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Mittwoch, 9. Oktober 2013

Bildungsbericht - der Kreis hat ihn, die Stadt sollte ihn haben

Der Bildungsausschuss in Gütersloh tagte. Ein für die Zukunft der Stadt zentraler Ausschuss, wie ich immer gerne betone. Welche Chancen auf Gestaltung könnte der Ausschuss in Gütersloh für sich reklamieren? Gestern gab es dazu einige Gelegenheiten - nicht alle wurden bisher genutzt. 



Bildungsbericht des Kreises Gütersloh 
Der 2. Bildungsbericht des Kreises Gütersloh wurde vorgestellt. Ein hochinteressantes Werk mit Zahlen, Fakten, Analysen, Trends und Handlungsempfehlungen. Auf den ersten Blick könnte der Eindruck entstehen, die Daten aus dem Kreis berührten die Stadt Gütersloh nicht wirklich. 

Doch diesen Ansatz wischte die Verantwortliche aus dem Kreis Kathrin Adämmer schnell vom Tisch: „Auch Sie in Gütersloh müssen sich vor Augen führen, dass wir vor einem sensationellen Umbau der Schullandschaft im Kreis stehen. Alles, was sich in den Nachbarkommunen verändert, hat auch Auswirkungen auf die Stadt Gütersloh.“




Ein paar Beispiele: Die Zahl der Abiturienten steigt, aber in GT unterdurchschnittlich im Vergleich zum Kreis und zum Land. Warum? Im Kreis stehen 17 Schulen vor dem „Auslaufen“ bis 2020, sieben neue Schulen sind im Aufbau. Welche Auswirkungen hat das auf GT? Der Fachkräftemangel wird in GT erst später einsetzen, weil die Altersstruktur anders ist als im Kreis, was bedeutet das? Findet sich in einer Kommune keine Hauptschule, werden die Kinder in andere Schulen verteilt, was bedeutet das vor dem Auslaufen der HS Nord und dem Landestrend hin zu höheren Bildungsabschlüssen? 


Drei Empfehlung

Intrakommunale Interpretation der Daten beginnen: was sagen die Zahlen für unsere Stadt aus, wie wirken sich die Handlungen der umliegenden Kommunen auf unsere Schulstruktur aus, welche Ziele setzen wir selbst und welche Wege beschreiten wir, um dahin zu kommen. Zudem können „auffällige Daten“ diskutiert werden. 

Interkommunale Interpretation der Daten, also die Diskussion gemeinschaftlicher Aufgaben, wie die Gestaltung des Demografischen Wandels, der Förderprogramme, der Übergänge und Vorhaltung weiterführender Schulen. 

Sozialindex erstellen. In Deutschland hängt der Bildungserfolg unmittelbar vom sozialen Status des Elternhauses ab, das fängt im Kindergarten an und bleibt konstant bis hin zur beruflichen Weiterbildung. Es gibt kaum eine Studie, die das nicht belegt hätte. Daher ist es sinnvoll, einen solchen Sozialindex kommunal zu erstellen. Nach diesem Sozialindex wäre dann sogar eine Diskussion möglich, ob Schulen in „sozialen Brennpunkten“ sogar besser finanziert werden, weil sie deutlich schwierigere Herausforderungen zu meistern haben als Schulen, in denen sich die bildungsnahen und sozial stärkeren Schichten finden. Das ist eine politische Frage. Die wird andernorts bereits erfolgreich diskutiert und in Handlung umgesetzt. In Gütersloh steht sie etwa auch an in Fragen der Streichung der Schulsozialarbeit… 


Der Vorstellung des Bildungsberichtes folgte die Einladung der Kreiskollegin, nun auch in Gütersloh aktiv zu werden. 

In Gütersloh gibt es zur Zeit weder einen gültigen Schulentwicklungsplan noch einen eigenen Bildungsbericht. Dezernent Joachim Martensmeier kommentierte die Ausführungen der Kreiskollegin zum Bildungsbericht in etwa so: Das sei kein Grund zur Panik und auch keiner für Aktionismus. Das sei das tägliche Geschäft der Schulverwaltung. Dies sei möglicherweise lediglich ein Thema für eine Arbeitsgemeinschaft mit Teilnehmern aus dem Ausschuss oder aus den Fraktionen der Parteien. Zudem mache eine solche Arbeitsgruppe „keinen Sinn“ ohne konkrete Fragestellungen. Die Verwaltung lade "demnächst einmal" dazu ein, es müsse ja nicht in den nächsten drei Wochen sein. Erstmal stände jetzt die Einbringung des Haushaltes auf dem Zeitplan. 
Keiner der Mitglieder aus dem Bildungsausschuss widersprach diesem vagen Vorschlag.
Fazit: Das Thema ist vom Tisch. Eine Chance auf Gestaltung ist vertan. Eine Chance auf öffentlichen Diskurs ist vertan. Vielleicht kann man da nochmal umdenken?


