Auf der Homepage der Bundeszentrale für politische Bildung findet sich heute die Zusammenfassung der Sektion 6: E-Government und E-Partizipation, die im Rahmen des Bundeskongresses "Zeitalter der Partizipation" stattfand. Hier das Original, verfasst von André Nagel:
http://www.bundeskongress-partizipation.de/2012-05-27/sektion-6-e-government-und-e-partizipation/
Die Veranstaltung fand im Humboldt Carré statt, auf dem Podium saßen Ministerialdirektorin Beate Lohmann aus dem Bundesministerium des Innern, Dr. Stephan Eisel von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Sankt Augustin, Jürgen Behrendt, E-Government und Online-Dienste der Stadt Köln und Dr. Anke Knopp, Sprecherin der BürgerInneninitiative “Demokratie wagen!” (der auch angekündigte Dr. Josef Wehner konnte leider nicht dabei sein). Es moderierte Kirsten Neubauer, Geschäftsführerin von neu&kühn (Agentur für die Umsetzung von Online-Projekten für Politik, Verwaltung und Unternehmen). Der Sektionsbericht wurde von Ute Demuth, tätig in der politischen Erwachsenenbildung, verfasst und ist bereits auf der Website aktionstage-politische-bildung.net erschienen.
Einen stadtpolitischen Dialog entwickeln
In den Eingangstatements berichteten die Teilnehmenden über ihre Erfahrungen mit E-Government und neuen Beteiligungsformen:
Beate Lohmann kündigte eine Diskussionsplattform zum Eckpunktepapier des E-Government-Gesetzes an, das gerade in Arbeit ist. Ziel sei in erster Linie Transparenz. Um das Angebot bürgerfreundlich zu gestalten ist ein Perspektivwechsel nötig: Bürgerinnen und Bürger interessierten sich nicht dafür, wer für was zuständig ist, wichtig ist der schnelle Zugriff auf die gewünschten Informationen.Anke Knopp berichtete von ihren Erfahrungen mit E-Partizipation in Gütersloh. Ihre Bürgerinitiative wurde mit dem Ziel gegründet, einen demokratischen Bürgerhaushalt als Gegenmodell zu einem Entwurf zu entwickeln, der mit Hilfe von externen Beratern erstellt wurde. Fazit des Projekts ist u.a., dass BürgerInnen ExpertInnen für kommunale Haushalte sind und die politische Kultur sich durch die Beteiligung über das Netz verändert habe. Dieser Prozess sei nicht mehr umkehrbar.
Ähnlich sind die Erkenntnisse aus den Kölner Bürgerhaushalten. Jürgen Behrendt berichtete, dass die Online-Plattform immer intensiver genutzt wird. Wichtig sei, für Verbindlichkeit zu sorgen und glaubwürdig zu bleiben. Dazu müssten Bürgerinnen und Bürger in die Zieldiskussion und Prioritätensetzung eingebunden werden. Die Politik müsse von Anfang an mitdiskutieren. Ziel ist die Entstehung eines stadtpolitischen Dialogs, dabei gelte es eine Kultur des Austauschs zu entwickeln, die über die Bürgerhaushalte hinausgeht.
Stephan Eisel ist pessimistisch, was die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger über Onlineplattformen angeht. Anhand seiner Auswertung von etwa 30 Bürgerhaushalten machte er seine Kritikpunkte deutlich: Wer keinen Internetanschluss hat, kann sich faktisch nicht beteiligen und es würden nur die partizipieren, die sich ohnehin politisch interessierten. Oft seien die Anwendungen kompliziert in der Nutzung. Und manipulationsanfällig: Z. B. seien bis zu einem Drittel aller E-Mail-Adressen Mehrfachanmeldungen. Die Kommentarauswertungen ergaben zudem, dass nur einige wenige tatsächlich diskutieren.
Aus der Diskussion: Was Zahlen sagen
Ein Thema in der anschließenden Diskussion war die Bedeutung der von Stephan Eisel genannten Zahlen und statistischen Auswertungen in E-Partizipationsverfahren: Man könne nicht nur die Zahlen betrachten, mit einer rein quantitativen Betrachtung käme man nicht weiter. In der Bewertung von Beteiligungsverfahren brauche es mehr als das Zahlenwerk, die Referenzahlen seien häufig so gewählt, dass sie keine Aussage zur Qualität der Verfahren zuließen.Die Verknüpfung von Online-Verfahren mit Angeboten vor Ort war ebenfalls Thema: Die Initiatoren des Bürgerhaushalts Stuttgart haben gute Erfahrungen damit gemacht, ebenso erwähnt wurde in diesem Zusammenhang die kürzlich ausgezeichnete „Dresdner Debatte“.
Weiter wurde die wissenschaftliche Auswertung der bisherigen Erfahrungen mit Bürgerhaushalten diskutiert. Sie müssen evaluiert werden, damit sie verbessert und weiterentwickelt werden können, denn wir „befinden uns in einer Lernphase“ (Knopp). Bürgerhaushalte müssten beispielsweise auch daraufhin ausgewertet werden, ob sie bestehende Verteilungsungerechtigkeiten verstärken. Kurz angeschnitten wurde in diesem Zusammenhang auch das Gender Budgeting, die geschlechterdifferenzierte Analyse der öffentlichen Haushalte, also letztlich die Frage, wem die Mittel einer Stadt zu Gute kommen.
Bürgerbefragungen nach E-Partizipationsverfahren zeigen eine positive Resonanz bei hoher Beteiligung, z.B. in Worms.
Wer evaluieren will, braucht Geld, es stellt sich die Frage nach der Finanzierung bei ohnehin knappen Mitteln. Ein Vorschlag war, dass Stiftungen hier aktiv(er) werden müssten.
Eisel betonte in der Diskussion nochmals, dass die Manipulationsmöglichkeiten den Prozess aus seiner Sicht undemokratisch machen. Das Internet würde überhöht, die Erwartungen entsprechen nicht dem, was es leisten kann. Das Netz ist als zusätzliche Informationsquelle, als weiterer Platz zu diskutieren geeignet, zu mehr aber nicht.
Die anderen Podiumsteilnehmenden sind optimistischer: E-Government sorgt für mehr Demokratie (Lohmann) und Bürgerhaushalte müssen konsequent weiterentwickelt werden (Behrendt). Die Politik fürchte möglicherweise einen Bedeutungsverlust, BürgerInnen und Verwaltungen sind offener (Knopp).
Aus dem Plenum kam zum Schluss die Bitte um mehr Kooperation in der Debatte um E-Government und E-Partizipation: Man solle „schauen, dass man gemeinsam weiterkommt.“
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