Eine Homage an das Scheitern
Kürzlich fragte Frank Plasberg seinen Gast Norbert Röttgen, Bundesumweltminister, nach seiner Vita: "Herr Röttgenm Sie gelten als sehr klug, werden scherzhaft sogar Mutters Klügster genannt - aber ein Scheitern kommt in ihrem Lebenslauf nicht vor. Wie kommt das?"
An dem Punkt bin ich wieder wach geworden. Hellhörig sogar. Was war das dann für eine Botschaft? Scheitern als positives Ereignis? Hat hier jemand Prominentes mal ein Ohr für Menschen, die in ihrem Leben nicht alles gelungen auf die Reihe bekommen? Bisher ist der Eindruck entstanden, diese Art Talkshows würden hauptsächlich von Erfolgreichen bestückt, von Menschen, die es "drauf" haben. Und damit Aushängeschilder sind, Messlatten und Vorbilder, an die der "normale Mensch" wie ich nicht heranreicht.
Was aber ist "Scheitern"? Und wann bekommt man den Beweis, dass man gescheitert ist? Scheitern bedeutet eigentlich ganz simpel, das Fehlschlagen eines Vorhabens. Nun kann man das ganze Leben ja als ein Vorhaben verstehen. Und da sind die Vorhaben leider nicht immer selbst ausgedacht, sondern folgen den allgemeinen Regeln einer Gesellschaft.
Nehmen wir da einmal das große Feld "Schule". Denn, seien wir mal ehrlich, Schule ist oftmals das Treibhaus allen Scheiterns. Jede oder jeder, den ich befragt habe, verbindet seine ersten Scheiter-Erlebnisse sekundenschnell mit der eigenen Schulzeit. Nur einigen passiert das Scheitern leider öfter als anderen. Schulversager werden sie genannt, Sitzenbleiber, "Abgestufte", wie es im Pädagogendeutsch heißt.
Solche schlechten Schüler, aus denen angeblich nichts wird, kommen selten unbeschwert in die Schule. Daniel Pennac beschreibt sie als Zwiebel. Mehrere Schichten aus Kummer, Angst, Sorgen, Grollm ungestillten Begierden, schmachvoller Vergangenheit, bedrohlicher Gegenwart und verbauter Zukunft stehen da plötzlich in der Klasse. Diese Baustellen des Lebens und der Persönlichkeit müssen erstmal bearbeitet werden, bevor die Kinder überhaupt lernen können. Die Köpfe und Herzen müssen erstmal frei werden.
Wenn aber die Schulglocke klingelt und sich das Lernvolk in den Klassenräumen wiederfindet, ist da umgehend ein gestecktes Klassenziel, welches es zu erreichen gilt. Im Rennen um Bildung waren die Anderen immer schneller als ich, sie rissen die Zielschnur immer schon ein, wenn ich noch über den Sinn der Fragestellung nachdachte. Ich habe mich immer gewundert, warum meine Klassenkameraden selten etwas hinterfragt haben, sich stets gefügig zeigten und den Anweisungen folgten. Ich dagegen fand Unterricht dann klasse, wenn ich Fragen stellen konnte - und Antworten bekam. Ich fand Schule immer dann spannend, wenn ich aus der Gemeinschaft ausscheren konnte, meinen eigenen Rhythmus fand und in Ruhe meine Aufgaben erledigen durfte. Mein Schnellschreiben habe ich mir deshalb antrainiert, weil derjenige, der am schnellsten mit dem Abschreiben von der Tafel ins Heft fertig war, nach draußen gehen durfte, um Wasser zum Tafelwischen zu holen. Klar, dass ich das ich oft am Wasserhahn stand.
Kindern ist schon früh klar, dass abweichendes Verhalten nicht gewünscht ist. Hier ist der Punkt, an dem die Gesellschaft sanktioniert. Schule sanktioniert. Sie fördert nicht. (Noch immer nicht durchgängig als Ziel.) Jedenfalls nicht die, die anders sind. Anders lernen. Damit fängt das Scheitern an. Die ersten Aufgaben werden nicht so gelöst, wie man sich das ausgedacht hat - und schon ist man draußen. Der Rechenweg ist nicht so, wie alle den gemacht haben - und schon steht eine schlechte Benotung in rot am Seitenende. Nein, eine Sonne darf auf dem Bild im Kunstunterricht nicht grün sein. Was zählt ist also das "geht nicht" - und geht nicht bekommt in der Regel schlechte Noten. Anstrengungen und Bemühungen werden selten erkannt. Andere Wege, anderes Tempo bleiben auf den Notenrängen ausreichend bis ungenügend. Querdenken endet oftmals im Klassenbuch.