Gestaltungsmöglichkeit 2 
Einen Tagesordnungspunkt weiter wurde die Auflösung der Hauptschule Nord beschlossen. Einstimmig. Der Ausschuss nahm das „mit Bedauern“ auf. Die Stimmung fiel vorübergehend auf einen Tiefpunkt der Traurigkeit. Man habe keine Alternative gehabt, hieß es dazu von der Vorsitzenden Tidtke-Strand (SPD). (Als Zuhörer fühlte man sich um einige Monate zurückversetzt: Gleiche Worte waren auch zu hören, als die Astrid-Lindgren-Grundschule aufgelöst wurde.) Ein Konzept, wie es im Schulbezirk Nord weitergehen soll, wurde nicht vorgestellt. Nach dem kläglichen Aus für die „Primusschule“, die keine Mehrheit bei den Eltern bekommen hatte, folgt nun: Leider nichts. 

Auch der künftige Fahrbetrieb der Kinder aus dem Norden der Stadt (Blankenhagen als sozialer Brennpunkt?), die demnächst quer durch die Stadt zur Hauptschule Ost pendeln müssen, ist ungewiss. „Der müsste über den Zentralenomnibusbahnhof laufen - wenn es da Probleme gibt, wenden Sie sich doch an uns, wir kümmern uns dann.“ So die Verwaltung. Wie geht es mit dem Schulstandort Nord weiter? - wäre die Frage gewesen. Vielleicht sollte man dazu kommen, dass Verwaltungsvorlagen in Zukunft IMMER eine Alternative als Handlungsmöglichkeit vorstellen müssen und es nicht bei einem Szenario belassen.

Gestaltungsmöglichkeit 3 
Zwei Tagesordnungspunkte später entbrannte die Diskussion um die Umwandlung in den Gebundenen Ganztag der Freiherr-vom-Stein-Realschule - gleicher Schulbezirk wie die gerade gestorbene Hauptschule. Hier bemängelte man den fehlenden Schulentwicklungsplan als Entscheidungsgrundlage, weshalb der Zeitpunkt für die Entscheidung „schlecht gewählt“ sei – und man dem Ganztag daher nicht zustimmen könne. So die Grünen mit Ratsherr Nickella. 

Andererseits bemängelte der CDU-Ratsherr Tigges, es gebe für die Eltern keine Wahlfreiheit, gebundener Ganztag zwinge Eltern auch nachmittags in die Schule. Mit vier Enthaltungen wurde dann zugestimmt, die CDU-Fraktion hatte nicht einheitlich abgestimmt. 

Was aber sind das für Signale für eine zukunftsorientierte Bildungspolitik, immerhin hatte die Schule in einem Beschluss der Schulkonferenz selbst den Antrag gestellt und damit den deutlichen Elternwillen dokumentiert? Wie stärken wir die Realschule in ihrem Bestand und welche Formate sind dafür notwendig? - wäre die Frage gewesen.

Gestaltungsmöglichkeit 4 
Drei Tagesordnungspunkte weiter stand die Streichung der Schulsozialarbeit an Gütersloher Grundschulen auf dem Programm. Eine Mehrheit der "Plattform plus" (CDU, Grüne, UWG) lehnt die Fortführung auf Kosten der Stadt ab. Man lasse sich nicht über den Tisch ziehen, so einer der CDU-Mitglieder später. Man diskutiere hier keine Möglichkeiten der Finanzierung durch die Stadt, so eine weitere Stimme. Wo sonst, wenn nicht öffentlich im Bildungsausschuss? Die Inhalte der Diskussion und die Vertagung folgen im Blog.

Fazit: Der Bildungsausschuss tagt zu selten, um die notwendigen Diskussionen und Entscheidungen für eine tragfähige Bildungspolitik auszudiskutieren. Gerade dieses Politikfeld bedarf der Sorgfältigkeit und der Bündelung aller Bemühungen der Politik und der Akteuer. 
Der Kreis Gütersloh hat mit seinem 2. Bildungsbericht hier eine sehr gute Vorlage geliefert. Diese Chance sollte der Gütersloher Bildungsausschuss deulticher aufgreifen, um auch für die eigene Stadt die Weichen besser als bisher stellen zu können. Frau Adämmer, klasse gemacht!









1 Kommentar:

  1. In den zwei weiteren Jahren der Amtszeit von der Bürgermeisterin Maria Unger könnte sie sich doch mal verstärkt um die Chancengerechtigkeit in der Gütersloher Bildungslandschaft kümmern und das Schulverwaltungsamt z.B. durch eine weitere Stelle aktivierend aufmischen!? Schließlich ist sie nicht nur für alle Bürger da, sondern auch Mutter und Großmutter! Nur durch Inhalte rechtfertigt sich eine Entkoppelung der Bürgermeister- von der Kommunalwahl!

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