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Sonntag, 3. März 2013

Ein Quartier wird verkauft - warum nicht-öffentlich?

Wenn jemand von Größe spricht, ist Wachsamkeit gefordert. Wenn jemand von Größe ausgegangen ist und dann "noch größer" wird, ist Argwohn angebracht. Wenn diese Dinge im Finanzwesen gesprochen und realisiert werden, muss man nachfragen: 

Die Sparkasse Gütersloh kauft ein Grundstück und Immobilien von der Stadt und will bauen. Beraten wurde allerdings im nicht-öffentlichen Teil der Ausschüsse. Dabei sitzen Menschen mit zwei Funktionen in einer Person am Tisch: sie sind Politiker und gleichzeitig Sparkasseninvolvierte.

Daher hier meine Anfrage an die Kommunalaufsicht des Kreises, da die Stadt Gütersloh dazu keine Auskunft gibt:


                      Verkauf an Nachbarn - wenig transparent            Foto: ak 2012


Kreisverwaltung Gütersloh
Kommunalaufsicht des Kreises Gütersloh
für die Stadt Gütersloh

Herzebrocker Str. 140
33334 Gütersloh




Gütersloh, 3.3.2013


Beschwerde über Beratung eines Verkaufs städtischer Immobilien
an die Sparkasse Gütersloh in nicht-öffentlicher Sitzung sowie
mögliche Befangenheit der Politik nach § 31 GO NRW



Sehr geehrte Damen und Herren,

gerne möchte ich Sie als interessierte Bürgerin der Stadt Gütersloh bitten, folgenden Sachverhalt zu prüfen. Meine schriftliche und telefonische Anfrage an die Stadt Gütersloh hat keine konkreten Antworten nach sich gezogen:


Die Stadt Gütersloh verkauft ein bebautes Grundstück an der Eickhoffstraße Gütersloh an die Städtische Sparkasse Gütersloh. Diese will an dieser Stelle einen Neubau errichten. Über diesen Verkauf (DS. 354/2012) wurde am 6.11.2012 in nicht-öffentlicher Sitzung zunächst im Grundstücksausschuss beraten. Auch alle weiteren politischen Ausschüsse tagten hierzu nicht-öffentlich.

Dabei sind folgende Aspekte jedoch deutlich von öffentlichem Interesse und daher auch öffentlich erklärungsbedürftig:

Der Vorsitzende des Grundstücksausschusses (SPD) ist gleichzeitig auch Angestellter der Sparkasse Gütersloh. Da die Diskussion über den Verkauf besagten städtischen Eigentums an die Sparkasse nicht-öffentlich stattgefunden hat, ist nicht deutlich, ob sich der Vorsitzende in diesem Punkt als befangen deklariert hat – oder ob er hier aktiv einbezogen war. Auf Nachfrage wurde auf die Verschwiegenheit hingewiesen. Nach § 31 GO NRW wäre dies zu klären.

Die Grundstücksangelegenheit Stadt – Sparkasse dürfte jedoch von hoher Relevanz für das öffentliche Interesse sein, da es sich um ein zentrales Grundstück mitten in der Gütersloher Innenstadt handelt. Wechselt dieses Grundstück in den Besitz der Sparkasse, wird damit ein ganzes Quartier von der Sparkasse dominiert und geht unwiderruflich für die Stadt und eine mögliche innerstädtische Gestaltung verloren.
Gerade die Sparkasse als öffentlich-rechtliches Institut hat vom Vertrauensverlust in das Bankenwesen an sich in Folge der Finanzkrise profitiert. Dieser Bonus ist sicher bedingt durch die öffentliche Kontrolle. Diese Vertrauensvermutung sollte nun durch ein Höchstmaß an Transparenz unter Beweis gestellt werden. Verkaufsverhandlungen im nicht-öffentlichen Teil der politischen Gremien zu behandeln, passt nicht in dieses Bild.