Während das Gros der Schülerinnen und Schüler voranschreitet und sich im grünen Rahmen von eins bis drei der Zukunft nähern, haben die Vierer-bis Sechser-Schüler keine solche. Zukunft. Sie tragen statt dessen das unsichtbare Zeichen des "schwierig" bis "das wird nichts" auf der Stirn. Das kann man zwar nicht sehen - aber um so mehr fühlen. Es gibt viele dieser Art Schüler, die von der ersten bis zur letzten Klasse ohne das Vertrauen auf Zukunft durch die Schule gehen. Und das ist auch ein Lerneffekt: Es wird schnell zur inneren Überzeugung, zum fatalen Glaube, man sei zum Scheitern verurteilt. Am Anfang allen Scheiterns steht also die erlernte Selbsterkenntnis, falsch zu sein, es nicht zu schaffen. Dieser Glaube bleibt wie das Haus auf dem Rücken einer Schnecke bleibt.
Und dann kommt doch der Durchbruch: Ein Fünckchen, ein Gespräch, eine Aufmunterung. Ein Erkanntwerden. Eine Motivation. Wie viele Biographien handeln davon! Plötzlich wendet sich das Blatt und der Fluch ist durchbrochen. Neues tut sich auf. Kreativität entsteht. Der eigene Weg gelingt auf wundersame Weise. Wege und Möglichkeiten zeichnen sich ab. Und der Erfolg stellt sich ein. Erfolg durch fördern?!
Eines bleibt jedoch ein Leben lang: Das Wissen um den Schmerz des Scheiterns. Um die tiefe Kränkung. Um den Kampf, des dennoch zu schaffen. Um Disziplin gegen sich selbst, um das tiefe Glücksgefühl, am Ende doch durchgehalten zu haben. Das aber bleibt ein Geheimnis, welches nur Scheiterer unter sich erkennen können. Den Gewinnern ist diese Quelle auf ewig versagt. Eine Lebenserfahrung, die ich nicht missen möchte und die am Ende stärkt. Mutters Klügster wird sich wahrscheinlich kaum über dieses Lob freuen können - Klügster. Er kennt als einer ohne Scheitern wahrscheinlich nur Licht. Die Scheiterer aber, die haben den Regenbogen gesehen, der aus tiefster Nacht emporsteigt.
Scheitern in der Schule, auch Thema im WDR 5:
http://www.wdr5.de/fileadmin/user_upload/Sendungen/Dok5_das_Feature/2010/August/Manuskripte/08_29_Geheimnis_des_Misserfolges.pdf
Bild

Sonntag, 5. September 2010
Montag, 30. August 2010
Schultüte mit Trillerpfeife
Morgen ist es soweit: die I-Dötze Jahrgang 2010 kommen in die Schule.
Es werden dieses Jahr weniger sein als in den vorherigen Jahren. Der demographische Wandel
schlägt zu. Lange schon ist dieses "Phänomen" landauf und landab diskutiert worden.
Lange war es auch den Kommunen bekannt. Mit den geringeren Einschulungszahlen wird
in Zukunft die eine oder andere Schule geschlossen werden (müssen). Bisher gilt das Motto
"kurze Beine, kurze Wege" und damit ausreichend Schulangebote. Wie lange aber können sich die Kommunen diese Ausstattung leisten und wo sind die Konzepte für zukünftige Schullandschaften, die dieses Problem in Angriff nehmen? In Gütersloh gibt es noch 18 Grundschulen. Dieser Tage wurde die mögliche Schließung einer Grundschule mangels Anmeldezahlen bereits diskutiert. Anstatt sich aber über eine neue Verteilung der Zügigkeit
auszutauschen oder aber über neue Formen von Schulmodellen bleibt es bei der lediglichen
mündlichen Bekanntgabe des Zahlenmaterials. Weitsicht fängt aber dann an, wenn man überhaupt ein Problem betrachtet. Das Grundproblem ist wieder einmal vertagt. Jetzt darf man auf den nächsten Ausschuss gespannt sein.
