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Donnerstag, 13. Dezember 2012

Bürgerhaushalt: Sind Steuervorschläge unter den Tisch gefallen?

Bürgerhaushalt Gütersloh

Post aus Düsseldorf, Innenministerium NRW:

Im Bürgerhaushalt wurden zahlreiche Bürger-Anregungen für neue Steuerquellen eingereicht:  etwa die Pferdesteuer, Waffenbesitzsteuer. Die Verwaltung hatte diese als vom Land NRW genehmigungspflichtig deklariert. In den Beratungsvorlagen der Verwaltung für die politische Diskussion finden sich die Vorschläge aber nicht wieder. Also werden sie offensichtlich auch nicht beraten. Ich hatte dazu eine Anfrage an das Finanzministerium NRW gestellt, ob die Stadt denn wenigstens dort nachgefragt hat, ob solche Steuern erhoben werden können. Das Finanzministerium NRW hatte die Anfrage an das zuständige Innenministerium NRW weitergeleitet.....

Die differenzierte Antwort aus dem Innenministerium vorweg: möglich wäre die Einführung einer solchen Steuer. Die Kommune muss nur darüber beraten! Wenn das aber nicht passiert...kann auch keine Steuer eingeführt werden. Warum also ist das kein Thema vor Ort? Kann man solche Bürger-Vorschläge mit einem zweizeiligen Kommentar unter den Tisch fallen lassen oder auf die lange Bank schieben?


neue kommunale Steuern - Thema auf die lange Bank geschoben?




Der Bürgerhaushalt ist in der Online-Phase beendet. Die Vorschläge befinden sich in der politischen Beratung. Wo aber finden sich die Steuervorschläge in der politischen Beratung wieder? Die Verwaltung hatte die Steuervorschläge mit folgenden Kommentaren versehen:

"Die Pferdesteuer als kommunale Aufwandssteuer kann von der Kommune erhoben werden. Im Falle einer Veranlagung entstehen in der Praxis Abgrenzungsprobleme und Nachweisführungspflichten mit ungewissem Aufwand. Die Einführung einer solchen Steuer bedarf einer Genehmigung des Innen- und Finanzministeriums, da es die Pferdesteuer in NRW bisher nicht gibt."

"Ob eine Waffenbesitzsteuer als kommunale Aufwandssteuer bewertet werden kann, ist rechtlich umstritten. Da die Steuer in NRW bisher nicht eingeführt ist, bedarf die Einführung in Gütersloh einer Genehmigung des Innen- und Finanzministeriums."


Nachdem das Finanzministerium meine Anfrage an das Innenministerium NRW weitergeleitet hat, hat dieses nun geantwortet:


Sehr geehrte Frau Dr. Knopp,

das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat mir Ihre Mail vom   28. November 2012 zum Thema "Bürgerhaushalt und Steuervorschläge" zuständigkeitshalber zugeleitet. Kommunale Steuern gehören zu den Kommunalabgaben, für die innerhalb der Landesregierung das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen federführend zuständig ist.

Grundsätzlich sind die Kommunen ermächtigt, eigenes Ortsrecht durch kommunale Satzungen zur Erhebung örtlicher Verbrauchs- und Aufwandsteuern in dem Rahmen zu schaffen, den das Grundgesetz, die Landesverfassung und das Kommunalabgabengesetz bestimmen. Das Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) enthält hierzu die näheren Bestimmungen. Nach § 1 Abs. 1 KAG sind die Gemeinden und Gemeindeverbände berechtigt, nach Maßgabe dieses Gesetzes Abgaben (Steuern, Gebühren und Beiträge) zu erheben, soweit nicht Bundes- oder Landesgesetze etwas anderes bestimmen. Nach § 2 Abs. 2 KAG bedarf eine Satzung, mit der eine im Lande nicht erhobene Steuer erstmalig oder erneut eingeführt werden soll, zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des Innenministeriums und des Finanzministeriums. Das Land kann mit dem Genehmigungsvorbehalt nicht nur Rechtskontrolle ausüben, sondern auch eigene, z. B. finanz- und ordnungspolitische Zielvorstellungen verfolgen. Allerdings dürfen die diesbezüglichen Entscheidungen nicht grundsätzlich konträr zu einem gemeindefreundlichen Verhalten stehen. Dies ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien zum KAG (vgl. Landtagsdrucksache 12/3730, S. 115, 116 - auf der Internetseite des Landtags NRW unter Dokumente abrufbar).

