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Sonntag, 15. Juli 2012

Viel Lärm um nichts! Ein Badesee als Fatamorgana?

Ein Badesee löst sich in Luft auf. Hat Politik jahrelang auf Sand gebaut - sind die Gewählten fast 13 Jahre einer Luftnummer hinterhergerannt? Querbeet durch alle Fraktionen?

Fast 13 Jahre (seit 1999) beschäftigt sich die Stadtverwaltung und der Rat in Gütersloh nun mit dem Badesee in Blankenhagen. Auch "Luttersee" genannt. Rein hypothetisch und als Wunsch ist das ein Badesee - denn was sich zur Zeit vor Ort findet, ist lediglich eine mit Wasser gefüllte Baggerseegrube mit Sandabbau, an dessen Ufern eigentlich alles verboten ist, was der normalen Bevölkerung Spaß machen könnte: Schwimmen, Campieren, Angeln. Aber die Idee, einen solchen See für die öffentliche Nutzung zugänglich zu machen, besteht.

Oder bestand.... oder doch nie gewesen?

Jahrelang diskutiert - und plötzlich auf Grund gelaufen?


Nun ist im Protokoll des Umweltausschuss am 4.6.2012, schön versteckt unter "Verschiedenes" aktuell zu lesen: die heimische Sparkasse Gütersloh wolle das Gelände des Luttersees versteigern. (!!) Nach dem Tod des Besitzers sei das 16 Hektar große Gelände der Sparkasse zugefallen. Hier wundert man sich bereits, hätte man sich all die Jahre so intensiv über das Projekt unterhalten müssen, wenn klar gewesen wäre, wie derart verzwickt sich die Besitzverhältnisse darstellen oder darstellen könnten? Diskutiert wurde aber stets in der Manier, dass die Stadt hier die letzte Hoheit habe, sicher den Daumen drauf.

Ein SPD-Ratsherr weist nun im Protokoll eben in diesem Tenor daraufhin, die Stadt möge ihre Möglichkeiten bei der Versteigerung entsprechend einem Beschluss des Planungsausschusses vom 14.7.2011 nutzen.

Die Antwort der Kämmerin: "es gebe keinen Beschluss, wonach die Stadt Gütersloh selbst Aktivitäten zur Errichtung eines Badesees ergreifen solle. Was an dem Badesee tatsächlich geschehe, sei Privatangelegenheit, auf die die Stadt keinen Einfluss nehmen könne." - so lautet das Protokoll vom Juni 2012.

Ferner ist aktuell zu lesen: "Ein CDU-Ratsherr (und auch Verbandsversammlungsmitglied der Sparkasse sowie stell. Mitglied im Grundstücksausschuss) berichtet, die Sparkasse habe den jetzt verstorbenen ehemaligen Besitzer aufgefordert, das Grundstück zu verkaufen. Die Sparkasse habe damals ihre Stillhaltung zugesichert, wenn das Gelände an einen Investor oder die Stadt verkauft werden könne. Dies habe dazu geführt, dass die Stadt ein Nutzungskonzept erstellt habe, das über viele Jahre Bestand gehabt habe. Dabei sei immer vorausgesetzt worden, dass ein privater Investor dieses Konsept umsetze. Wenn das Grundstück jetzt im Wege der Versteigerung veräußert werde, könne es durchaus sein, dass ein Erwerber andere Vorstellung bezüglich der Nutzung habe und diese auch umsetze, insofern seien die bisher gefassten Beschlüsse eigentlich hinfällig"

(Man wisse: Ein Stillhalteabkommen ist ein Vertrag,  in dem der Gläubiger dem Schuldner für eine bestimmte Zeit zusichert, die Forderung nicht geltend zu machen. Rechtlich wird dies wie eine Stundung behandelt. Im schlechtesten Fall folgt nach dieser Stillhaltung die Insolvenz, was oftmals gleichbedeutend damit einhergeht, dass der Gläubiger kein Geld aus der Insolvenzmasse zurückerhält.)
Man reibt sich die Augen: Warum also all die Jahre dieses Theater? Warum dann all die Jahre dieses große Engagement in Zeit und Geld, diese langen politischen Sitzungen, wenn der Badesee auf Sand basierte?