Und nicht nur an den Eingangszahlen ändert sich einiges. Lange schon ist bekannt, dass das
bestehende Schulsystem wie es sich heute darstellt keine ausreichenden Antworten auf
die bestehenden Probleme gibt.
Die Grundschulen legen den GRUNDstein für den weiteren Bildungsverlauf. Daher ist hier
alles aufzubieten, was ein Staat und seine Gesellschaft nur aufbieten können, um einen
guten Start zu ermöglichen. Das heißt auch, es ist für Chancengerechtigkeit zu sorgen. Schule
zu gestalten ist dabei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Alle sind hier angesprochen. Nun wäre es an der Zeit, die neuen Optionen zu nutzen, die die Landesregierung in NRW ermöglichen möchte: Schulmodelle sind erlaubt, Ideen können umgesetzt werden, Schule kann neu aufgestellt werden. Die Grenzen zwischen der inneren und äußeren Schulangelegenheit waren noch nie so fließend wie heute. Eine öffentliche Diskussion zum Thema Schule wäre also längst
angesagt und überfällig. Eine Schullandschaft, die den späten 60er Jahren anhaftet, also dreigliedrig und Gesamtschule, die Guten ins Gymnasium, der Rest verteilt, viele vergessen
und mit der Gefahr gebranntmarkt, überhaupt keinen Abschluss zu bekommen, sollte endlich vorbei sein.
Sollten diese Chancen jetzt nicht genutzt werden, ist es gut, den jetzigen I-Dötzen schon heute Trillerpfeifen mit in die Schultüte zu geben, damit sie in ein paar Jahren gegen ihren schlechen Bildungsstart und ihre ungleichen Bildungschancen lautstark selbst protestieren können.
Morgen ist es soweit: die I-Dötze Jahrgang 2010 kommen in die Schule.
Es werden dieses Jahr weniger sein als in den vorherigen Jahren. Der demographische Wandel
schlägt zu. Lange schon ist dieses "Phänomen" landauf und landab diskutiert worden.
Lange war es auch den Kommunen bekannt. Mit den geringeren Einschulungszahlen wird
in Zukunft die eine oder andere Schule geschlossen werden (müssen). Bisher gilt das Motto
"kurze Beine, kurze Wege" und damit ausreichend Schulangebote. Wie lange aber können sich die Kommunen diese Ausstattung leisten und wo sind die Konzepte für zukünftige Schullandschaften, die dieses Problem in Angriff nehmen? In Gütersloh gibt es noch 18 Grundschulen. Dieser Tage wurde die mögliche Schließung einer Grundschule mangels Anmeldezahlen bereits diskutiert. Anstatt sich aber über eine neue Verteilung der Zügigkeit
auszutauschen oder aber über neue Formen von Schulmodellen bleibt es bei der lediglichen
mündlichen Bekanntgabe des Zahlenmaterials. Weitsicht fängt aber dann an, wenn man überhaupt ein Problem betrachtet. Das Grundproblem ist wieder einmal vertagt. Jetzt darf man auf den nächsten Ausschuss gespannt sein.
Und nicht nur an den Eingangszahlen ändert sich einiges. Lange schon ist bekannt, dass das
bestehende Schulsystem wie es sich heute darstellt keine ausreichenden Antworten auf
die bestehenden Probleme gibt.
Die Grundschulen legen den GRUNDstein für den weiteren Bildungsverlauf. Daher ist hier
alles aufzubieten, was ein Staat und seine Gesellschaft nur aufbieten können, um einen
guten Start zu ermöglichen. Das heißt auch, es ist für Chancengerechtigkeit zu sorgen. Schule
zu gestalten ist dabei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Alle sind hier angesprochen. Nun wäre es an der Zeit, die neuen Optionen zu nutzen, die die Landesregierung in NRW ermöglichen möchte: Schulmodelle sind erlaubt, Ideen können umgesetzt werden, Schule kann neu aufgestellt werden. Die Grenzen zwischen der inneren und äußeren Schulangelegenheit waren noch nie so fließend wie heute. Eine öffentliche Diskussion zum Thema Schule wäre also längst
angesagt und überfällig. Eine Schullandschaft, die den späten 60er Jahren anhaftet, also dreigliedrig und Gesamtschule, die Guten ins Gymnasium, der Rest verteilt, viele vergessen
und mit der Gefahr gebranntmarkt, überhaupt keinen Abschluss zu bekommen, sollte endlich vorbei sein.