Bislang liegt weder dem Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen noch hier der Antrag einer nordrhein-westfälischen Kommune auf Genehmigung einer kommunalen Steuersatzung über die Vorschläge vor, auf die Sie in Ihrer Mail verweisen.
Aus diesem Grunde bitte ich um Verständnis, dass diese Vorschläge von hier aus nicht im Vorfeld des zunächst auf der kommunalen Ebene anzustellenden Bewertungs- und Entscheidungsprozesses bewertet werden, sondern erst dann, wenn eine Kommune mit dem nach den o. g. Regelungen erforderlichen Antrag auf Genehmigung der Steuersatzung an das Finanzministerium und das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW herantritt. 

Im Übrigen obliegt es allein der jeweiligen Kommune, im Rahmen ihrer Selbstverwaltung zu entscheiden, ob sie in dem oben beschriebenen Rechtsrahmen eine neue Steuer einführen möchte und wie sie den Entscheidungsfindungsprozess bis zum insoweit erforderlichen Satzungsbeschluss des Rates gestaltet.

Im Einvernehmen mit dem Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen

Mit freundlichen Grüßen

XX

Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen
Referat 35 - Wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden, Landesbeteiligungen, Kommunalabgaben
40190 Düsseldorf

Internet:  www.mik.nrw.de


Aus Datenschutzgründen, habe ich den Antwortschreiben unkenntlich gemacht. Ich werde das Innenministerium aber darauf hinweisen, dass ich die Antwort im Blog veröffentlicht habe.

3 Kommentare:

  1. In Deutschland fällt so einiges vom Tisch:

    Besonders zwei Meldung sind es, die Aufmerksamkeit verdienen. Erstens der Umstand, dass die deutsche Bundesregierung die Tatsache feiert, dass es gelungen ist, deutsche Sparkassen und vor allem die bis unters Dach mit toxischen Papieren gefüllten Landesbanken der soeben beschlossenen Bankenaufsicht zu entziehen. Zweitens die Aussage der Studie, die von der Bertelsmann Stiftung zusammen mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erstellt worden ist: “Selbst gute Ausbildung ist heute kein Garant mehr für Leben in gesichertem Wohlstand.”

    http://tinyurl.com/cs48cpa

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  2. Vielen Dank für den Hinweis- - Punkt 1 schaue ich gerne nach. Habe ich noch nicht so deutlich auf dem Schirm. Wäre natürlich eine böse Überraschung für Kommunen, die am Rockzipfel der Sparkassen hängen, wenn da was schief geht. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass etwa in Gütersloh gerade eine Regelung für den Umgang mit Derivaten verabschiedet wurde, die mehr als intransparent ist - und der Anbieter für die Schulung der Stadtverwaltung und Politik dazu die Sparkasse war....

    Zum Punkt 2: ja, die Studie habe ich gelesen. Ist ja von meinem Arbeitgeber. Dass eine gute Ausbildung zu Wohlstand führt, gilt aber nicht für alle. Viele Migranten haben eine solche, die Ausbildung wurde hier aber bisher nicht anerkannt.... Zudem glaube ich, brauchen wir grundsätzlich eine andere Vorstellung von gesichertem Wohlstand. Das kann nicht "Konsum" und "Materie" allein bedeuten. Wenn ich das neue Papier des ClubofRome lese, wenn es um den KLimawandel geht, wird mir schwindelig, wie sehr eine Halbkugel auf Kosten der anderen lebt. Alle mahnenden Worte dazu verhallen allerdings seit Jahrzehnten.

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  3. P.S. Sehr guter Blog! Ihrer. Bin beeindruckt :-)

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