Der SPD-Ratsherr legt nach: "der Planungsausschuss vom 14.7.2011 (!) habe einstimmig beschlossen, die Planungen für den Badesee innerhalb des Rahmenplanes des Ortsteils fortzuführen und mit möglichen Investoren abzustimmen. Ferner seien die planungs- und baurechtlichen Voraussetzungen für eine Nutzung als Badesee zu schaffen."
Im Protokoll des folgenden Umweltausschusses am 26.9.2011 heißt es noch: 

"Am 23.09.2010 hat der Planungsausschuss die „Perspektiven für Blankenhagen“ als
Stadtteilentwicklungskonzept beschlossen. Darin wird die Öffnung des Badesees als Maßnahme zur Aufwertung der Freiraum- und Freizeitqualitäten grundsätzlich empfohlen. In
diesem Zusammenhang wurde bereits darauf hingewiesen, dass die im Umweltausschuss
der Stadt Gütersloh vorgestellte Planung des Fachbereichs Grünflächen weiterhin die
Grundlage für Diskussionen mit möglichen privaten Investoren darstellt.
Während ursprünglich die Absicht bestand, dass die Stadt eines Tages das beschlossene
Ausbau- und Nutzungskonzept umsetzen sollte, hat sich in den letzten Jahren aufgrund
der angespannten Haushaltssituation zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine
etwaige Realisierung nur durch einen privaten Investor in Frage kommt.
Aufgrund diverser Presseveröffentlichungen und vereinzelter Anfragen zum Projekt Luttersee
(Anlage von Wochenendhäusern, Anlage eines Campingplatzes, Bau einer Großgastronomie)
hat die Verwaltung am 15.07.2010 mit allen beteiligten Fachbehörden (Stadt Gütersloh:
Fachbereich Stadtplanung, Fachbereich Bauordnung, Fachbereich Umweltschutz
und Fachbereich Grünflächen. Kreis Gütersloh: Untere Wasserbehörde, Untere Landschaftsbehörde) ein Abstimmungsgespräch zu den Entwicklungsmöglichkeiten geführt,
damit potentiellen Investoren Anhaltspunkte gegeben werden können.

Schaffung von Planungsrecht
Die bisherige Entwurfsplanung von 1999 oder ggf. eine modifizierte Planung einschließlich
der notwendigen Infrastruktur müsste bauleitplanerisch gesichert werden (Aufstellung eines
Bebauungsplanes, Änderung des Flächennutzungsplanes). Diese Verfahren sind
sinnvollerweise erst zu einem Zeitpunkt durchführen, wenn ein ernsthaft interessierter
Vorhabenträger bekannt ist, mit dem die Details der Planung abgestimmt werden können
und der die Gewähr dafür bietet, dass er das Projekt auch umsetzen und langfristig betreiben
wird."

In der Niederschrift findet sich dann folgender Vorschlag (!) aber kein Beschluss: 
"Frau Lang teilt mit, die letzten Interessenten seien vor einem Jahr beraten worden, weitere, wie von der BfGT Fraktion genannt, hätten sich bisher nicht gemeldet. Die Risiken, dieses Gewässer aufgrund seiner Größe und geringen Tiefe dauerhaft als Badesee nutzen zu können, hätten sich auch aktuell nicht geändert. Die Verwaltung sei natürlich auch weiterhin bereit, mögliche Interessenten bei ihren Planungen zu unterstützen.
Herr Dr. Bethlehm fasst zusammen, ein möglicher Investor sei herzlich eingeladen, sein Konzept der Verwaltung und der Politik vorzustellen."

Der Beschluss im nächsten Tagesordnungspunkt lautet dann: "Die Verwaltung wird beauftragt für die Entwicklung des Natur- und Freizeitraumes „Luttersee“ in Blankenhagen, die Planung in Form einer Bachelor- oder Masterarbeit anzustoßen, dazu den Kontakt z.B. mit der HS Osnabrück herzustellen und die Arbeit zu begleiten und unterstützen. Im Ergebnis wurde dann bei einer Stimmenthaltung einstimmig beschlossen ( CDU, SPD, GRÜNE, BfGT, FDP, UWG)."