Sollten diese Chancen jetzt nicht genutzt werden, ist es gut, den jetzigen I-Dötzen schon heute Trillerpfeifen mit in die Schultüte zu geben, damit sie in ein paar Jahren gegen ihren schlechen Bildungsstart und ihre ungleichen Bildungschancen lautstark selbst protestieren können.
Sonntag, 29. August 2010
Frauen und Mütter - ein Thema so alt wie die Welt
Offensichtlich ist das Thema "Frau" zur Zeit wieder aktuell. Woran liegt es?
Etwa weil Claudia Schiffer in diesem Jahr 40 wird?
Bedeutet das, unsere Frauenriege bekommt jetzt noch eine Person vor die Nase
gesetzt, der man gefälligst nachzueifern hat? Erst entsteht der Eindruck, es sei
ganz simpel, sieben Kinder auf die Welt zu bringen und dabei noch ein hohes
Bundesamt auszuführen. Jetzt zeigt man uns ein Modell, selbst Mutter und suggeriert,
die Körpermaße sollten schon auf Größe 38 stehen bleiben, wenn frau auch 40 geworden
ist. Nebenbei bleiben Fragen nach echter Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
Karrierechancen, Lebensplanung und ehrenamtlichem Leistungsspektrum von Frauen in
unserer Gesellschaft nur halbherzig beantwortet auf dem Laufsteg der öffentlichen Diskussion zurück. Echte Verbesserungen sind nur punktuell in Sicht. Frauen nehmen es z.B. immer noch hin, schlechter bezahlt zu werden als Männer. Frauen in Führungspositionen in Dax- Unternehmen sind selten. Und eine Kanzlerin ist keine Schwalbe, die den Sommer ankündigt.
Und dann spaltet sich die Frauenriege auch noch selbst, hier sind Frauen nicht gleich
Frauen, sondern lange Zeit selbstgewählter Annex als Gattinnen, bis es dann zum
Scheitern kommt:
http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/projektkinder-der-edeleltern/
Vor einiger Zeit habe ich einen Vortrag in der Uni Bielefeld gehalten, der in erster Linie einen Einblick in die Berufswelt im Rahmen von Kommunikationsarbeit leisten sollte. Doch als ich die vielen jungen Frauen im Auditorium vor mir sitzen sah, konnte ich mir nicht verkneifen, in dieser Runde einige Erfahrungen anklingen zu lassen. Nicht, dass ich etwa den moralischen Zeigefinger gehoben hätte. Nein, ein paar simple Fragen sind da zielführender: Leben Sie in einer Partnerschaft, in der der männliche Part auch gerne kocht? Passt in ihre Karriereplanung auch noch der Besuch von Elternabenden? Interessieren Sie sich auch für Leseförderung? Am Ende stand mein Ratschlag, einmal den eigenen Lebenslauf von "hinten nach vorne" zu schreiben. Eine gute Übung, sich vorzustellen, was eigentlich nach den Unimauern für eigene Wünsche in einem schlummern. Die Frage nach Kindern kann man heute auch gerne mit "Nein" beantworten. Im Berufsleben von Frauen taucht sie allerdings immer wieder auf, ob nun echt gestellt oder gedacht: Ist eine Frau im Job mit Kind, stellt sich die Frage nach der Betreuung (nicht immer so einfach, wie oft beschrieben). Hat eine Frau einen Job aber keine Kinder, wird vermutet (!), dass ja noch welche kommen. In jeder Personalabteilung des Landes werden Statistiken geführt, in welchem Alter die weibliche Belegschaft spätestens Mutterschutz ankündigt. Dieser Zeitpunkt liegt sehr weit in den 30ern. Bis dahin steht unsere weibliche Klientel unter dem Generalverdacht, Mutter werden zu wollen. Mit allen Konsequenzen, die das im Beruf mitsich bringt. Und sind die "Mädels" dann erstmal um die Mitte 40, sind die Kinder fast schon aus dem Haus - und die "alten" Eltern stehen vor der Tür....