Durch den Verkauf verliert die Stadt Gütersloh die Möglichkeit der gestalterischen Steuerung dieses Quartiers. Es ist ein Filetstück in der Innenstadt. Die Stadt verliert Besitz - gleichzeitig aber wird sie nach Fertigstellung des geplanten Neubaus durch die Sparkasse Gütersloh Büroflächen im Neubau anmieten. Die Stadt als ehemalige Eigentümerin wechselt also in den Status der Mieterin. Ist dieser Wandel ökonomisch gerechtfertigt? Wurden die Modalitäten und Konditionen hierzu bereits im Zuge der Verkaufsverhandlungen vereinbart? Welche Konditionen wurden ausgehandelt? Wer kontrolliert hier noch? Hier verquicken sich Interessen der Politik mit der der Sparkasse, denn nicht nur der Vorsitzende des Grundstücksausschusses ist Angestellter der Sparkasse, sondern auch die Bürgermeisterin ist in zahlreichen Gremien der Sparkasse involviert ebenso wie der Vorsitzende des Finanzausschusses Vorsitzender des Verwaltungsrates der Sparkasse ist. (Auch wenn hierzu die GO § 31 (3,4) Aussagen vorsieht) In der Öffentlichkeit rufen diese Verflechtungen Unwohlsein hervor. Die öffentliche Kontrolle scheint deutlich ins Wanken zu geraten.

In Folge des Verkaufes soll nun auch der Bebauungsplan geändert werden. Diese Änderung wiederum lässt weitere Fragen aufkommen: Hier ist keine Wohnbebauung vorgesehen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite (Quartiersentwicklung Strengerstraße/Kaiserstraße) jedoch wurde seit langen Jahren eben u.a. um diesen Punkt gerungen und ein Investor abgelehnt, weil keine Wohnbebauung vorgesehen war. Man hat zur Entwicklung dieses Nachbarquartiers eine Bürgerbeteiligung vorgesehen, die in Workshops Grundlagen, Rahmenbedingungen und Ziele für einen politisch gewollten Wettbewerb erarbeiten sollte. Dieser Workshop wurde im Herbst 2012 bereist realisiert. Ein richtiger Schritt, wenn man den Bedarf an bezahlbarem innerstädtischem Wohnraum für die zukünftige Entwicklung der Stadt ernsthaft berücksichtigen möchte. Ist hier nicht zwingend der Grundsatz der Gleichbehandlung gefragt, wenn auf der gegenüberliegenden Seite nun völlig konträr geplant und gehandelt werden soll, nur weil eine öffentlich-rechtliche Sparkasse neue Grundeigentümerin wird? Wie wurde das in den politischen Gremien diskutiert?

Diese Grundanliegen haben mich dazu bewogen, die Kommunalaufsicht anzusprechen, da eine öffentliche und damit nachvollziehbare Diskussion über den Verkauf zwingend geboten ist.

Ich hoffe, Sie können meinem Anliegen folgen und können dazu Position beziehen, auch wenn ich „nur“ in der Position einer Bürgerin bin.

Mit freundlichen Grüßen







4 Kommentare:

  1. Vielen Dank! Ihr aussagekräftiges Schreiben an die Kommunalaufsicht unterstütze ich voll und ganz. Ich bin sehr interessiert an der Antwort. Hoffentlich hat die Sparkasse die Kommunalaufsicht inzwischen nicht auch schon gekauft :-)

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  2. Danke für Ihren Kommentar. Ob die Kommunalaufsicht der Sache überhaupt annehmen will/kann, ist noch nicht ganz klar. Welche Möglichkeiten der Beschwerde Bürger überhaupt haben, muss ich nochmal recherchieren. Ihre Anmerkung ist allerdings nicht ganz ohne, denn auch der Landrat ist als Privatperson in zahlreichen Gremien der Sparkassen, auch der Sparkasse in Gütersloh, eingebunden.....

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  3. LobbyPlag ist eine interessante Idee wie der Einfluß von Lobbyisten auf die Gesetzgebung aufgedeckt werden kann. Das kann auch im kommunalen Bereich für notwendige Transparenz sorgen.

    Die Idee
    http://gutjahr.biz/2013/02/lobbyplag/
    die Ausführung
    http://www.lobbyplag.eu

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  4. Danke, das kenne ich. Ich schaue aber mit diesem Blickwinkel nochmal drauf.

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