Nochmal zum Ausgangspunkt: der See ist 13 Jahre in Planung. Eigentümer war nicht die Stadt. Der Eigentümer des Baggerlochs war offensichtlich schon Schuldner bei der städtischen Sparkasse mit einem Schuldenmoratorium. Der Wunsch, an die Stadt zu verkaufen, wurde hinfällig, streng genommen, hätte es ja auch zur Insolvenz kommen können. Jetzt ist der Eigentümer verstorben, die Sparkasse wird das Wasserloch versteigern. Sinn und Zweck einer Versteigerung ist das Verdienen von Geld. Eine Versteigerung bringt u.U. mehr als ein Kauf aus einer Insolvenzmasse. Und jetzt ist der See Privatsache. Die gefällten Entschlüsse sind hinfällig. Was bleibt, ist, dass alle in der Stadt wussten und wissen: das Thema wurde 100fach beraten, die Realisierung sollte fraktionsübergreifend verabschiedet werden. Wieso dann so ein Vorgehen, so ein Schachspiel? Und was bedeutet die immer deutlicher werdende Personalunion von Sparkasse und Politik?

Sinn und Zweck von Kommunalpolitik ist es, im Sinne des Gemeinwohls Lösungsansätze aufzuzeigen, wie sich eine Kommune zukünftig entwickelt. Wenn sich Politik nun 13 Jahre lang mit Wasser- und Sandprojekten befasst, die nach 13 Jahren auch in eben diesem Sand verlaufen, darf man sich fragen, mit was sich der Rat und die Ausschüsse besser hätten befassen sollen, um wirklich Zukunft zu gestalten.

Es ist eine schöne Form von Luftnummer, die Zeit, Geld und Kapazitäten gefressen hat und frisst. Nicht zum ersten Mal. Ist das Beschäftigungstherapie oder wirkliche politische und verwaltungstechnische Kurzsichtigkeit oder Kalkül? Oder gibt es womöglich noch eine Geschichte hinter der Geschichte? Die wir erst in den nächsten Wochen bestaunen dürfen?

Man darf den Kopf schütteln, aber diesen als aufmerksamer Bürger bitte nicht in den Sand stecken. Sondern weiter Fragen stellen. Was etwa ist, wenn ich mich auf dieses Format der Politikbewältigung verlasse, wenn es beispielsweise um die "Konversion nach Abzug der britischen Streitkräfte" geht? Da wird über 400 Hektar verhandelt, immerhin 3 Prozent der Gesamtfläche der Stadt.... versinken die dann auch im Sand?














2 Kommentare:

  1. Hier noch ein Nachtrag: Wohl hatten Stadt und Politik ganz vergessen, dass es bereits ein Nutzungskonzept für den Luttersee gibt, welches der damalige Dezernent Dr. Peter Greulich angefertigt hatte, unter Mitarbeit der FH. Hier war schon alles drin: Badesee, Naherholung, Umweltschutz... Wieso dann nochmal ein Gutachten oder Konzept durch die Hochschule erstellen lassen? Kopfschütteln erlaubt!!!

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  2. Und noch ein Nachtrag: Bereits im Umweltausschuss am 13.2.2012 wurde unter Top 8, Beratung über die Vorschläge aus dem Bürgerhaushalt 2012 - Kein Badesee in Blankenhagen - dem Abgesang des Badesees wie folgt schon zugestimmt:
    "Beschluss zum Vorschlag Nr. 52: Kein Badesee Blankenhagen
    Der Wertung des Vorschlags aus der Abstimmphase des Bürgerhaushaltes 2012 wird zugestimmt.
    Ergebnis:
    Beschlossen mit
    10 Ja-Stimme(n), ( CDU, 1 x SPD, FDP, DIE LINKE, UWG)
    6 Stimmenthaltung(en) ( 3 x SPD, GRÜNE, BfGT).
    Wenn das so klar war, warum dann anschließend immer noch dieser Hype um ein totes Thema?

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