Mag sein, dass meine Betrachtungen einer fortgeschrittenen Mitt-Vierzigerin ein wenig schwarz aussehen. Was ich allerdings bei den jüngeren Frauen beobachte, lässt Zweifel an einer Verbesserung aufkommen. Vielleicht muss Claudia Schiffer erst noch 80 werden und die Töchter der Ministerin in Amt und Würden stehen, bis uns deutlich positive Veränderungen ins Haus stehen.
Etwa weil Claudia Schiffer in diesem Jahr 40 wird?
Bedeutet das, unsere Frauenriege bekommt jetzt noch eine Person vor die Nase
gesetzt, der man gefälligst nachzueifern hat? Erst entsteht der Eindruck, es sei
ganz simpel, sieben Kinder auf die Welt zu bringen und dabei noch ein hohes
Bundesamt auszuführen. Jetzt zeigt man uns ein Modell, selbst Mutter und suggeriert,
die Körpermaße sollten schon auf Größe 38 stehen bleiben, wenn frau auch 40 geworden
ist. Nebenbei bleiben Fragen nach echter Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
Karrierechancen, Lebensplanung und ehrenamtlichem Leistungsspektrum von Frauen in
unserer Gesellschaft nur halbherzig beantwortet auf dem Laufsteg der öffentlichen Diskussion zurück. Echte Verbesserungen sind nur punktuell in Sicht. Frauen nehmen es z.B. immer noch hin, schlechter bezahlt zu werden als Männer. Frauen in Führungspositionen in Dax- Unternehmen sind selten. Und eine Kanzlerin ist keine Schwalbe, die den Sommer ankündigt.
Und dann spaltet sich die Frauenriege auch noch selbst, hier sind Frauen nicht gleich
Frauen, sondern lange Zeit selbstgewählter Annex als Gattinnen, bis es dann zum
Scheitern kommt:
http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/projektkinder-der-edeleltern/
Vor einiger Zeit habe ich einen Vortrag in der Uni Bielefeld gehalten, der in erster Linie einen Einblick in die Berufswelt im Rahmen von Kommunikationsarbeit leisten sollte. Doch als ich die vielen jungen Frauen im Auditorium vor mir sitzen sah, konnte ich mir nicht verkneifen, in dieser Runde einige Erfahrungen anklingen zu lassen. Nicht, dass ich etwa den moralischen Zeigefinger gehoben hätte. Nein, ein paar simple Fragen sind da zielführender: Leben Sie in einer Partnerschaft, in der der männliche Part auch gerne kocht? Passt in ihre Karriereplanung auch noch der Besuch von Elternabenden? Interessieren Sie sich auch für Leseförderung? Am Ende stand mein Ratschlag, einmal den eigenen Lebenslauf von "hinten nach vorne" zu schreiben. Eine gute Übung, sich vorzustellen, was eigentlich nach den Unimauern für eigene Wünsche in einem schlummern. Die Frage nach Kindern kann man heute auch gerne mit "Nein" beantworten. Im Berufsleben von Frauen taucht sie allerdings immer wieder auf, ob nun echt gestellt oder gedacht: Ist eine Frau im Job mit Kind, stellt sich die Frage nach der Betreuung (nicht immer so einfach, wie oft beschrieben). Hat eine Frau einen Job aber keine Kinder, wird vermutet (!), dass ja noch welche kommen. In jeder Personalabteilung des Landes werden Statistiken geführt, in welchem Alter die weibliche Belegschaft spätestens Mutterschutz ankündigt. Dieser Zeitpunkt liegt sehr weit in den 30ern. Bis dahin steht unsere weibliche Klientel unter dem Generalverdacht, Mutter werden zu wollen. Mit allen Konsequenzen, die das im Beruf mitsich bringt. Und sind die "Mädels" dann erstmal um die Mitte 40, sind die Kinder fast schon aus dem Haus - und die "alten" Eltern stehen vor der Tür....
Mag sein, dass meine Betrachtungen einer fortgeschrittenen Mitt-Vierzigerin ein wenig schwarz aussehen. Was ich allerdings bei den jüngeren Frauen beobachte, lässt Zweifel an einer Verbesserung aufkommen. Vielleicht muss Claudia Schiffer erst noch 80 werden und die Töchter der Ministerin in Amt und Würden stehen, bis uns deutlich positive Veränderungen ins Haus stehen.
