinweis:  "Für zahlreiche der abzustimmenden Vorschläge lässt sich kein Haushaltsvolumen beziffern. Dies hat äußerst unterschiedliche Ursachen, die bei den Vorschlägen im einzelnen dargestellt sind. Es ist deshalb auch nicht möglich, hier eine Summenbildung vorzunehmen, um im laufenden Prozess die Ergebnisse der Abstimmungen sichtbar zu machen. Die Ergebnisse können erst nach Abschluss der Abstimmphase und Auswertung dargestellt werden." Die Abstimmungsphase ist längst beendet, zudem steht der Haushalt kurz vor der Verabschiedung am 16. März. Da hätte es längst einmal eine Summenbildung geben können. Leider Fehlanzeige.

Im Blickpunkt der Verwaltungs-Bilanz stehen lediglich Zahlen der Nutzer, der Vorschläge und der Kommentare. Um schon jetzt ganz sicher zu gehen, dass das Verfahren nunmehr eingedampft wird, hat man die miese Statistik gleich mit der miesen Zahlenlandschaft aus der Nachbarstadt und dem Kreis Gütersloh gekoppelt, beide ebenfalls Tester von Bürgerhaushaltsverfahren. Mit dem Hinweis, der Kreis habe sein Unterfangen Bürgerhaushalt sofort nach der ersten Runde gestoppt. Da nutzt man also gerne das mutmaßliche Lemminge-Verhalten der heimischen Volksvertreter in der Hoffnung: wenn die Einen nicht, dann die Anderen zurecht auch nicht. (Lemminge folgen einander ohne nachzudenken, am Ende stürzen sie in den Abgrund.)

Hier hätte ich mir mehr  Mut zum wahrhaftigen Draufschauen gewünscht - zur wahren politischen Analyse: die Frage, was hätte es eigentlich bedurft, um den Bürgerhaushalt zu einem besseren Format zu machen? Hier wäre die Defizitbetrachtung positivierend gewesen. Auch wäre die Frage erlaubt: Was haben wir als Politik vielleicht falsch gemacht?

Auch der Schlenker der Vorlage darauf, dass "die" Bürger offensichtlich nur die Themen favorisieren, die ihnen persönlich am meisten bringen, weil sie direkte Vorteile davon hätten, bedient ein altes hartnäckiges Vorurteil, der Bürger bringe sich nur an seinem Gartenzaun ein. Das zudem die Politik in eben diesem Vorurteil bestätigt - und richtiggehend in ihrer Sturheit abholt. Da dürfen sich die 58 Gewählten ja die Hände reiben, dass die Verwaltung das auch so sieht. Nur hat Politik da einen anderen verfassungsmäßigen Auftrag als die Verwaltung - das scheint noch nicht angekommen zu sein.


Es ist wahrlich sehr schade, dass der Bürgerhaushalt damit wahrscheinlich zu Grabe getragen ist.


Aber die Verwaltungsleitung ist auch schlau, das muss man der Kämmerin lassen: Den wahren Todesstoß für den Bürgerhaushalt überlässt sie doch der Politik. Denn: sie macht in der Frage, ob ein Bürgerhaushalt 2013 fortgesetzt wird, einen exzellenten Schachzug: sie lässt den Bürgerhaushalt nicht gleich sterben - sondern offeriert der Politik Alternativvorschläge der Abwandlung, wie das Verfahren ggf. verändert, ver000ürzt oder vereinfacht werden könnte.

Nun liegt der Ball eindeutig vorm Fuß der Politik. Und das ist auch gut so, denn die Kämmerin und ihr Team haben sich zumindest im ersten Durchlauf Bürgerhaushalt 2011 super geschlagen, ein hervorragendes Format aufgezogen und sich großes Lob über die gedachte Offenheit im ersten Bürgerhaushaltsverfahren 2011 verdient. Daher wäre es jammerschade, wenn nur sie nun nur die Schelte einstecken müssten.


Die Politik muss jetzt Farbe bekennen, dass sie dieses unliebsame Format des Bürgerhaushaltes nicht mehr haben will. Dass sie Zahlen, Daten, Fakten aus dem städtischen Haushalt künftig lieber wieder nur für sich nutzen möchte. Ich wette, dass die ersten Fußtritte gegen den Ball schon geübt werden, damit das Ding möglichst weit weg fliegt - auf nimmer Wiedersehen. Die Trikots der Spieler sind sicher schwarz, blau-gelb, grün, bürgernah, unabhängig. Eine Mehrheit gegen den Bürger also.





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