Donnerstag, 26. August 2010
Die Sommerzeit geht zu Ende. Ich merke es an den zahllosen Artikeln, die zur Schulpolitik aus dem Zeitungswald wachsen. Gut so. Schule gehört nach wie vor
auf den Prüfstand. Und in NRW allemal, wo sich doch die Gelegenheit der neuen
Minderheitenregierung zur Umsetzung in den Kommunen ergibt.
Heute schreibt die NW Zeitung, gerade die CDU-geführten Kommunen würden sich
im Ministerium melden, um möglichst als erste Gemeinschaftsschulen anzumelden.
Das dürfen wohl nur 30 Prozent machen, danach ist es kein Pilot mehr, sondern
Regelfall.
Auch in Gütersloh gilt es, die Bildungspolitik zu diskutieren. Die Einladung
für den kommenden Ausschuss liegt vor - und ist wiedermal gähnend langweilig.
Da gibt es einen Bericht über die Bauvorhaben. Schule ist aber etwas Anderes
als das Verwalten von Steinen. Immerhin wird es einen Bericht geben zu "Kommunales Kompetenzzentrum für sonderpädagogische Förderung"( - mündlicher Bericht zum Entwicklungsstand des Pilotprojektes und erster Gedankenaustausch zur UN-Charta (Art. 24 Behindertenrechtskonvention).
Das ist doch schon mal ein Anfang.
Wünschenswert allerdings wäre eine intensive Auseinandersetzung mit der Schullandschaft in Gütersloh generell. Hier liegt einiges im Argen:
Die Schuleingangsphase und die ungeregelte Zügigkeit, seit Wegfall der
Astrid-Lindgren-Schule; die Qualität der Ganztagsangebote; die Gründung einer
Gemeinschaftsschule ?. Um nur einige Punkte zu nennen.
Ich hoffe jedenfalls, dass das Thema Schule auch noch nach der Vergabe der
Schultüten an die I-Dötze ein Thema bleibt. Gerne sorge ich auch dafür.
auf den Prüfstand. Und in NRW allemal, wo sich doch die Gelegenheit der neuen
Minderheitenregierung zur Umsetzung in den Kommunen ergibt.
Heute schreibt die NW Zeitung, gerade die CDU-geführten Kommunen würden sich
im Ministerium melden, um möglichst als erste Gemeinschaftsschulen anzumelden.
Das dürfen wohl nur 30 Prozent machen, danach ist es kein Pilot mehr, sondern
Regelfall.
Auch in Gütersloh gilt es, die Bildungspolitik zu diskutieren. Die Einladung
für den kommenden Ausschuss liegt vor - und ist wiedermal gähnend langweilig.
Da gibt es einen Bericht über die Bauvorhaben. Schule ist aber etwas Anderes
als das Verwalten von Steinen. Immerhin wird es einen Bericht geben zu "Kommunales Kompetenzzentrum für sonderpädagogische Förderung"( - mündlicher Bericht zum Entwicklungsstand des Pilotprojektes und erster Gedankenaustausch zur UN-Charta (Art. 24 Behindertenrechtskonvention).
Das ist doch schon mal ein Anfang.
Wünschenswert allerdings wäre eine intensive Auseinandersetzung mit der Schullandschaft in Gütersloh generell. Hier liegt einiges im Argen:
Die Schuleingangsphase und die ungeregelte Zügigkeit, seit Wegfall der
Astrid-Lindgren-Schule; die Qualität der Ganztagsangebote; die Gründung einer
Gemeinschaftsschule ?. Um nur einige Punkte zu nennen.
Ich hoffe jedenfalls, dass das Thema Schule auch noch nach der Vergabe der
Schultüten an die I-Dötze ein Thema bleibt. Gerne sorge ich auch dafür.
Freitag, 13. August 2010
Taler, Taler...Du sollst in meine Stadtkasse wandern:
Das Statistische Bundesamt proudly presents:
Im Vergleich zum Vorjahr ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal 2010 um 4,1 Prozent gestiegen - so rasant wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Geht es den Unternehmen besser, fließt auch wieder mehr Gewerbesteuer. 32 Milliarden Euro hatten Städte und Gemeinden im Krisenjahr 2009 nur noch eingenommen - fast ein Viertel weniger als im Jahr davor.
Ja, jetzt sollen wohl die Stadtsäckel wieder klingeln. Wo man doch gerade allgemein auf den Hund gekommen ist.
http://www.wdr.de/themen/wirtschaft/geld-_und_kreditwesen/finanzkrise/100812.jhtml?rubrikenstyle=wirtschaft
Trotz eines plötzlichen Geldregens aber werden die meisten Kommunen höchstens im Minus etwas weniger aufweisen. Der Geldfluss kann auch nicht langfristig darüber hinwegtäuschen, dass an einer Reform der Gemeindefinanzierung kein Weg vorbeiführt. Die Stadt Gütersloh möchte spätestens bis 2013 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Die flankiernde Aussage dazu sollte aber nicht unüberhört werden: "Aus eigenem Zutun werden wir das aber nicht schaffen."
Und: Auch wenn der Taler wieder ins Rathaus wandern sollte, kann der bisherige Weg, die Bürger in Form eines Bürgerhaushaltes in die Planungen einzubeziehen nicht auf
Schleichwegen verlassen werden. Ein Zurücklehnen der politischen Verantwortlichen entspräche wenig Weitsicht. Der nächste Knacks ist schon vorprogrammiert, denn das Verhalten, welches zur Wirtschafts- und Finanzkrisen geführt hat, hat sich nicht verändert: Weder in den Schaltstellen des Marktes noch in den Köpfen der kommunalen Geldausgeber.
Rezept: Demokratisierung und Transparenz. Ein Bürgerhaushalt ist nach wie vor ein
Mittel, was beides bereithält. Ein guter Taler, der nicht nur ins Stadtsäckel wandert, sondern auch mit Bedacht ausgegeben wird!
Das Statistische Bundesamt proudly presents:
Im Vergleich zum Vorjahr ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal 2010 um 4,1 Prozent gestiegen - so rasant wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Geht es den Unternehmen besser, fließt auch wieder mehr Gewerbesteuer. 32 Milliarden Euro hatten Städte und Gemeinden im Krisenjahr 2009 nur noch eingenommen - fast ein Viertel weniger als im Jahr davor.
Ja, jetzt sollen wohl die Stadtsäckel wieder klingeln. Wo man doch gerade allgemein auf den Hund gekommen ist.
http://www.wdr.de/themen/wirtschaft/geld-_und_kreditwesen/finanzkrise/100812.jhtml?rubrikenstyle=wirtschaft
Trotz eines plötzlichen Geldregens aber werden die meisten Kommunen höchstens im Minus etwas weniger aufweisen. Der Geldfluss kann auch nicht langfristig darüber hinwegtäuschen, dass an einer Reform der Gemeindefinanzierung kein Weg vorbeiführt. Die Stadt Gütersloh möchte spätestens bis 2013 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Die flankiernde Aussage dazu sollte aber nicht unüberhört werden: "Aus eigenem Zutun werden wir das aber nicht schaffen."
Und: Auch wenn der Taler wieder ins Rathaus wandern sollte, kann der bisherige Weg, die Bürger in Form eines Bürgerhaushaltes in die Planungen einzubeziehen nicht auf
Schleichwegen verlassen werden. Ein Zurücklehnen der politischen Verantwortlichen entspräche wenig Weitsicht. Der nächste Knacks ist schon vorprogrammiert, denn das Verhalten, welches zur Wirtschafts- und Finanzkrisen geführt hat, hat sich nicht verändert: Weder in den Schaltstellen des Marktes noch in den Köpfen der kommunalen Geldausgeber.
Rezept: Demokratisierung und Transparenz. Ein Bürgerhaushalt ist nach wie vor ein
Mittel, was beides bereithält. Ein guter Taler, der nicht nur ins Stadtsäckel wandert, sondern auch mit Bedacht ausgegeben wird!
Hab ich was verpasst?
Gerade noch haben wir die Kapitel Finanz- und Wirtschaftskrise geschrieben und die Untiefen dazu ausgelotet. Die Republik war auf dem Weg, grundsätzliche Änderungen in ihrem Wirtschafts- und Finanzverständnis einzufügen: Demokratiesierung und Transparenz, Kontrolle und Nachhaltigkeit standen hoch im Kurs.
Gefühlte zwei Wochen oder auch nur eine Nacht später schlage ich die Zeitung auf und
lese dann: Bruttoinlandsprodukt im 2.Quartal 2010 mit Rekordzuwachs
Hier das Zitat aus der Pressemitteilung von heute:
Statistisches Bundesamt WIESBADEN – Die deutsche Wirtschaft holt rasant auf: Im zweiten Vierteljahr 2010 war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) – preis-, saison- und kalenderbereinigt – um 2,2% höher als im ersten Vierteljahr, teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) mit. Ein solches Wachstum zum Vorquartal gab es noch nie im vereinigten Deutschland. Zudem wurde auch das Ergebnis für das erste Quartal 2010 deutlich nach oben korrigiert auf nun + 0,5%. Der zum Jahreswechsel 2009/2010 ins Stocken geratene Aufschwung der deutschen Wirtschaft hat sich damit eindrucksvoll zurückgemeldet.
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pm/2010/08/PD10__284__811,templateId=renderPrint.psml
Der Erfolg ist schön. In der ersten Sekunde freut sich das Volk, ich natürlich auch. Dann aber lehne ich mich zurück und frage mich, was jetzt mit all den Innovationen zu "Vertrauen" neue Formen der "Transparenz" und dergleichen werden wird. Verschwinden diese Themen wieder in den Archiven - bis es ein nächstes Mal knallt?
Es ist an der Zeit über Nachhaltigkeit nicht nur nachzudenken, sondern sie mit Fanfaren in unser Zeitalter einziehen zu lassen. Es ist auch an der Zeit über "Gewinn" neu nachzudenken. Darf "Gewinnmaximierung" alles Andere in unserem Universum toppen? Ich finde nein. Die Spaltung unserer Gesellschaft in die, die haben und die, die niemals haben werden, schreitet voran. Daran ändert auch ein "Wachstum XXL" nichts, denn profitieren werden nur Wenige. Wie vorher auch.
Wann also kommt die Transaktionssteuer, wann also wird Umweltschutz vor Gewinn gedacht und wann sind wir für Ausbeutung als Gesellschaft nicht mehr zu haben?
Gerade noch haben wir die Kapitel Finanz- und Wirtschaftskrise geschrieben und die Untiefen dazu ausgelotet. Die Republik war auf dem Weg, grundsätzliche Änderungen in ihrem Wirtschafts- und Finanzverständnis einzufügen: Demokratiesierung und Transparenz, Kontrolle und Nachhaltigkeit standen hoch im Kurs.
Gefühlte zwei Wochen oder auch nur eine Nacht später schlage ich die Zeitung auf und
lese dann: Bruttoinlandsprodukt im 2.Quartal 2010 mit Rekordzuwachs
Hier das Zitat aus der Pressemitteilung von heute:
Statistisches Bundesamt WIESBADEN – Die deutsche Wirtschaft holt rasant auf: Im zweiten Vierteljahr 2010 war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) – preis-, saison- und kalenderbereinigt – um 2,2% höher als im ersten Vierteljahr, teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) mit. Ein solches Wachstum zum Vorquartal gab es noch nie im vereinigten Deutschland. Zudem wurde auch das Ergebnis für das erste Quartal 2010 deutlich nach oben korrigiert auf nun + 0,5%. Der zum Jahreswechsel 2009/2010 ins Stocken geratene Aufschwung der deutschen Wirtschaft hat sich damit eindrucksvoll zurückgemeldet.
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pm/2010/08/PD10__284__811,templateId=renderPrint.psml
Der Erfolg ist schön. In der ersten Sekunde freut sich das Volk, ich natürlich auch. Dann aber lehne ich mich zurück und frage mich, was jetzt mit all den Innovationen zu "Vertrauen" neue Formen der "Transparenz" und dergleichen werden wird. Verschwinden diese Themen wieder in den Archiven - bis es ein nächstes Mal knallt?
Es ist an der Zeit über Nachhaltigkeit nicht nur nachzudenken, sondern sie mit Fanfaren in unser Zeitalter einziehen zu lassen. Es ist auch an der Zeit über "Gewinn" neu nachzudenken. Darf "Gewinnmaximierung" alles Andere in unserem Universum toppen? Ich finde nein. Die Spaltung unserer Gesellschaft in die, die haben und die, die niemals haben werden, schreitet voran. Daran ändert auch ein "Wachstum XXL" nichts, denn profitieren werden nur Wenige. Wie vorher auch.
Wann also kommt die Transaktionssteuer, wann also wird Umweltschutz vor Gewinn gedacht und wann sind wir für Ausbeutung als Gesellschaft nicht mehr zu haben?
Donnerstag, 12. August 2010
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